Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 2
[ Bestand in K10plus ]

Geschichte des deutschen Films


94-2-291
Geschichte des deutschen Films / hrsg. von Wolfgang Jacobsen, Anton Kaes und Hans Helmut Prinzler in Zusammenarbeit mit der Stiftung Deutsche Kinemathek Berlin. - Stuttgart [u.a.] : Metzler, 1993. - 596 S. ; 25 cm. - ISBN 3-476-00883-5 : DM 58.00
[1705]

Im Vorgriff auf das Jubiläumsjahr 1995 - am 1. November 1895 führten die Brüder Skladanowsky ihre ersten Filme im Berliner Wintergarten vor - erschien 1993 eine umfassende Geschichte des deutschen Films. Der Band besteht aus 16 Textbeiträgen und einer Chronik von insgesamt 17 Autoren. Von den rund 600 Seiten sind etwa ein Viertel dem Bildmaterial vorbehalten. In jüngerer Zeit gab es neben den zahlreichen Abhandlungen zu einzelnen Epochen nur zwei schmale englisch- bzw. französischsprachigen Gesamtdarstellungen.[1] Ob die Teilung des Buches in chronologisch berichtende Längsschnitte und in als Querschnitte angelegte Beiträge zum Dokumentar- und Experimentalfilm, zur Kritik und Theorie, zur Zensur, zum feministischen Blick sowie zu Film und Fernsehen wirklich sinnvoll ist, bleibt allerdings zu fragen. Nach der Frühgeschichte und dem Kapitel über den Film in der Weimarer Republik folgen Abschnitte zum Exilfilm und zum Film im Nationalsozialismus. Den vier Kapiteln zum westdeutschen Nachkriegsfilm steht ein Kapitel zum Film in der DDR gegenüber. Im Zentrum steht die Filmkunst, die Durchschnittsproduktion wird nur am Rande erwähnt. Über die Wochenschau, lange Zeit neben dem Kulturfilm unentbehrlicher Bestandteil eines Kinoprogramms, wird kein Wort verloren. Das Kapitel zur Filmkritik und -theorie endet abrupt mit der Theorie des Films von Siegfried Kracauer (1960). Rezeptionsgeschichte ist beabsichtigt, und man erfährt auch bei dem einen oder anderen Film, daß er erfolgreich war, aber es werden keine Besucherzahlen mitgeteilt und man hört auch nicht, ob er z. B. einen Verleih gefunden hat oder nur auf Festivals und in Cinematheken zu sehen war. Doch schon Jerzy Toeplitz hat über die mangelnde Berücksichtigung der Rückwirkungen auf das Publikum in der Filmgeschichte geklagt. Insgesamt wird aber der Film durchaus als Bestandteil des gesellschaftlichen Dialogs verstanden, der Auskunft über Wertvorstellungen, Stimmungen und Moden vermitteln kann. Allerdings wären die entscheidenden Veränderungen, die die Verbreitung des Fernsehens und der Videos für den Kinofilm und für den gesamten audiovisuellen Bereich spätestens seit den siebziger Jahren bewirkte, besser im historischen Teil aufgehoben. Das Buch enthält keine Anmerkungen. Eine Marginalspalte bringt Zitate (ohne Seitenangaben), die nicht weiter kommentiert werden, Querverweise und Ergänzungen, die aber auch im Haupttext stehen könnten. Die Chronik erfaßt Ereignisse, Personen und Filme vom 1. 11. 1895 bis zum 1. 1. 1993. Die umfangreiche Bibliographie gibt rund 700 systematisch geordnete Literaturhinweise. Das Register erschließt Personen, soweit sie im Text behandelt oder in wichtigem Kontext erwähnt und zitiert werden oder auf Fotos zu sehen sind, und die im Text besprochenen und durch Abbildungen repräsentierten Filme. Die Einschränkungen sollen jedoch nicht die Leistung der als Fachautoren ausgewiesenen Verfasser schmälern, die ein informatives, gut lesbares Gesamtbild vorgelegt haben.

Eduard Isphording


[1]
The German cinema / Roger Manvell and Heinrich Fraenkel. - London : Dent, 1971. - XV, 159 S.
Histoire du cinéma allemand / Roland Schneider. - Paris : Ed. du Cerf, 1990. - 260 S. - ISBN 2-204-04120-3. (zurück)

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