Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 2
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Speculum mundi


94-2-193
Speculum mundi : Roma, centro internazionale di ricerche umanistiche / Unione Internazionale degli Istituti di Archeologia, Storia e Storia dell'Arte in Roma. Introduzione di Massimo Pallottino. A cura di Paolo Vian. Presidenza del Consiglio dei Ministri, Dipartimento per l'Informazione e l'Editoria. - [Roma] : [Istituto Poligrafico e Zecca dello Stato], [1992]. - 837 S. ; 25 cm. - ISBN 88-240-0236-6 : Lit. 50.000
[2105]

Daß Rom, wie der Untertitel dieses Sammelbandes nicht zu Unrecht behauptet, "internationales Zentrum humanistischer Studien" ist, verdankt diese Stadt der Tatsache, daß es hier in den beiden, jeweils Jahrhunderte währenden Epochen, in denen sie Weltgeltung beanspruchen konnte, nämlich als Hauptstadt des Römischen Reiches und später der christlichen Welt, zu einer sonst nirgends mehr anzutreffenden Anhäufung von Zeugnissen der Kultur kam, die ganzen Generationen von Forschern Material lieferte und dies noch für viele Generationen tun wird. Da an der Erforschung dieses Erbes[1] nicht nur Italiener, sondern in ganz besonderem Maße auch Ausländer beteiligt sind, entstanden zahlreiche nationale (zum kleinen Teil auch internationale) Forschungsinstitute, die in- und ausländischen Gelehrten ihre Ressourcen in Gestalt von Sammlungen, Bibliotheken oder einfach Arbeitsräumen zur Verfügung stellen, wodurch erst eine effiziente Ausschöpfung der Quellen möglich wird; dazu kommt, daß bei diesen Institutionen zumeist auch große, sich nicht selten über Jahrzehnte erstreckende Forschungs- und Editionsvorhaben angesiedelt sind, deren Titel auch Bibliothekaren geläufig sind, und sei es als piŠces de résistance bei der Katalogisierung.

Dachverband sowohl der nationalen und der wenigen internationalen als auch einschlägiger italienischer Institutionen[2] ist die Internationale Union der Archäologischen, Historischen und Kunstgeschichtlichen Institute in Rom,[3] die den vorliegenden Sammelband betreut hat; herausgegeben wurde er von dem einschlägigen Ressort des Amtes des Ministerpräsidenten (was die Bedeutung unterstreicht, die der italienische Staat diesen Aktivitäten zuerkennt,[4] und nicht von ungefähr stammt eines der Vorwörter zu diesem Band vom damaligen Ministerpräsidenten Andreotti); als Verleger tritt der Staatsverlag auf, was der Verbreitung des Werkes allerdings nicht unbedingt zum Vorteil gereicht, da dieser sich besser auf die Herstellung von Stempelmarken und Geldscheinen versteht.

Der Band vereint, jeweils mit einigen Abbildungen versehen, Darstellungen von 32 Instituten aus 16 Nationen: außer der Associazione Internazionale di Archeologia Classica sind die folgenden Nationen mit je einem Institut vertreten: Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz und die USA; zum Vatikanstaat gehören zwei und Deutschland wartet sogar mit nicht weniger als vier Institutionen auf (Bibliotheca Hertziana, Deutsches Archäologisches Institut, Deutsches Historisches Institut und Historisches Institut der Görres-Gesellschaft); auf Italien schließlich entfallen zehn Institutionen, darunter die älteste aller hier verzeichneten, die Accademia dei Lincei.

So verschieden wie die Institute nach Alter, Größe und Bedeutung, so unterschiedlich sind auch - wie bei derartigen Sammelbänden meist nicht zu vermeiden - die Beiträge nach Länge, Detailliertheit, Aktualität und nicht zuletzt bibliographischer Ergiebigkeit. Die historische Entwicklung der Institutionen und die Bauten, in denen sie ihren Sitz hatten und haben stehen im Vordergrund, doch handelt es sich zumeist um eine Geschichte ihrer Vorsteher, ist ihr Blühen und Welken doch nicht zuletzt mit einzelnen Namen verbunden.

Daß mit dieser Institutionenkunde natürlich nicht das ganze Reservoir an geisteswissenschaftlichen Forschungsinstitutionen in Rom ausgeschöpft ist, liegt auf der Hand: man denke nur an die zahlreichen von katholischen 0rden getragenen historischen Institute. So wäre es sehr zu wünschen, wenn sich jemand berufen fühlte, ein in den Beschreibungen wesentlich konziseres Verzeichnis aller Institute und Sammlungen, die geisteswissenschaftlichen Forschungen in Rom dienen, zusammenzustellen und mit praktischen Angaben anzureichern (die im vorliegenden Band völlig fehlen), auf daß ein rechtes Vademecum entstünde.

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[1]
Vgl. dazu die Hinweise auf einige Instrumente, die der Erschließung dieses Erbes dienen, hier der Handschriften der Biblioteca Apostolica Vaticana (IFB 94-2-164) und der Archivalien des Archivio Segreto Vaticano (IFB 94-2-199). (zurück)
[2]
So u.a. auch die Accademia Nazionale dei Lincei in Rom, die gerade den ersten Teil einer Bibliographie ihrer Publikationen vorgelegt hat; vgl. IFB 94-2-194. (zurück)
[3]
Sie veröffentlicht seit 1 (1959/69) - einen Annuario sowie gelegentlich Hilfsmittel über Institutionen in Rom und deren Bestände, z. B.:
Guida alle collezioni fotografiche di Roma / a cura di Luigi Cacciaglia. - Roma : Unione ..., 1980. - 120 S.
Catalogo dei periodici esistenti in biblioteche di Roma. - 3. ed. accresciuta. - Roma : Unione ..., 1985. - XVIII, 1420 S. ; 24 cm
Dagegen bilden Publikationen, die aus gemeinsamen Projekten der in der Unione zusammengeschlossenen Institutionen erwachsen sind, die Ausnahme. Die folgende sei eigens erwähnt: The protestant cemetery in Rome : the "parte antica" / by Carl Nylander ... Ed. by Antonio Menniti Ippolito and Paolo Vian. Unione Internazionale degli Istituti di Archeologia, Storia e Storia dell'Arte in Roma. - Roma : Unione ..., 1989. - XII, 367, [96] S. - Es handelt sich um eine genaue Bestandsaufnahme der Gräber auf dem alten Teil des Friedhofs der Nicht-Katholiken bei der Cestius-Pyramide auf dem Testaccio in Rom, u.a. mit einem ausführlichen biographischen Anhang über die dort Beerdigten (S. 281 - 316). - Vgl. die Sammelbesprechung Der Tod in Rom / Peter Springer. // In: Kunstchronik. - 46 (1993),11, S. 666 - 672. (zurück)
[4]
Daß das Verhältnis des italienischen Staates zu den ausländischen wissenschaftlichen Instituten durchaus nicht immer gleichbleibend freundlich war, läßt sich am Schicksal der deutschen Institute nach dem ersten Weltkrieg und insbesondere während und nach dem Zweiten Weltkrieg ablesen. Vgl. dazu jüngst: Per la storia dell'Istituto Archeologico Germanico / Margherita Guarducci. // In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung. - 99 (1992), S. 307 - 327. - Der zweite Abschnitt ihres Beitrags (S. 314 - 327) ist 1950, l'anno del grande pericolo überschrieben, in dem sie unter Abdruck von Dokumenten schildert, wie es u.a. durch eine Petition einer großen Zahl italienischer Wissenschaftler gelang, zu verhindern, daß die deutschen wissenschaftlichen Institute enteignet und dem italienischen Staat übertragen oder zumindest internationalisiert wurden. Anlaß zu der überaus interessanten Darstellung dieser Vorgänge, an der die Verfasserin maßgeblichen Anteil hatte, ist jedoch ein ganz anderer, nämlich der von ihr erhobene Vorwurf der Fälschung der berühmten Fibula Prenestina, in die sie den von 1865 - 1885 als Zweiten Sekretär des Deutschen Archäologischen Instituts wirkenden Wolfgang Helbig verwickelt sah, weshalb ihr Hannes Lehmann in einer langen Verteidigung von Helbig (Mitteilungen ... - 96 (1989), S. 1 - 86) den versteckten Vorwurf einer antideutschen Einstellung machte. - Was den Fälschungsvorwurf betrifft, so dürfte dieser jetzt freilich nach einer gründlichen Untersuchung der Fibel mit Hilfe naturwissenschaftlicher Methoden widerlegt sein, soweit es um den materiellen Befund geht; der Verfasser läßt allerdings die Frage nach der Echtheit der auf der Fibel angebrachten Inschrift, die seit ihrer Bekanntmachung durch Helbig 1887 als das älteste Zeugnis lateinischer Sprache galt, ausdrücklich offen, aber gerade auf diese zielte jedoch der Fälschungsvorwurf der Paläographin Guarducci, die ihn, durch unzureichende materielle Untersuchungen der Fibel selbst verleitet, zunächst für diese insgesamt erhoben hatte: Indagini archeometriche sull'autenticit… della Fibula Prenestina / Edilberto Formigli. // In: Mitteilungen ... - 99 (1992), S. 329 - 343. (zurück)

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