Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 2(1994) 1
[ Bestand in K10plus ]
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The Conway Library, the Courtauld Institute of Art


94-1-068
The Conway Library, the Courtauld Institute of Art : publ. on black and white microfiche. - Haslemere : Emmett Publishing
[1993]
[Grundwerk]. - 1987. - [Pt.] 1 - 6. - 6979 Mkorofiches + 6 Printed contents lists. - ISBN 1-869934-00-8 : œ 14998.00
5 year update 1987/92. - 1994. - ca. 1250 Mikrofiches. - ISBN 1-869934-52-0 : œ 5000.00

Die Conway Library bringt rund 800.000 Abbildungen zur Architektur aller Länder (mit erwartungsgemäß starker Eurozentrierung), erweitert um einen umfangreichen Nachweis von Architekturzeichnungen, zu Plastik (einschließlich Kleinplastik) und Handschriften/Buchmalerei. Eine Gruppe Medieval arts versammelt außerdem Abbildungen zu beweglichen Kunstobjekten, Kleinkunst, Glasmalerei usw. Nicht erfaßt ist der eigentliche Bereich der Malerei (sie bildet den Sammlungsschwerpunkt der Witt Library).

Den Grundstock für die Bildsammlung legte Lord Conway of Allington (1856 - 1936) im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts; er überließ sie 1931 dem neu gegründeten Courtauld Intitute of Art in London, wo seitdem die Sammlung laufend ergänzt wurde. Trotzdem blieb in vielen Teilen eine gezielte inhaltliche Abrundung Desiderat; das Material spiegelt noch immer deutlich die Zufälligkeiten im Bestandsaufbau. Auch die Qualität ist heterogen: professionnelle Photographien stehen neben Amateuraufnahmen, mischen sich mit Abbildungswiedergaben aus Büchern und Zeitschriften. Nicht gepflegt bzw. überhaupt erstellt wurde ein differenziertes Ordnungsschema für die Sammlung; ein Katalog der Bestände und/oder Indizes zum Material existierten nicht. Wie die bescheidenen Begleithefte zur Mikrofiche-Ausgabe erwähnen, wurde daher die Publizierung als willkommener Anlaß und Rahmen gesehen, der durch starke Benutzung für Lehre und Forschung am Institut aus den Fugen geratenen Sammlung wieder eine - wenn auch grobe - Ordnung zu verschaffen. Dies ist allerdings nur bedingt gelungen. Zwar zeitigt der offene Hinweis auf die Schwächen sicherlich Verständnis und Nachsicht im Einzelfall, aber bei einem Preisstand von knapp 15.000 œ im Herbst 1993 allein für das Grundwerk der Sammlung könnte der Käufer doch etwas mehr Sanierungsqualität erwarten. Ein Überblick über das jetzige Ordnungsschema wird in den jeweiligen Begleitheften zu den 6 Teilen der Abbildungssammlung gegeben. Die beiden Teile zur Architektur (i.a. wurde die Architektur vom frühen Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert berücksichtigt) gliedern sich primär nach Ländern, danach in unterschiedlichen zeitlichen Tranchen (z.B. Architektur in Frankreich bis 1800, im 19. Jh. und im 20.Jh.) mit jeweils eigenen Ortsalphabeten. Abweichend ist der Zeitraster für Großbritannien: er legt die Schnitte bei 1530 und 1830, und zwar historisch bedingt getrennt für England, Schottland, Wales, Irland mit eigenen Ortsalphabeten; weitere Schnitte sind dann nochmals: 19. Jh. undifferenziert und 20. Jh., wobei das Material für das 19. Jh. für England und Wales dann in einer Gruppe zusammengeschlossen ist.

Am umfangreichsten in der gesamten Sammlung ist erwartungsgemäß das Material zu den Britischen Inseln, aber auch Frankreich und Italien sind sehr umfänglich, und - mit einigem Abstand dazu - sind auch Deutschland und Spanien ordentlich vertreten. Sonstige europäische Länder, die Länder des Nahen Ostens, Asien, Amerika und Afrika sind in sehr unterschiedlicher Dichte repräsentiert. Der 3. Teil bringt Architekturzeichnungen, insbesondere Risse, primär in zeitlicher Grobordnung, dann mit weiterer Unterteilung nach Ländern und Personen (Architekten etc.); umfangreiches Material liegt zu Frankreich, Großbritannien und Italien vor. Teil 4 bringt Abbildungen zur Plastik ab dem 15. bis ins 20. Jahrhundert, während Abbildungen zur Plastik der Antike und des Mittelalters in Teil 5 Medieval arts enthalten sind. In letztgenannter sehr gemischten Gruppe ist das Material zur byzantinischen Kunst vom Umfang her erwähnenswert. Teil 6 schließlich ist dem Bereich Handschriften/Buchmalerei gewidmet und enthält von komplett photographierten Codices bis zu Auflistungen von Abbildungen aus den Katalogen großer Auktionshäuser Material, das je nach Fragestellung von sehr unterschiedlichem Wert ist.

Allen Teilen der Conway Library gemeinsam ist die sehr schlechte Aufbereitung des Abbildungsmaterials im einzelnen: Beschriftungsgüte sowie Umfang und Genauigkeit der Objektdaten entsprechen in vielen Fällen nicht dem Niveau der anderen hier vorgestellten Bildinventare; dies dürfte überwiegend keine Frage der Reproduktionstechnik auf Mikrofiche sein, sondern vielmehr aus der Qualität der Vorlage folgen. Zusätzlich zu der problematischen Ordnung, die trotz der gedruckten Grobübersichten das Material nicht gut erschließt - es gibt keinerlei Register für eine differenziertere Recherche - verhilft auch die Präsentation der Fiches nicht zu einem bequemen Zugriff und zur Bewahrung der Ordnung: weder gibt es Ordnunghilfen in Gestalt von Leitkarten oder von übersichtlichen Schuppenordnern noch ist die Zählung der Fiches durchgängig; sie beginnt - da die sechs Teile auch getrennt verkauft werden - mit jedem Teile neu, was eine korrekte Rückordnung gerade in Anbetracht der mangelden Systematik erschwert.

Die Qualität des Abbildungsmaterials zu Einzelobjekten ist so unterschiedlich, daß sich eine generalisierende Aussage kaum treffen läßt. Stichproben, etwa für einen kleineren Ort wie Freiburg i.Br., brachten zufälliges, jedenfalls nicht umfassendes Material vor allem zum Münster; anstatt der vollständigen Chorinnenansicht des Freiburger Münsters war hier die des Domes zu Halberstadt eingeordnet, auch eine Abbildung der Turmsituation des Straßburger Münsters wurde bei Freiburg zum Vergleich mitgeliefert! Bei Straßburg selbst lag umfangreiches Material, u.a. auch Photos von den Zerstörungen 1944. Zu St. Michael in Hildesheim gab es beispielsweise Abbildungen vor und nach den Zerstörungen in "bunter" Mischung und z.T. ohne entsprechenden Hinweis, so daß nur dem Kenner eine eindeutige Bestimmung des Zustands möglich ist. Sehr zufällig sind auch - wie bereits oben erwähnt - die Provenienzen der Abbildungen, die zudem nicht immer ersichtlich sind; so ist bei Rom zwar der Sammlungsbestand sehr umfangreich, enthält aber in Teilen Abbildungen der Sammlung Anderson. Bei diesbezüglichem Interesse wäre der Edition dieser Photosammlung innerhalb des Alinari photo archive auf jeden Fall der Vorzug zu geben.

Die Bestände der Conway Library werden sich bei gezielten Recherchen und für Bereiche, zu denen andere Abbildungssammlungen vorliegen, immer einem Vergleich mit diesen stellen müssen, der mit Blick auf Qualität von Inhalt und Erschließung nicht immer zu ihrem Vorteil ausgehen kann. Die Stärke dieser Abbildungssammlung liegt - umgekehrt betrachtet - zum einen in ihrer stärker ausgeprägten "weltweiten" Konzeption, ferner in der konkurrenzlosen Zahl ihrer Abbildungen zur Kunst und Architektur der Britischen Inseln und schließlich ganz allgemein in ihrem Umfang. Die Reichhaltigkeit der Abbildungen wird noch durch das seit Herbst 1993 angebotene Supplement für die in den Jahren 1987 bis 1992 neu hinzugekommenen ca. 120.000 Photos erhöht. Soweit den Ankündigungen zu entnehmen ist, wurde leider am Erschließungssystem nichts geändert. Damit bleibt die Conway Library ein riesiger Steinbruch, in dem man aber mit Geduld und Spürsinn Ausgezeichnetes finden kann.


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