Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 1(1993) 1/2
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The concise dictionary of national biography


93-1/2-028
The concise dictionary of national biography : from the earliest times to 1985. - Oxford [u.a.] : Oxford University Press, 1992. - Vol. 1 - 3 ; 24 cm. - ISBN 0-19-865305-0 : œ 95.00
[1368]
93-1/2-029
The dictionary of national biography. Missing persons / ed. by C. S. Nicholls. - Oxford [u.a.] : Oxford University Press, 1993. - XXI, 768 S. ; 24 cm. - ISBN 0-19-865211-9 : œ 80.00, œ 65.00 (Subskr.-Pr. bis 31.3.1993)
[1552]

Eine der Besonderheiten des Dictionary of national biography (DNB), dessen Grundwerk von 1885 - 1901 fast zeitgleich mit der ADB erschien, ist die Fortführung durch Mehrjahressupplemente, von denen dasjenige für die Berichtszeit 1981/85 (1990) in ABUN in ZfBB 37 (1990),4, S. 335 - 344 ausführlich besprochen wurde. Eine weitere Besonderheit, die es nicht nur von der ADB, sondern von fast allen anderen Nationalbiographien[1] unterscheidet, ist der bereits 1903 erschienene Index and epitome, der bis 1979 mit kleinen Verbesserungen nicht weniger als dreizehnmal nachgedruckt wurde, zuletzt mit der Zählung vol. 1, da seit 1961 ein vol. 2 erschien, der die nach dem 22.1.1901 Verstorbenen bis zum Supplement 1941/50 einschließlich enthielt und der zuletzt in der Ausgabe 1901/70 (1982) zu benutzen war. Während diese gerade beschriebenen Ausgaben unter dem Titel The dictionary of national biography. The concise dictionary erschienen, erhielt die hier zu besprechende neueste Ausgabe zu Recht einen selbständigen Titel, da es sich in der Tat um ein unabhängig vom DNB sinnvoll zu verwendendes biographisches Nachschlagewerk handelt, in dem die ausführlichen Artikel des Hauptwerkes zum Zwecke der raschen Information auf die hauptsächlichen Angaben kondensiert werden. Außer der Einbeziehung aller bisher erschienenen Bände des DNB bis zum Supplement 1981/85 einschließlich liegt der Vorteil dieser Gesamtausgabe, die lt. Verlagswerbung Biographien von ca. 36.500 Personen[2] enthält, natürlich vor allem darin, daß man nicht mehr wissen muß, ob eine gesuchte Person vor oder nach dem 22.1.1901 (dem Todestag der Königin Victoria) gestorben ist, während man früher je nachdem in Bd. 1 oder 2 nachschlagen mußte. Stichproben ergaben, daß in den Texten kleinere Veränderungen und Ergänzungen vorgenommen wurden, wobei auch bis zu einem gewissen Grade versucht wurde, die vor allem im Grundwerk uneinheitliche Ansetzung insbesondere von Namen aus der Frühzeit der Geschichte Großbritanniens durch Verweisungen auszugleichen. In den Artikeln erwähnte Namen sind mit einem Asteriskus markiert, wenn sie mit einem eigenen Artikel vertreten sind. Als Zitiertitel für dieses Nachschlagewerk bietet sich CDNB an.

Eine prinzipielle Schwäche der "offiziellen" Nationalbiographien liegt in ihrer sich über Jahrzehnte erstreckenden Publikationsgeschichte, und es leuchtet ein, daß die Auswahlkriterien des ausgehenden 19. Jahrhunderts sich nicht unbedingt mit den Interessen des ausgehenden 20. Jahrhunderts decken. Das ist nicht zuletzt der Grund dafür, daß vor allem seit den achtziger Jahren neue, aus den Quellen gearbeitete biographische Nachschlagewerke erschienen sind, die die derzeit maßgeblichen Biographien für bestimmte Personengruppen enthalten, die in den Nationalbiographien unterrepräsentiert sind. Dabei ist insbesondere an Wirtschaftsführer,[3] an Vertreter der Arbeiterklasse,[4] an "Radikale" aller Couleur[5] und nicht zuletzt an Frauen[6] zu denken, Personengruppen, denen jedoch - nicht nur in Großbritannien - zunehmend spezielle biographischen Nachschlagewerke gewidmet werden. Um zumindest einem Teil dieser Personen wenigstens nachträglich zur Würde der Berücksichtigung in der Nationalbiographie zu verhelfen, erscheint jetzt der Sonderband Missing persons zum DNB. Den an Biographien interessierten Lesern des Times literary supplement - und das dürften nicht wenige sein, läßt sich doch nur so die Tatsache erklären, daß das TLS nicht nur jeden neuen Band des DNB rezensiert, sondern sogar jährlich erscheinende kurzbiographische Nachschlagewerke, was beides in Deutschland unvorstellbar ist - war vermutlich die unter der Überschrift "DNB Omissions" am 21.07.1989, S. 799 veröffentlichte Bitte um die Namhaftmachung solcher Personen nicht entgangen, die in den bisher erschienenen Bänden des DNB - aus welchen Gründen auch immer - nicht berücksichtigt worden waren, obwohl man das eigentlich hätte erwarten können. Dieser Aufruf, der auch in anderen Zeitschriften erschien, hat lt. Vorwort überwältigenden Erfolg gehabt: über 100.000 Vorschläge gingen ein, gleichfalls eine Zahl, die hierzulande völlig undenkbar wäre; ebenso undenkbar wäre es, daß alle diesbezüglichen Vorschläge, die seit Beginn des DNB eingegangen waren, nicht nur aufgehoben, sondern aus dem gegebenen Anlaß geprüft wurden. Die Aufgabe der Sichtung aller Vorschläge übernahmen vier beratende Herausgeber, die für die Epochen bis 1500, von 1501 - 1700, 1701 - 1850 und von 1851 - 1985 zuständig waren. Von den insgesamt 1.086 berücksichtigten Personen entfallen - nach dem Geburtsjahr - auf diese Zeiträume folgende Anteile: 95, 215, 443 und 333. Die einleitend genannten Personengruppen sind besonders berücksichtigt, daneben, gerade für die ältere Zeit, auch zahlreiche bildende Künstler und Musiker. Ein Register nach "Berufen" (innerhalb im Alphabet der Namen mit Geburts- und Todesjahr) ermöglicht erstmals einen leichten Überblick, obwohl nicht klar ist, wie die Begriffe geordnet sind (jedenfalls nicht alphabetisch); den Abschluß bildet "Secret Service" mit immerhin dreizehn Namen, darunter auch demjenigen des Sowjetagenten Guy Burgess. In diesem Fall kann man noch am ehesten vermuten, daß er ursprünglich als "Landesverräter" ausgeschlossen worden war, während die Masse der erst jetzt zu den Ehren des DNB Gekommenen in die oben beschriebenen Kategorien fallen bzw. erst durch neuere Forschungen in ihrer Bedeutung erkannt wurden. Die gut 600 Mitarbeiter, mit deren Namen die Artikel gezeichnet sind, haben ganz überwiegend jeweils nur einen Artikel beigesteuert, was an sich schon dafür spricht, daß hier Spezialisten gewonnen werden konnten. Zu hoffen ist, daß der seit 1985 angekündigte Chronological and occupational index to the DNB, der alle Bände des DNB erschließen soll, bald erscheinen möge; die letzte Auskunft des Verlages läßt auf Ende 1993 hoffen.

Freilich kann auch der Sonderband Missing persons nichts an der Tatsache ändern, daß das Grundwerk des DNB dem Geiste des 19. Jahrhunderts verpflichtet ist. Während, um auf den einleitenden Vergleich mit der deutschen Nationalbiographie zurückzukommen, die ADB - wenn auch langsam - durch die NDB zumindest für die dort erneut behandelten Namen ersetzt wird, so ist man für Großbritannien weiterhin auf die alten Artikel im DNB angewiesen, so daß man für Namen, die in den oben erwähnten ergänzenden Spezialbiographien behandelt sind, besser gleich zu diesen greift. Hierin ist jedoch mittelfristig eine Besserung zu erwarten, wird doch, wie einer Leserzuschrift an TLS vom 15. 01. 1993, S. 17 zu entnehmen ist, bereits am New dictionary of national biography gearbeitet, das statt ca. 37.000 Namen deren ca. 50.000 enthalten soll, wobei die alten Artikel teils revidiert, teils völlig neu geschrieben werden sollen. Wie weit die Arbeiten gediehen sind, wird nicht gesagt, doch spricht die in der Zuschrift enthaltene Aufforderung, Verbesserungsvorschläge einzureichen und zusätzlich zu berücksichtigende Namen zu benennen, verbunden mit dem Aufruf zur Mitarbeit, eher dafür, daß das ganze Unternehmen noch in der Planungsphase steckt.

sh


[1]
Das Dictionary of American biography hat ganz offensichtlich nach dem britischen Vorbild seit 1964 ein entsprechendes Nachschlagewerk veröffentlicht, das jetzt in folgender Auflage zu benutzen ist: Concise dictionary of American biography. - 4. ed. complete to 1970. - New York : Scribner, 1990. - 1536 S. (zurück)
[2]
Da Bd. 1 der früheren Ausgabe lt. Vorwort 30.378 Personen enthielt, entfallen auf die nach 1901 Verstorbenen etwas über 6.000 Eintragungen. (zurück)
[3]
Dictionary of business biography : a biographical dictionary of business leaders active in Britain in the period 1860 - 1980 / ed. by David J. Jeremy. - London : Butterworth. - 1 (1984) - 5 (1986) + Suppl. (1986). - Dictionary of Scottish business biography : 1860 - 1960 / ed. Anthony Slaven ... - Aberdeen : Aberdeen University Press. - 1 (1986) - , zuletzt 2 (1990). (zurück)
[4]
Dictionary of labour biography / Joyce M. Bellamy and John Saville. - London : Macmillan. - 1 (1972) - 6 (1982). - Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier international. Grande-Bretagne. - Paris : Editions OuvriŠres. - 1 (1980) - , zuletzt 2 (1986). (zurück)
[5]
Biographical dictionary of British radicals in the seventeenth century / ed. by Richard L. Greaves and Robert Zaller. - Brighton, Sussex : Harvester Press. - 1 (1982) - 3 (1984). - Dictionary of modern British radicals / ed. by Joseph O. Baylen and Norbert J. Gossman. - Hassocks, Sussex : Harvester Press [u.a.]. - 1. 1770 - 1830. - 1979, zuletzt 2. 1830 - 1870. - 1984. - A dictionary of obituaries of modern British radicals / Floyd D. Barrows ; David B. Mock. - New York [u.a.] : Harvester Wheatsheaf, 1989. - 490 S. (zurück)
[6]
The Europa biographical dictionary of British women : over 1000 notable women from Britain's past / ed. by Anne Crawford. - London : Europa Publications, 1983. - IX, 436 S. - The biographical dictionary of British feminists / Olive Banks. - New York : New York University Press. - 1. 1800 - 1930. - 1985. - 2. Suppl. 1900 - 1945. - 1990. (zurück)

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