Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Bericht aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5 (1997) 1/2

Die alten Hochschulschriften : lästige Massenware oder ungehobene Schätze unserer Bibliotheken?
von
Manfred Komorowski

97-1/2-232



0 Einleitung

Jede unserer großen wissenschaftlichen Bibliotheken verfügt über hunderttausende von Hochschulschriften. Deren Löwenanteil entfällt wiederum auf die Dissertationen. Habilitationsschriften, Vorlesungsverzeichnisse, akademische Reden oder Studienführer fallen dagegen kaum ins Gewicht, so daß die Begriffe Dissertation und Hochschulschrift manchmal synonym gebraucht werden.

In den großen Dissertationenbeständen finden wir vorrangig Dissertationen aus dem 19. und dem 20. Jahrhundert, in vielen Fällen aber auch alte Dissertationen, zwischen 1500 und 1800 erschienene Hochschulschriften, manchmal 50.000 und mehr. Schon bald nach der Erfindung des Buchdrucks entwickelte sich an den Hochschulen der Brauch, dem wissenschaftlichen Streitgespräch, der bereits im Mittelalter ausgiebig gepflegten Disputatio, eine schriftliche Fixierung des Themas, die gedruckte Dissertatio, zugrundezulegen, die der Kandidat unter der Leitung eines Präses gegen die Opponenten zu verteidigen hatte.[1] Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entwickelten sich aus Thesensammlungen von einem Blatt Abhandlungen mit ausführlicher Diskussion und Argumentation von manchmal über 100 Seiten, wobei es sich aber nicht um einen linearen Anstieg handelte. Um 1800 erschienene Dissertationen konnten sehr kurz, die aus dem 16. Jahrhundert von beträchtlichem Umfang sein. Die meisten Streitschriften wurden zu Übungszwecken verteidigt. Die Inauguraldissertationen, bei denen es um einen wissenschaftlichen Qualifikationsnachweis, also etwa den Doktor-, Lizentiaten- oder Professorentitel ging, blieben dagegen in Minderzahl, obwohl es je nach Epoche und Universität hier einige Abweichungen gibt. Besonders eifrig disputierten die Theologen und Juristen, weniger die meist kaum 10 % der Studentenschaft ausmachenden Mediziner, noch weniger - wieder mit Ausnahmen - die Philosophen oder Artisten, für die das Studium in der unteren Fakultät oft nur die Vorbereitung auf ein Theologie-, Jura- oder Medizinstudium war. Obwohl auch an katholischen Hochschulen eifrig disputiert wurde, entfiel doch der Löwenanteil der Hochschulschriften der frühen Neuzeit - neben den Dissertationen die Programme und Reden - auf die protestantischen Universitäten und Akademischen Gymnasien.

Die Titel aus dem 16. Jahrhundert sind dabei noch relativ selten, die meisten stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Eine sorgfältige neuere Studie hat die Hochschulschriften des 17. Jahrhunderts im alten deutschen Sprachraum auf mindestens 80.000 geschätzt,[2] eine Zahl, die realistisch sein dürfte. Im 18. Jahrhundert, besonders in dessen zweiter Hälfte, verfielen zwar etliche Universitäten und Akademische Gymnasien, andere neue kamen jedoch hinzu und blühten wie Halle und Göttingen in kürzester Zeit auf, so daß man mit einer in etwa gleichen Zahl für das 18. Jahrhundert rechnen kann. Nimmt man die Schriften aus dem 16. Jahrhundert und all die akademischen Programme, Reden, Glückwunschadressen, Leichenpredigten, Vorlesungsverzeichnisse, ja selbst Gelegenheitskompositionen zu akademischen Feiern hinzu und berücksichtigt man den gesamten historischen deutschen Sprachraum, so dürfte sich die Zahl der vor 1800 herausgekommenen Hochschulschriften auf 200.000 zu bewegen.

Bibliographisch geben sie uns nach wie vor manche Probleme auf. In den Meßkatalogen fehlten sie ebenso wie im Heinsius oder Kayser, den großen Buchhandelsverzeichnissen mit nationalbibliographischer Funktion. Wie andere sogenannte kleinere Schriftengattungen - man denke an Gelegenheitsgedichte oder Leichenpredigten - wurden sie, weil man ihnen die wissenschaftliche Relevanz absprach, in großen Bibliotheken zwar noch gesammelt, in vielen Fällen aber bis heute nur unzureichend erschlossen. Die zahlreichen Kriegsverluste, besonders des Zweiten Weltkrieges, taten ein Übriges, die Quellenbestände zu dezimieren. Die bibliographische Kontrolle der alten Hochschulschriften des deutschen Sprachraums gestaltet sich also trotz verdienstvoller Gesamt- oder Bibliothekskataloge nach wie vor schwierig. Viele gesuchte Titel findet man weder im National union catalog, in den Katalogen der British Library, der Bibliothèque Nationale, noch in den Bestandsnachweisen der Berliner Staatsbibliothek, der dortigen Humboldt-Universität (s.u.) oder der Universitätsbibliothek Tübingen (s.u.), obwohl alle über einen enormen Fundus an alten Hochschulschriften verfügen. Bis zum Auffinden eines Exemplars bleiben historische Fachbibliographien oder Dissertationenverzeichnisse dann der einzige Beleg für die Existenz einer Schrift. In gar nicht so wenigen Fällen versagen auch sie. Wenn man Glück hat, ersetzen später als Monographien publizierte Dissertationensammlungen einzelner Professoren die nicht mehr nachweisbaren Originaldrucke.

Für das gesamte 19. und bis weit in unser Jahrhundert hinein fehlte es nahezu total an Initiativen, die alten Hochschulschriften bibliographisch aufzuarbeiten, obwohl die Textgattung "Alte Dissertation" am Ende des vorigen Jahrhunderts bei den Bibliothekaren durchaus Interesse fand. Denen ging es allerdings weniger um den wissenschaftlichen Wert des Textes als um die Frage, wer - Präses oder Respondent - der Verfasser einer Schrift war und wie sie demnach im Katalog anzusetzen wäre. Immerhin verdanken wir der kontrovers geführten Diskussion[3] die auch heute noch wichtige Monographie von Ewald Horn.[4] Große bibliographische Unternehmen wie der Deutsche Gesamtkatalog schlossen sie aus und auch Verzeichnisse für einzelne Hochschulen oder einzelne Fächer gab es kaum.

Es sollte bis nach 1970 dauern, ehe die ersten Versuche unternommen wurden, diesem bibliographischen Defizit nach und nach abzuhelfen.[5] Nahezu zeitgleich legte Schüling im Jahre 1976 den ersten modernen Katalog alter Dissertationen für Gießen vor (s.u.) und in Köln fanden sich Spezialisten zu einem Symposium zusammen, auf dem besonders Hans-Joachim Koppitz[6] den wissenschaftlichen Wert alter Hochschulschriften herausstellte und eine Reihe von Forschungslücken aufzeigte, von denen heute, nach 20 Jahren, glücklicherweise einige geschlossen sind. Auch der Mundt, die im Kriege bei Ritter steckengebliebene Standardbibliographie alter Dissertationen, wurde Ende der siebziger Jahre aus den Beständen der Universitätsbibliothek Erlangen ergänzt (s.u.). Damit war sozusagen der Startschuß für eine erneute Beschäftigung mit einer lange vernachlässigten Textgattung gegeben. Die wichtigsten seitdem erfolgten Initiativen sollen im folgenden vorgestellt werden.



1 Quellenkunde; Bestandsführer zu Dissertationenbeständen

Angesichts der schwierigen Quellenlage ist es für Forscher und Bibliographen immer interessant, neue, eventuell noch unerschlossene Sammlungen alter Dissertationen, zu ermitteln und über deren Erschließungszustand informiert zu werden. Eine solche Quellenkunde liefern die folgenden Werke:

1-1 Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland / hrsg. von Bernhard Fabian. Redaktion: Karen Kloth. - Hildesheim [u.a.] : Olms-Weidmann. - 30 cm [1421, 2799]

1-2 Handbuch der historischen Buchbestände in Österreich / hrsg. von der Österreichischen Nationalbibliothek unter Leitung von Helmut W. Lang. In Zsarb. mit dem Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. - Hildesheim [u.a.] : Olms-Weidmann. - 30 cm [2592]

Die Ermittlung einschlägiger Bestände kann über die Sachregister der einzelnen Bände oder Bandgruppen erfolgen. Allerdings ist bei der Benutzung der Register auf Tücken zu achten; vgl. IFB 95-2-197, insbes. Anm. 2.

Juristische Dissertationen ... (s.u. 4.1-1)

S. 11 - 24: Schwerpunkt Jura

Philosophische Dissertationen ... (s.u. 4.3-1)

S. 41 - 51: Schwerpunkt Philosophie

1-3 Katalogsituation der Altbestände (1501 - 1850) in Bibliotheken der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) : eine Studie im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft / Erdmute Lapp. - Berlin : Deutsches Bibliotheksinstitut, 1989. - V, 296 S. ; 21 cm. - (Dbi-Materialien ; 82) - ISBN 3-87068-882-3

1-4 Katalogsituation der Altbestände (1501 - 1850) in Bibliotheken der neuen Bundesländer : eine Studie im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft / Otwin Vinzent. - Berlin : Deutsches Bibliotheksinstitut, 1992. - 107 S. ; 21 cm. - (Dbi-Materialien ; 116 : Schriften der Deutschen Forschungsgemeinschaft). - ISBN 3-87068-916-1 : DM 12.00 [1653]

Rez.: ABUN in ZfBB 40 (1993),4, S. 365 (K. Schreiber)



2 Bibliographien der Bibliographien

2-1 Bibliographie der deutschen Universitäten : systematisch geordnetes Verzeichnis der bis Ende 1899 gedruckten Bücher und Aufsätze über das deutsche Universitätswesen / Wilhelm Erman ; Ewald Horn. - Leipzig. - 1 (1904) - 2 (1905). - Reprint: Hildesheim : Olms, 1965.

Bd. 1, S. 17 - 21: Verzeichnisse der Universitäts-Schriften. - Bd. 2 enthält im Kapitel Promotionen der einzelnen Universitäten Nachweise von Promotionsmatrikeln und historischen Dissertationenverzeichnissen.

Philosophische Dissertationen ... (s.u. 4.3-1)

S. 32 - 51: Bibliographischer Rechenschaftsbericht; Schwerpunkt Philosophie

Juristische Dissertationen ... (s.u. 4.1-1)

S. 25 - 46: Bibliographie zu den einzelnen Universitäten, neben den Dissertationenverzeichnissen auch Auflistung der Matrikeln und der Forschungsliteratur; Schwerpunkt Jura.

2-2 A guide to theses and dissertations : an international bibliography of bibliographies / by Michael M. Reynolds. - Rev. and enl. ed. - Phoenix, Arizona : Oryx Press, 1985. - VII, 263 S. ; 29 cm. - ISBN 0-89774-149-8 [0916]

Lohnt nur in Einzelfällen die zusätzliche Konsultation.

Rez.: ABUN in ZfBB 34 (1987),1, S. 44 (K. Schreiber).



3 Allgemeine Verzeichnisse

3-1 Bio-bibliographisches Verzeichnis von Universitäts- und Hochschuldrucken (Dissertationen) vom Ausgang des 16. bis Ende des 19. Jahrhunderts / begr. von Hermann Mundt. - München [u.a.] : Saur. - Bd. 3. ersch. im Verl. Dokumentation, München [0834]

Bd. 3. Ritter, Johann Karl bis Z / hrsg. von Konrad Wickert. - 1977. - 569 S. - ISBN 3-7940-2813-9

Bd. 4. Personenregister. - 1980. - 168 S. - ISBN 3-598-02814-8

Bd. 1 (1936) und 2 (1943) sind Angebotskataloge des Leipziger Antiquariats Carlsohn, die eine etwa 75.000 Titel umfassende Sammlung aus süddeutschen Klöstern zum kleineren Teil erschlossen. Die Sammlung und das Katalogmanuskript für den Alphabetteil Ritter - Z verbrannten 1943 in Leipzig. Dieser Teil wurde 1977 von Konrad Wickert aus den Beständen der Universitätsbibliothek Erlangen ergänzt, enthielt aber keine Dissertationen des 19. Jahrhunderts, im Gegensatz zu Mundt jedoch auch Schriften ohne Dedicationes und Gratulationes. 1980 folgte dann noch ein Register der Praesides, das den nach Respondenten geordneten, insgesamt 37.834 Titel umfassenden Katalog zusätzlich erschloß. - Rez.: ABUN in ZfBB 24 (1977),3, S. 269 - 270 und 28 (1981),4, S. 298 - 299 (K. Schreiber).

3-2 Dissertationen-Katalog der Universitätsbibliothek Tübingen [Mikroform] / Universitätsbibliothek Tübingen. - Mainz-Kastel : Gärtner ; München : Saur, 1983. - 370 Mikrofiches. - ISBN 3-598-30449-8

Enthält ungefähr 700.000 bis 1980/81 erworbene Dissertationen mit einem bedeutenden Anteil an Titeln vor 1800, darunter die Tübinger Dissertationen nahezu vollständig.

3-3 Alphabetischer Katalog der Dissertationen der Humboldt-Universität Berlin [Mikroform]. - [Hildesheim] : Olms

Teil 1. Vor 1817. - [1989 ?]. - 58 Mikrofiches.

Die größte deutsche Hochschulschriftensammlung enthält etwa 50.000 alte Dissertationen.



4 Fachbibliographien und -kataloge (soweit nicht auf einzelne Hochschulen beschränkt)

4.1 Jura

4.1-1 Juristische Dissertationen deutscher Universitäten : 17. - 18. Jh. ; Dokumentation / zsgest. von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von Filippo Ranieri. - Frankfurt am Main : Klostermann, 1986. - Halbbd. 1 - 2 ; 25 cm. - (Ius commune : Sonderh. ; 27). - ISBN 3-465-01758-7 [0270]

Anders als der Titel vermuten läßt, handelt es sich nur um ein Verzeichnis für die Jahre 1601/05, 1651/55, 1701/05 und 1751/55 und um die Respondenten mit dem Anfangsbuchstaben E, basierend vor allem auf der großen Sammlung des Max-Planck-Instituts für Europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main. Enthält insgesamt (nach Ahsmann) 5758 Dissertationen und damit nur einen Bruchteil der juristischen Dissertationen beider Jahrhunderte; zusätzlich zu den deutschen sind auch niederländische Universitäten berücksichtigt. Anlage chronologisch mit detaillierter bibliographischer Beschreibung, jedoch ohne Umfangsangaben und ohne Nachweis der Dedicationes und Gratulationes; Register der Praesides, der Respondenten, der Universitäten, der Herkunftsorte und ein inhaltlich-systematisches Register. Zusammen mit dem folgenden Biographischen Repertorium ... eine verdienstvolle Initiative zur besseren Erschließung juristischer Dissertationen, deren Methodik der Jahresschnitte jedoch anfechtbar ist, die aber auch, offensichtlich durch Mitwirkung zu vieler unzureichend vorbereiteter Hilfskräfte zahlreiche handwerkliche Mängel aufweist (Details besonders bei Ahsmann).

Rez.: Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis. - 55 (1987), S. 412 - 421 (M. Ahsmann). - Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. German. Abt. - 105 (1988), S. 373 - 374 (R. Lieberwirth). - ABUN in ZfBB 34 (1987),4, S. 314 - 315 (K. Schreiber).

4.1-2 Biographisches Repertorium der Juristen im Alten Reich : 16. - 18. Jahrhundert / hrsg. von Filippo Ranieri. - Frankfurt am Main : Klostermann. - 25 cm. - (Studien zur europäischen Rechtsgeschichte ; ...)

A. - 1989. - L, 422 S. - ISBN 3-465-01879-6 : DM 114.00. - (... ; 40).

C. - 1991. - L, 455 S. - ISBN 3-465-02293-9 : DM 132.00. - (... ; 55).

D. - 1990. - L, 382 S. - ISBN 3-465-02263-7 : DM 112.00. - (... ; 50).

E. - 1987. - XLV, 583 S. - ISBN 3-465-01808-7 : DM 146.00. - (... ; 35).

Die Bd. für die Buchstaben A, C und D bestehen jeweils aus dem eigentlichen biographischen Repertorium und einer chronologischen Bibliographie der Dissertationen der jeweiligen Juristen. Bd. E enthält nur die Biographien, da die Dissertationen bereits in Juristische Dissertationen ... (s.o.) nachgewiesen wurden, mit dem das Repertorium in engstem Zusammenhang steht. Die Titelbeschreibung und die Register sind somit die gleichen. - Ein von der Idee her bestechendes Projekt, dessen Scheitern nach vier Bänden, da wohl zu ehrgeizig, aber vorhersehbar war. Wertvoller bio-bibliographischer Nachweis vor allem der zahlreichen unbekannten Juristen, wenn auch etliche Personen nur mit einem einzigen Matrikeleintrag belegt sind. In einer geplanten CD-ROM-Ausgabe soll das gesamte Material - ergänzt um den Buchstaben B - kumulieren.

Rez.: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. German. Abt. - 106 (1989), S. 462; 108 (1991), S. 475 - 476 (R. Lieberwirth).

4.1-3 Katalog juristischer Dissertationen, Disputationen, Programme und anderer Hochschulschriften im Zeitraum von 1600 bis 1800 aus den Beständen der Universität Rostock / im Auftr. der Universitätsbibliothek an der Chuo-Universität hrsg. von Ryuichi Tsuno. - Tokyo : Chuo University Library, 1989. - Halbbd. 1 - 2 ; 24 cm. - ISBN 3-8051-0020-5 (Keip) - (Antiquariat und Verlag Keip GmbH, Bayernstr. 9, 63773 Goldbach) [1689]

Bestandskatalog einer Sammlung von rund 12.500 Titeln, die zu DDR-Zeiten zum Zwecke der Devisenbeschaffung nach Japan verkauft wurde und sich heute in der Chuo University Library in Tokyo befindet. Anlage alphabetisch nach Respondenten; Register der Praesides, Universitäten, Schlagwörter und ein systematisches Register. Vom dargebotenen Material ohne Zweifel ein nützliches Werk, dessen Bearbeiter mit der Materie wohl doch nicht ganz vertraut war. Die vollkommen fehlende Normierung bei der Ansetzung von Personen- und Ortsnamen ist ein ebenso gravierender Mangel wie offenkundige Fehler in den Sachregistern (hierzu besonders W. Kundert).

Rez.: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. German. Abt. - 109 (1992), S. 559 (W. Kundert). - IFB 93-3/4-233 (M. Komorowski).

4.1-4 Katalog der Sammlung Lehnemann : juristische Schriften des 16. - 18. Jahrhunderts / hrsg. von Ulrich Dingler und Karl Härter. Unter Mitarb. von Rolf Gehbauer und einer Arbeitsgruppe des Max-Planck-Instituts für Europäische Rechtsgeschichte. - Frankfurt am Main, 1994. - Teil 1 - 2 ; 30 cm. - (Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte, Postfach 930227, 60457 Frankfurt) [2698]

Etwa 16.000 der insgesamt rund 21.000 Titel der Privatbibliothek des Frankfurter Juristen Heinrich Wilhelm Lehnemann (1723 - 1802) entfallen auf alte Dissertationen der Jahre 1558 - 1801. Die Sammlung befindet sich als Leihgabe der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main im dortigen Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte, an dem auch der vorliegende Katalog erarbeitet wurde. Die auch maschinenlesbar vorliegenden Titelaufnahmen sind im Hessischen Verbundkatalog recherchierbar. Anlage alphabetisch nach dem ersten Verfasser, meist dem Präses; Register der Respondenten und sonstiger beteiligter Personen, aber leider ohne Hochschulregister.

Rez.: IFB 95-2-264 (K. Schreiber).

Projektbericht: Juristische Dissertationen im frühneuzeitlichen Alten Reich : ein Projektbericht zur Erschließung der Sammlung Lehnemann und zur Erstellung eines bio-bibliographischen Repertoriums / Karl Härter ; Ulrich Dingler. - IFB 95-3-488.

4.1-5 Frankfurter Juristen im 17. und 18. Jahrhundert / Barbara Dölemeyer. - Frankfurt am Main : Klostermann, 1993. - XCVIII, 435 S. ; 25 cm. - (Ius commune : Sonderh. ; 60). - ISBN 3-465-02583-0 [1670]

Sehr spezielle rechts-, sozial- und lokalgeschichtliche Abhandlung, methodisch an die Arbeiten von Ranieri angelehnt; verzeichnet 737 Biographien und 571 Dissertationen Frankfurter Rechtsgelehrter.

Rez.: Für IFB vorgesehen.

Vor allem dank der Initiativen des Max-Planck-Instituts für Europäische Rechtsgeschichte sind die besonders zahlreichen juristischen Dissertationen vor 1800 bereits recht gut aufgearbeitet. An dieser Stelle sei zusätzlich auf die wegen der zahlreichen deutschen Studenten und Professoren für die deutsche Bildungs- und Wissenschaftsgeschichte, aber auch für die Nationalbibliographie sehr wichtigen Forschungen aus den Niederlanden hingewiesen:

4.1-6 Bibliografie van hoogleraren in de rechten aan de Leidse Universiteit tot 1811 / Margreet Ahsmann ; Robert Feenstra. - Amsterdam : Noord-Hollandsche Uitgevers Maatschappij, 1984. - 378 S. - (Geschiedenis der Nederlandsche rechtswetenschap ; 7,1). - ISBN 0-4448-5603-X

4.1-7 Bibliografie van hoogleraren in de rechten aan de Utrechtse Universiteit tot 1811 / Margreet Ahsmann ... - Amsterdam : North-Holland, 1993. - 191 S. - (Geschiedenis der Nederlandsche rechtswetenschap ; 7,2). - ISBN 0-444-85766-4

Kumulative Personalbibliographien der Leidener und Utrechter Rechtsdozenten, wobei das Leidener Verzeichnis wegen des exzellenten Rufes und der gesamteuropäischen Studentenschaft der dortigen Universität eindeutig wichtiger ist. Die gewählte Methode ermöglicht keinen Gesamtüberblick über die juristischen Dissertationen aus Leiden und Utrecht, da all die ohne Präses verteidigten Inauguraldissertationen fehlen, dafür aber je nach Biographie der Professoren Heidelberger, Baseler, Marburger usw. Streitschriften verzeichnet werden. Die Bibliographie für Utrecht enthält ein Supplement zu der für Leiden.

Rez.: Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis. - 52 (1984), S. 424 - 425 (B. H. Stolte) [Leiden]. - Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis. - 63 (1995), S. 409 - 410 (W. Kundert) [Utrecht].

4.1-8 Collegia en colleges : juridisch onderwijs aan de Leidse Universiteit 1575 - 1639 in het bijzonder het disputeren / Margreet Ahsmann. - Groningen : Wolters-Noordhoff, 1990. - 641 S. - (Rechtshistorische studies ; N.R., 1)

Diese Leidener Dissertation verzeichnet 923 Dissertationen aus der Frühzeit der wichtigsten niederländischen Hochschule, darunter etliche handschriftliche oder nur noch in der Literatur belegte Titel.

4.1-9 De juridische faculteit te Franeker 1585 - 1635 : een studie over de professoren en hun onderwijs met lijsten van verdedigde disputaties / Margreet Ahsmann. // In: Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis. - 54 (1986), S. 3 - 71.

Zur Ermittlung niederländischer Inauguraldissertationen - nicht nur der juristischen - stehen uns die für alle niederländischen Hochschulen publiziert vorliegenden Promotionsmatrikeln zur Verfügung.[7] In der Universitätsbibliothek Amsterdam existiert ein Gesamtkatalog niederländischer Dissertationen vor 1800, der Apparaat van der Woude. - Zu Franker allgemein s.u. 5.4-1.

Katalog der Basler juristischen Disputationen ... (s.u. 5.1-1)

Katalog der Helmstedter juristischen Disputationen ... (s.u. 5.7-2)



4.2 Medizin

4.2-1 Catalogo del Fondo Haller della Bibliotheca Nazionale Braidense di Milano / a cura di Maria Teresa Monti. - Milano : Angeli. - (Pubblicazioni del Centro di Studi del Pensiero del Cinquecento e del Seicento in Relazione ai Problemi della Scienza del Consiglio Nazionale delle Ricerche ; ...)

Parte 2, Dissertazioni. - Vol. 1 (1985) - 5 (1987). - (...; 10 - 14)

Parte 3,2, Dissertazioni delle biblioteche lombarde. - T. 1 (1992) - 2 (1993). - (... ; 16 - 17)

Indici, addenda. - 1994. - X, 349 S. - (... ; 18)

Die in Mailand aufbewahrte riesige Bibliothek des lange an der Universität Göttingen lehrenden Schweizer Arztes, Naturforschers und Dichters Albrecht von Haller (1708 - 1777) enthält knapp 8800 medizinisch-naturwissenschaftliche Dissertationen vieler europäischer Universitäten mit Schwerpunkt im 18. Jahrhundert. Der Katalog ordnet alphabetisch nach den Präsides oder bei Titeln ohne Präses nach den Respondenten bzw. Kandidaten. Parte 3,2 erschließt zusätzlich Halleriana vornehmlich aus der Universitätsbibliothek Pavia. Den Abschluß bilden Gesamtregister nach Autoren und Universitäten.

Rez.: Sudhoffs Archiv. - 73 (1989), S. 124 - 125 (G. H. Müller).

4.2-2 Bio-bibliographisches Verzeichnis jüdischer Doktoren im 17. und 18. Jahrhundert / Manfred Komorowski. - München [u.a.] : Saur, 1991. - 128 S. ; 25 cm. - (Bibliographien zur deutsch-jüdischen Geschichte ; 3). - ISBN 3-598-10980-6 [1624]

Nachweis von gut 400 Inauguraldissertationen und Promotionen ohne Dissertation, die jüdische Kandidaten im 17. und 18. Jahrhundert an deutschen und niederländischen Universitäten vorlegten, ergänzt durch biographische Belegstellen.

Rez.: IFB 95-1-060 (K. Schreiber).

Vom Medizinstudenten ... (s.u. 5.6-1)

Die Medizinische Fakultät der Universität Helmstedt ... (s.u. 5.7-3)



4.3 Philosophie

4.3-1 Philosophische Dissertationen deutscher Universitäten 1660 - 1750 : eine Auswahlbibliographie / Hanspeter Marti. Unter Mitarb. von Karin Marti. - München [u.a.] : Saur, 1982. - 705 S. ; 31 cm. - ISBN 3-598-10445-6 [0688]

Mit insgesamt 9818 Titeln die bisher umfassendste Bibliographie der Dissertationen der Artistenfakultäten aus dem alten deutschen Sprachraum. Allein diese Zahl rechtfertigt wohl die pragmatische Beschränkung auf den Berichtszeitraum 1660 - 1750. Breite Berücksichtigung der Schriften vieler akademischer Gymnasien und Ordensschulen. Durch die methodisch wichtige Einleitung, die Fülle des präsentierten Materials und die keinen Wunsch offenlassenden Register überzeugend.

Rez.: ABUN in ZfBB 30 (1983),3, S. 246 - 247 (K. Schreiber). - Mitteilungsblatt / Verband der Bibliotheken des Landes NRW. - N.F. 33 (1983), S. 170 - 171 (M. Komorowski). - Zeitschrift für philosophische Forschung. - 38 (1984), S. 343 - 347 (R. W. Schmidt). - Pietismus und Neuzeit. - 12 (1986), S. 186 - 188 (D. Blaufuß).

4.3-2 Bibliographie barocker Dissertationen zu Aberglaube und Brauch / Christoph Daxelmüller. // In: Jahrbuch für Volkskunde. - N.F. 3 (1980), S. 194 - 238; 4 (1981), S. 225 - 243; 5 (1982), S. 213 - 224; 6 (1983), S. 230 - 244; 7 (1984), S. 195 - 240.

Die Bibliographie, die man sich allein wegen ihres Umfangs auch gut als Monographie vorstellen könnte, ist sozusagen das Quellenverzeichnis von Daxelmüllers Disputationes curiosae : zum "volkskundlichen" Polyhistorismus an den Universitäten des 17. und 18. Jahrhunderts. - Würzburg, 1979. Sie weist 2674 Dissertationen - etliche davon keine Dissertationen im engeren Sinne - volkskundlicher und kulturhistorischer Thematik in systematischer Anordnung nach und belegt, daß in der frühen Neuzeit nicht nur über hochwissenschaftliche, sondern auch über heute trivial anmutende Themen wie Kometen, Monster usw. disputiert wurde. Die Schriften stammen überwiegend aus den Artistenfakultäten, wenngleich auch die anderen Fakultäten in nicht geringem Umfang vertreten sind. Alphabetisches Gesamt- und ein Ortsregister am Ende der letzten Folge.

4.3-3 Dissertationes latinae : europäische Hochschulschriften des 16. - 19. Jahrhunderts / Christian Helfer. - Saarbrücken : Verlag der Societas Latina, 1994. - 247 S. ; 21 cm. - ISBN 3-923587-20-1. - (Verlag ..., Universität FR 6.3, Postfach 1150, 66041 Saarbrücken ) [2480]

Dem Verfasser, einem Altphilologen, geht es ausschließlich um den Nachweis von Neologismen in alten Dissertationentiteln. Anordnung nach deutschen Schlagwörtern, dazu die den Dissertationen entnommenen neulateinischen Äquivalente. Er schöpft vor allem die Bibliographie von Daxelmüller aus. Die nur als Belegstellen angeführten Dissertationen werden durch keine weiteren Register erschlossen, so daß nur eine thematische Suche über den Hauptteil möglich ist.

Rez.: IFB 95-2-179 (K. Schreiber)

Die Philosophie an der Universität Basel ... (s.u. 5.1-2)



5 Einzelne Hochschulen

5.1 Basel

5.1-1 Katalog der Basler juristischen Disputationen 1558 - 1818 / Karl Mommsen. Aus dem Nachlaß hrsg. von Werner Kundert. - Frankfurt am Main : Klostermann, 1978. - 408 S. - (Ius commune : Sonderh., Texte und Monographien ; 9). - ISBN 3-465-01309-3

Ursprünglich von Mommsen für seine Studie Auf dem Wege zur Staatssouveränität : staatliche Grundbegriffe in Basler Doktordisputationen des 17. und 18. Jahrhunderts. - Bern, 1970 zusammengetragen, von Kundert mit einer ausführlichen universitäts- und gattungsgeschichtlichen Einleitung versehen, liegt ein nahezu vollständiges Verzeichnis der alten Basler juristischen Hochschulschriften vor, das durch einen vorzüglichen Registerteil erschlossen wird. Fast alle Drucke sind noch in der Universitätsbibliothek Basel vorhanden.

Rez.: Buchhandelsgeschichte. - 2 (1980),6, S. B349 - B351 (D. Paisey).

5.1-2 Die Philosophie an der Universität Basel im 17. Jahrhundert : Quellen und Analyse / Wolfgang Rother. - [Teildruck]. - Zürich : Juris-Verlag, 1981. - 48 S. - Zürich, Univ., Diss., 1981

Im vorliegenden Zusammenhang ist lediglich die vollständige Dissertation von Interesse, die allerdings nur in einem Belegexemplar in der Zentralbibliothek Zürich vorhanden ist; sie enthält auf S. 331 - 449 einen Katalog von etwa 500 Baseler Disputationen der Jahre 1601 - 1700.



5.2 Dorpat (Tartu)

5.2-1 Dissertationen und Orationen der Universität Dorpat 1632 - 1656 / Matti A. Sainio. - Stockholm : Föreningen för Svensk Undervisningshistoria, 1978. - 119 S. - (Arsbocker i svensk undervisningshistoria ; 141). - ISBN 91-85130-14-1

Detaillierte bibliographische Beschreibung einschließlich der Dedicationes und Gratulationes der 524 Dissertationen und 218 Reden dieser schwedisch-deutschen Universität. Anlage alphabetisch nach Präsides bei den Dissertationen, dann chronologisch, die Reden generell chronologisch, Register der Respondenten und Redner.



5.3 Duisburg 5.3-1 Bibliographie der Duisburger Universitätsschriften : (1652 - 1817) / Manfred Komorowski. - 1. Aufl. - Sankt Augustin : Richarz, 1984. - XX, 200 S. - (Duisburger Studien ; 7). - ISBN 3-88345-606-3

Weist gut 1700 Schriften der kleinen reformierten Universität nach, von denen ein beträchtlicher Teil mit der alten Universitätsbibliothek 1818 nach Bonn gelangt ist. Insgesamt sind die Duisburger Universitätsschriften, von denen die meisten aus der juristischen und der medizinischen Fakultät stammten, weit verstreut. - Gut 150 Nachträge sollen in der folgenden Publikation beschrieben werden: Duisburger Universitäts- und Personalschriften des 17. und 18. Jahrhunderts / Manfred Komorowski. // In: Stadt und Literatur : der alte deutsche Sprachraum zwischen Renaissance und Aufklärung / hrsg. von Klaus Garber. - Tübingen : Niemeyer [in Vorber.]

Rez.: Mitteilungsblatt / Verband der Bibliotheken des Landes NRW. - N.F. 35 (1985), S. 357 - 359 (H. D. Gebauer). - Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein. - 189 (1986), S. 295 - 296 (S. Corsten). - Duisburger Forschungen. - 35 (1987), S. 416 - 417 (H.-G. Kraume). - Rhetorik. - 10 (1991), S. 161 - 163 (H. Marti).

5.3-2 Duisburger Universitätsschriften 1652 - 1817 : Standortkatalog der Sammlung 06 / ZZXD 1002-1086 der Universitätsbibliothek Duisburg / bearb. von Manfred Komorowski ... - Duisburg : Universitätsbibliothek, 1997. - IV, 295 S. ; 27 cm. - (Im Tausch bei: Universitätsbibliothek, Gerhard-Mercator-Universität - Gesamthochschule Duisburg, 47048 Duisburg) [4067]

An der Universitätsbibliothek Duisburg wird seit etwa 1980 eine Ersatzüberlieferung in Kopieform aufgebaut, die bisher 936 Titel enthält (Stand: Febr. 1997) und es ist beabsichtigt, diese Sammlung nach und nach zu vervollständigen. Sie wurde 1996 - 1997 nach RAK-AD und RAK-UW mit allen literarischen Beiträgern katalogisiert und ist damit über den nordrhein-westfälischen Verbundkatalog recherchierbar. Der vorliegende Computerausdruck stellt den Standortkatalog dieser Sammlung dar. Er wird durch ein Personenregister erschlossen, in dem mit Siglen bei der jeweiligen Signatur die Funktion angegeben ist, in der die Person auftritt: als Verfasser oder Empfänger einer Gelegenheitsschrift (G) bzw. einer Leichenpredigt (LP), als literarischer Beiträger (L), Praeses (P) oder Respondent (R). [sh]

Projektbeschreibung: Pro libris. - 1996,3, S. 149.

5.3-3 Descartes in Germania : la ricezione del cartesianesimo nella Facoltà filosofica e medica di Duisburg (1652 - 1703) / Francesco Trevisani. - Milano : Angeli, 1992. - 491 S. : Ill. - (Filosofia e scienza nel Cinquecento e nel Seicento : Ser. 1, studi ; 37). - S. 387 - 436: Appendici bibliografici. - ISBN 88-204-7546-4

Bei den Duisburger philosophischen und medizinischen Dissertationen nahezu deckungsgleich mit Komorowski, des weiteren sind von Duisburgern an anderen Universitäten verteidigte Streitschriften sowie die Buchpublikationen Duisburger Professoren verzeichnet.



5.4 Franeker (s.a. 4.1-9)

5.4-1 Auditorium Academiae Franekerensis : Bibliographie der Reden, Disputationen und Gelegenheitsdruckwerke der Universität und des Athenäums in Franeker 1585 - 1843 / F. Postma & J. van Sluis. - Leeuwarden : Fryske Akademy, 1995. - XLVIII, 706 S. : Ill. ; 30 cm. - (Fryske Akademy ; 760) (Minsken en boeken ; 23). - ISBN 90-6171-760-4 : Hfl. 125.00. - (Fryske Akademy, Postbus 54, NL-8900 AB Leeuwarden) [3348]

Die kleine, aber gerade im 17. Jahrhundert recht bedeutende westfriesische Universität Franeker, an der auch sehr zahlreiche Deutsche studierten, verfügt nunmehr über ein Gesamtverzeichnis ihrer Schriften von der Gründung 1585 bis zur Aufhebung des Athenäums 1843. Teil 1 "Reden und Übungsdisputationen" enthält alle in Franeker herausgebrachten Universitätsschriften sämtlicher Professoren, Teil 2 die "Inauguraldissertationen", Teil 3 "Miscellanea", (Glückwunsch- und Trauerschriften, Vorlesungsverzeichnisse, Kataloge der Universitätsbibliothek sowie einzelner Professorenbibliotheken usw.)

Rez.: IFB 96-4-391 (M. Komorowski).



5.5 Gießen

5.5-1 Verzeichnis des von 1605 - 1624 in Gießen erschienenen Schrifttums / Hermann Schüling. - Gießen : Universitätsbibliothek, 1985. - 333 S.

Diese Druckortbibliographie weist überwiegend akademisches Schrifttum nach.

5.5-2 Die Dissertationen und Habilitationsschriften der Universität Gießen 1650 - 1700 : Bibliographie / hrsg. von Hermann Schüling. - München [u.a.] : Saur, 1982. - IX, 365 S. - ISBN 3-598-10336-0

Chronologische Auflistung von 1810 Titeln, davon 120 Sammelbände und Thesensammlungen, innerhalb eines Jahres nach Fakultäten; detaillierte bibliographische Beschreibung mit Standorten in etwa 80 Bibliotheken; Verfasserregister.

Rez.: Aus dem Antiquariat. - 1983,2, S. A70 (H. Urban). - Mitteilungsblatt / Verband der Bibliotheken des Landes NRW. - N.F. 32 (1982), S. 436 - 437 (M. Komorowski).

5.5-3 Die Dissertationen und Habilitationsschriften der Universität Gießen im 18. Jahrhundert / Hermann Schüling. - Gießen : Universitätsbibliothek, 1976. - XX, 317 S. - (Berichte und Arbeiten aus der Universitätsbibliothek Gießen ; 26)

Anlage analog zum vorherigen Werk; die nur 1097 Titel für das ganze Jahrhundert verdeutlichen den langsamen Niedergang des Disputationswesens in Gießen. - Dank der drei Verzeichnisse Schülings gehört Gießen zu den bibliographisch am besten erschlossenen Universitäten des alten Reiches.



5.6 Göttingen

5.6-1 Vom Medizinstudenten zum Doktor : die Göttinger medizinischen Promotionen im 18. Jahrhundert ; sozialhistorisch-vergleichender Überblick / von Ulrich Tröhler. Bibliographie eingel. und bearb. von Sabine Mildner-Mazzei. - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 1993. - 273 S. : Ill. ; 24 cm. - (Göttinger Universitätsschriften : Serie C, Kataloge ; 3). - ISBN 3-525-35877-6 [1681]

Nach einer sozialgeschichtlichen Analyse des Promotionswesens von U. Tröhler verzeichnet S. Mildner-Mazzei 793 Inauguraldissertationen bzw. Promotionen der Jahre 1735 - 1800 und - in einer Negativliste - 80 zweifelhafte oder nachweisbar nicht in Göttingen vollzogene Promotionen. Die Annotationen enthalten Angaben über das Immatrikulationsdatum, das Promotionsgesuch im Universitätsarchiv und oft auch einen Rezensionsnachweis in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen. Den chronologisch geordneten Hauptteil erschließt ein Namen- und ein geographisches Register.

Rez.: IFB 93-3/4-251 (M. Komorowski). - Isis. - 85 (1994), S. 327 - 328 (T. Broman).



5.7 Graz

5.7-1 Bibliographia Widmanstadiana : die Druckwerke der Grazer Offizin Widmanstetter 1586 - 1805 / Theodor Graff. - Graz : Steiermärkische Landesbibliothek, 1993. - 734 S. : Ill. - (Arbeiten aus der Steiermärkischen Landesbibliothek ; 22)

Chronologische Bibliographie von 2764 Drucken der Offizin Widmanstetter, die nahezu alle Grazer Universitätsschriften der frühen Neuzeit herausbrachte. Das Verzeichnis besteht aus kopierten Titelblättern mit Format- und Umfangsangaben sowie Besitznachweisen. Hinzu kommen ein Register der Bibliotheken, ein Orts- und ein Sachregister. Die Universitätsschriften kann man mit Hilfe des Ortsregisters (unter Graz - Jesuitenuniversität) sowie im Sachregister (unter baccalaurei, doctores, dissertationes, theses usw.) ermitteln.



5.8 Helmstedt

5.8-1 The Theological Faculty at Helmstedt : an outline of its intellectual development as mirrored in its dissertations, together with a chronological catalogue / William A. Kelly. - 1991. - Vol. 1 - 2. - Strathclyde, Univ., Ph. D. thesis, 1991

Bd. 2, S. 232 - 694 weist 1426 Titel der Jahre 1574 - 1806 nach; ausführliche bibliographische Beschreibung einschließlich Dedicationes und Gratulationes; Register der Praesides, Respondenten, Herkunftsorte, der Schlagwörter, der Empfänger von Widmungen sowie der literarischen Beiträger. Eine Buchpublikation dieses wichtigen Titels wäre sehr wünschenswert.

5.8-2 Katalog der Helmstedter juristischen Disputationen, Programme und Reden 1574 - 1810 / Werner Kundert. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1984. - 543 S. - (Repertorien zur Erforschung der frühen Neuzeit ; 8). - ISBN 3-447-02468-2

Methodisch analog zum Katalog der Basler juristischen Disputationen ... (s.o. 5.1-1), weist Kundert - nach einer über 200 Seiten langen Einleitung zur Universitäts-, Rechts- und Gattungsgeschichte - 4006 chronologisch geordnete Einträge auf, die durch ein Personen-, ein Orts- und ein Sachregister erschlossen werden. Der überwiegende Teil der Schriften ist in der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel vorhanden.

Rez.: Jahrbuch für Regionalgeschichte. - 15 (1988), S. 279 - 280 (R. Lieberwirth). - Wolfenbütteler Renaissance-Mitteilungen. - 10 (1986), S. 24 - 25 (N. Hammerstein). - Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. German. Abt. - 104 (1987), S. 367 - 369 (B. Schildt). - Blätter für deutsche Landesgeschichte. - 122 (1986), S. 661 - 663 (K. Muscheler). - Rhetorik. 7 (1988), S. 161 - 164 (H. Marti).

5.8-3 Die Medizinische Fakultät der Universität Helmstedt (1576 - 1810) : eine Studie zu ihrer Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Promotions- und Übungsdisputationen / Michaela Triebs. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1995. - 354 S. ; 25 cm. - (Repertorien zur Erforschung der frühen Neuzeit ; 14). - ISBN 3-447-03699-0 [3169]

Wie Kundert und Kelly bettet auch Triebs ihr Verzeichnis der Helmstedter medizinischen Disputationen in den universitäts- und fachgeschichtlichen Kontext ein. S. 37 - 69: Kurzbiographien der Helmstedter Medizinprofessoren. S. 117 - 343: Katalog der 495 Inaugural- und 311 Übungsdisputationen mit detaillierter bibliographischer Beschreibung. Nur ein Register der Respondenten, während Register der Widmungsempfänger und literarischen Beiträger fehlen.

Rez.: IFB 96-1-123 (M. Komorowski).



5.9 Ingolstadt

5.9-1 Verzeichnis der Doktoren und Dissertationen der Universität Ingolstadt-Landshut-München : 1472 - 1970 / Lieselotte Resch ; Ladislaus Buzas. - München : Universitätsbibliothek.

Bd 1. Theologische, juristische, staatswissenschaftliche Fakultät. - 1975. - 539 S.

Bd 2. Medizinische Fakultät, 1472 - 1915. - 1976. - 495 S.

Bd 7. Philosophische Fakultät, 1750 - 1950. - 1977. - 483 S.

Für die Zeit vor 1800 handelt es sich eher um Promotionsmatrikel als um ein Dissertationenverzeichnis und kann somit bei der Ermittlung von Ingolstädter Inauguraldissertationen als Grundlage dienen. Ebenso wären die Übungsdisputationen, Reden usw. noch aufzuarbeiten.



5.10 Köln

5.10-1 Die Hochschulschriften der alten Kölner Universität : 1583 - 1798 ; ein Verzeichnis / Peter Stauder. - München [u.a.] : Saur, 1990. - XIV, 351 S. ; 30 cm. - ISBN 3-598-10859-1 [1034]

Bestandskatalog der überwiegend in Köln verfügbaren Schriften dieser bedeutenden katholischen Universität. Der Bestandsschwerpunkt liegt bei Recht und Theologie (967 bzw. 969 Einträge), deutlich weniger bei Philosophie (318) und ganz wenig bei der Medizin (52). Register der Präsides, Respondenten, Orte (mangelhaft!) und Orden. Offenkundige Berichtslücken sind die 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts insgesamt und wohl auch die medizinische Fakultät. Hier dürften systematische Recherchen in auswärtigen Bibliotheken noch manchen Nachweis erbringen.

Rez.: ABUN in ZfBB 37 (1990),6, S. 516 - 517 (K. Schreiber). - Mitteilungsblatt / Verband der Bibliotheken des Landes NRW. - N.F. 40 (1990), S. 432 - 434 (M. Komorowski).



5.11 Königsberg

5.11-1 Promotionen an der Universität Königsberg : 1548 - 1799 ; Bibliographie der Pro-gradu-Dissertationen in den oberen Fakultäten und Verzeichnis der Magisterpromotionen in der philosophischen Fakultät / Manfred Komorowski. - München [u.a.] : Saur, 1988. - XX, 98 S. - ISBN 3-598-10760-9 [1171]

275 Inauguraldissertationen der oberen Fakultäten, 409 Magisterpromotionen der philosophischen Fakultät, mit Dedicationes, Gratulationes und biographischen Belegstellen.

Rez.: ABUN in ZfBB 37 (1990),6, S. 516 - 517, Anm. 3 (K. Schreiber). - Rhetorik. - 10 (1991), S. 163 - 164 (H. Marti). - Nordost-Archiv. - N.F. 3 (1994), S. 659 - 660 (U. Arnold). - Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung. - 45 (1996), S. 263 - 264 (P. Wörster).

5.11-2 Vorläufiges Verzeichnis gedruckter Disputationen an der Philosophischen Fakultät der Albertus-Universität im 18. Jahrhundert / Anke Lindemann-Stark und Werner Stark. // In: Nordost-Archiv. - N.F. 4 (1995), S. 82 - 94.

Weist mit 61 Titeln nur einen kleinen Teil der im 18. Jahrhundert in Königsberg verteidigten philosophischen Streitschriften nach.

Eine Gesamtbibliographie Königsberger Dissertationen der frühen Neuzeit einschließlich der Übungsdisputationen fällt natürlich wesentlich umfangreicher aus. Rund 2000 Titel allein des 17. Jahrhunderts habe ich mittlerweile zusammengetragen und in einer Datenbank gespeichert.



5.12 Prag

5.12-1 Disertace Prazské Univerzity 16. - 18. stoleti = Dissertationes Universitatis Pragensis 16. - 18. saec. / Josef Tríska. - Vyd. 1. - Praha : Univ. Karlova, 1977. - 174 S. - (Kniznice Archivu Univerzity Karlovy ; 5)

Chronologisches Verzeichnis der Prager Dissertationen der Jahre 1566 - 1792, innerhalb der einzelnen Jahre nach Fakultäten, insgesamt rund 900 Titel mit Besitznachweisen in tschechischen Bibliotheken. Impressum und Umfangsangaben fehlen ebenso wie Register der Heimatorte; nur ein Register der Respondenten und der Praesides (vor 1640).



5.13 Würzburg

5.13-1 Würzburger Hochschulschriften : 1581 - 1803 ; Bestandsverzeichnis / nach Vorarbeiten von J. A. Brein hrsg. von G. Mälzer. Universitätsbibliothek Würzburg. - Würzburg, 1992. - 319 S. ; 24 cm. - (Sammlungen wertvoller Drucke in der Universitätsbibliothek Würzburg ; 1). - ISBN 3-923959-20-6 [1525]

5.13-2 Würzburger Dissertationen : (1581 - 1803) ; kostbar und schön gebunden, informativ und dekorativ illustriert ; Ausstellung der Universitätsbibliothek Würzburg, 15.10. - 22.12.1992 / [Katalog und Ausstellung: Gottfried Mälzer]. - Würzburg, 1992. - 64 S. ; 21 cm. - (Kleine Drucke der Universitätsbibliothek Würzburg ; 14). - ISBN 3-923959-21-4 : DM 8.00 [1526]

Bestandskatalog der großen Dissertationensammlung der Universitätsbibliothek Würzburg, selbst Titel aus anderen Teilbeständen bleiben unberücksichtigt, erst recht Würzburger Dissertationen in auswärtigen Bibliotheken; insgesamt 1698 Dissertationen, Programme und Thesenblätter mit Schwerpunkt bei Jura (39 %). Gliederung nach Fakultäten. Erschlossen durch ein Personen- und ein Orts- bzw. Regionenregister. Annotationen zu Illustrationen, Einbänden oder Provenienzen. Zusätzlich zum Bestandskatalog erschien ein Ausstellungskatalog.

Rez.: IFB 93-1/2-020 - 021 (K. Schreiber). - Mitteilungsblatt / Verband der Bibliotheken des Landes NRW. - N.F. 43 (1993), S. 104 - 106 (M. Komorowski).

Werner Kundert nahm die Publikation des Würzburger Katalogs zum Anlaß, auf die unbefriedigende Forschungssituation bei der Verzeichnung der juristischen Dissertationen katholischer Universitäten hinzuweisen: Juristische Dissertationen katholischer Universitäten : eine terra quasi incognita / Werner Kundert. // In: Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis. - 62 (1994), S. 165 - 173.



6 Thesenblätter

Hier sei auch noch auf die Thesenblätter, einen Typ frühneuzeitlicher Universitätsschriften hingewiesen, der von der universitätsgeschichtlichen Forschung bisher kaum beachtet wurde, dem aber Kunsthistoriker beträchtliches Interesse widmeten. An den katholischen Universitäten des Alten Reiches hatte sich schon bald der Brauch herausgebildet, anläßlich von Disputationen Thesenblätter drucken zu lassen, die meistens Plakatformat hatten und neben kurzen Thesen im unteren Teil des Blattes mit reichem Bilderschmuck, vor allem allegorischen Darstellungen, versehen waren. Gerade wegen dieser Kupferstiche haben sie das Interesse der ikonographischen und der druckgeschichtlichen Forschung geweckt. Aus der umfangreichen Forschungsliteratur seien einige besonders relevante Titel exemplarisch erwähnt.

6-1 Katalog grafickych listu universitních tezí ulozenych ve Státní Knihovne CSR v Praze / Anna Fechtnerová. - Praha : Statní Knihovna CSR, 1984. - 1 - 4. - IX, 770 S., [26] Bl : Ill.

6-2 Das barocke Thesenblatt : Entstehung, Verbreitung, Wirkung ; der Göttweiger Bestand ; Ausstellung des Graphischen Kabinetts des Stiftes Göttweig/Niederösterreich / Text und Gestaltung: Gregor Marin Lechner. - [Furth, NÖ.] : Stift Göttweig, 1985. - 166 S. : überw. Ill. - (Jahresausstellung / Graphisches Kabinett des Stiftes Göttweig ; 34).

6-3 Das Thesenblatt im Hochbarock : Studien zu einer graphischen Gattung am Beispiel der Werke Bartholomäus Kilians / Sibylle Appuhn-Radtke. - Weißenhorn : Konrad, 1988. - 307 S. : zahlr. Ill. - Zugl.: Freiburg i. Br., Univ., Diss., 1983. - ISBN 3-87437-251-0

6-4 Barocke Thesenblätter / [Stadtmuseum Linz-Nordico, Ausstellung, 4. November bis 27. November 1994] / Graphische Sammlung Stadtmuseum Linz-Nordico. Katalogbearb. Werner Telesko. - Linz : Stadtmuseum, 1994. - 64 S. : zahlr. Ill. - (Katalog der Graphischen Sammlung des Stadtmuseums Linz-Nordico ; 7)

6-5 Thesenblätter österreichischer Universitäten : [Katalogbuch zur Ausstellung vom 19. Juli bis zum 15. September 1996 im Salzburger Barockmuseum] / Werner Telesko. - Salzburg : Salzburger Barockmuseum, 1996. - 190 S. : Ill. ; 28 cm. - (Schriften des Salzburger Barockmuseums ; 21). - ÖS 290.00. - (Salzburger Barockmuseum, Postfach 12, A-5024 Salzburg) [3943]

Nach einer ausführlichen Einleitung mit einer vorzüglichen Bibliographie zum Thema (S. 33 - 60) stellt uns der Bearbeiter 31 sorgfältig ausgewählte Thesenblätter österreichischer Universitäten und höherer Schulen vor, die nach Bildmotiven gegliedert sind (Kreuzigung Christi, Steinigung des Hl. Stephanus, der Hl. Hieronymus, Allegorie des Frühlings, Kampf der Tugenden und Laster usw.) Alle Thesenblätter sind abgebildet. Die Beschreibung des Dokuments erfolgt nach dem Schema: gewählte Technik (meist Kupferstich), Größe und materielle Beschaffenheit, Ort und Datum der Thesenverteidigung, Stecher (mit biographischen Daten), Verleger, Defendenten/Präsides, Widmungen, Aufbewahrungsorte, Titel des Thesenblatts in diplomatisch genauer Beschreibung. Besonders wertvoll sind die detaillierten, mit reichen Literaturangaben und Querverweisungen versehenen und die ikonographische Forschung resümierenden Kommentare von Telesko zu den Exponaten. Durch seinen Hinweis auf gleiche oder ähnliche Motive in Thesenblättern anderer Sammlungen, auf Motivwanderungen oder die Beziehungen zu anderen Kunstgattungen wird die zunächst schmal anmutende Basis von 31 Titeln ganz beträchtlich erweitert. Ein Künstler- und ein ikonographisches Register runden diese gelungene Publikation ab.



7 Fazit

Soweit die wichtigsten Initiativen der letzten Jahre zur Erschließung alter Hochschulschriften. Sie zeigen, daß die Forschung ihnen nach langer Vernachlässigung im Moment beträchtliche Aufmerksamkeit widmet und somit auch die zentrale Frage nach dem wissenschaftlichen, vor allem wissenschaftshistorischen Wert alter Dissertationen weitgehend positiv beantwortet. Wie angeklungen, standen der heutigen Wertschätzung lange Jahrzehnte brüske Ablehnung und Geringschätzung gegenüber. Den Hochschulschriften ging es nicht anders als anderen kleineren Schriftengattungen wie Gelegenheitsgedichten, Flugschriften, Leichenpredigten usw. Selbst Ewald Horn, ohne Zweifel einer der ersten Sachkenner der Materie, ließ sich vor gut 100 Jahren zu einem zwar nicht ganz unberechtigten, in seiner Schärfe aber allzu verwerfenden und apodiktischen Urteil hinreißen,[8] das damals etliche Wissenschaftler und Bibliothekare teilten. Man sah in den alten Hochschulschriften veraltete und unbenutzte Literatur, die man in Ausweichmagazinen deponieren, ja eventuell zur späteren Makulierung freigeben konnte. Zum Glück gab es unter den preußischen Bibliotheksdirektoren, die im Jahre 1905 von ihrem vorgesetzten Ministerium unter jener Prämisse zur gutachterlichen Stellungnahme aufgefordert wurden, Stimmen wie die von Wilhelm Erman - durch die Bibliographie der deutschen Universitäten[9] und das Verzeichnis der Berliner Universitätsschriften 1810 - 1885 (Berlin 1899) - bestens ausgewiesen, die den inhaltlichen Wert der Dissertationen herausstellten und für eine dauerhafte Archivierung plädierten. Ermans Stellungnahme sei, da sie die meisten Argumente für eine angemessene Behandlung der alten Universitätsschriften differenziert und prägnant darbietet, im Wortlaut zitiert: "Von den älteren Dissertationen und [Schul-]Programmen ... dürften freilich die meisten ihrem Hauptinhalt nach kaum noch irgendwelchen Nutzen für die lebendige Wissenschaft haben; aber darum bleiben sie doch Denkmäler des Universitäts- und Schulbetriebes ihrer Zeit, ohne deren ausgiebige Benutzung eine Erforschung und Darstellung des Unterrichtswesens nicht möglich ist. Daß die Dissertationen außerdem von besonderem Wert sind für die Personalforschung in der Gelehrtengeschichte, durch das Verhältnis von Präses und Respondens, durch die so oft beigegebenen Carmina gratulatoria zahlreicher Freunde und Landsleute auch wohl der Lehrer, nicht selten auch durch ausführliche biographische Angaben über den Promotus, bedarf für den Kenner dieser Litteratur nur eines Hinweises ... In einem Zeitalter, in dem man Universitätsmatrikeln, die doch in der Regel nur die kahlen und oft ungenauen Namenseintragungen bieten, mit Aufwand staatlicher Mittel ediert und mit Registern versieht, wäre es befremdlich, die Dissertationen und Programme ... als wertlos zu bezeichnen."[10] Vielleicht hat auch Ermans Gutachten dazu beigetragen, das Ministerium, hier vertreten durch den berühmten Leiter der Hochschulabteilung, Friedrich Althoff, von seiner Absicht abzubringen, die sogenannte veraltete und unwichtige Literatur in das Schloß von Celle zu verbringen und später zu makulieren. Die Quellenbestände blieben so zwar erhalten, ihre Erschließung stand aber in der Prioritätenliste deutscher Bibliotheken hintenan, und bis zur Entdeckung der alten Dissertationen durch Wissenschaftshistoriker sollten noch Jahrzehnte vergehen. Die hier vorgestellten Publikationen der letzten Jahrzehnte bringen eines ganz deutlich zum Ausdruck: Die Erfassung der alten Hochschulschriften ist nicht etwa die Domäne oder gar das Hobby von Bibliothekaren, sondern entspringt vor allem dem regen Interesse der Wissenschaft an dieser Textgattung. Es waren Rechtshistoriker wie Karl Mommsen, Werner Kundert, Filippo Ranieri, Margreet Ahsmann usw., Rhetorikforscher und Philosophiegeschichtler wie Hanspeter Marti, Medizinhistoriker wie Ulrich Tröhler und Michaela Triebs, Volkskundler wie Christoph Daxelmüller, Philologen wie Christian Helfer, welche die vor 1800 erschienenen Dissertationen als fachhistorische Quellen entdeckten und entscheidend zu einer tieferen Erkenntnis der Entwicklung ihrer Disziplinen, aber auch zur Verbesserung der bibliographischen Lage beitrugen. Wir verdanken ihnen grundlegende Überlegungen über den wissenschaftsgeschichtlichen Dokumentationswert alter Dissertationen,[11] die an Erman anknüpfen und dessen Ausführungen ergänzen. Demnach können uns die alten Hochschulschriften sehr nützlich sein bei der Erforschung des Disputationswesens als Teilgebiet der Bildungs- und Universitätsgeschichte, der Geschichte einzelner Disziplinen und Fakultäten, darunter der vergleichenden Analyse der ständig wiederkehrenden Standardthemen (z.B. über die Pest, die Epilepsie, die einzelnen Teile des Corpus Iuris Civilis des Kaisers Justinian, über die einzelnen Bücher der Bibel oder theologische Dogmen usw.), des rezeptionsgeschichtlichen Aspekts (etwa des Eindringen der cartesianischen Philosophie in den Unterricht einzelner Hochschulen), einer mehr oder weniger selbständigen Literaturkritik. Für die biographisch-genealogische Forschung ist der Quellenwert der "Beigaben", der Dedicationes und der Gratulationes, die allerdings mit wenigen Ausnahmen noch ihrer systematischen Erfassung harren, nicht zu unterschätzen. Die Widmungen der Kandidaten an ihre Freunde, Verwandten und Gönner halten unzählige Informationen bereit, die sonst nirgendwo zu bekommen sind. Trotz der verdienstvollen biographischen Archive des Saur-Verlages und anderer einschlägiger Lexika lassen sich zahlreiche Personen der frühen Neuzeit bisher nicht ermitteln. Gerade bei der Erarbeitung regionaler biographischer Lexika bieten die Dedicationes vielfältige Möglichkeiten, unbekannte Personen zu entdecken oder zusätzliche Fakten wie berufliche Funktionen oder die verwandtschaftliche Beziehung zum Widmer bei schon bekannten Personen zu ermitteln. Fast noch bedeutender sind die Gratulationes, die Glückwünsche, meist Gedichte am Ende der Dissertation. Diese Gelegenheitsgedichte, manchmal zehn in einer Dissertation, zählen ganz sicher zum vielzitierten und noch zur Schmelze zu bringenden barocken Eisberg.[12] Unter den Hunderttausenden, wenn nicht Millionen Casualcarmina, die eine beeindruckende sprachliche und poetische Vielfalt aufweisen, finden wir unzählige bisher unbekannte Poeten, aber auch unbekannte Gedichte bekannter Autoren.[13] Die Germanistik hat die Gelegenheitslyrik nach langer Vernachlässigung wiederentdeckt.[14] Wegen der biographischen Angaben haben die Gratulationes auch für die Universitätsgeschichte großen Wert, enthalten sie doch oft Angaben über das Studienfach der Autoren, Angaben, die in den jeweiligen Matrikeln vielfach fehlen. Wie schon das VD16 wird das VD17 die literarischen Beiträger vollständig, von den Dedicationes aber - unverständlicherweise - nur die jeweils ersten fünf erfassen. Auch die historische Buchforschung, die sich bisher mit der Buchgattung "Alte Dissertation" nur am Rande beschäftigt hat,[15] kann in beträchtlichem Maße von den so lange vernachlässigten Quellen profitieren, so etwa bei der Frage nach den Druckern der Hochschulschriften und ihrer Bedeutung für den Buchdruck der jeweiligen Universitätsstadt, nach der Rolle des akademischen Schrifttums innerhalb des Buchhandels und seiner Distribution durch "Dispütenhändler", nach der typographischen Gestaltung oder eventuell der bibliophilen Ausstattung der Drucke,[16] nach dem Anteil der Dissertationen in Gelehrtenbibliotheken der frühen Neuzeit usw.

Was bleibt also für die Zukunft zu tun? In erster Linie käme es darauf an, all die unerschlossenen Spezialsammlungen nach und nach zu erschließen und, sofern die Initiative von bibliothekarischer Seite ausgeht, die Titelaufnahmen nach RAK-AD und RAK-UW (für die literarischen Beiträger) zu erstellen, sie in die Verbundkataloge, die ja durch Retrokonversion in letzter Zeit schon einen bedeutenden Zuwachs an alten Dissertationen zu verzeichnen hatten, einzuspeisen und sie somit überregional recherchierbar zu machen. Nationalbibliographische Unternehmen wie VD16 und VD17 könnten davon profitieren, umgekehrt aber auch lokale, regionale oder fachliche Projekte von den Erschließungsarbeiten in München, Wolfenbüttel oder Göttingen im Rahmen der Sammlung deutscher Drucke 1450 - 1912. Angesichts der zu leistenden Arbeit kann man nur auf viele Einzelinitiativen hoffen. Die letzten zwanzig Jahre haben gezeigt, daß sich die von Fachwissenschaftlern erarbeiteten Verzeichnisse sehr gut mit den auf bibliothekarischer Initiative beruhenden ergänzen. Bibliographien und Kataloge einzelner Hochschulen werden vermutlich wie bisher die Domäne der Bibliothekare bleiben. Da es in vielen Universitätsbibliotheken umfangreiche Sammlungen der eigenen alten Dissertationen und vielfach auch historische Verzeichnisse derselben gibt, wäre die Erarbeitung von modernen Verzeichnissen gar nicht so aufwendig wie es zunächst erscheinen mag. Bei dieser Gelegenheit ergäbe sich so manche Ergänzung aus auswärtigen Bibliotheken, so daß man allmählich dem Idealziel nahekommen könnte, alle Schriften der eigenen Hochschule im Original oder in Kopie zu besitzen. Gerade für die vor langer Zeit aufgelösten Universitäten wie Erfurt, Duisburg, Frankfurt/Oder, Rinteln usw. ist die Schaffung einer Ersatzüberlieferung anstelle der weitverstreuten Originale von zentraler Bedeutung. Ganz Ähnliches gilt für die Akademischen Gymnasien,[17] Ritterakademien oder Ordensschulen.

Resümierend bleibt festzuhalten: Als lästige Massenware können wir die alten Hochschulschriften ebensowenig betrachten wie die Casualcarmina, die Leichenpredigten, Flugschriften oder Schulprogramme. Wenn auch insgesamt wenig benutzt, für die aktuelle Wissenschaft kaum interessant und nur bedingt "Schätze", sind sie doch gesuchte Quellen der Wissenschafts- und - was die Beigaben anbetrifft - der Personen- und der Literaturgeschichte. Ihre möglichst umfassende bibliographische Kontrolle dürfte eine vordringliche Aufgabe der retrospektiven deutschen Nationalbibliographie der frühen Neuzeit sein. Wissenschaftshistoriker wie Bibliothekare finden hier auch in Zukunft ein breites Betätigungsfeld und man möchte hoffen, daß sich die hoffnungsvolle Entwicklung der beiden letzten Jahrzehnte fortsetzt.


[1]
Zum Gesamtkomplex der Disputatio bzw. Dissertatio vgl. die vorzüglichen, mit reichen Literaturangaben versehenen Artikel von Hanspeter Marti in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik / hrsg. von Gerd Ueding. - Tübingen : Niemeyer. - Bd. 2 (1994), S. 866 - 884. (zurück)
[2]
Die Drucke des 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum : Untersuchungen zu ihrer Verzeichnung in einem VD17 / von Wolfgang Müller. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1990. - (Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen ; 31), S. 93. (zurück)
[3]
Zusammenfassung bei Marti (Fußn. 1). - Ferner:
Von der Disputation zur Dissertation / Werner Allweiss. // In: Dissertationen in Wissenschaft und Bibliotheken / hrsg. von Rudolf Jung und Paul Kaegbein. - München [u.a.] : Saur, 1979, S. 13 - 28.
Early German dissertations : their importance for university history / W. A. Kelly. - 3., expanded ed. - East Linton : The Cat's Whiskers Press, 1997. - 8 S. ; 30 cm. - ISBN 0-9520710-5-3 : Preis nicht mitgeteilt. - (The Cat's Whiskers Press, Schene Hall, Orchardfield, East Linton, East Lothian EH40 3DJ, United Kingdom) [3838]. (zurück)
[4]
Die Disputationen und Promotionen an den deutschen Universitäten vornehmlich seit dem 16. Jahrhundert / von Ewald Horn. - Leipzig, 1893. VIII, 128 S. - (Centralblatt für Bibliothekswesen : Beih. ; 11). - Reprint: Nendeln : Kraus, 1968. (zurück)
[5]
Einen kurzen Überblick über die Forschungsinitiativen der letzten Jahre bietet: Research on early German dissertations : a report on work in progress / Manfred Komorowski. // In: The German book 1450 - 1750 : studies presented to David L. Paisey in his retirement ... - London : British Library, 1995, S. 259 - 268. - Mit speziellem Bezug auf das 17. Jahrhundert: Die Hochschulschriften des 17. Jahrhunderts und ihre bibliographische Erfassung / Manfred Komorowski. // In: Wolfenbütteler Barock-Nachrichten [in Vorbereitung]. - Der Beitrag wird eine nach Hochschulorten gegliederte Bibliographie mit allen historischen und modernen Verzeichnissen enthalten, von denen viele nicht nur für das 17. Jahrhundert, sondern für die gesamte frühe Neuzeit relevant sind. (zurück)
[6]
Ungehobene Schätze in unseren Bibliotheken / Hans-Joachim Koppitz. // In: Dissertationen in Wissenschaft und Bibliotheken / hrsg. von Rudolf Jung und Paul Kaegbein. - München [u.a.] : Saur, 1979, S. 29 - 39. - Der aufmerksame Leser erkennt unschwer, daß Koppitz bei der Titelformulierung des vorliegenden Beitrags Pate gestanden hat. (zurück)
[7]
Einzelnachweise u.a. in Juristische Dissertationen ... (s.o. 4.1-1) S. 28 - 29, 31 - 32, 37 - 38, 44 (zurück)
[8]
So resümierte er am Ende seines bereits erwähnten Buches: "Das Disputationswesen ist dahin, die Dissertationen sind geblieben und heute so wenig wert wie früher." Die Disputationen ... (s.o. Fußn. 4), S. 119 - 120. (zurück)
[9]
S.o. den Abschnitt 2 Bibliographien der Bibliographien. (zurück)
[10]
Was hielten preußische Bibliothekare um die Jahrhundertwende von "veralteter, unbenutzter Literatur" in ihren Bibliotheken / Hartwig Lohse. // In: Bibliothek : Forschung und Praxis. - 19 (1995), S. 396 - 406, hier S. 404. (zurück)
[11]
Hierzu besonders prägnant: Der wissenschaftsgeschichtliche Dokumentationswert alter Dissertationen / Hanspeter Marti. // In: Nouvelles de la république des lettres. - 1981, S. 117 - 132. (zurück)
[12]
Der barocke Eisberg : Überlegungen zur Erfassung des Schrifttums des 17. Jahrhunderts / Gerhard Dünnhaupt. // In: Aus dem Antiquariat. - 1980,10, S. A441 - A446. - Schmelze des barocken Eisbergs ... / Klaus Garber. // In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie. - 38 (1991),5, S. 437 - 467. (zurück)
[13]
So enthielten z.B. Königsberger Dissertationen des 17. Jahrhunderts einige bisher unbekannte Gedichte des äußerst produktiven Gelegenheitspoeten Simon Dach. (zurück)
[14]
Das Gelegenheitsgedicht : ein Beitrag zur Geschichte der Poetik der deutschen Lyrik / Wulf Segebrecht. - Stuttgart : Metzler, 1977. - XIV, 488 S. : Ill. - Zugl.: Regensburg, Univ., Habil.-Schr., 1974. (zurück)
[15]
Neben dem oben aufgeführten Würzburger Ausstellungskatalog ist hier ein weiterer zu nennen: Historische Dissertationen : vom Einblattdruck zum Pflichtexemplar ; Ausstellung der Stiftung Zanders, Papiergeschichtliche Sammlung, aus der Privatbliothek Dr. Frank Grätz ... - [... Katalogtexte; Petra Bauer ...]. - Bergisch Gladbach, 1995. - 64 S. : Ill. ; 21 cm. (zurück)
[16]
Illustrierte medizinische Dissertationen verzeichnet und analysiert Les thèses de médecine illustrées à Strasbourg aux XVIIe et XVIIIe siècles / Véronique Meyer. // In: Revue d'Alsace. - 121 (1995), S. 27 - 50. (zurück)
[17]
Neuere Initiativen auf diesem Gebiet sind: Die Professoren der Steinfurter Hohen Schule / Ingeborg Höting. - Steinfurt, 1991. - Enthält eine umfangreiche Personalbibliographie.
Die Schriften des Akademischen Gymnasiums Hamm/Westfalen : (1657 - 1781) ; eine vorläufige Bilanz / Manfred Komorowski. // In: Gutenberg-Jahrbuch. - 67 (1992), S. 275 - 297. (zurück)

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