Seit 1976 wird an der Universität Köln zur historischen Kinder- und Jugendliteratur (im folgenden KJL) geforscht. Die bisherigen vier Forschungsprojekte wurden zunächst vom Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, ab 1981 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. 1985 wurde die Arbeitsstelle für Kinder- und Jugendliteraturforschung institutionalisiert und seit der Übernahme der Leitung durch Bettina Hurrelmann traten zur Lehre und historischen Forschung zwei weitere Aufgaben: Seit 1990 wird eine Sammlung zeitgenössischer Kinder- und Jugendliteratur aufgebaut; zu einem zweiten Forschungsschwerpunkt, ebenfalls durch Drittmittel finanziert, wurde die Medienforschung. Neben den Bänden des Handbuchs zur Kinder- und Jugendliteratur[1] entstanden verschiedene Arbeiten, u. a. zur Geschichte der Mädchenliteratur, zum Kinderschauspiel, zum jüdischen Kinderbuch und zur Buchillustration.
Mit dem 1982 erschienenen Handbuch zur Kinder- und Jugendliteratur : von 1750 bis 1800 (HKJL III) lag der erste Teil einer Reihe vor, die die KJL des deutschsprachigen Raums deskriptiv-bibliographisch und kulturhistorisch-philologisch aufbereiten und damit die Materialbasis für eine noch zu schreibende historische Darstellung bieten soll. 1987 (HKJL I) und 1991 (HKJL II) folgten die Ergebnisse der Forschungsarbeiten zum davorliegenden Zeitraum vom Beginn des Buchdrucks bis zur Aufklärungszeit und ein vierter Band für die Zeit zwischen 1800 und 1850 wird derzeit erarbeitet.
Als die Arbeit 1976 unter der Leitung von Theodor Brüggemann
aufgenommen wurde, begegnete man in der historischen Kinder- und
Jugendliteraturforschung noch häufig der Ansicht, daß die Anfänge
einer selbständigen KJL in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
liegen. Älteres Schrifttum wurde meist als vereinzelt auftretende
"Vorstufen" und "Vorläufer"[2] betrachtet. Doch
die Arbeit mit der
aufklärerischen Kinderliteratur selbst verwies auf Traditionsstränge,
die bis in die Antike zurückreichen.[3] Die seit dem Ende der
siebziger
Jahre erschienenen Kataloge großer historischer Sammlungen in der
Universitätsbibliothek Braunschweig (8583 Katalognummern)[4] sowie der
Deutschen Staatsbibliothek in Ostberlin (insgesamt 6189
Katalognummern)[5] - die Sonderbestände zumindest gleicher
Größenordnung
der Stadt- und Universitätsbibliothek und des Jugendbuchinstituts
Frankfurt sind bisher nur in zwei gedruckten Katalogen mit 405 bzw.
204 Titelnennungen zugänglich[6] - , widerlegten zwar die These von
den
erst in der Aufklärung liegenden Anfängen der Kinderliteratur nicht
endgültig - in Wegehaupts Bestandsverzeichnissen der Kinder- und
Jugendbuchabteilung der DSB finden sich z. B. nur 59 vor 1750
erschienene Werke - , doch sie bildeten zusammen mit einer erheblichen
Anzahl von älteren KJL-Bibliographien sowie Fachbibliographien
verschiedener Disziplinen und allgemeinen Bücherverzeichnissen und
Bibliothekskatalogen die Grundlage für die bibliographische
Erschließung der frühen Kinder- und Jugendliteratur.
Ein von dem Hamburger Antiquar und Verleger Ernst Hauswedell
initiiertes Projekt mit dem Ziel einer Gesamtbibliographie alter
deutscher Kinderbücher, das 1977 unter der Ägide von Paul Raabe die
damals mit dem Sammeln und Erfassen von Kinderbüchern befaßten
Bibliotheken, Institute und Privatpersonen in der Herzog August
Bibliothek in Wolfenbüttel erstmals zusammenführte, blieb in
vorbereitenden Aktivitäten stecken.[7] Die geplante Arbeitsteilung
zwischen den Institutionen einerseits und andererseits einer in
Wolfenbüttel zu errichtenden zentralen Arbeitsstelle, die u. a. den
Titelkorpus zusammenstellen sollte, kam nicht zustande. Deshalb mußte
ein Großteil der Kölner Projektarbeit auf die bibliographische
Quellenerschließung verwandt werden.
Zu Beginn eines jeden Projektes stand die Notwendigkeit, einen
Titelnachweiskatalog mit Werken der KJL des jeweiligen Zeitraums
- zunächst
als Zettelkatalog, ab 1989 als elektronisch kumulierte Datenbank
-anzulegen. Dieser verzeichnet die Einzeltitel alphabetisch sortiert
nach Autoren oder anonymen Sachtiteln mit Informationen zu:
Auflagengeschichte, bibliographischen Nachweisen und Standorten,
Sekundärliteratur, Rezensionen, Biographie und weiterem Oeuvre des
Autors, Quellen, Inhalt, Gattung usw. Der weitaus größte und
zuverlässigste Teil des Titelnachweiskataloges stammt aus
KJL-Bibliographien und -katalogen[9], ergänzt um Titelfunde oder
weitergehende Angaben zu bereits im Katalog vorhandenen Titeln aus
Spezialbibliographien und -katalogen anderer Fächer, sogar aus
Allgemeinbibliographien und Bibliothekskatalogen, wenn auch die beiden
letztgenannten meist der Vervollständigung und Korrektur, letztere
fast nur der Standortermittlung, dienten. Weitere Ergänzungen lieferte
die Sekundärliteratur, auch diejenige zur Pädagogik, Germanistik,
Literaturdidaktik, Theologie, Religionsgeschichte und Katechetik,
Kultur- und Sozialgeschichte, Buch- und Kunstgeschichte, sowie die
zahlreichen Quellensammlungen v. a. des religiösen Bereichs.
Bibliographische Verzeichnisse und Sekundärliteratur wurden dabei
nicht nur durch systematisches Vortasten, sondern oft per
Schneeballsystem ausfindig gemacht.
Als 1976 die Arbeit am Band für die Zeit der Aufklärung (HKJL III)
begann, gab es kein neueres Verzeichnis einer öffentlichen oder
privaten KJL-Sammlung, das Titelmaterial hätte liefern können.
Lediglich auf den im Manuskript vorliegenden Katalog der Sammlung des
Initiators der Handbuchreihe, Theodor Brüggemann, glücklicherweise
auch auf die Sammlung selbst, konnte zugegriffen werden. Während des
Projektzeitraums von fünf Jahren war jedoch das historische
Kinderbuch, nicht zuletzt durch die Wolfenbütteler Anstrengungen zu
einer Gesamtbibliographie, in den Blickpunkt der Forschung, zumindest
der bibliographischen Wegbereitung dazu, gerückt. Die seit 1977
erschienenen Kataloge privater und öffentlicher KJL-Sammlungen
erleichterten den Aufbau der Titelnachweiskataloge der folgenden
Handbuchprojekte erheblich. Das derzeit laufende Projekt zu Romantik
und Biedermeierzeit konnte aus diesen Katalogen allein ca. 2.500 Titel
ziehen. Daneben waren bereits existierende oder im
Bearbeitungszeitraum erschienene Auktions- und Antiquariatskataloge
sowie auch Ausstellungskataloge[10] von Bedeutung. Dienten diese Kataloge
dem Aufbau einer gesicherten Materialbasis, so wurden zahlreiche die
Kinderliteratur nicht oder nur in Ansätzen behandelnde Ausstellungs-
und Bestandskataloge (zu Autoren, Illustratoren, Spezialsammlungen,
Epochen des Buchdrucks oder der Literaturgeschichte, Gattungen) zur
Ergänzung und Korrektur der bereits verzettelten Titel herangezogen.
Gleichzeitig dienten sie der Standortermittlung für die Titel der
unten beschriebenen Auswahllisten, später dem bibliographischen
Nachweis für die endgültig in die Handbuchbibliographie aufgenommenen
Werke. Dazu zählten beispielsweise Irmgard Bezzels Verzeichnis der
Erasmusdrucke,[11] Ingeborg Beckers Katalog für die von Theodor
Hosemann
illustrierten Druckwerke[12], der Wolfenbütteler Fabelkatalog[13] und Martin
Birchers Wolfenbütteler Barockkatalog[14]. Auch die Gesamtkataloge
verschiedener Länder (GK, BM, NUC, CG, ZDB und die Anfänge des
VK)
wurden bezüglich konkreter Einzelaspekte (Autoren oder Titel)
konsultiert. Ebenso wurde in den Katalogen der Bibliotheksverbünde
recherchiert, im nordrhein-westfälischen Zentralkatalog, für das
laufende Projekt auch im Mize. Im Zuge von Katalogarbeiten in
auswärtigen Bibliotheken wurden auch die dortigen Zentralkataloge (der
Bayerische und Baden-Württembergische ZK) zu Rate gezogen.
Neben diesen Katalogen boten Bibliographien - auch als Bestandteil von
eher deskriptiven Werken der Sekundärliteratur - das Hauptreservoir
für die Titelrecherche. Als neueres KJL-Verzeichnis konnte hierbei zu
Beginn der Handbucharbeiten nur auf Dorothea Rammensees Bibliographie
der Nürnberger Kinder- und Jugendbücher[15]
zurückgegriffen werden. Sie
bot auch für die frühe Zeit des Buchdrucks bereits eine Reihe von
Titeln und lieferte teilweise Standortangaben, sogar Signaturen. Im
Verlauf der Arbeit kamen jedoch - entsprechend der Entwicklung bei den
KJL-Katalogen - weitere Bibliographien hinzu, so die Verzeichnisse der
österreichischen[16] und der schweizerischen KJL-Drucke[17], beide auch mit
Standortangaben, letztere sogar nur mit autopsierten Drucken. Mit
Claudia Weilenmann, der Bearbeiterin der Schweizer Bibliographie, kam
schon während der Entstehungszeit ihres Werks ein reger Austausch z.
B. über Standorte, Illustratorenzuordnungen u. ä. zustande. Wie die
Gesamtbibliographie der deutschen, ab 1840 erschienenen KJL von Aiga
Klotz[18], konnte jedoch auch die Schweizer Bibliographie nur für
den
derzeit bearbeiteten Projektzeitraum 1800 bis 1850, Klotz gar nur für
die vierziger Jahre genutzt werden. Mit Weilenmanns Werk wurden für
diesen Zeitraum zwei 1945 und 1947[19] erschienene, die Schweiz
betreffende Bibliographien überflüssig. KJL-Bibliographien hatten
vorher schon die bekannten Kinderbuchsammler Karl Hobrecker (1924),
Arthur Rümann (1937) und Walter Schatzki (1941) geliefert. Sie
verzeichneten jedoch vorrangig das bibliophil interessante,
illustrierte Kinderbuch und konnten daher nur einen Teilbereich - v.
a. gilt dies für den frühen Zeitraum - der intentionalen KLJ[20]
abdecken. Ein mehr oder weniger bibliophiler Charakter haftet auch
neueren historischen Darstellungen und Verzeichnissen an,
beispielsweise Horst Kunzes Schatzbehalter[21] oder
Christine Presslers
Schöne alte Kinderbücher[22]. Für den Aufbau
des
Titelnachweiskataloges
herangezogen wurden auch zeitgenössische Zusammenstellungen, die das
18. und besonders das 19. Jahrhundert als - teils extensiv
kommentierte - Leseempfehlungen zum Gebrauch der Eltern und Pädagogen
hervorbrachten[23]. Auch pädagogische Rezensionsorgane des 18. und
19.
Jahrhunderts[24] wurden sowohl zum Zweck der Titelrecherche als auch zum
Rezensionsnachweis für das laufende Projekt ausgewertet.
Ergänzend zu den KJL-Bibliographien traten Fachbibliographien der
bereits oben erwähnten Bereiche anderer Wissenschaften. Aus dem
pädagogischen Bereich waren dies z. B. ältere Kataloge von
Schulbibliotheken oder pädagogischen Einrichtungen wie der Katalog der
Deutschen Lehrerbücherei[25]. Aus den Literaturwissenschaften
wäre
Gerhard Dünnhaupts Barockhandbuch[26] anzuführen, das zudem
Lebensdaten
zu den Autoren für die Kurzbiographien in den Handbüchern lieferte.
Unverzichtbar war für den gesamten Forschungszeitraum der Goedeke mit
seinem ebenfalls bio-bibliographischen Charakter, sowie eine große
Anzahl von Personalbibliographien (beispielsweise zu Grimmelshausen,
Wickram oder Vives). Der religiösen Literatur, die in sämtlichen
KJL-Bibliographien und -katalogen in bezug auf ihre wirkliche
Verbreitung sehr unterrepräsentiert ist, wurde in zahlreichen
Bibliographien zum Katechismus, zur Bibel, zu Kirchenliedern,
religiösen Strömungen, zu Autoren religiöser Werke nachgegangen.
Erwähnung finden soll hier nur Philipp Wackernagels
Kirchenliedbibliographie[27] und die Lutherbibliographie
Josef Benzings.[28]
Dessen Verzeichnisse der Produktion von einzelnen Druckern und
Verlegern des 16. Jahrhunderts wurden ebenso ausgewertet wie
vergleichbare Darstellungen für die übrigen Zeiträume. Titel aus
buchkundlichen Bibliographien und solchen mit bibliophilem Charakter,
auch aus kunstgeschichtlichen Arbeiten vervollständigten den
Nachweiskatalog. Hier wäre Graesses Trésor des livres rares et
précieux aufzuführen, die Holzschnitte der Inkunabelzeit
beschreibenden Verzeichnisse[29], Arthur Rümanns
Künstlerbibliographie[30],
Werkverzeichnisse von Künstlern und Illustratoren - z. B. zu Adolph
Menzel oder Franz von Pocci, um zwei bedeutende Illustratoren des
Kinderbuchs der Biedermeierzeit zu nennen - , die
Flugschriftenverzeichnisse zum 16. und 17. Jahrhundert oder auch
Kataloge privater Sammlungen.
An der Vervollständigung des Titelnachweiskataloges hatten auch
Allgemeinbibliographien ihren Anteil. Das GV wurde beispielsweise im
derzeit laufenden Forschungsprojekt nicht nur herangezogen, um die
Autorenbibliographien zu vervollständigen oder Erscheinungsdaten zu
korrigieren, es ermöglichte auf viele 'namenlose' Literaturgruppen
überhaupt erst einen Zugriff: auf ABC-Bücher, Bilderbücher u. ä.,
Werke, die im Kanon der KJL-Bibliographien selten Erwähnung fanden.
Andere Allgemeinbibliographien dienten entsprechend den oben
beschriebenen Katalogen vorrangig dem bibliographischen Nachweis und
der Standortrecherche, dazu zählten Epochenbibliographien wie z. B.
das GW und das VD 16 oder der Index Aureliensis und
Regionalverzeichnisse wie Otto Buchers Bibliographie der Dillinger
Drucke[31]. Auch alte Buchhandelsverzeichnisse wurden ausgewertet.
Lag die Erstellung und Redaktion der Titelnachweiskataloge vorrangig
in bibliothekarischer Hand, so trugen doch die wissenschaftlichen
Mitarbeiter durch Titelfunde aus der Sekundärliteratur und aus
Quellensammlungen[32] zur Ergänzung bei. Dies beschränkte sich
nicht nur
auf Literatur zur Geschichte, zu Autoren oder Gattungen der KJL,
sondern umfaßte auch die oben aufgeführten anderen Wissenschaften.
Die auf diese Weise erstellten Kataloge umfaßten jeweils mehrere
Tausend Einzeltitel, z. B. für den Zeitraum vom Beginn des Buchdrucks
bis 1750 - diese Spanne sollte ursprünglich in einem Handbuch
behandelt werden - etwa 4.000, für den derzeit behandelten Zeitraum
1800 bis
.ur 3
1850 etwa 10.000 Titel. Zur Standortrecherche wurde die Materialbasis
durch Kopie zu einem 'Reisekatalog' umgestaltet - teilweise, im
derzeit laufenden Projekt ausschließlich, auch nach Regionen
differenziert. Die im Laufe der Projektarbeit erschienenen Kataloge
bedeutender KJL-Sammlungen konnten erst für das Handbuch der Romantik-
und Biedermeierzeit voll genutzt werden, lieferten aber trotzdem nur
etwa zu einem Viertel der Titel Standorte; die Werke der frühen KJL
waren nur in Bruchteilen darin vertreten, für den Band zur Epoche der
Aufklärung standen diese Kataloge noch gar nicht zur Verfügung. Auf
die Privatsammlung Th. Brüggemanns und eine in der Bibliothek der
ehemaligen Pädagogischen Hochschule Rheinland (Abt. Köln) aufgebaute
historische Sammlung konnte direkt zugegriffen werden, über
Katalogrecherche auch auf die Bestände der Universitäts- und
Stadtbibliothek Köln. Es mußte nun desweiteren in den Bibliotheken und
Sammlungen, die sich im Beziehungsgeflecht der am historischen
Kinderbuch interessierten Forscher, Sammler, Verleger und
Bibliothekare als 'standorträchtig' herausgestellt hatten,
recherchiert werden. Dies waren neben einer weiteren Privatsammlung
zunächst die Bibliotheken und Institute, die das Wolfenbütteler
Gesamtbibliographieprojekt mittragen sollten: die Herzog August
Bibliothek Wolfenbüttel und die Niedersächsische Landesbibliothek
Göttingen. Dazu kamen das Institut für Jugendbuchforschung in
Frankfurt und die Universitätsbibliothek Braunschweig, beide
Heimstätten der berühmtesten Kinderbuchsammlungen aus der ersten
Jahrhunderthälfte: der Sammlungen Hobrecker, Rümann und Benjamin;
darüber hinaus die Kinder- und Jugendbuchabteilung der Deutschen
Staatsbibliothek in Ostberlin, wo Heinz Wegehaupt Kinderbuchbestände
der DSB und weiterer Bibliotheken der früheren DDR zusammenführte[33].
Die Arbeit Wegehaupts machte zudem deutlich, daß sich auch im Westteil
der ehemaligen Staatsbibliothek Kinderbücher befinden mußten. Zu
Berlin kamen im Verlauf der Arbeit mit dem frühen Kinderbuch noch die
Standorte Nürnberg (Stadtbibliothek und Bibliothek des Germanischen
Nationalmuseums) - hier machte jedoch Rammensees Bibliographie eine
Recherchereise überflüssig - , Wien (zunächst nur die Österreichische
Nationalbibliothek), München (Bayerische Staatsbibliothek), Zürich
(Zentralbibliothek), Stuttgart (Württembergische Landesbibliothek),
Augsburg (Staats- und Stadtbibliothek) und Lüneburg (Ratsbücherei),
das eine Schulbibliothek mit Beständen aus dem 16. und 17. Jahrhundert
beherbergt.[34] Die Kenntnisse und Mutmaßungen über Standorte
erheblicher
KJL-Bestände stammten aus verschiedenen Quellen, oft waren persönliche
Kontakte wegweisend, teils Überlegungen zum Pflichtexempar, teils
Erkenntnisse aus Ausstellungskatalogen oder der Sekundärliteratur.
Vorermittlungen in den Bibliotheken selbst, z. B. zu alten Katalogen,
Realkatalogen, Signaturenkonkordanzen oder in Magazinen ergänzten die
Standorthinweise. Waren Kataloge dieser Bibliotheken in Köln
vorhanden, so konnte der Reisekatalog oder ein entsprechender
Regionalkatalog hier schon um Standorte und Signaturen ergänzt werden.
Für den zweiten Forschungszeitraum stand z. B. der Mikrofiche-Katalog
der ÖNB Wien[35] zur Verfügung und lieferte über die in
Johanna
Monscheins Ausstellungskatalog[36] aufgeführten Titel hinaus
Signaturen
zu zahlreichen, nicht nur in Österreich erschienenen Kinder- und
Jugendbüchern. Der weitaus größte Teil der Standorte wurde jedoch in
den oben angegebenen auswärtigen Bibliotheken selbst eruiert, wenn
auch anfänglich noch umfangreiche Suchlisten verschickt und sogar von
den Bibliotheken bearbeitet wurden. Für die Inkunabel- und
Frühdruckzeit lieferten neben der UStB Köln die SBPK in Berlin und die
BSB München die beträchtlichsten Titelmengen; die KJL des späteren 16.
Jahrhunderts, des 17. und 18. Jahrhunderts wurde in Wolfenbüttel, in
Göttingen, in Stuttgart, in der ÖNB Wien, in der ZB Zürich und in
beiden Berliner Staatsbibliotheken aufgefunden. Die Titel des
derzeitigen Projekts wurden - ausschließlich regional aufgeteilt - an
den Sachkatalogen der BSB - vorrangig in der Gruppe der Paedagogica
practica, den alphabetischen Katalogen der WLB Stuttgart und der SStB
sowie der UB Augsburg abgeglichen; in München und Stuttgart wurden
zudem die Zentralkataloge zu Rate gezogen. Schweizerischen und
österreichischen Drucken wurde nicht durch Recherche vor Ort
nachgegangen, hier lieferten u. a. Weilenmann und Seibert genügend
Standorte: neben der ZB Zürich das Schweizerische Jugendbuchinstitut
und die Landesbibliothek Bern sowie neben der ÖNB die
Universitätsbibliothek und die Stadtbibliothek Wien. Dieses
süddeutsche Übergewicht in der Standortrecherche für das 19.
Jahrhundert erklärt sich aus der Tatsache, daß eigene
Voruntersuchungen zur regionalen Verteilung in den KJL-Katalogen aus
Berlin, Braunschweig und Frankfurt zu dem Ergebnis geführt hatten, daß
die nord- und mitteldeutsche Produktion sowie die Produktion der
großen Verlagszentren - die Messestädte Frankfurt und Leipzig
beispielsweise - in unverhältnismäßig hohen Prozentsätzen vertreten
ist und somit keiner weiteren extensiven Standortrecherche mehr
bedurfte. Neben diesen großen Allgemeinbibliotheken wurde auch in
Spezialbibliotheken recherchiert, so in der ehemaligen Pädagogischen
Zentralbibliothek in Ostberlin[37] und der Kunstbibliothek in Westberlin.
Die Bestände der Pädagogischen Zentralbibliothek waren zwar, wie auch
die Sammlungen weiterer v. a. pädagogischer Bibliotheken, in einem
gedruckten Katalog erschlossen, doch trug dieser den enormen
Bestandszerstörungen und -auslagerungen im zweiten Weltkrieg keine
Rechnung und machte somit eine neuerliche Überprüfung auf die
tatsächlich vorhandene KJL nötig. Ausgelagerten Büchern konnte im
übrigen im Laufe der Forschungsarbeiten in der Praxis nachgegangen
werden; Anstoß hatte ein Beitrag zu Barockdrucken in der Biblioteka
Jagielonska in Krakau gegeben[38]. Dort wie auch in anderen polnischen
Bibliotheken fanden sich einige in der Forschung als vermißt
registrierte Werke der frühen KJL. Neben der Recherche in den
Bibliotheken selbst wurden häufig auch gezielte Anfragen zu
Einzeltiteln, Autoren, Illustratoren, Epochen oder Spezialsammlungen
verschickt. Dies betraf vor allem Museen bzw. deren Bibliotheken. Auch
der Austausch mit anderen Forschungsprojekten zum historischen
Kinderbuch - neben dem schon erwähnten Schweizer Projekt das im
Institut für Jugendbuchforschung in Frankfurt angesiedelte Projekt zur
jüdischen KJL - ergab weitere Standorthinweise.
Diese um Standortangaben zunächst aus gedruckten Katalogen und
Bibliographien, dann aus Bibliotheks- und Zentralkatalogen bereicherte
Titelnachweiskartei war die Grundlage für die Vorauswahl der in die
Handbücher aufzunehmenden Titel. Der Standort selbst spielte dabei
eine nicht unwesentliche Rolle, denn die Erreichbarkeit eines Werkes
durfte aus arbeitsökonomischen Gründen anderen Auswahlkriterien nicht
erheblich untergeordnet sein. Nach den jeweils für die behandelten
Epochen verschieden konzipierten Gattungssystemen wurden Teilkataloge
erstellt, um daraus eine auch regionale und konfessionelle
Gegebenheiten sowie auch wichtige Autoren und Illustratoren
berücksichtigende Auswahl zu treffen.
Die nach Gattungen unterteilte Vorauswahlliste war die Grundlage für
die zweite Stufe, die Bibliotheksreisen. Von diesen Vorauswahllisten
wurden nach der Autopsie schließlich ungefähr ein Viertel der Titel in
die Bibliographie aufgenommen. Sämtliche oben genannten
Allgemeinbibliotheken - teils unterschiedliche in den verschiedenen
Projekten - wurden nun besucht; waren am gleichen Ort auch
Fachbibliotheken oder Museen mit erheblichen Sammlungen oder wichtigen
kleineren Titelmengen vorhanden, so wurden diese gleichzeitig
aufgesucht. Vor Ort lagen die per Bestellschein oder Liste georderten
Bücher in den Lesesälen zur Titelaufnahme und Kommentierung bereit. Um
den Arbeitsaufwand zu verkürzen, wurden Kopier- , später nur noch
Mikrofilmaufträge über ganze Bücher oder Teile daraus erteilt. Filme
und Kopien waren unabdingbar für die Erstellung der Handbücher, da die
endgültige Manuskriptarbeit für den historischen Teil und für die
Bibliographie in Köln geleistet wurde. An den Bibliotheksreisen nahmen
außer mindestens einem Bibliothekar bis zu sechs wissenschaftliche
Mitarbeiter teil. Angesichts der oft großen Anzahl der einzusehenden
Titel, des öfteren an die 500, stellten diese Besuche die Bibliotheken
vor erhebliche organisatorische Probleme, und an dieser Stelle soll
für die geduldige Betreuung über Jahre hinweg nochmals ausdrücklich
gedankt werden. Jedoch wurden nicht alle gewünschten Titel vor Ort
autopsiert; verschiedene Bibliotheken erklärten sich bereit,
Einzeltitel über die Fernleihe nach Köln zu schicken. Die
Universitätsbibliothek Oldenburg, die mit einer Reihe von
Ausstellungskatalogen[39] auf ihre KJL-Bestände vor allem des 19.
Jahrhunderts aufmerksam gemacht hatte, lieferte auf diesem Wege ohne
Absprachen alle gewünschten Titel. Über Fernleihbestellungen oder
konkrete Anfragen in Bibliotheken wurde auch versucht, den Werken ohne
Standortnachweise nachzugehen. Die Positivfälle wurden im Lesesaal der
UStB Köln autopsiert. Im Laufe der Zeit gingen allerdings viele
Bibliotheken dazu über, Mikrofilme auszuleihen oder für die
Arbeitsstelle anzufertigen. Die Ergebnisse der Bibliotheksreisen sowie
der eintreffenden Einzelbestellungen wurden in den
Titelnachweiskatalogen vermerkt, auch Verfilmung oder Kopie angegeben.
Nach der endgültigen Selektion der Bibliographie-Titel konnte das
Manuskript erstellt werden.
Die bibliographische Beschreibung der Einzeltitel im zuerst
erschienenen Band für die Epoche der Aufklärung war an Vorschläge
angelehnt, die im Umkreis der Wolfenbütteler Gesamtbibliographie
diskutiert wurden. Die Ordnung der anonymen Sachtitel nach der
gegebenen Wortfolge wurde für der Band, der die Zeit der Romantik und
des Biedermeier behandelt, übernommen. Andere Bestandteile und
Prinzipien der Beschreibung in diesem letzten Band stammen jedoch aus
der Bearbeitung der frühen KJL. Hier wurde - angelehnt an die
Kriterien des GW oder Christoph Weismanns Vorschläge[40] - ein Modell
entwickelt, das auch der Beschreibung von Inkunabeln gerecht werden
mußte. Es besteht aus folgenden Teilen: 1. Kopfregest (Verfasser,
Titel, Impressum und Reihenangabe in normierter Form), 2. diplomatisch
getreue Titelabschrift, 3. Kollation und Formatbeschreibung, 4.
Illustrationsangabe, 5. Standortnachweis, 6. bibliographischer
Nachweis, 7. zugehörig zur inhaltlichen Kurzcharakterisierung:
Auflagen- und Wirkungsgeschichte, Nennung weiterer Titel desselben
Autors oder derselben Gattung. Verfasserschriften sind zudem mit
Kurzbiographien versehen. Vorlage für die Beschreibung der
Einblattdrucke und Bilderbögen im Anhang der Handbücher I und II war
das Aufnahmeschema aus Wolfgang Harms' Illustrierte Flugblätter des
Barock.[41] Auch für diesen Bereich der
bibliographischen Arbeit muß
auf
die Benutzungshinweise und die Bibliographie der Handbücher verwiesen
werden.
Das in mehr als fünfzehn Jahren zusammengetragene Quellenmaterial
steht dem interessierten Benutzer zur Verfügung. Die historische
Sammlung umfaßt ca. 5.000 Werke der Kinder- und Jugendliteratur in -
nicht immer vollständigen - Mikrofilmen und Kopien und ca. 500
Originalbände als Dauerleihgaben oder Eigenbestand. Die
wissenschaftliche Literatur, darunter viele Werke aus den erforschten
Zeiträumen, ist ebenso in ca. 5.000 Kopien und Mikrofilmen sowie
Büchern vorhanden. Leider befinden sich die Texte der bereits
abgeschlossenen Projekte aus Personal- , Raum- , und Geldmangel in
einem schlechten Archivierungszustand, das bis Mitte der achtziger
Jahre benutzte feuchte Kopierpapier tat ein übriges, um die
Benutzbarkeit einzuschränken. Die bibliographischen Teile der schon
erschienenen Handbücher dienen als Bestandskataloge. Nicht in die
Handbücher aufgenommene Werke sind über zusätzliche - teils
handschriftliche - Kataloge aller autopsierten Titel bzw. über die
Titelnachweiskataloge zu ermitteln. Die Sekundärliteratur findet sich
außerhalb der Handbücher noch in einem Zettelkatalog.
Für das laufende Forschungsprojekt wurde eine Datenbank (Allegro-C)
für die zwischen 1800 und 1850 erschienene KJL aufgebaut. Die darin
enthaltenen ca. 10.000 Titel sind in 35 Feldern - nebst einer Reihe
von Verwaltungsfeldern - beschrieben und können anhand diverser
Such- und Sortiermöglichkeiten zu Sonderdateien und -listen aufgearbeitet
werden. Recherchen für Außenstehende sind in Einzelfällen möglich.
Titelnachweis
Die im folgenden vorgestellten Verfahrensweisen von Recherche,
Auswahl, Autopsie und weiterführender bibliothekarischer Bearbeitung
beziehen sich ausschließlich auf die Primärliteratur, d. h. auf die
Kinder- und Jugendbücher sowie Einblattdrucke und Bilderbögen[8]
selbst.
Einen Forschungsbericht zur Lage der bibliographischen Erschließung
der KJL in den deutschsprachigen Ländern zu erstellen, war dabei nicht
beabsichtigt. Die beispielhaft angeführten Verzeichnisse können nur
ansatzweise einen Eindruck von der Vielfalt des zu Hilfe gezogenen
Recherchematerials bieten, deshalb muß zur Präzisierung auf das
Abkürzungsverzeichnis der Handbücher verwiesen werden (HKJL I und
II).
Standortrecherche
Autopsie
Bibliographische Beschreibung, Kataloge, Archivierung
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