Zwei übergreifende Aspekte tragen die Konzeption dieser neuen Goethe-Bibliographie. Sie versteht sich als Hilfe und Zuarbeit für die wissenschaftlichen Vorhaben und Arbeiten der Stiftung Weimarer Klassik und der anderen deutschen Goethe-Museen und -Sammlungen in Düsseldorf und Frankfurt a.M. Der vorausschauende Blick auf das Jubiläum des 250. Geburtstages Goethes im Jahr 1999 gibt diesen Arbeiten ihren besonderen Sinn. Zum anderen geht es um den spezifischen Stellenwert einer Personalbibliographie für die Organisation und Struktur der Forschung an einem exzeptionellen Beispiel. Die biographische und literaturwissenschaftliche Forschung vollzieht sich in ständiger Wechselwirkung mit der Edition der literarischen Texte und der Erarbeitung von Nachschlagewerken der unterschiedlichsten Art, in denen Sach- und Faktenwissen bereitgestellt wird. Eine besondere Rolle spielt in diesem Zusammenhang die bibliographische Erfassung der Forschungsergebnisse.
Selbst angesichts des raschen Vorankommens moderner audio-visueller Speicher- und Kommunikationsmedien wie Diskette, Video-Kassette, CD-ROM u. a. dominiert nach wie vor und auch für die nächste Zeit das gedruckte Wort bei der Verbreitung und Nutzung der Forschungsergebnisse. Die Information über diese Literatur hat großen Einfluß darauf, wie effizient die Arbeitsvorgänge in der Literaturwissenschaft ablaufen. Die literaturwissenschaftliche Bibliographie ist also nach wie vor sehr wichtig, ja unentbehrlich. Hin zu kommt, daß die bibliographische Information nicht nur eigenständig in einer Reihe von Darbietungsformen auftritt, sondern auch als Bestandteil anderer Publikationsformen. Keine Edition kommt ohne den bibliographischen Nachweis der Quellen für die Textkonstitution und den Kommentar aus, keine Buchmonographie, kein Aufsatz kann darauf verzichten, gedruckte Quellen und weiterführende Literatur, Zitate usw. zu vermerken.
Die heutige literaturwissenschaftliche Fachbibliographie hat in den vergangenen Jahrzehnten auch für die deutsche Literatur ein gut funktionierendes System von Informationsmitteln hervorgebracht bzw. weiterentwickelt. Neben der laufenden und retrospektiven Berichterstattung eroberte die bibliographische Information über einzelne Autoren der Vergangenheit und Gegenwart ihren Platz, ja die Personalbibliographie nimmt heute den quantitativ größten Raum innerhalb der germanistischen Fachbibliographie ein.
So wird auch eine Goethe-Bibliographie ihren Nutzen haben, - als Nachschlagewerk für eine intensive und effiziente Forschung, als Teil eines umfassenden editorischen, lexikalischen und bibliographischen Zugangs zum Goetheschen Werk in dessen biographischen, werkgeschichtlichen, interpretatorischen und forschungsgeschichtlichen >Zusammenhängen.
Die Bibliothek hat ihren Bestandsaufbau seit den sechziger Jahren durch bibliographische Erschließungsarbeiten ergänzt, so vor allem durch die laufende "Internationale Bibliographie zur deutschen Klassik 1750-1850", in der auch die jeweils neueste Goethe-Literatur verzeichnet wird. Hinzu kam ein Corpus von Personalbibliographien zu führenden Autoren des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts (Lessing, Wieland, Herder, Schiller und Heine), das regelmäßig durch aktuelle Supplementbände ergänzt wird. Aus einer Reihe von Gründen vor allem personeller Art fehlte bisher die eigenständige bibliographische Aufarbeitung der Goethe-Literatur in Form einer Personalbibliographie. Wenn dies nun geschieht, so werden die vorhandenen Arbeitserfahrungen dazu beitragen, die für eine Personalbibliographie erforderliche Erfassung und Analyse der Publikationen, ihre Einordnung in die Systematik, Annotierung und Aufbereitung für die Register mittels Autopsie durch den Rückgriff auf die Bestände zu sichern. Insgesamt bietet Weimar neben den vorhandenen Quellen und Arbeitserfahrungen zugleich viele Möglichkeiten, mit den an den genannten Projekten tätigen Kolleginnen und Kollegen in einen produktiven Meinungs- und Erfahrungsaustausch treten zu können, der für beide Seiten von Vorteil sein kann. Die künftige Basis für diese Zusammenarbeit ist die Benutzung des sich allmählich füllenden bibliographischen Datenspeichers, die aber keineswegs auf die Weimarer Mitarbeiter begrenzt sein soll.
Diesch und Schlager hatten für knapp vier Jahrzehnte ca. 17 000 Veröffentlichungen verzeichnet; für den etwa gleichen Zeitraum von 1950 bis 1990 ist jedoch mit über 22 000 Veröffentlichungen zu rechnen. Allein 1982, im Jahr des 150. Todestages Goethes, erschienen über 1 800 Publikationen der verschiedensten Art von und über Goethe, von der großen Werkausgabe bis zum Zeitschriftenaufsatz. Aber es ist nicht in erster Linie die quantitative Opulenz, die die Jahrzehnte nach dem Goethejahr 1949 so interessant erscheinen läßt, sondern vor allem ihre inhaltliche Vielfalt. Unverkennbar stehen wir hier einer völlig neuen Dimension gegenüber, einer umfassenden, d. h. die verschiedenen Darstellungsrichtungen und Publikationstypen betreffenden Ausprägung und Komplettierung sowohl der Textedition als auch der literaturwissenschaftlichen und populären Darstellung und Interpretation des Goetheschen Werkes. Kontinuierlich folgten größere wissenschaftliche Ausgaben, aber auch Studien- und Leseausgaben aufeinander. Mit der Leopoldina-Ausgabe der Schriften zur Naturwissenschaft (Weimar 1947 ff.), dem "Corpus der Goethezeichnungen", der Veröffentlichung der "Amtlichen Schriften" (Weimar 1950 ff.) und anderen Ausgaben wurden wichtige Teile des universellen Kosmos Goethe erstmals vollständig erschlossen. In fast allen europäischen Sprachen, aber auch im Chinesischen und Japanischen, erschienen mehrbändige Werkausgaben, daneben eine Fülle von Übersetzungen einzelner Werke.
Um die Texteditionen und Quellenwerke, zu denen auch das seit 1966 - leider etwas zögerlich - in Lieferungen erscheinende Goethe-Wörterbuch gehört, gruppieren sich Ausgaben und Quellenwerke zum Umfeld des Goetheschen Lebens wie die bereits genannte Regest-Ausgabe der Briefe an Goethe, die Gesprächsammlungen von Wolfgang Herwig bzw. Ernst und Renate Grumach u.a., eine fast unüberschaubare Zahl von Chroniken, Bild- und Dokumentenbänden, Zitatenlexika, Anekdotensammlungen usw. usf. Die siebziger und achtziger Jahre brachten allgemein und damit auch für die Goethe-Forschung eine Flut von Reprints wichtiger älterer Ausgaben und Quellenwerke, von denen hier nur die beiden Reprints der Weimarer Sophien-Ausgabe (T“ky“ 1975 bzw. München 1987) genannt werden können. Unerschöpflich und deshalb der ordnenden Hand des Bibliographen besonders bedürftig ist das Massiv der Sekundärliteratur über Goethes Leben und Werk. Es als gegliederte Landschaft, gleichsam als bibliographischen Atlas, zugänglich zu machen, ist eine ebenso schwierige wie reizvolle Aufgabe. Die sich durchdringenden Tendenzen der extensiven internationalen Forschungsentwicklung bei gleichzeitiger intensiver Spezialisierung gilt es, mit bibliographischen Methoden so adäquat wie möglich zu erfassen. Die methodologischen Fortschritte auf dem Gebiet der germanistischen Personalbibliographie werden hier voll gefordert und getestet. Das betrifft besonders Fragen der intensiven inhaltlichen Aufbereitung der Publikationen mittels feingegliederter Systematik im ganzen, Annotierung im einzelnen und durch einen Registerapparat als einem zusätzlichen, die Disparatheit des bibliographischen Hauptteils kompensierenden Erschließungsmittel. Bisher schon vorhandene, im einzelnen sehr nützliche bibliographische Hilfsmittel wie vor allem die von Hans Pyritz begründete Goethe-Bibliographie (Heidelberg 1965 - 1968, Bd. 1 - 2), haben ihre Bedeutung und zugleich ihre Grenzen in dem von ihnen praktizierten Auswahlprinzip. Der Gesamtüberblick, der auf der vollständigen Erfassung beruht, fehlt für die neuere Zeit, ist aber mehr denn je erforderlich. Angesichts der Opulenz der Goethe-Literatur, die hier nur kurz skizziert wurde, kann allerdings die umfassende Verzeichnung nur noch für einzelne begrenzte Perioden wie eben beispielsweise die Jahrzehnte nach 1950 realisiert und für den Benutzer überschaubar dargeboten werden.
Die Autopsie der Quellen, also die bibliographische Aufnahme und inhaltliche Erschließung anhand der Originale, ist ein Grundprinzip der Arbeit, selbst wenn sie sich nicht bis ins letzte realisieren läßt. Auch eventuelle Informationen aus schon vorhandenen Teilverzeichnissen werden generell mit den Quellen verglichen. Die bibliographische Beschreibung, die selbstverständlich Sorgfalt und Ausführlichkeit anstrebt, berücksichtigt dementsprechend auch solche Besonderheiten wie Nachauflagen, Wiederabdrucke, Lizenzausgaben und bibliophile Ausgaben. Solche Ausgaben werden der jeweils chronologisch ersten Ausgabe hinzugefügt. Der Inhalt mehrbändiger Ausgaben oder von Sammelbänden wird detailliert wiedergegeben. Beim Wiederabdruck einzelner Aufsätze wird das Jahr ihrer Erstveröffentlichung genannt, um die Bindung an eine bestimmte Periode der Goethe-Forschung deutlich werden zu lassen. Titel in nichtlateinischen Buchstaben werden transkribiert. Veröffentlichungen, bei denen der Inhalt nicht eindeutig aus der Titelformulierung hervorgeht, werden durch Annotationen zusätzlich erläutert. Das betrifft auch andere mitteilenswerte inhaltliche Informationen, wobei nicht vergessen werden darf, daß die Zuordnung zu einer Systematikgruppe bereits auf den Inhalt der betreffenden Publi-kation hinweist.
Bei der konzeptionellen Vorbereitung war es besonders wichtig, allgemein anerkannte Grundsätze in die richtige Beziehung zu den autorspezifischen Bedingungen und Notwendigkeiten zu setzen. Wenn man sich zum Prinzip der Vollständigkeit bekennt, so muß man sich im Falle Goethes über die damit verbundenen quantitativen und qualitativen Parameter im klaren sein. Die Multidimensionalität und Universalität des Goetheschen Werkes und deren Reflex in der Forschung stellen an die Systematik einer Goethe-Bibliographie besondere Anforderungen. Hinzu kam, daß diese Systematik von vornherein für ein computergestütztes Projekt erarbeitet werden mußte. Das bedeutete u. a., größere nachträgliche Veränderungen und Korrekturen möglichst zu vermeiden.
Als hilfreich erwies sich, daß bestimmte Grundvorstellungen zur Systematik von den bisherigen Weimarer Personalbibliographien durchaus abrufbar waren. Sie beeinflußten auch das letztlich für die Hauptgruppen der Systematik gewählte Schema:
1. Werke 1.1. Werkausgaben (Gesamt- und Auswahlausgaben, Werkauszugsammlungen, Gedichtsammlungen) 1.2. Briefe, Briefwechsel 1.3. Einzelne Werke 1.4. Tagebücher 1.5. Naturwissenschaftliche Schriften 1.6. Amtliche Schriften 1.7. Das zeichnerische Werk 1.8. Goethe als Übersetzer 1.9. Goethe als Herausgeber 1.10.Übersetzungen der Goetheschen Werke und Schriften (alphabetisch nach Sprachen geordnet) 2. Literatur über Goethes Leben, Werk und Wirkung 2.1. Allgemeine Grundlagen und Hilfsmittel 2.2. Leben und Werk im allgemeinen 2.3. Biographische Einzelheiten 2.4. Goethes praktische Lebensbeziehungen 2.5. Goethes geistige und geschichtlich-kulturelle Lebensbeziehungen 2.6. Zum literarischen Werk im allgemeinen 2.7. Zu einzelnen Werken 2.8. Wirkungs- und Forschungsgeschichte
Schwierige Entscheidungen waren für die Infrastruktur der Systematik, d.h. für die weitere, teilweise bis in die fünfte, ja sechste Ebene reichende Untergliederung zu treffen. Verschiedene Aspekte wie beispielsweise die innere Ordnung des Goetheschen Weltbildes, Goethes Verhältnis zu den verschiedenen Künsten und Wissenschaften, Kulturkreisen (Antike, Orient u.a.) und Religionen oder zu einzelnen geschichtlichen und literarischen Epochen waren in Beziehung zu setzen zu dem nur scheinbar formalen, für den Bibliographen aber nicht unwesentlichen Aspekt der zu erwartenden Materialmenge in den einzelnen Gruppen und kleinsten Gliederungseinheiten. Natürlich wurden hierbei im Detail auch Lösungen übernommen, die sich in bisherigen Bibliographien bewährt haben, so besonders aus der Pyritzschen Systematik. Die bisherige praktische Erprobung der auf diese Weise erarbeiteten Systematik hat deren Brauchbarkeit erwiesen, wobei Modifikationen im Detail, die sich aus der Konfrontation mit den konkreten bibliographischen Quellen ergaben, nicht ausgeblieben sind.
All diese einzelnen Schritte dienten dem Ziel, das Hauptproblem jeder bibliographischen Systematik zu lösen, nämlich Veröffentlichungen, die oft und insbesondere in der Goethe-Literatur inhaltlich mehrdimensional sind, definitiv in der eindimensionalen Ordnung eines hierarchischen Systems zu plazieren. Manchmal mag das wie die Quadratur eines Kreises anmuten, man sollte jedoch die methodischen Möglichkeiten und Errungenschaften der modernen Personalbibliographie nicht zu gering schätzen. Hat man eine brauchbare Systematik gefunden, so können weitere Schritte gegangen werden, die Infrastruktur des bibliographischen Verzeichnisses zu verbessern und dadurch den Inhalt der erfaßten Veröffentlichungen transparenter zu machen.
Dazu gehören u. a. Verweisungen innerhalb des Verzeichnisses, die vor allem als generelle Verweisungen zwischen einzelnen inhaltlich in Beziehung zueinander stehenden Gliederungsgruppen und -komplexen angebracht werden sollen. Ein weiteres Mittel, selbst in der jeweils kleinsten Gliederungseinheit vertiefende inhaltliche Akzente zu setzen, sind Marginalien am Rand der künftigen Seitenkolumnen. Bei dieser in den Weimarer Personalbibliographien, aber auch in der Goethe-Bibliographie von Pyritz mit Erfolg angewandten Methode verbinden sich gedankliche Ordnung und optische, dem schnelleren Nachschlagen dienende Übersichtlichkeit in glücklicher Weise.
Der ohne Zweifel wichtigste Weg, inhaltliche
Mehrdimensionalität innerhalb der methodischen
Möglichkeiten eines bibliographischen Verzeichnisses
widerzuspiegeln, ist jedoch die intensive Erschließung
durch Register. Die "Goethe-Bibliographie 1950-1990" wird
zwei Register besitzen, ein kombiniertes Namen- und
Sachregister sowie ein Register der Goetheschen Werktitel.
Als alternatives Erschließungsmittel zum bibliographischen
Hauptteil ist der Registerapparat von außerordentlichem
Wert. Durch Personennamen, geographische Begriffe,
Werktitel, vor allem aber durch die inhaltlich
determinierten Stich- und Schlagwörter faßt das Register
den semantischen Gehalt zusammen, der in den Bezeichnungen
der Systematikgruppen, in den Sachtiteln der einzelnen
Publikationen und in deren Annotationen enthalten ist. Die
formalisierte, schnell überschaubare alphabetische
Übersicht ist weit mehr als die Summe ihrer Teile, denn sie
stellt übergreifend unzählige neue Zusammenhänge her.[4] Als
Grundlage der Sachregisterarbeit dient ein
-Sachwortverzeichnis zur Goethe-Forschung, das im Verlauf
der Arbeit ständig erweitert und modifiziert werden wird,
jedoch die erforderliche Vereinheitlichung der verwendeten
Begriffe im Auge behält.
Von der in Wittmar bei Wolfenbüttel ansässigen Firma
Mirocomposition (Sebastian Weyrauch) wurde eine
Anwendersoftware auf der Basis der Datenbanksoftware
"Advanced Revelation" (AREV) entwickelt, die hohen
Ansprüchen genügt. Die Erarbeitung des Programms erfolgte
schrittweise in ständigem Kontakt zwischen Programmierer
und Bibliograph. Dabei konnten Erfahrungen genutzt werden,
die bei der Programmierung für die "Wolfenbütteler
Bibliographie zur Geschichte des Buchwesens im deutschen
Sprachgebiet 1840-1980" (Bd. 1 ff., München 1990 ff.) und
die Weimarer "Internationale Bibliographie zur deutschen
Klassik 1750-1850" (ab Folge 36, 1989) gesammelt wurden.
Die spezifischen Bedingungen der Goethe-Systematik
erforderten jedoch beträchtliche zusätzliche Anstrengungen.
Für die Gliederung und Sortierung mußte eine
Tiefenstaffelung bis in die siebente Sortierebene gesichert
werden.
Die Erfassungsmaske hält mit ihren insgesamt 11 Feldern
allen Anforderungen stand, die durch die Struktur der
bibliographischen Titelaufnahme (Verfasser - Hauptsachtitel
- Zusätze zum Hauptsachtitel - Impressum - Umfangsangabe -
Gesamt- oder Reihentitel) bzw. die Eigenart der
verschiedenen Publikationen (z. B. Erscheinungsvermerk bei
Beiträgen aus Sammelbänden oder Periodica) gegeben sind.
Zwei Felder stehen für die Bandtitel und -inhalte bei
mehrbändigen Ausgaben, für die Inhaltsübersicht zu
Sammelbänden, Sonderheften usw., aber auch für andere
bibliographische Angaben (z. B. Lizenzvermerke) und vor
allem für die Inhaltsannotationen zur Verfügung. Weitere
Felder nehmen die Eintragungen für die beiden Register auf.
Alle Datensätze können jederzeit entweder einzeln oder
fortlaufend in zusammenhängender Reihenfolge nach den
Eingabenummern oder sortiert nach der gewünschten
Sachgruppe der Systematik ausgedruckt werden. Da die
Internationalität des Gegenstandes eine Reihe seltener
Sonder- und Transkriptionszeichen zur Folge hat, wurde zur
Ergänzung des standardisierten IBM-Zeichensatzes eine Reihe
von Sondercodierungen (z. B. für hebräische, slawische,
rumänische, türkische und ungarische diakritische bzw.
Transkriptionszeichen) zusammengestellt, und zwar
Codierungen aus dem Satzprogramm TeX. Dem Charakter einer
Datenbank entsprechend, ermöglicht das Programm den
On-Line-Zugriff auf das gespeicherte Material. Die
Recherche kann nach mehreren inhaltlichen Kriterien
erfolgen, z. B. über den Verfassernamen, Hauptsachtitel,
Goethe-Werktitel und natürlich über alle anderen Namen,
Sachbegriffe, geographische Begriffe usw. Auch komplexe
Recherchen sind möglich, z. B. durch Verknüpfung von
Verfassernamen und Sachbegriffen bzw. Werktiteln (Was
schrieb Hans Müller über Goethes Lyrik bzw. über den
"Faust"?), von zwei oder mehreren Sachbegriffen,
geographischen Begriffen, Werktiteln u.s.w. (Welche
Veröffentlichungen gibt es zur Sprache im "Wilhelm Meister"
oder in Goethes Dramen, zu Goethes amtlicher Tätigkeit in
Jena? usw. usf.) Da auch einzelne Buchstabenfolgen von
beliebier Länge über den Titelindex abgerufen werden
können, sind die Recherchemöglichkeiten praktisch
unbegrenzt. Auf diese Weise können Anfragen schnell und
erschöpfend beantwortet werden.
Bei der Entscheidung des Vorstands der Stiftung Weimarer
Klassik und der Gremien der Deutschen
Forschungsgemeinschaft, die neue Goethe-Bibliographie zu
fördern, wurde jener Nutzeffekt besonders anerkannt, der
über die Goethe-Forschung im engeren Sinne hinausgeht. Eine
bibliographische Datenbank zur Goethe-Literatur hat einen
beträchtlichen allgemeinen Nutzen für die
kulturgeschichtliche Forschung vom 18. Jahrhundert bis in
unsere Zeit, wenn man den paradigmatischen Wert der
Goethe-Rezeption für die deutsche und internationale
Geistesgeschichte bedenkt. Eine solche Datenbank ist aber
auch für die Arbeit der Massenmedien und Verlage, ja für
alle am Werk Goethes interessierten Kreise und Liebhaber,
für die Tätigkeit literarisch-kultureller Gesellschaften
und Vereinigungen, allen voran die in Deutschland und in
der Welt wirkenden Goethe-Gesellschaften, als
Auskunftsstelle von Bedeutung. Anforderungen dieser Art
werden ohne Zweifel auf dem Weg zum Goethe-Jubiläum 1999
zunehmen. Literatur- und Forschungsberichte lassen sich auf
der Basis eines bibliographischen Datenspeichers mit
geringem Rechercheaufwand vorbereiten.
2. Der interdisziplinäre und internationale Aspekt.
Die Universalität und Komplexität des Goetheschen
Lebenswerkes, seine Aktualität für brennende Fragen unserer
Zeit, beispielsweise die Wechselwirkungen von Geistes- und
Naturwissenschaften oder das Ringen um eine humane
Menschheitsperspektive, geben der Erschliessung der
entsprechenden Texteditionen und der Forschungsliteratur
eine Bedeutung, die weit über germanistische und
literarisch-publizistische Belange hinausreicht. Längst ist
die Goethe-Forschung keine Domäne der Literaturwissenschaft
mehr, sondern kennt profunde Vertreter, ja entscheidende
Anregungen gerade von philosophischer,
naturwissenschaftlicher und anderer Seite. All das
vollzieht sich weltweit ohne enge nationale Begrenzungen.
3. Unterstützung und Anregungen für die Goethe-Forschung.
Dennoch bleibt die Hilfsfunktion für die Goethe-Forschung
im engeren Sinne die erste Aufgabe der neuen Bibliographie.
Als Informationsquelle für die von der Stiftung Weimarer
Klassik und anderen Goethe-Stätten und -Museen, von
Bibliotheken, Universitäten und Forschungsinstituten
getragenen Editionen, Publikationen und Ausstellungen wird
sie einen unmittelbaren Nutzeffekt der in sie investierten
Mittel erreichen. Dabei sind die Bibliographen keineswegs
nur die Gebenden; aus dem Kontakt und Gedankenaustausch mit
den an anderen Vorhaben Tätigen werden Anregungen
hervorgehen, die der bibliographischen Erfassung selbst
wieder zugute kommen.
Daß der systematische Überblick über vier prägende
Jahrzehnte der Goethe-Forschung und -Rezeption für jeden
Nutzer effizient sein kann, leuchtet ein. Man sollte diesen
Nutzeffekt jedoch nicht nur in der Zusammenfassung
schlechthin sehen, also darin, daß ein solches
Gesamtverzeichnis die Benutzung der kleineren, auch
methodisch unterschiedlichen Teilverzeichnisse ersetzen
kann. Ebenso könnte die Bibliographiesich die
Ausgangsbasis für eine übergreifende Bewertung des
Entwicklungsstandes sein. Ist doch der geordnete Überblick
mehr als die Summe seiner Teile. Wenn man nochmals das Bild
vom "bibliographischen Atlas" heranzieht, so verhilft ein
solcher Atlas zu der Sicht, wo die erforderlichen
"Verkehrswege", "Raumstrukturen" oder gar "Ballungszentren"
schon vorhanden sind oder - eine viel wichtigere Erkenntnis
- noch fehlen. Mit einem bibliographischen Verzeichnis wird
man zwar nicht das gegenwärtige inhaltliche und geistige
Profil der Forschung und Rezeption abrufen können, wohl
aber deren in der Editions- und Publikationstätigkeit
verwirklichte Schwerpunkte erkennen. Fortschritte, aber
auch offensichtliche Lücken und Desiderate lassen sich
markieren. All das ist für Entscheidungen, wie die wahrlich
nicht überreichlichen Kräfte und Mittel auch künftig
sinnvoll eingesetzt werden sollten, von beträchtlichem
Wert. Studenten und jungen Wissenschaftlern hilft der
Überblick, noch unerschlossenes Terrain in der
Goethe-Forschung besser zu erkennen.
Die gespeicherten Information zur Goetheliteratur 1950-1990
sollen selbstverständlich auch als Personalbibliographie
veröffentlicht werden. Das verwendete EDV-Programm hält
dabei die Option offen, die Bibliographie in Buchform als -
vermutlich dreibändiges Nachschlagewerk - und/oder als
CD-ROM anzubieten. Die Entscheidung darüber wird von der
konkreten Situation Mitte der neunziger Jahre abhängen.
Damit ist schon gesagt, daß die Erfassung, Verzeichnung und
Erschließung des bibliographischen Materials Ende 1995
abgeschlossen werden soll.
Auch ein Blick auf die mögliche Perspektive sei gestattet.
Die Gesamtkonzeption des Projekts erlaubt sowohl für die
Datenbank als auch für die Veröffentlichung als
Personalbibliographie die kontinuierliche Weiterführung
über das Berichtsjahr 1990 hinaus. So ist es denkbar, die
Arbeiten für einen Supplementband zum anschließenden
Jahrfünft 1991-1995 fortzuführen und diesen im
unmittelbaren Vorfeld des Jubiläums 1999 vorzulegen. Ein
wichtiger fördernder Impuls ware dabei die kritische
Resonanz auf unsere Arbeit durch die Nutzer.
In "Winckelmann und sein Jahrhundert" spricht Goethe 1805
vom Nutzen der vorzüglichen "literarisch-bibliographischen
Bildung", durch die sich Winckelmann seinen Förderern, dem
Grafen Bünau und später dem Kardinal Passionei, empfahl.
Das "schnelle Fortschreiten der Wissenschaften" bewirke, so
fährt Goethe fort, daß Bibliotheken verschiedener Art
entstünden, solche, die durch "zweckloses Anhäufen der
Druckschriften" als "unnütze Gerümpelkammern" anzusehen
seien, aber auch solche, die durch "zweckmäßiges" Sammeln
zu "nützlichen Vorratskammern" würden. Für Goethe entsteht
hieraus die besondere Verpflichtung des Bibliothekars,
"weit mehr als sonst sich von dem Gang der Wissenschaft,
von dem Wert und Unwert der Schriften zu unterrichten"[5],
- eine Maxime, die Goethes Oberaufsicht über die
Herzogliche
Bibliothek, die heutige Herzogin Anna Amalia Bibliothek,
begleitete. Ohne Zweifel muß solche Art
"literarisch-bibliographischer Bildung" auch den
Goethe-Bibliographen leiten, Titel nicht nur schlechthin
anzuhäufen, sondern mit Sachverstand zu ordnen. Nicht
"unnütze Gerümpelkammern", sondern "nützliche
Vorratskammern" zu schaffen, ist sein Ziel.
Zum EDV-Programm
Es wurde bereits angedeutet, daß die "Goethe-Bibliographie
1950 bis 1990" computergestützt erarbeitet wird, ja man muß
unumwunden sagen, daß bibliographische Projekte von diesen
Dimensionen heute ohne die Anwendung der EDV ökonomisch und
methodisch nicht mehr vertretbar wären. Im vorliegenden
Fall wurde von vornherein davon ausgegangen, die Erfassung
und Weiterverarbeitung der Daten mit den Möglichkeiten
einer bibliographischen Datenbank zu verbinden. Nur auf
diese Weise konnten eine ausreichende Bearbeitungskapazität
gesichert und zugleich die Bedingungen dafür geschaffen
werden, die gesammelten Daten on-line für Recherche- und
Auskunftszwecke abzurufen und zu nutzen. Dadurch können die
Arbeitsergebnisse von der Goethe-Forschung bereits per
Anfrage genutzt werden, bevor die gesamte Bibliographie
veröffentlicht werden wird.
Wissenschaftlicher Nutzeffekt und mögliche Perspektiven
1. Der wissenschaftliche und kulturelle Aspekt.
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