Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 2
[ Bestand in K10plus ]

Handbuch der Außenpolitik


01-2-419
Handbuch der Außenpolitik : von Afghanistan bis Zypern / hrsg. von Jürgen Bellers, Thorsten Benner und Ines M. Gerke. - München [u.a.] : Oldenbourg, 2001. - 1072 S. ; 24 cm. - (Lehr- und Handbücher der Politikwissenschaft). - ISBN 3-486-24848-0 : DM 198.00
[6341]

Das Handbuch der Außenpolitik umfaßt 122 Artikel zur Außenpolitik einzelner Staaten auf über tausend Seiten: ein Mammutwerk also, dem man wegen der vielen beteiligten Personen wohl keine einheitliche Behandlung des Gegenstandes abverlangen kann, so gerne man dieses - zum Zwecke des Vergleiches und der Vollständigkeit - täte. Die Herausgeber behaupten zwar, die Beiträger hätten sich an ein vorgegebenes Raster gehalten, aber man merkt bei nicht wenigen Artikeln, daß sie eher deskriptiv und weniger analytisch ausgerichtet sind. Von daher ist die Breite des Werkes berückend, die inhaltliche Enge mancher Artikel aber beklemmend.

Von den Herausgebern ist Jürgen Bellers, Professor für Internationale Politik an der Gesamthochschule Siegen in der Profession gut bekannt. Auch unter den zahlreichen Beiträgern sind viele mit bekanntem Namen, die für das bestimmte Land oder die Region als Experten ausgewiesen sind. Es finden sich aber ebenso zahlreiche Artikel, die von Absolventen oder gar Fachfremden geschrieben wurden und denen man öfters anmerkt, daß ihre Artikel aus wenigen Quellen zusammengetragen wurden und der fachliche Hintergrund nicht allzu breit ist.

Das Handbuch der Außenpolitik ist nach Weltregionen gegliedert. Manche Regionen sind weiter unterteilt, wie z.B. Amerika oder Afrika. Der Nahe Osten wird als eine eigene Region behandelt, jedoch ohne Nordafrika, das sonst meist hinzugerechnet, hier aber unter Afrika subsumiert wird. Innerhalb der Regionen sind die Nationen alphabetisch aufgeführt. Die Länderartikel sind durchschnittlich neun Seiten lang und werden durch eine Chronologie eingeleitet, die meist zu Anfang des 20. Jahrhunderts beginnt. Der eigentliche Text ist nur mäßig strukturiert; Hervorhebungen und Verweisungen fehlen. Die Artikel schließen mit einer Literaturauswahl; Web-Adressen finden sich selten.

Die Artikel setzen meist zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein und behandeln z.T. auch relativ breit die innenpolitische Entwicklung. Das macht den deskriptiven - wenn man es weniger negativ ausdrücken will: zeitgeschichtlichen - Charakter des Werkes aus. Vielfach ist das notwendig, um die Entwicklungen und Sprünge in der Außenpolitik eines Landes überhaupt erklären zu können, dennoch wünschte man sich an manchen Stellen mehr analytische Durchdringung des Themas. Auch die notwendige Breite ist oft nicht gewährleistet. Neben der Außenpolitik im engeren Sinne und dem außenpolitischen Entscheidungsprozeß gehören z.B. verschiedene Politikfelder zum Thema, wovon hier nur die Außenwirtschaftspolitik, die Sicherheitspolitik und die Entwicklungspolitik als die wichtigeren genannt seien. In den besseren Beiträgen sieht man sofort an den Zwischenüberschriften, daß diese verschiedenen Aspekte berücksichtigt wurden. Generell werden die Aspekte der polity (Stellenwert der Außenpolitik im politischen System), politics (Entscheidungsprozesse und Akteure) und policy (die verschiedenen Politikfelder wie oben aufgeführt) aber viel zu selten behandelt. Das Ergebnis ist ein Konvolut aus interessanten und weniger interessanten Länderartikeln, die leider nur selten vergleichbar sind.

Auf eine Erschließung wurde ganz verzichtet: offenbar wurde der Band knapp kalkuliert, um noch unter der 200-DM-Grenze zu bleiben. Es gibt weder ein Verzeichnis der Beiträger noch eines der vielfach verwendeten Abkürzungen, weder ein Sach- noch ein geographisches Register. So muß man, wenn man bestimmte Aspekte im Inhalt vergleichen möchte, viel blättern und dabei Zeit verschwenden. Für ein Buch, das in einer Reihe wie die Lehr- und Handbücher der Politikwissenschaft erscheint, wird hier zu wenig geboten.

Die Beantwortung der Frage, ob der Band sein Geld wert ist, fällt dem Rezensenten nicht leicht. Da es jedoch kein vergleichbares Werk mit dieser inhaltlichen Ausrichtung auf dem Markt gibt und für viele Länder eben nicht die griffige Monographie existiert, die die Lektüre des entsprechenden Artikels im Handbuch der Außenpolitik ersetzen könnte, ist eine Anschaffung für Bibliotheken mit einschlägigem Bestandsprofil wohl unerläßlich.

Jürgen Plieninger


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