Der Kröner-Verlag hat außer seinen Hauptwerken der Soziologie weitere
Titel im Programm, in denen sogenannte Klassiker eines bestimmten
Faches vorgestellt werden,[1] um den Zugang zur Geschichte der
jeweiligen Disziplin anhand ihrer wichtigsten Veröffentlichungen zu
ermöglichen. Dieses anregende Verfahren bietet er jetzt auch für die
Soziologie an. Der Herausgeber, Dirk Kaesler, hat in einem anderen
Verlag bereits ähnliche Veröffentlichungen zur Geschichte der
Soziologie vorgelegt.[2] Als Beiträger konnte er größtenteils namhafte
Vertreter der deutschen Soziologie gewinnen.
Nach dem Vorwort und einer Liste der Beiträger folgt der Hauptteil mit
477 S., danach ein nach Ländern geordnetes chronologisches
Werkverzeichnis (25 S.), ein Titelregister (5 S.) und ein Sachregister
(13 S.). Aufgenommen sind 107 Artikel zu "Hauptwerken" der Soziologie,
die nach Autoren geordnet auf durchschnittlich fünf Seiten dargestellt
werden. Die Artikel enthalten i.d.R. Informationen zum Autor, zum
Entstehungszusammenhang, ein Inhaltsreferat, Bemerkungen zur
Wirkungsgeschichte und eine Einschätzung der Relevanz des Werkes aus
heutiger Sicht. Am Anfang werden jeweils die bibliographischen Daten
der Erstausgabe aufgeführt, am Ende Literaturangaben zu den deutschen
Ausgaben und zur Sekundärliteratur. Ein Blick in das Werkverzeichnis
zeigt eine zeitlich gleichmäßige Verteilung bis nahe an die Gegenwart
heran mit Schwerpunkt bei Werken aus den USA und Deutschland. Werke
aus der Dritten Welt sind nicht berücksichtigt worden.
Die Beiträge sind nicht im Fachjargon abgefaßt, weswegen neben
Soziologen durchaus auch sonstige Interessenten als Zielgruppe in
Frage kommen. Natürlich ergibt sich durch die Lektüre kein
ganzheitliches Bild der Entwicklung der Soziologie: der Vorteil dieser
Konzeption liegt darin, daß lediglich die wichtigsten Bücher, welche
die theoretische Diskussion des Faches angestoßen haben behandelt
werden. Es ist anregend, sich einmal von dieser Seite dem Fach zu
nähern. Wer sich gerne "querbeet" über Stichwörter den Inhalten nähern
möchte, dem steht mit dem Sachregister ein ausreichendes Instrument
zur Verfügung.
Die Hauptwerke der Soziologie sind zwar das am wenigsten umfangreiche
der drei Werke, bieten aber einen gut erarbeiteten und gut
erschlossenen Inhalt. Auch die Verarbeitung des Buches ist gut, so daß
sowohl wissenschaftliche als auch (und gerade) öffentliche
Bibliotheken zugreifen sollten.
Jürgen Plieninger
Die Schlüsselwerke der Soziologie[3] stellen ein gut konzipiertes,
ausgewogenes Nachschlagewerk dar. Der erste Herausgeber, Sven Papcke,
ist in der Profession gut bekannt, ebenso viele der rund 150
Beiträger. Der Band vereint auf 537 Seiten 202 Artikel über die
"soziologischen Klassiker". Auf das Vorwort folgt das
Mitarbeiterverzeichnis (nur Name und Ort), am Schluß steht ein
Titelregister mit Namen der Autoren und ein Mitarbeiter-Werke-Register
(es wäre sinnvoller gewesen, dieses in das Verzeichnis der Beiträger
am Anfang zu integrieren).
Die durchschnittlich knapp drei Seiten langen gezeichneten Artikel
sind nach den Namen der Autoren der behandelten Werke geordnet und
nach einem gleichbleibenden Schema aufgebaut: Autorenname mit
Lebensdaten, der deutsche Titel des Werkes, Angaben zur Erstausgabe,
zur deutschen Erstausgabe und zu der Ausgabe, die für die Werkanalyse
verwendet wurde. Die Beiträge sind von gleichbleibend hoher Qualität,
wenden viel Mühe auf das Inhaltsreferat, erläutern die Bedeutung des
Werkes und stellen die Wirkungsgeschichte in angemessenem Umfang dar.
Die Literaturangaben, die sowohl weitere Werke des Autors als auch
Sekundärliteratur nennen, sind gut ausgewählt und umfangreicher als in
den Hauptwerken der Soziologie.
Die besprochenen Werke stammen vorwiegend aus dem Kernbereich der
soziologischen Theorie, doch werden auch Werke aus der
Politikwissenschaft, der Wirtschaftswissenschaft und der Ethnologie
besprochen. Der Zeitraum der besprochenen Werke reicht bis zur
Gegenwart, das jüngste besprochene Werk ist Schulzes
Erlebnisgesellschaft, das vor fünf Jahren Furore gemacht hat.
Die Erschließung hingegen ist vernachlässigt worden. Das beginnt bei
den Mitautoren, die beim Werk selbst zwar aufgeführt, aber sonst weder
genannt noch im Titelregister berücksichtigt sind. Damit ist ihr
Anteil so gut wie verloren. Ebenso fehlt ein Sachregister, das die
Inhalte quer zur Werkstruktur erschließen könnte. - Insgesamt macht
dieses Werk inhaltlich einen ausgewogenen Eindruck, die mangelhafte
Erschließung fällt weniger ins Gewicht.
Die Schlüsselwerke der Soziologie bieten fast doppelt so viele
"Klassiker" wie die Hauptwerke, dazu in etwas umfangreicheren, aber
qualitativ vergleichbaren Artikeln. Die Erschließung und Verarbeitung
sind dagegen etwas schlechter, was jedoch kein Grund für eine
Kaufenthaltung seitens der Bibliotheken sein kann.
Jürgen Plieninger
Das Lexikon der soziologischen Werke ist wieder einmal ein
Unternehmen, für das im Vorwort (S. 9) quasi der Status eines
"Projektes der gesamten Profession" reklamiert wird. Ein Blick auf das
Mitarbeiterverzeichnis (nur Name, ohne weitere Angaben) am Ende des
Bandes zeigt: Es sind zwar nicht "alle", die sich an diesem Projekt
beteiligt haben, aber doch etliche mit bekanntem Namen, wie z.B.
Bernhard Schäfers oder Erwin K. Scheuch. Die Menge der Information ist
eindrucksvoll: Auf 760 Seiten mit der kleinen Schrifttype werden ca.
750 soziologische Werke von 174 Beiträgern vorgestellt. Die Länge der
Artikel differiert zwischen einer halben und anderthalb Seiten, im
Durchschnitt umfassen die Beiträge knapp eine Seite.
Der Artikelkopf nennt die Autorennamen (samt Lebensdaten) und den
Titel des Werkes, i.d.R. der der deutschen Ausgabe. Der Text selbst
enthält nur selten Hervorhebungen durch Kursivschrift aber
Verweisungen. Die Literaturangaben nennen die Erstausgaben des
Originals und der deutschen Übersetzung, die verwendete Ausgabe sowie
die Sekundärliteratur.
Auffallend ist, daß die Nachbarwissenschaften breit berücksichtigt
wurden, insbesondere ethnologische Werke, aber auch Standardwerke der
Politologie, Geschichte, Pädagogik, Wirtschaftswissenschaften und des
Marxismus. Trotz des großen Umfanges vermißt man natürlich etliche
unverzichtbare Werke und Autoren, z.B. Rainer M. Lepsius, Renate
Mayntz und Stein Rokkan. Auch Herausgeberwerke sind nicht
berücksichtigt.[4]
Die Artikel sind von unterschiedlicher Güte. Manche erschöpfen sich im
Inhaltsreferat, andere bieten zusätzlich eine kritische Würdigung oder
eine Geschichte der Wirkung. Nur wenige Werke werden verrissen, wie
z.B. Ulrich Becks Die Risikogesellschaft durch Erwin K. Scheuch. Die
Auswahl der Literaturangaben am Ende scheint etwas beliebig: manchmal
werden noch andere Werke des besprochenen Autors aufgeführt, manchmal
auch Werke vor dem besprochenen Werk. Hätte man sich nur auf
Sekundärliteratur beschränkt, wäre die Funktion dieser
Literaturauswahl eindeutiger gewesen.
Für die Erschließung des Bandes wird auf den ersten Blick viel getan.
Am Ende des Buches finden sich ein Autoren-Werke-Register (mit Angabe
des Artikel-Verfassers) und ein Titel-Register (mit Angabe des
Autors). Leider weisen beide Register Mängel auf: ersteres stellt
nichts anderes als ein Inhaltsverzeichnis dar, da nur der erste Autor
eines Werkes berücksichtigt wird und Mitverfasser sich also nicht
ermitteln lassen; letzteres bietet einen Zugriff zumeist nur auf den
deutschsprachigen Titel, während die Originaltitel auf Grund fehlender
Verweisungen gleichfalls nicht auffindbar sind. Dem setzt der
Herausgeber vollends die Krone auf, indem er im Vorwort (S. 9)
behauptet, dieses Register biete eine Schlagwortrecherche. Somit weist
dieses Werk, dessen thematische Breite zu begeistern vermag, sowohl
inhaltliche Schwächen als auch Mängel bei der Erschließung auf.
Das Lexikon der soziologischen Werke ist insgesamt äußerst anregend
und in seiner breiten Auswahl trotz einiger weniger Lücken
befriedigend. Allerdings differiert die Qualität der Artikel doch
erheblich, die Wirkungsgeschichte ist manchmal gar nicht behandelt und
die Literaturangaben nicht so gut ausgewählt wie bei den beiden
anderen Werken. Dennoch erfüllt das Lexikon seine Funktion, die Leser
an die besprochenen Bücher heranzuführen und diese zu "einer
berechenbaren Größe" (Vorwort, S. 7) zu machen, sehr gut. Der Band mit
seinem angemessenen Preis kann uneingeschränkt für öffentliche und
wissenschaftliche Bibliotheken empfohlen werden, doch sei diesen
geraten, wegen der schwachen Klebebindung den Band gleich nach dem
Kauf neu binden zu lassen, um eine längere Nutzung zu gewährleisten.
Jürgen Plieninger
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