Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 2
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Lexikon der Film- und Fernseh-Synchronisation


01-2-341
Lexikon der Film- und Fernseh-Synchronisation : Stars und Stimmen: wer synchronisiert wen in welchem Film? ; mehr als 2000 Filme und Serien mit ihren deutschen Synchronsprechern ; mit einer Einführung in die Welt der Synchronisation, Kurzbiografien vieler Synchron-Schauspieler / Thomas Bräutigam. Geleitwort von Friedrich Schoenfelder. - Berlin : Lexikon-Imprint-Verlag, 2001. - 499 S. : Ill. ; 21 cm. - ISBN 3-89602-289-X : DM 36.00
[6410]

Synchronisation, die Aufbereitung von audiovisuellen Produktionen für einen fremdsprachlichen Vertriebsmarkt, gehört trotz ihrer Omnipräsenz im Kino- und Fernsehalltag zu den bisher wenig erschlossenen filmischen Arbeitsbereichen. Die berufliche und wissenschaftliche Fachliteratur hat sich insgesamt nur wenig mit diesem Themenkomplex befaßt, so daß man eine Popularisierung zwar als überfällig ansehen muß, aber doch gespannt ist, wie sie lexikalisch gelingen soll. Der Hispanist Thomas Bräutigam hat sich mit liebevollem Fleiß dem Thema zugewandt und stellt uns das Resultat seiner jahrelangen Detailarbeit vor, "um die befremdliche Anonymität der an der Synchronisation Beteiligten doch endlich durch Transparenz zu ersetzen" (S. 35). Einer kurzen Einführung in Geschichte und Ästhetik der Synchronisation folgen in der Hauptsache ein Verzeichnis deutschsprachig synchronisierter Spielfilme und Fernsehserien, ein biographisches Lexikon und eine Liste fremdsprachiger Schauspieler mit ihren deutschen Synchronsprechern, danach noch eine kleine Fachbibliographie, eine Namensliste deutscher Synchronfirmen und ein Quellenverzeichnis.

In der dreißigseitigen Einführung umreißt Bräutigam die Geschichte der Synchronisierung von Spielfilmen in Deutschland seit den dreißiger Jahren, stellt sie in den Zusammenhang von Zensurpolitik und Marktzwängen, beschreibt Techniken und Arbeitsbedingungen und deutet Umrisse einer Ästhetik der Synchronisation an. Er nennt einige Hauptsünden und ihre Ursachen, die in restaurativer Kulturpolitik und forcierter Marktanpassung zu suchen sind, und plädiert doch für eine kulturtransferierende Bearbeitung von Filmen an Stelle einer bloßen Übersetzung von Filmtexten.

Das Verzeichnis von etwa 2000 seit 1945 deutschsprachig synchronisierten Spielfilmen nimmt den weitaus größten Teil des Bandes ein: Es ist nach den deutschen Verleihtiteln sortiert, nennt den Originaltitel, den Regisseur und das Produktionsjahr des Originals, gefolgt von Synchronfirma, Dialogautor und Dialogregisseur, danach im Hauptteil die deutschen Sprecher mit Originaldarsteller und Rolle. Ein Register der Originalfilmtitel wird schmerzlich vermißt, kann aber behelfsmäßig durch andere Filmlexika ersetzt werden.[1] Wohl aus quantitativen Erwägungen werden nur sehr wenig DEFA-Synchronisationen berücksichtigt, für die pauschal auf die Filmobibliographischen Jahresberichte für die DDR 1965 bis 1990 verwiesen wird. Für Inhaltsangaben und umfassendere filmographische Daten muß man ebenfalls andere Filmlexika zu Rate ziehen.

Informationsreicher sind dagegen die etwa 160 Kurzporträts von Synchrondarstellern: Sie bieten im Umfang etwa einer halben Seite jeweils Lebensdaten, einen Abriß der künstlerischen, meist schauspielerischen Karriere und eine erzählende Auflistung - leider ohne Jahreszahlen - der markantesten Synchronrollen samt gelegentlichen Bewertungen und Charakterisierungen. Etwa die Hälfte der Porträts wird durch Porträtphotos angereichert. Bedauerlich ist, daß keine Dialogautoren oder Synchronregisseure vorgestellt werden, die doch auf einem noch verborgeneren Arbeitsfeld als die Synchronsprecher tätig sind. Erstaunlich ist immerhin die Anzahl der Porträts, da doch Bräutigam in seiner Einleitung ausdrücklich und mit kritischen Unterton festhält, daß heute nur etwa 30 Synchronsprecher nahezu allen fremdsprachigen Schauspielern die deutsche Stimme leihen, - ganz erheblich weniger als in den Nachkriegsjahren, als viele und auch prominente Schauspieler in der Branche arbeiteten.

Die Auflistung der Filmschauspieler mit ihren deutschen Sprechern hat leider keine direkte Verbindung zur Filmliste, die nur über den Umweg über das biographische Lexikon mit einiger Mühe zu erreichen ist. Daß die Liste der Synchronfirmen nicht mit zumindest einigen elementaren Informationen angereichert worden ist, muß man bedauern. Das sogenannte Quellenverzeichnis schließlich ist schlicht indiskutabel, schon das Vorwort bietet mehr Auskünfte. Es gibt viel zu verbessern an diesem Lexikon, aber es gibt noch viel mehr Grund zur Dankbarkeit für die immense Aufklärungsarbeit, die hier von einem echten Filmliebhaber geleistet worden ist.

Ab Erscheinen dieses Lexikons gehören Angaben zur Synchronisation als Pflichtinformation in jedes deutschsprachige Schauspielerlexikon und in jedes deutschsprachige Lexikon internationaler Filme: für beides die Materialgrundlage gelegt zu haben, ist das große Verdienst Bräutigams. Es wäre sehr zu wünschen, daß er seine Detektivarbeit retrospektiv auf die gesamte Tonfilmzeit ausweitet und fortsetzt und dazu seine Ergebnisse in noch effektiverer Form präsentiert.

Wilbert Ubbens


[1]
Z.B. durch Reclams Filmführer (zuletzt IFB 01-2-343) oder den Registerband zum Lexikon des internationalen Films (IFB 95-4-598). (zurück)

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