Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 2
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C. F. Peters 1800 - 2000


01-2-254
C. F. Peters 1800 - 2000 : ausgewählte Stationen einer Verlagsgeschichte / Norbert Molkenbur. - 1. Aufl. - Leipzig : Sachsenbuch-Verlagsgesellschaft, 2001. - 332, XL S. : Ill. ; 24 cm. - ISBN 3-89664-039-9 : DM 29.80
[6468]
01-2-255
Music publishing and patronage : C. F. Peters: 1800 to the holocaust / Irene Lawford-Hinrichsen. - Kenton : Edition Press, 2000. - XXIV, 332 S. : Ill. ; 25 cm. - ISBN 0-9536112-0-5 : œ 25.00. - (Gazelle Book Services Ltd., Falcon House, Queen Square, Lancaster LA11RN, UK)
[6525]

Der renommierte, international tätige C.-F.-Peters-Verlag beging im Jahr 2000 sein zweihundertjähriges Jubiläum, das u.a. mit einem Festakt im Sendesaal des Hessischen Rundfunks in Frankfurt am Main, bei dem Mauricio Kagel die Festansprache hielt, gefeiert und von den hier vorgestellten Publikationen begleitet wurde. Im Jahr 1800 in Leipzig gegründet, konnte der Verlag 1950, nach der leidvollen Geschichte des Hauses und seiner damaligen jüdischen Inhaber-Familie Hinrichsen im Dritten Reich, die für den Verlagsleiter Henri Hinrichsen in Auschwitz endete, sein Stammhaus nach Frankfurt verlegen; weitere Häuser befinden sich in Leipzig, London und New York.[1]

Obwohl der hier anzuzeigende Band bereits für November 2000 angekündigt war, erschien er tatsächlich erst im Juli 2001 beim Verlag Sachsenbuch und nicht etwa im Verlag Peters und der folgende, die Vorbemerkungen abschließende Hinweis könnte sogar den Eindruck erwecken, als distanziere sich der Verlag von dem Werk, dessen Verfasser immerhin Verlagsdirektor bei VEB Edition Peters Musikverlag Leipzig war und auch heute noch Geschäftsführer der Leipziger Niederlassung ist: "Der Musikverlag C. F. Peters ... legt Wert auf die Feststellung, daß diese Veröffentlichung nicht im Auftrag und unter Einbeziehung des Verlages C. F. Peters entstanden ist. Sämtliche Darstellungen geben ausschließlich die persönliche Auffassung des Autors wieder".

Das Werk bietet in seinen chronologisch geordneten Beiträgen die Geschichte des Verlages von seiner Gründung bis zur Gegenwart, wobei den Perioden 19. Jahrhundert, 1900 - 1933, 1933 - 1946 mit jeweils rund 70 Seiten etwa gleichviel Platz eingeräumt wird, während der letzten Epoche, der Zeit von 1945 bis heute, insbesondere den Abschnitten über den volkseigenen Verlag mit 100 Seiten mehr Raum zugestanden wird. Dargestellt wird nicht nur die Verlagsgeschichte im engeren Sinne, sondern auch das mit den Personen der Inhaber verbundene gesellschaftliche Wirken. Gleichzeitig will der Band dazu anregen, weitere Aspekte der Verlagsgeschichte zu erforschen; einige bereits erschienene oder im Entstehen begriffene Arbeiten sind in den Vorbemerkungen (S. 13) erwähnt, so auch das unten genannte Werk von Lawford-Hinrichsen.

Anhang: 1. Die Peters-Häuser (S. 314 - 316) nennt in chronologischer Folge die Verlagsgebäude mit ihren Adressen,[2] gelegentlich mit dem Hinweis auf die entsprechenden Abschnitte der Darstellung, jedoch sonst ohne nähere Angaben; 2. Die Firmen in Übersicht (S. 316 - 317): chronologische Liste der Firmennamen und ihrer Rechtsform sowie der integrierten, aber rechtlich selbständigen Firmen; 3. von besonderem Interesse ist die knappe Übersicht über das im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig verwahrte Verlagsarchiv, das den Krieg und die Wiedervereinigung unbeschadet überstanden hat (S. 317 - 321), sowie über die in der Musikbibliothek der Leipziger Städtischen Bibliotheken[3] aufbewahrte Musikbibliothek Peters mit über 10.000 Bänden, 8500 Musikalien, 2600 Textbüchern, fast 300 Handschriften und 1500 Musikerporträts (s. 321 - 322). Der Band endet mit einer Auswahlbibliographie (S. 323 - 332) von Publikationen mit Bezug zur Verlagsgeschichte bzw. von Peters-Mitarbeitern. Da Quellen "einer Chronik entsprechend" (S. 15) an den betreffenden Textstellen angegeben werden, fehlt bedauerlicherweise ein Quellenverzeichnis. Ein Register wenigstens der Personen und Orte wäre unerläßlich gewesen.

Irene Lawford-Hinrichsen ist die Tochter des Londoner Firmeninhabers Max Hinrichsen. Sie widmet ihr Werk den Leipziger Vorfahren Martha und Henri Hinrichsen[4] - "the grandparents I never knew". Das Geleitwort schrieb Yehudi Menuhin. Lt. Molkenbur (S. 13) ist eine deutsche Übersetzung geplant. Ausführlich wird die Verlagsgeschichte dargestellt, allerdings nur bis 1940 und unter besonderer Berücksichtigung des Schicksals der Familie Hinrichsen, während die Zeit danach mit Zweitem Weltkrieg bis zum 200jährigen Firmenjubiläum in ein kurzes Nachwort verbannt wird. Beigaben: 1. Stammbaum der Familie Hinrichsen; 2. kurze Bemerkung zur Quellenlage; 3. Bibliographie vermutlich der benutzten Literatur; 4. Register der Personen und Sachen.

Martina Rommel


[1]
Die komplizierte Geschichte des Verlags, der viele wechselnde Eigentümer kannte, ist in folgendem Nachschlagewerk (S. 643 - 646) relativ übersichtlich zusammengestellt: Lexikon deutscher Verlage von A - Z : 1071 Verlage und 2800 Verlagssignete vom Anfang der Buchdruckerkunst bis 1945 ; Adressen, Daten, Fakten, Namen / Reinhard Würffel. - Berlin : Verlag Grotesk, 2000. - 1054 S. : zahlr. Ill. ; 25 cm. - ISBN 3-9803147-1-5 : DM 158.00 [6217]. - Rez.: IFB 01-1-030. (zurück)
[2]
Von der bis heute noch nicht erfolgten Rückgabe der Leipziger Gebäude und Grundstücke handelt der folgende Aufsatz: Die Augenwischer von Leipzig : bei den Bürokraten findet die neunzigjährige Erbin des enteigneten Musikverlags C. F. Peters kein Gehör / von Wolfgang Sandner. // In: Frankfurter Allgemeine. - 2001-10-27, S. 52. [sh] (zurück)
[3]
Deren Bezeichnung als "zweitgrößte Musikbibliothek Deutschlands" (S. 321) trifft allerdings höchstens dann zu, wenn man lediglich die Musikbibliotheken des öffentlichen und nicht auch die des wissenschaftlichen Bibliothekswesens einbezieht. (zurück)
[4]
Vertreterinnen der feministischen Musikwissenschaft wird es vermutlich interessieren, daß Henri Hinrichsen als Stifter u.a. die Gründung der ersten deutschen Hochschule für Frauen durch Henriette Goldschmidt unterstützte. (zurück)

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