Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 2
[ Bestand in K10plus ]

Die Kulturpreise der Stiftung F.V.S. 1935 - 1945


01-2-236
Die Kulturpreise der Stiftung F.V.S. 1935 - 1945 : Darstellung und Dokumentation / Jan Zimmermann. Hrsg. von der Alfred-Toepfer-Stiftung F.V.S. - Hamburg : Christians, 2000. - 951 S. : Ill. ; 24 cm. - (Schriften der Alfred-Toepfer-Stiftung F.V.S.). - ISBN 3-7672-1374-5 : DM 38.00
[6301]

Der 1993 im hundertsten Lebensjahr verstorbene Hamburger Kaufmann Alfred Toepfer gründete 1931 die Stiftung F.V.S. [F.V.S. = Freiherr-vom-Stein], die nach seinem Tode in Alfred-Toepfer-Stiftung F.V.S. umbenannt wurde. Sie entwickelte sich nach 1945 zu einer der aktivsten europäischen Förderstiftungen in den Bereichen europäische Einigung und Verständigung, Kulturaustausch sowie Natur- und Denkmalschutz. Außer Wissenschaftspreisen und Studienstipendien vergibt sie vor allem Kulturpreise für einzelne Sprach- und Kulturregionen Europas, deren Verleihung in jährlichen Publikationen dokumentiert wird. So ist es nicht verwunderlich, wenn eine Recherche in der ZDB unter Stiftung FVS nicht weniger als 98 Treffer ergibt. Die Stiftung wurde im Dezember 1931 eingetragen, fast gleichzeitig mit der Stiftung J.W.G. [J.W.G. = Johann-Wolfgang-Goethe] in Vaduz. Mit dieser nicht zu verwechseln ist die nicht selbständige Tochterstiftung gleichen Namens, die von 1935 - 1945 nicht weniger als sieben "volksdeutsche Preise"[1] vergab, sowie die Hansische Stiftung, eine weitere Tochterstiftung, die drei "hansische Preise"[2] vergab. Insgesamt erfolgten zwischen 1935 und 1945 84 Preisvergaben, die im Falle der volksdeutschen Preise von einschlägigen Universitäten (z.B. Breslau, Freiburg im Br., Königsberg, Prag, Wien) in Zusammenwirken mit der Stiftung und dem Stifter vorgenommen wurden. Daß derartige herausragende kulturelle Aktivitäten nicht ohne Beteiligung der Kulturbürokratie des "Dritten Reiches" möglich war, liegt auf der Hand, wurde aber nach 1945 nicht thematisiert. "Erst die gegen die Arbeit der Stiftung F.V.S. bzw. ihre Vergangenheit gerichtete Initiative einiger französischer Wissenschaftler in Straßburg im Jahr 1996 sorgte für eine größere Wirkung: Sie bedeutete das Ende der Vergabe des 1963 gestifteten Straßburg-Preises der Stiftung F.V.S. durch die Universität Straßburg und führte schließlich zur Berufung einer Unabhängigen Wissenschaftlichen Kommission, die sich mit dem Leben und Werk des Stiftungsgründers beschäftigte." Ergebnis von deren Arbeit ist die Monographie Alfred Toepfer, Stifter und Kaufmann[3] sowie die hier besprochene Untersuchung von Jan Zimmermann über Die Kulturpreise der Stiftung F.V.S. 1935 - 1945. Die Ergebnisse der ersteren fielen zur Zufriedenheit der Stiftung aus, die die Ergebnisse auf einer Pressekonferenz am 11. Dezember 2000 in Hamburg vorstellte. In einer Pressemitteilung heißt es: "Die Alfred Toepfer Stiftung legt mit diesen Publikationen erstmals eine umfangreiche, wenn auch nicht vollständige Darstellung ihrer eigenen Geschichte vor. Die Stiftungsarbeit wurzelt in einer im nationalen Denken befangenen Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und entwickelte sich über den Irrweg einer völkischen Gemeinsamkeit in den dreißiger und vierziger Jahren hin zu einer verstärkten Förderung der europäischen Einigung unter Wahrung der kulturellen Vielfalt und der Verständigung zwischen den Völkern seit den sechziger Jahren."

Hier soll es genügen, die Dokumentation der Preise in den Jahren 1935 - 1945 zu würdigen. Die Beschreibung folgt einem einheitlichen Schema und wertet die erhaltenen Dokumente aus, ersatzweise andere Quellen. Die Angaben betreffen: 1. Zusammenfassende Informationen: Stiftungsjahr und Benennung; Dotierung; Empfängerkreis und Zweck des Preises (belegt durch Zitate aus den Verlautbarungen verschiedener Jahre); verleihende Universität; Liste der Preisträger; Mitglieder von Kuratorium und Beirat. 2. Jahrgangsweise: Preisträger mit Daten und Umständen der Verleihung; Abbildung der Verleihungsurkunde; Biographie; sonstige Ehrungen und Sekundärliteratur; Findung und Preisverleihung[4] mit Reproduktionen von Pressemitteilungen und Angabe der Fundstellen der ausgewerteten Quellen; Abdruck der Texte der Ansprachen zur Preisverleihung (mit Photos, bei denen man an das Dictum "Unter den Talaren ..." von 1968 erinnert wird; Bericht über die Feier.

Über den von der Stiftung intendierten Zweck hinaus als detaillierte, ausführliche Darstellung der einzelnen Preise in Ergänzung zu den komprimierten Angaben bei Dambacher[5] nützlich.

Klaus Schreiber


[1]
Damit wurden kulturelle Leistungen in den an das Deutsche Reich angrenzenden "Ländern und Gebieten deutschen und niederländischen Volkstums" ausgezeichnet. (zurück)
[2]
Diese von der Universität Hamburg verliehenen Preise waren für England (Shakespeare-Preis), den niederländisch-flämisch-niederdeutschen Raum (Rembrandt-Preis) und für Skandinavien (Henrik-Steffens-Preis) bestimmt; ein als vierter, geplanter Ossian-Preis für "das keltisch-nordische Volkstum" konnte nicht mehr realisiert werden. (zurück)
[3]
Alfred Toepfer, Stifter und Kaufmann : Bausteine einer Biographie ; kritische Bestandsaufnahme / hrsg. von Georg Kreis ... - Hamburg : Christians, 2000. - 488 S. ; 24 cm. - ISBN 3-7672-1373-7 : DM 68.00. (zurück)
[4]
So heißt es z.B. über den 1936 erkorenen ersten Preisträger des von der Universität Freiburg i. Br. verliehenen Erwin-von-Steinbach-Preises, den Schriftsteller Emil Strauß (1866 - 1960): "Dr. Emil Strauß ist nach den bisherigen Feststellungen des badischen Unterrichtsministeriums Arier und nicht jüdisch versippt; er ist Mitglied der NSDAP. seit vielen Jahren." (S. 193). (zurück)
[5]
Literatur- und Kulturpreise 1859 - 1949 : eine Dokumentation / Eva Dambacher. Vorwort von Reinhard Tgahrt. - Marbach am Neckar : Deutsche Schillergesellschaft, 1996. - 292 S. : Ill. ; 22 cm. - (Verzeichnisse, Berichte, Informationen / Deutsches Literaturarchiv ; 19). - ISBN 3-929146-43-6 : DM 50.00 [3577]. - Rez.: IFB 96-4-406.
Nur ein Beispiel: während Dambacher den Mozart-Preis, der 1941 an den Literaturhistoriker Josef Nadler ging, in sieben Zeilen behandelt und die Tatsache, daß er erst elf Jahre später verliehen wurde mit "(1952 [!] verliehen)" anmerkt, erfährt man bei Zimmermann auf nicht weniger als dreizehn Seiten alle Details und auch die Gründe dafür, warum die Preisverleihung trotz mehrfacher Anläufe und nachhaltiger Unterstützung von Parteistellen letztlich am Veto von Goebbels scheiterte. (zurück)

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