Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 2
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Index bio-bibliographicus notorum hominum [Computerdatei]


01-2-226
Index bio-bibliographicus notorum hominum [Computerdatei] : IBN. - Osnabrück : Dietrich
[6155]
Vol. 48/106 (2000). - 1 CD-ROM. - ISBN 3-89186-039-0 : DM 2800.00 (2 Ausg. p.a.), DM 500.00 (für Bezieher der Druckausg.)

Eine klare Orientierung über die zunehmende Fülle historisch-biographischer Informationsmittel[1] wird auch wegen der diversifizierten Publikationsformen immer schwieriger. Jede Kumulation und Digitalisierung, die zu verbesserten Zugriffsmöglichkeiten führt, erfüllt daher im Prinzip Desiderate der Wissenschaft, der Bibliotheken, die immer stärker zu integrierten Informationsdienstleistungszentren mutieren,[2] und ebenso einer interessierten Öffentlichkeit. Der Index bio-bibliographicus notorum hominum (IBN), dessen Drucklegung 1974 begann, erfaßt in Exzerpten aus etwa 4500 Nachschlagewerken bisher etwa eine Million mehr oder minder berühmter Personen weltweit von der Antike bis zur Gegenwart (etwa 2000 v. Chr. bis 2000 n. Chr.). Damit bildet er - zumindest potentiell - ein wichtiges Instrument für alle historisch-biographischen Recherchen. Eine solche bibliographische Sammlung ist für elektronische Publikationsformen prädestiniert, und es kann daher nur begrüßt werden, daß der Verlag sich dazu entschlossen hat, diese Informationsmenge parallel auch auf CD-ROM zu publizieren.

Zu Inhalt und Vorgehensweise des IBN liegt in IFB 99-B09-003 bereits eine eingehende kritische Darstellung vor, so daß die folgende Besprechung sich stärker darauf konzentrieren kann, welche Möglichkeiten das für den IBN neue digitale Medium eröffnet und wie weit die damit verbundenen Chancen genutzt werden. Gegenüber der in mehreren Serien gedruckten Ausgabe besteht zunächst eine gewichtige inhaltliche Einschränkung: Systematisch erfaßt sind bisher nur die in den IBN-Bänden 48 bis 106 enthaltenen Namen vorwiegend mit den Anfangsbuchstaben D bis H. Für diesen Bereich können jetzt die enormen Vorzüge der CD-ROM hinsichtlich Geschwindigkeit und Flexibilität des Informationstransfers sowie die überaus variablen Recherche- und Verarbeitungsmöglichkeiten für das Retrieval voll genutzt werden. Für A bis C bleibt der Leser dagegen auf die umständliche und aufwendige konventionelle Literatursuche in den Einzelregistern des Print-IBN angewiesen. Dieser Zustand ist nicht sehr glücklich, doch eine Retrodigitalisierung der Bände 1 bis 47 ist in Aussicht gestellt und soll künftig mit den halbjährlichen Aktualisierungen der CD-ROM sukzessive stattfinden. Es ist zu hoffen, daß auch der weitere Bereich von J bis Z zügig und doch zuverlässig erfaßt wird. Trotz der alphabetischen Einschränkung finden sich als Folge von Namensvarianten und Registerverweisungen bereits jetzt etliche Namen außerhalb des engeren Bereichs.

Insgesamt wurde laut Titelliste auf der CD-ROM ein breites, internationales Spektrum von etwa 1980 Lexika, Bibliographien und Porträtverzeichnissen mit Erscheinungsjahren vom 16. Jahrhundert (H. Pantaleon, G. Vasari) bis 1999 (NDB) kumuliert, außerdem auch 21 Lebensbilderreihen. Zwischen der Anzeige und der tatsächlicher Trefferzahl gibt es leichte Differenzen, die wohl auf Erfassungsfehler zurückzuführen sind. Zu den im IBN am häufigsten genannten Nachschlagewerken - mit mehr als 5000 Nennungen - gehören: Bénézit: Dictionnaire critique et documentaire sculpteurs, dessinateurs et graveurs (31.834 Namen), Thieme-Becker (29.454), Arnim: Internationale Personalbibliographie (20.566), Zeller: Internationale Bibliographie der Zeitschriftenliteratur (18.774), Jöcher mit Jöcher-Adelung (13.335), Neue Deutsche Biographie (10.346, offenbar aufgrund der Auswertung der Bandregister), Vollmer (9300), Dictionary of national biography (mehrere Serien) (8574), Bibliothèque Nationale: Catalogue de la collection des portraits français et étrangers (8363), Singer: Allgemeiner Bildnis-Katalog (7146), Who was who in America (5906), Allgemeine deutsche Biographie (5863), Vollständiges Heiligenlexikon (5508), Diepenbroick-Grüter: Allgemeiner Porträt-Katalog (5309), Neuer Nekrolog der Deutschen (in mehreren Serien) (5076). Trotz der großen Zahl ausgewerteter Nachschlagewerke fehlen doch einige wichtige Lexika wie z.B. Zedlers Grosses vollständiges Universallexicon oder das Historisch-biographische Lexikon der Schweiz. Die Titelerfassung der Quellen könnte in einigen Fällen sorgfältiger sein (z.B. Ferchl bzw. Ferchel). Gerade in elektronischen Datenbanken haben bereits kleine Schreibfehler störende Effekte zur Folge. Für das Reallexikon der Assyriologie erhält man z.B. 37 Treffer, 163 weitere für das Reallexikon dr [sic !] Assyriologie. Für eine effiziente und zuverlässige Nutzung solcher Datenbanken hat die Sorgfalt bei der Eingabe einen wichtigen Stellenwert, wenn die Ergebnisse nicht verfälscht werden sollen. Bei Stichproben treten leider auch bei den Namensansetzungen des IBN nicht wenige Unstimmigkeiten zu Tage.

Zu den ersten namentlich bekannten Persönlichkeiten zählt offenbar ein Herrscher des Landes Lagas in Mesopotamien namens "Eanatum" in der Mitte des 25. vorchristlichen Jahrhunderts, ferner babylonische Könige des 17. vorchristlichen Jahrhunderts und chinesische Minster des 14. oder 13. vorchristlichen Jahrhunderts.

Bei Personendatenbanken wird meist - so auch hier - dem Problem, wie Namensvarianten angemessen zu behandeln und zuzuordnen sind, zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Aufgrund der bisherigen alphabetischen Beschränkung des IBN wird z.B. zu dem Suchbegriff Paracelsus bisher nur auf den Mediziner Glogau Nikolsburg, Otto aut Paracelsus (ps.) hingewiesen. Zu dem bekannteren Arzt gleichen Namens, der unter Hohenheim, Wilhelm Bombastu von ebenfalls enthalten ist, führt jedoch keine Verweisung. Wie soll der Nutzer mit mancherlei unerwarteten Funden umgehen, z.B. wenn der Prophet Daniel angeblich in Jöchers Allgemeinem Gelehrten-Lexikon oder gar im Deutschen Theater-Lexikon von Kosch auftaucht? Bei der enormen Fülle von Namen werden sicher immer einige Irrläufer dabei sein, doch eine sorgfältige Redaktion und ggf. inhaltliche Korrektur noch vor der Publikation ist anzuraten.

Zur technischen Seite ist zu bemerken, daß die Installation der CD-ROM (entsprechend dem internationalen Markt des IBN fakultativ in englischer, deutscher, französischer, italienischer oder spanischer Sprache) (zumindest unter Windows 95 und 98) reibungslos verläuft. Präzise Angaben zu den Mindestanforderungen an die EDV (Betriebssystem, Arbeitsspeicher) wurden versäumt und können allenfalls beim Verlag erfragt werden, doch die technischen Ansprüche sind offenbar relativ gering. Erforderlich ist jedenfalls ein IBM-kompatibler PC mit Windows. Eine Version für Apple MacIntosh liegt nicht vor. Wegen der großen Datenmenge ist ein schnelles CD- bzw. DVD-Laufwerk empfehlenswert. Die Dokumentation könnte ausführlicher sein: Ein Handbuch wird nicht bzw. nur als Datei mitgeliefert, doch brauchbare Benutzerhinweise können (wahlweise in deutscher oder englischer Sprache) eingesehen und ausgedruckt werden. Über Fragen zum Inhalt schweigt sich das Handbuch aus. Dafür stehen ausführliche und vielseitige Hilfefunktionen (CD-Answer) mit Index, Inhaltsverzeichnis und sogar einem Assistent zur Verfügung, der diese Funktionen bei Bedarf individuell anzupassen hilft. Das Retrievalprogramm CD-Answer (Dataware 1987-96) mag inzwischen etwas betagt sein, doch ist es funktionstüchtig und bewährt. Inzwischen sind jedoch auch komfortablere Programme auf dem Markt. Die Navigation könnte teilweise einfacher eingerichtet sein.

Die Bedienung ist im allgemeinen unkompliziert, doch beim Wechsel zwischen verschiedenen Anwendungen tritt gelegentlich ein Fehler auf, der dazu führt, daß das ganze Programm ungewollt beendet wird. Es wäre empfehlenswert, die für die Navigation notwendigen Buttons, deren Icons nicht eindeutig ihre Funktion erkennen lassen, mit Zusatzinformationen zu hinterlegen. Die Symbole sind lediglich in den Benutzerhinweisen erläutert, erklären sich aber nicht von selbst, so daß es einige Zeit dauern kann, bis man entdeckt, wie die Suche am besten zu beginnen ist. Die Short-Cuts funktionieren nicht alle wie angegeben. Insgesamt handelt es sich um marginale störende Elemente, welche die Funktion der CD-ROM nicht entscheidend beeinträchtigen, aber in einer nächsten Version doch verbessert werden könnten. Der Export von Daten in andere Programme (z. B. Textverarbeitung, Datenbanken) funktioniert sehr gut.

Der Zugang erfolgt wahlweise über den Personenindex (811.243 Felder, dabei viele Namensvarianten) oder über die ausgewerteten Quellen (2532 Felder mit Titeln, dabei zahlreiche Mehrfachnennungen bei mehreren Serien). Im ersten Fall stehen die Kriterien Namen, Lebensdaten, (Geburts- bzw. Sterbe-)Orte, Berufe bzw. Nationalität, Quelle oder jede beliebige Kombination dieser Kriterien für die gezielte Suche zur Verfügung. Zu allen Suchfeldern sind Indizes hinterlegt. Auch logische Verküpfungen sind zulässig. Welche Felder angezeigt werden, kann der Nutzer variabel einstellen. In den meisten Fällen fungiert wohl ein bestimmter Name als Ausgangspunkt für die Suche. Ein gravierender Nachteil besteht darin, daß hierbei offenbar keine vernünftige Trennung zwischen Nachnamen und Vornamen möglich ist. Ebensowenig wird zwischen Geburts- und Sterbeorten unterschieden.

Im Vergleich genießt der World biographical index (WBI)[3] den Vorzug, daß er das gesamte Alphabet umfaßt und nicht nur Segmente. Außerdem hat der WBI bereits früher und wesentlich intensiver die Möglichkeiten elektronischer Datenverarbeitung und Publikation aufgegriffen und ist sowohl auf CD-ROM (seit 1993 inzwischen in 7. Auflage)[4] als auch online leicht zugänglich ist. Die Bedienung des WBI ist im ganzen etwas komfortabler und schneller als die des IBN. Hinsichtlich der erfaßten Titel gibt es eine gewisse Schnittmenge zwischen beiden biographischen Datenbanken, doch der IBN nimmt auch Bibliographien und andere Nachschlagewerke (s.o.) auf, die beim WBI ausgespart wurden. Auf die Auswertung von Monographien oder Aufsätzen zu einzelnen Personen wird in beiden Fällen verzichtet. Der zeitliche Schwerpunkt des IBN liegt mehr bei Publikationen der ersten beiden Drittel des 20. Jahrhunderts. Zu jedem Titel wird beim IBN auch eine Bibliothekssignatur angeführt, was für den Zugang zu selteneren Werken zweckmäßig ist.

Bei grundsätzlich ähnlicher Zielsetzung und Funktion bietet der IBN zusätzlich u.a. die Möglichkeit, nach Orten zu suchen. Dabei dürfte Paris mit mehr als 17.000 Treffern mit weitem Abstand vor London (9867) die am häufigsten genannte Stadt sein. Es folgen Wien (4325), Berlin (4008), Budapest (3970), New York (3642), Rom (2944), Madrid (2596), Stockholm (2318), Neapel (1785), Leipzig (1720), Buenos Aires (1623), München (1601), Florenz (1549), Prag (Praha) (1483), Warschau (Warszawa) (1560), Venedig (1315), Dresden (1261), Hamburg (1242), St. Petersburg (Leningrad) (1203), Frankfurt (1067), Philadelphia (1041), Rio de Janeiro (999), Nürnberg (918), Breslau (842), Zürich (830), Stuttgart (766), Dublin (686), Hannover (608), Königsberg (570), Bern (563), Basel (522). Hieraus können auch die regionalen Schwerpunkte näherungsweise eingeschätzt werden. Bei aller Internationalität liegt aufgrund der ausgewerteten Publikationen der Schwerpunkt doch stärker im europäischen Raum.

Für wen eignet sich also die CD-ROM des IBN als Informationsmittel? Im Prinzip kann jeder, der eine biographische Erstinformation oder einen Einstieg in weiterführene Forschungen sucht, Nutzen aus dem IBN ziehen. Dabei liegt der Gebrauchswert der CD-ROM in jedem Fall deutlich höher als der der bisher allein vorhandenen Printausgabe. Faktisch kommen - auch wegen des hohen Preises - wohl nur größere Bibliotheken als Bezieher in Betracht. Dabei ist das Problem, wie CD-ROMs in öffentlichen Bibliotheken verwendet werden können, bislang nicht immer leserfreundlich gelöst. Optimale Nutzungsmöglichkeiten werden erst dann erreicht, wenn die CD-ROM des IBN parallel zu anderen wichtigen biographischen Datenbanken auf CD-ROM wie dem WBI, den Munzinger-Archiven, dem Dictionary of national biography, dem Dictionary of Canadian biography, dem Poggendorff, dem Biographischen Verzeichnis für Theater, Tanz und Musik, dem Biografischen Lexikon der Schweizer Kunst, RISM usw. auf den Bibliotheksservern für Wissenschaft und Publikum frei zugänglich ist.[5]

Berücksichtigt man die oben dargelegten Einschränkungen, so ermöglicht die digitale Version des IBN bereits in ihrer ersten Auflage eine effiziente und rasche Suche nach sehr vielen Personen zumindest mit den Anfangsbuchstaben D bis H - sporadisch auch darüberhinaus - und führt zu entsprechenden Literaturverweisen bzw. nützlichen biographischen Zusatzangaben. Für eine vollständigere Information bleibt man weiterhin auf die Druckschriften angewiesen. Insgesamt ist das Projekt IBN wohl etwas zu groß dimensioniert bzw. die Resourcen für eine zügige Durchführung sind zu knapp bemessen. Nicht nur die retrospektive Digitalisierung von A bis C, sondern auch die Ergänzung bzw. Fortsetzung von J bis Z ist noch zu leisten. Jedenfalls ist die CD-ROM für den IBN die adäquate Publikationsform. Für ein bestimmtes alphabetisches Segment liegt somit ein durchaus zweckmäßiges Arbeitsinstrument vor, dem neben einer zügigen Ergänzung und Erweiterung auch eine Online-Version zu wünschen ist.

Bernhard Ebneth


[1]
Allein zu Publikationen etwa von 1990 bis 1998 vgl. bes. die Rezensionen in: Biographische Informationsmittel : Typologie mit Beispielen ; Rezensionen von 836 allgemeinen und fachlichen Sammelbiographien von Anfang der neunziger Jahre bis Ende 1998 ... / Klaus Schreiber. Unter Mitarb. von Saskia Hedrich und weiteren Rezensenten. - Berlin : Deutsches Bibliotheksinstitut, 1999. - Teilbd. 1 - 2. - 24 cm. - (Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) : Beiheft ; 9). - ISBN 3-87068-549-2 : DM 164.00 [5584]. - Rez.: IFB 00-1/4-047. (zurück)
[2]
Zu verschiedenen aktuellen Projekten "Digitaler Bibliotheken" vgl. u.a. die Informationen im Internet z.B.
- der Bayerischen Staatsbibliothek
http://www.bsb-muenchen.de/digital.htm (14.8.2001),
- der Niedersächischen Staats- und Universitätsbibliothek
http://www.sub.uni-goettingen.de/nojava home.htm,
- des Bibliotheksservice-Zentrums Baden-Württemberg
http://www.bsz-bw.de/diglib (11.6.2001/14.8.2001)
- und des Hochschulbibliothekszentrums Nordrhein-Westfalen
http://www.hbz-nrw.de (14.8.2001).
Die Seite des EDBI mit dem Informationsdienst "Virtuelle Digitale Bibliothek" zu Initiativen, Projekten und Förderprogrammen der Europäischen Union, des Bundes, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Länder unter
http://www.dbi-berlin.de/vdbhome/vdbho1.htm
wird wohl nicht mehr aktualisiert.(
zurück)
[3]
Rez.: IFB 99-B09-008. (zurück)
[4]
Zur 4. Ausgabe vgl.
http://hsozkult.geschichte.huberlin.de/rezensio/digital/cdrom/ datenban/enwi1098.htm (13.10.1998/14.8.2001). (zurück)
[5]
Eine Titelliste zu vergleichbaren CD-ROMs mit historisch-biographischen Inhalten findet sich unter
http://www.ndb.badw-muenchen.de/eb cd.htm (15.8.2001). (zurück)
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