Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 1
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Metzler-Lexikon amerikanische Autoren


01-1-059
Metzler-Lexikon amerikanische Autoren / hrsg. von Bernd Engler und Kurt Müller. - Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2000. - VI, 768 S. : Ill. ; 24 cm. - ISBN 3-476-01654-4 : DM 68.00
[6238]

Das einbändige Autorenlexikon zur Literatur der USA, herausgegeben von den Inhabern der Lehrstühle in Tübingen bzw. Jena, enthält ca. 350 gezeichnete Einträge, die zum Teil auch von jüngeren deutschen Amerikanisten stammen. Dazu kommen mehrere Beigaben, auf die weiter unten eingegangen wird. Das ordentlich gebundene Lexikon ist gut lesbar, mit lebenden Kolumnentiteln versehen, aber leider praktisch ohne Verweisungen erstellt.

Die Artikel, im Schnitt zwei, aber in Einzelfällen auch bis zu fünf Druckseiten lang, tragen im Kopf die Geburts- bzw. Sterbedaten und beginnen mit einem ordentlichen, ca. 4 x 3 cm großen Autorenporträt. Die Einträge sind mehr oder minder einheitlich aufgebaut: Nach einem kurzen, prägnanten Überblick über die Stellung des Autors in der amerikanischen Literatur- bzw. Kulturgeschichte folgt die Biographie und die Darstellung der wesentlichen Werke mitsamt der Einbettung in den Kontext. Die Artikel enden mit einer kurzen Bibliographie. Weit über eine Inhaltsangabe hinausgehend wird eine Interpretation und ein Abriß der Rezeption vermittelt. Es sollen dabei nicht nur die "Klassiker", sondern auch "Repräsentanten der Literaturen ethnischer Gruppen" (S. VI) wie auch die Autoren der "Populärkultur" (S. VI) auf der Basis eines "erweiterten Literaturbegriffs" (S. VI) einbezogen werden. Die im Text erwähnten Werke sind kursiv gesetzt, die Erstausgabe bzw. die Übersetzung und ihr Jahr werden in Klammern genannt.

Die für die Beurteilung maßgeblichen Faktoren der Autoreneinträge, der Bibliographien sowie der Beigaben und des Index seien kurz erläutert:

1. Autorenauswahl und Qualität der Artikel.

Da den einzelnen Autoren eine relativ große Breite zugestanden wird, ist die Auswahl im Rahmen eines einbändigen Lexikons am unteren Ende des mittleren Preissegments nicht ohne Probleme, aber vertretbar. Freilich werden Kompromisse nötig und Prioritäten gesetzt, die den Informations- und Nachschlagewert des Lexikons mindern. Weil eine repräsentative Darstellung der Klassiker, der ethnischen Literaturen wie auch der populären Literatur bis hin zum Kriminalroman und zur Science Fiction angestrebt wird, müssen naturgemäß Autoren entfallen, die unverzichtbar erscheinen. So sind, aus Platzgründen seien jeweils nur wenige signifikante Beispiele genannt, bei der älteren Literatur Samuel Sewall und John Smith, bei den Südstaatenautoren Erskine Caldwell, Ellen Gilchrist, Caroline Gordon und Peter Taylor, sowie bei den Afro-Amerikanern Alice Childress, Alain Locke und Margaret Walker nicht aufgenommen. Bei den asiatisch-amerikanischen Autoren bleiben beispielsweise Frank Chin oder Garrett Hongo, bei den Hispanos etwa Gloria Anzaldua, Nash Candelaria oder Denise Chavez, um nur Namen vom Beginn des Alphabets zu nennen, ausgeschlossen. Schließlich werden im Bereich der Lyrik des 20. Jahrhunderts unter anderen Vachel Lindsay, Kenneth Rexroth, Karl Shapiro, Richard Wilbur und Louis Zukofsky nicht berücksichtigt.

Die Artikel sind, wenn man auch über die in Einzelfällen getroffenen Akzentuierungen durchaus streiten kann, in ihren biographischen Daten, der Analyse und der Rezeption sowie zentralen Fragen der Fachdiskussion bis hin zur literaturgeschichtlichen Bewertung formal und sachlich korrekt und bieten in der Mehrzahl der Fälle eine recht gute Information und eine verläßliche Vielfalt an Wissen in der ausführlichen Beschreibung und Interpretation.

2. Bibliographische Angaben bei den Artikeln.

Die Artikel enden, je nach der Einschätzung der individuellen Verfasser, in einem Anhang, der nach Werkausgabe, also der Primärliteratur, und nach Literatur, also der Sekundärliteratur, untergliedert ist. In einer ganzen Reihe von Fällen wird allerdings unverständlicherweise auf die Angabe der Primärliteratur verzichtet - dies auch, wenn anerkannte Editionen vorliegen. Sofern Titel der Primärliteratur genannt sind - bei einer ganzen Reihe von Autoren erlaubt die editorische Situation freilich keine verläßliche Nennung -, bieten sie in den meisten Fällen einen bibliographisch zuverlässigen und zeitsparenden Einstieg, da anerkannte Gesamt-, Teil- und Einzelausgaben aufgeführt sind. Wünschenswert wären freilich auch Angaben über Archive und Nachlässe, eine einheitliche Handhabung bei der Nennung von Briefeditionen und nicht zuletzt die konsequente Angabe der meist exzellenten Ausgaben in den Norton critical editions und der Library of America. In einer Reihe von Einträgen wird leider, hierin liegt ein anderes Problem dieses Lexikons, der Leser irregeführt oder ungenügend informiert.[1]

Auch bei der Sekundärliteratur, die ebenfalls in der Mehrzahl der Fälle gut ausgewählt ist, allerdings manche Wünsche offenläßt, wäre die ordnende, koordinierende und ergänzende Hand der Herausgeber nötig gewesen, da das insgesamt recht positive Bild in einer Reihe von Einträgen massiv beeinträchtigt wird. Dies gilt etwa für Nathaniel Hawthorne, William Dean Howells, Langston Hughes, Harriet Beecher Stowe oder Henry David Thoreau.

3. Beigaben, Index, Verweisungen.

Die Beigaben entsprechen dem in solchen Werken Üblichen. Die im Anhang enthaltene Liste der Literaturgeschichten und Nachschlagewerke (S. 755 - 756) spart allerdings am falschen Platz, da sie zwar eine ordentliche Auswahl bringt, aber auch bei knappem Raum unentbehrliche Titel[2] nicht aufführt. Es wird zwar ein Verzeichnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (S. 757 - 760) angeboten, das den Hochschulort angibt und dazu die von den Beiträgern verfaßten Autorenartikel in alphabetischer Folge enthält, aber eine getrennte, selbständige Liste der Einträge wäre für den Leser wohl günstiger gewesen. Das zweispaltige, korrekte Personenregister (S. 761 - 766) hebt die Hauptstellen der Autoren durch kursive Seitenzahlen hervor. Es fehlt aber der in meinen Augen unerläßliche Index der in den Artikeln behandelten Primärwerke.

Im Text selbst, abgesehen bei den Autorennamen im Kopf der Artikel, und am Ende der Einträge fehlt jede Art von Verweisungen, so daß der Leser nicht im Kontext nachschlagen kann. Diese Defizite, die zwar bei der Erstellung eines Lexikons Kosten und Zeit sparen, sind jeoch für den Leser von Nachteil.

Zur Einschätzung des Lexikons, auch im Vergleich mit ähnlichen Werken, läßt sich zusammenfassend feststellen:

1. Trotz der Problematik der Autorenauswahl, der Mängel im Register, der fehlenden Verweisungen und der schwankenden Qualität der bibliographischen Angaben kann dieses preisgünstige und aktuelle Lexikon für allgemeine und philologische Lesesäle empfohlen werden. Für die (retrospektive) Titelauswahl, die Bestandskontrolle und Fortbildung im Fachreferat ist es durchaus nützlich, für den Signierdienst und rein bibliographische Zwecke allerdings nur begrenzt geeignet. In den Lesesälen reicht es als alleiniges Nachschlagewerk nicht aus, kann jedoch die üblicherweise vorhandenen Nachschlagewerke, wie etwa Alfred Hornungs vorzügliches Lexikon amerikanische Literatur, 1992, (IFB 93-1/2-061), den in seiner Konzeption revisionsbedürftigen Oxford companion to American literature, 1997, (IFB 97-1/2-149), Steven R. Serafins Encyclopedia of American literature, 1999, (IFB 00-1/4-184) oder Thomas Riggs' Reference guide to American literature, 2000 (4. Aufl.), partiell ergänzen.

2. Aufgrund der unterschiedlichen Konzeptionen ist das vorliegende Werk jedoch mit diesen anderen Lexika nur bedingt vergleichbar. Trotz der in der Regel gut gelungenen Darstellung und der größeren Tiefe der Beschreibung ist sein reiner Nachschlagewert in vielen Fällen deutlich geringer. Durch eine verbesserte Autorenauswahl und eine einheitliche, revidierte und erweiterte Verzeichnung der Primär- und Sekundärliteratur könnten die Vorzüge des Werkes, gegebenenfalls in einer zweibändigen Ausgabe, besser zur Geltung kommen.

Sebastian Köppl


[1]
Eine Berichtigung bzw. Ergänzung wäre beispielsweise zumindest bei folgenden Autoren dringlich:
Bei Charles B. Brown wären zumindest die Novels and related works in der Ausgabe Sydney J. Krauses, 1977 - 1982, nachzutragen.
Im Falle von Hart Crane ist zusätzlich zur alten Ausgabe Waldo Franks auch Brom Webers Edition der Complete poems and selected letters and prose, 1984, zu nennen.
Ergänzend zur textlich sehr umstrittenen University of Virginia edition of the works von Stephen Crane durch Fredson Bowers hätten beispielsweise die beiden Norton editions, nämlich Maggie, herausgegeben von Thomas A. Gullason, 1979, und The red badge of courage, herausgegeben von Donald Pizer, 1994 (3. Aufl.), genannt werden müssen.
Da bei Faulkner eine Gesamtausgabe fehlt, wären die Neuauflagen der Erstdrucke von Random House oder die neueren Ausgaben, unter anderem von James B. Meriwether, Carvel Collins und Joseph L. Blotner, aufzuführen.
Unter Benjamin Franklin fehlen dessen Writings, herausgegeben von Albert H. Smyth, 1907, bzw. im Nachdruck von 1970, sowie seine Autobiography, etwa in der Ausgabe J. A. Leo Lemays, 1986.
Bei James Russell Lowell vermißt man die alte Ausgabe der Poetical works, jetzt revidiert durch Marjorie R. Kaufman, 1978.
Eine Gesamtausgabe zu Cotton Mather liegt noch nicht vor und so wären die Hinweise auf Kenneth B. Murdocks Edition der Magnalia Christi Americana, 1976, und seine Selections, 1926 bzw. im Nachdruck von 1960, oder das Diary 1681 - 1724, herausgegeben von Worthington C. Ford, 1911 - 1912 bzw. 1957, für den Leser hilfreich gewesen. (zurück)
[2]
Wie William L. Andrews' modellhaften Oxford companion to African American literature, 1997, George Perkins' Benét's reader's encyclopedia of American literature, 1991, oder Lina Mainieros American women writers, 1979 - 1994. (zurück)

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