Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 9(2001) 1
[ Bestand in K10plus ]

A history of women's writing in Germany, Austria and


01-1-050
A history of women's writing in Germany, Austria and Switzerland / ed. by Jo Catling. - 1. publ. - Cambridge : Cambridge University Press, 2000. - XVII, 395 S. ; 23 cm. - ISBN 3-521-44482-9 (hb) : œ 42.00 - ISBN 3-521-65628-1 (pb) : œ 15.95
[5987]

Einen Exkurs über die literarische Produktion von Frauen im deutschen Sprachraum, und zwar vom Mittelalter bis zur Wiedervereinigung Deutschlands, ja bis zum heutigen Tag, will der von Jo Catling herausgegebene Band vermitteln. Die Schriftstellerinnen, die in Betracht gezogen werden, sind deswegen nicht unbedingt alle Frauen die auf Deutsch geschrieben haben oder schreiben, denn diejenigen aus den ältesten Epochen bedienten sich noch des Lateinischen, während die jüngsten Migrantinnen in manchen Fällen die eigene Muttersprache als Medium ihrer Kreativität beibehalten haben.

Das Buch will, wie die Herausgeberin in ihrer Einleitung hervorhebt, über die Erwartungen eines Publikums von Fachleuten hinausgehen und sucht die Aufmerksamkeit einer "wider readership interested in women's writing and gender studies". Eines der Ziele des Werkes ist die Hervorhebung der Unterschiede zwischen dem Los und der Qualität der Frauenliteratur im deutschen Sprachraum und in anderen Ländern, z.B. in England, wo schreibenden Frauen seit dem 18. Jahrhundert weniger Schwierigkeiten bereitet werden. Im allgemeinen werden Frauen eher für Prosa und Lyrik begabt gehalten; Theater dagegen ist für sie überall ein Tabu, noch bis über das Ende der "Moderne" hinaus.

Die Darstellung folgt dem chronologischen Ablauf in vier Abschnitten: I. Beginning to 1700, II. The eighteenth and nineteenth centuries, III. 'Coming of Age' - 1890-1945 und IV. Post-war, East and West. Jeder Teil enthält verschiedene Beiträge, die ausschließlich von - an Hochschulen oder freiberuflich wissenschaftlich tätigen - Frauen verfaßt sind, die zu Beginn jeweils in kurzen bio-bibliographischen Porträts präsentiert werden und sich alle der Hilfe eines männlichen Übersetzers bedienen: Anthony Vivis. Sehr wichtig ist der Herausgeberin nämlich eine möglichst lückenlose englische Version, auch aller erwähnten Titel sowie der Zitate in diesem Band, "aimed not just at Germanistinnen but at non-readers of German."

Der Plan, dem Publikum eine Geschichte der deutschen Frauenliteratur vorzulegen, stellt im Jahre 2000 nichts Neues mehr dar, und die Herausgeberin ist sich dessen durchaus bewußt; das Buch stellt sich in eine inzwischen etablierte Tradition zahlreicher feministischer Studien über das Sujet, die um die Resultate der sogenannten "gender studies" seit den achtziger Jahren ergänzt worden sind. Das Buch beansprucht für sich weder Originalität noch Vollständigkeit, es will vielmehr einfach dazu beitragen, die verschiedenen Hindernisse zu beleuchten, die bei Frauen das Schreiben gehemmt haben, da sie oft eine männliche Identität vorzutäuschen hatten, um sich öffentlich überhaupt ausdrücken zu dürfen (man denke an Karoline von Günderrode oder an George Sand), oder sich mit einer Rolle zweiten Ranges hinter männlichen Berühmtheiten zu begnügen hatten, wie z.B. Bettina von Brentano, die von ihrem Bruder Clemens und ihrem Mann Achim von Arnim ständig in den Schatten gedrängt wurde. Gerade auf die Suche nach solchen zu Unrecht verlorenen "Stimmen" geht das Buch, ein "work of reclamation and recovery", um sie neu zu bewerten und endlich laut werden zu lassen.

Fast ein Drittel des Bandes besteht aus dem bibliographischen Anhang; einer Select bibliography by subject und einer General bibliogaphy by chapter folgt der informationsreichste Teil des Appendix mit dem Titel Bibliographical guide to women writers and their work; hier sind die im Werk vorkommenden Schriftstellerinnen in alphabetischer Reihenfolge mit Geburts- und ggf. Todesort und -Datum aufgeführt mit Primär- und Sekundärliteratur (eventuell nur in Auswahl), dazu eine informative Liste der auf Englisch erschienenen Werke sowie die englischsprachige Sekundärliteratur.

Das Werk bietet - zum erstenmal in englischer Sprache - ein historisches Panorama der literarischen Produktion von schreibenden Frauen, die in den verschiedenen deutschsprachigen Gebieten tätig gewesen und nicht selten unterschätzt worden oder gar bis heute unbekannt geblieben sind.

Gabriella Rovagnati


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