Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 8(2000) 1/4
[ Bestand in K10plus ]

Gestalten des Eichsfeldes


00-1/4-417
Gestalten des Eichsfeldes : ein biographisches Lexikon / Bernhard Opfermann. Bearb. von Thomas T. Müller ... [Hrsg. von ... dem Verein für Eichsfeldische Heimatkunde]. - 2., erw. und bearb. Aufl. - Heiligenstadt : Cordier, Heiligenstadt. - 1999. - ISBN 3-929413-37-X : DM 74.80
[5914]

Das Eichsfeld als historische Landschaft am nordwestlichen Rand des Thüringer Beckens östlich von Göttingen mit seinen beiden Teilen Oberes (im Süden) und Unteres Eichsfeld (im Norden), das durch deren unterschiedliche Geschichte heute teils zu Thüringen, teils zu Niedersachsen gehört, ist kulturell nicht zuletzt durch seine jahrhundertelange Zugehörigkeit zum Erzbistum Mainz katholisch geprägt, nachdem der protestantisch gewordene Gau am Ende des 16. Jahrhunderts rekatholisiert worden war. Diese Prägung hat ihre natürlichen Spuren auch im vorliegenden kurzbiographischen Lexikon hinterlassen, sind doch von den auf dem Umschlag abgebildeten Personen nicht weniger als sechs allein schon auf Grund ihres Habits dem geistlichen Stand zuzuordnen, ein Eindruck, der sich beim Blättern im Band mit seinen zahlreichen Abbildungen noch verstärkt. Dazu mag auch beitragen, daß Bernhard Opfermann (1913 - 1995), der Begründer des zuerst 1968 erschienenen und mit dem Titelzusatz Religiöse Lebensbilder versehenen Werkes, Geistlicher Rat war und seine sonstigen zahlreichen Publikationen sich ausschließlich mit der Kirchengeschichte des Eichsfelds befassen.

Die jetzt vorgelegte wesentlich erweiterte und unter Beteiligung zahlreicher Mitarbeiter auf 2270 Biographien vermehrte zweite Auflage wahrt pietätvoll den ursprünglichen Text, wobei Einfügungen etc. besonders markiert und die Anteile der Bearbeiter durch Namenskürzel identifizierbar sind. Wie in derartigen retrospektiven biographischen Lexika üblich, sind verstorbene Personen (die wenigen noch lebenden sind als Ausnahmen, die auf den Begründer zurückgehen, beibehalten worden) aller Lebensbereiche berücksichtigt, die auf dem Eichsfeld geboren wurden und dort oder anderwärts[1] gewirkt haben sowie Zugewanderte, die hier Spuren hinterlassen haben.[2] Selbst Abkömmlinge von Personen, die auf dem Eichsfeld geboren wurden, jedoch selbst nichts mit der Region zu tun haben, wurden aufgenommen: so Alexander Ernemann, in Dresden geboren und in Stuttgart gestorben, bekannt als Gründer der Zeiß-Ikon AG, weil sein Vater in Gernrode geboren wurde. Die Artikel sind sehr unterschiedlich lang, überschreiten aber nur ausnahmsweise die Länge von zwei (höchstens drei) Spalten. Charakteristisch ist der hohe Anteil an ganz kurzen Erwähnungen, die nur aus Namen, Lebensdaten, Wirkungsort, Beruf und Quelle bestehen, was damit zu erklären ist, daß auch Werke prosopographischen Charakters ausgewertet wurden. Erfreulich - und bei derartigen Werken leider nicht selbstverständlich - ist die Zitierung von Quellen und / oder weiterführender Literatur bei jedem Artikel bzw. der häufige Hinweis Private Mitteilung; anzumerken ist freilich, daß erstere sich überwiegend auf Beiträge in heimatkundlichen Zeitschriften beziehen, an denen das Eichsfeld besonders reich ist.[3] Zielgruppe sind Heimatfreunde ebenso wie Heimatforscher und so erklären sich auch Formulierungen wie die folgende (am Schluß des Artikels über den in Heiligenstadt um 1460 geborenen Tilman Riemenschneider): "Wir können stolz darauf sein, daß das Eichsfeld seine Heimat ist" (S. 286 - 287). Auch wenn man sich über Riemenschneider sicherlich an anderer Stelle kompetenter und ausführlicher informieren kann, sollte für die zahlreichen Personen minderer Bedeutung dieses Werk in allen Bibliotheken mit größeren Informationsapparaten Platz finden.

Klaus Schreiber


[1]
Etwa Bernhard Quaritsch, Gründer des berühmten Londoner Antiquariats oder Julius Hackethal, über dessen Attacken auf die Schulmedizin zwar berichtet wird, nicht dagegen über seine Prozesse, also genauso wie im Artikel in der DBE oder in der Erlanger Universitätsbiographie; s.o. IFB 00-1/4-306. (zurück)
[2]
Und sei es Goethe mit obligatorischem Artikel, der wegen seiner drei Reisen aufs Eichsfeld berücksichtigt wird; sein Gedicht Zueignung ist mit "Dingelstädt, Sonntag, den 8. August 1784 ..." datiert. - Über Athanasius Kircher erfahren wir außer den Lebensdaten nur: "Jesuit, 1624 als Lehrer am Kolleg zu Heiligenstadt tätig, berühmter Gelehrter und Erfinder"; dazu zahlreiche Literaturangaben. (zurück)
[3]
Aus der Abkürzungsliste auf S. 400: Eichsfelder Heimatborn, E. Heimatbote, E. Heimatglocken, E. Heimathefte, E. Heimatstimmen, ... E. Marienkalender ... (zurück)

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