Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 8(2000) 1/4
[ Bestand in K10plus ]

Encyclopedia of contemporary German culture


00-1/4-394
Encyclopedia of contemporary German culture / ed. by John Sandford. - 1. publ. - London ; New York : Routledge, 1999. - XXX, 696 S. ; 26 cm. - ISBN 0-415-12448-4 : œ 85.00
[5983]

Der Band gehört zu einer Reihe gleichförmig aufgemachter Lexika über die zeitgenössische Kultur in einzelnen Ländern, von denen bisher Bände für Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien erschienen sind.[1] Beim Blättern im Lexikon merkt man rasch - und wird darin sowohl durch die Einleitung als auch durch die thematische Übersicht über die Artikel bestätigt -, daß nicht nur Deutschland behandelt wird, sondern auch Österreich und die Schweiz, dazu besonders breit auch die ehemalige DDR. Die behandelte Epoche beginnt zwar mit der Zäsur 1945, doch liegt der Schwerpunkt etwa bei den letzten drei Jahrzehnten. Der Begriff culture ist weit gefaßt und begreift Hochwie Popularkultur ein, was man an der bereits erwähnten nützlichen thematischen Übersicht ablesen kann. Im Grunde sind es die Bereiche, die man im Feuilleton einer guten Tageszeitung behandelt findet. Die Wirtschaft ist nur mit wenigen Artikeln vertreten, Naturwissenschaften, Technik und Medizin gar nicht. Auch ist die entsprechende Rubrik nicht politics überschrieben, sondern political life (unterteilt nach Bundesrepublik und DDR). An der Zahl der Artikel je Rubrik lassen sich die thematischen Schwerpunkte leicht feststellen: architecture (55), film (104), mass media and publishing (92), music (95), performing arts (65), political life (109), visual arts (62) und - in Spitzenposition - writers (256, wozu noch 52 Artikel unter literature kommen). Die mit den Namen der 161 aus den USA und Großbritannien stammenden Mitarbeiter gezeichneten ca. 1100 Artikel reichen nach dem Umfang von wenigen Zeilen bis zu mehreren Spalten. In erstere Kategorie fallen die meisten Artikel für Personen, unter denen die Autoren (s.o.) den allergrößten Anteil haben; Kurzartikel bekommen auch Politiker: Haider, Kohl, Stoph, Ulbricht; daß ausgerechnet F. J. Strauß[2] fehlt, ist unverständlich; Heidi Kabel hat einen Artikel, W. Millowitsch nicht. Interessanter ist jedoch die Auswahl der Sachartikel, unter denen zahlreiche "Schlüssel-"Begriffe in ihrer deutschsprachigen Form begegnen: Abitur, Abwicklung, Fastnacht, Grüner Punkt, Gruftis, Heimat, Historikerstreit, Karneval, Liedermacher, Ossi/Wessi, Trümmerfrauen, Verbindungen, Vergangenheitsbewältigung, Waldsterben; auch Beate Uhse könnte man dazurechnen. Unter der Rubrik Food and drink finden wir: banana (ein Kurzartikel über den "icon of the East German revolution of 1989"); lange Artikel haben: beer, food und wine, alle drei mit Literaturangaben. Solche werden überwiegend nur den längeren Artikeln zuteil und enthalten neben englischsprachigen Titeln zahlreiche deutschsprachige. Diese bei der sonstigen Enthaltsamkeit anglo-amerikanischer Nachschlagewerke in Bezug auf Nicht-Englischsprachiges[3] erfreuliche Weitung des Lektüreangebots erklärt sich aus der Zielgruppe dieses Lexikons, nämlich Lehrer/Professoren und Schüler/Studenten im Fach German studies (mit einem langen Artikel vertreten). Diesen werden aktuelle, insgesamt zutreffende[4] Informationen frei von Ressentiments geboten. Deutsche Bibliotheken werden den Band - der das weiter oben (IFB 00-1/4-391) besprochene Lexikon Modern Germany gut ergänzt - im Gegensatz zu dem gerade genannten Lexikon wohl kaum in den Informationsapparat stellen, ihn aber als Zeugnis für die Sicht anderer auf die deutsche Kultur der jüngeren Vergangenheit gleichwohl erwerben.

Klaus Schreiber


[1]
Encyclopedia of contemporary French culture (1998), s.u. IFB 00-1/4-421. - Encyclopedia of contemporary Italian culture (2000), s.u. IFB 00-1/4-425. (zurück)
[2] Er ist nur mit vier Hinweisen im Register auf andere Artikel vertreten. (zurück)
[3] Daß die Orthographie bei deutschen Begriffen und Titeln stimmt, daß Umlaute nicht nur richtig wiedergegeben sind, sondern dazu richtig ordnen und daß es sogar ein ß gibt, sei anerkennend vermerkt. (zurück)
[4]
Unter Stiftung Museen Preußischer Kulturbesitz werden in der Tat nur die Museen behandelt (und so heißt auch die Eintragung in der thematischen Übersicht), doch ist trotzdem wohl die Stiftung Preußischer Kulturbesitz gemeint, da so die Verweisung im Artikel libaries lautet. Dieser Artikel ist ein Beispiel sowohl dafür, daß die Darstellung zuweilen weit in die Geschichte zurückgreift als auch für einen weniger gelungenen Artikel: weder wird die Zweiteilung des deutschen Bibliothekswesens in öffentliches und wissenschaftliches thematisiert noch wird der Leser begreifen, was denn etwa die Landes-Bibliotheken für ein Bibliothekstyp sind. (zurück)

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