Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 8(2000) 1/4
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Bibliographica iuridica


00-1/4-342
Bibliographica iuridica / comp. by Douglas J. Osler. - Frankfurt am Main : Klostermann. - 25 cm. - (Ius commune : Sonderhefte ; ...)
[5886]
Catalogue of books printed on the continent of Europe from the beginning of printing to 1600 in the library of the Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am Main. - 2000. - XXIX, 652 S. - (... ; 130). - ISBN 3-465-02746-9 : DM 198.00, DM 178.20 (Reihenpr.)
Catalogue of printed books in Spain, Portugal and the Southern and Northern Netherlands from the beginning of printing to 1800 in the library of the Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am Main. - 2000. - XLI 597 S. - (... ; 131). - ISBN 3-465-02747-7 : DM 198.00, DM 178.20 (Reihenpr.)

Die beiden ersten Bände der neuen Unterreihe der Sonderhefte von Ius commune, die zusammen mit dem noch ausstehenden Bd. 3 bereits im Winter 1998 erscheinen sollten, aber erst Anfang März 2000 bei den Abonnenten eingingen, hinterlassen einen zwiespältigen Eindruck. Das beginnt bereits mit dem wenig aussagekräftigen Titel Bibliographica iuridica, der zudem nur dann durchgehen kann, wenn man den Katalogen bibliographische Funktion zubilligt, denn um solche und nicht um Bibliographien handelt es sich bei den beiden ersten Bänden, die die einschlägigen Altdrucke des Frankfurter MPI verzeichnen. Bei dem weiterhin angekündigten Bd. 3 wird es sich - auf Grund der jetzt vorliegenden Informationen - um einen Gesamtkatalog handeln (dazu unten). Erst wenn eines Tages der von Osler vorbereitete Census alter juristischer Drucke als Datenbankversion vorliegt, aus der die bisherigen Kataloge einen Auszug darstellen, wird diese wirklich die Funktion einer Bibliographie übernehmen können.

Dem 1964 gegründeten MPI ist es gelungen, mit beträchtlichem Mitteleinsatz in drei Jahrzehnten eine bedeutende Sammlung alter juristischer Drucke aufzubauen, die nach und nach durch weitere Titel in Ersatzformen, insbesondere auf Mikrofiche, ergänzt wurden.[1] Diese Bestände werden für die genannten Berichtszeiten und Herkunftsländer in den beiden Bänden verzeichnet, allerdings mit zwei wesentlichen Ausnahmen: berücksichtigt werden nur die Originale, nicht die Ersatzmedien und ferner wird der große Bestand an alten Dissertationen - von Ausnahmen abgesehen - von der Verzeichnung ausgeschlossen, mit der einleuchtenden Begründung, daß er Objekt eines eigenen Projekts ist, in dessen Rahmen diese Titel bereits nachgewiesen wurden.[2]

Bd. 1 verzeichnet in zwei chronologischen Schichten 121 Drucke von der Inkunabelzeit bis 1525 (ganz überwiegend jedoch Postinkunabeln) und 2257 Drucke der Erscheinungsjahre 1526 - 1600, zusammen also 2378 Nummern. Innerhalb sind die Werke nach Verfasser, Urheber bzw. Sachtitel geordnet. Die Titelbeschreibungen sind ausführlich, die z.T. sehr langen Titel sind behutsam gekürzt. Der Umfangsangabe (nur die Drucke der ersten Abteilung haben einen Kollationsvermerk) geht die Angabe des bibliographischen Formats voran. Auf gelegentliche Annotationen folgen mit Siglen zitierte Fundstellen in einschlägigen Bibliographien und Katalogen. Den Abschluß bildet die Signatur. Die Register - getrennt für die beiden Abteilungen - beschränken sich auf die Drucker, die im Ortsalphabet mit chronologischer Aufführung ihrer Drucke und laufender Nummer verzeichnet sind. Eine bei einem Fachkatalog zu fordernde Sacherschließung fehlt.

Bd. 2 entspricht, was die Verzeichnung und die Register betrifft, genau dem für Bd. 1 Ausgeführten; die Berichtszeit endet erst 1800 und die Einteilung erfolgt nach Ländern (in Klammern deren Anteil an den insgesamt 2204 Nummern, wodurch die Schwerpunkte der Sammlung ins Auge springen): Spanien (382), Portugal (221), Südliche Niederlande (391), Luxemburg (39), Nördliche Niederlande (1171). Überschneidungen bei den bis 1600 erschienenen Drucken mit Bd. 1 hat der Verfasser in Kauf genommen.

Die langen Einleitungen kommentieren u.a. die vom Verfasser gewählte abweichende Epochenbildung, dienen aber primär der Auseinandersetzung mit allen möglichen Gegnern, so den Verfechtern der Fingerprint-Methode,[3] den Anmaßungen der Europäischen Union,[4] vor allem der seit dem 19. Jahrhundert tradierten "Weltanschauung" der (deutschen) Rechtsgeschichte: dieser stellt er sein "wider project ... based upon a conception of a modern European legal history which rejects the image of a translatio studii from Italy to France to the Netherlands to Germany as an outdated, nationalistic and culturally supremacis creed" (Bd. 2, S. XXIII) entgegen und betont die bereits im 16. Jahrhundert einsetzende Ausbildung nationaler Rechtssysteme, was sich in der entsprechenden Rechtsliteratur spiegelt (Bd. 2, S. XIII - XIV). Daß derartige Erkenntnisse nicht zuletzt eine breite und solide bibliographische Kontrolle der alten Fachliteratur voraussetzt, die früher nicht oder nur unzureichend gegeben war,[5] leuchtet ein und insofern sind auch diese beiden Bände als Bausteine dazu willkommen.

Der bibliographischen Aufarbeitung unter Einbeziehung der Bestände mehrerer Bibliotheken, allen voran natürlich der neapolitanischen Nationalbibliothek eines dieser nationalen Rechtssysteme - dem des Königreichs beider Sizilien - soll mit Bd. 3 erfolgen, über dessen auch nur annähernden Erscheinungstermin der Verlag Anfang März 2000 allerdings keine Auskunft geben konnte.

Klaus Schreiber


[1]
Eine Übersicht über Geschichte und Bestände findet man im Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. - Bd. 5 (1992), S. 211 - 216. (zurück)
[2]
Katalog der Sammlung Lehnemann : juristische Schriften des 16. - 18. Jahrhunderts / hrsg. von Ulrich Dingler und Karl Härter. Unter Mitarb. von Rolf Gehbauer und einer Arbeitsgruppe des Max-Planck-Instituts für Europäische Rechtsgeschichte. - Frankfurt am Main, 1994. - Teil 1 - 2 ; 30 cm. - DM 428.00. - (Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte, Postfach 930227, 60457 Frankfurt) [2698]. - Rez.: IFB 95-2-264. - Vgl. auch den folgenden Beitrag: Juristische Dissertationen im frühneuzeitlichen Alten Reich : ein Projektbericht zur Erschließung der Sammlung Lehnemann und zur Erstellung eines bio-bibliographischen Repertoriums / von Karl Härter und Ulrich Dingler. // In: IFB 95-3-488 [3017]. (zurück)
[3]
"... the so-called 'fingerprint', the dangerously misleading contraption which mars some recent bibliographical publications" (Bd. 1, S. IX). (zurück)
[4]
"Since all these nations and regions are already, or are bound in the not too distant future to become, a part of the political entity of the European Union, we may note in passing the shameless cultural imperialism implicit in the contemporary vogue for constructing a so-called 'European' private law from the writings of (what else?) the Roman-Dutch school" (Bd. 2, S. XXII - XXIII). (zurück)
[5]
So bekommt auch Altmeister Coing sein Fett ab: "... Band II.1 of Coing's Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte published in 1977 may best be discarded as a lamentable corpus errorum ..." (Bd. 2, S. XXIV). (zurück)

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