Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 8(2000) 1/4
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Atlas der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen und


00-1/4-237
Atlas der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen und Dorfkirchen / von Hermann Fabini. - Hermannstadt : Monumenta-Verlag ; Heidelberg : Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde. - 31 cm
[4892]
Bd. 1. [Text]. - 2., überarb. Aufl. - 1999. - XXXII, 870 S. : Ill., graph. Darst., Kt. + Kt.-Beil. (1 Bl.). - ISBN 973-97644-5-2 (Monumenta-Verl.) - ISBN 3-929848-16-3 (Arbeitskreis) : DM 135.00
Bd. 2. [Bildband]. - 1999. - VIII, 392 S. : überw. Ill. - ISBN 973-98825-0-1 (Monumente-Verl.) - ISBN 3-929848-15-5 (Arbeitskreis) : DM 135.00

Seit Jahren engagiert sich der Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde Heidelberg auch auf dem Gebiet der Denkmalinventarisation. Nachdem 1995 das ambitionierte Projekt einer an den Kriterien der Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland orientierten umfassenden Denkmaltopographie Siebenbürgen mit einem ersten Band für den Kreis Kronstadt vorgestellt wurde,[1] konnte nun 1998/1999 mit seiner Unterstützung der von Hermann Fabini erarbeitete Atlas der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen und Dorfkirchen publiziert werden. Allerdings ist diese Dokumentation nicht Teil des genannten Projekts Denkmaltopographie Siebenbürgen im engeren Sinne und somit auch nicht eingegliedert in dessen Editionsplan, sondern folgt eigenen Verzeichnungskriterien. Grundlage bildet hier die sich über Jahrzehnte als Restaurator und Baubeauftragter in wechselnden kirchlichen und staatlichen Ämtern erstreckende Beschäftigung des Autors mit der Geschichte der Kirchenburgen Siebenbürgens, deren Ergebnisse er erstmals 1985 veröffentlichte und so einem größeren Publikum bekannt machte.[2] Dieser seitdem mehrfach publizierte Überblick ist auch durch die jetzt vorgelegte zweibändige Publikation nicht überholt; wer sich schnell über den historischen Hintergrund und die bautypologische Entwicklung der Kirchenburg informieren will, findet hier nach wie vor die vergleichsweise substantiellere Information. Doch wo die Überblicksdarstellung nur exemplarisch einzelne herausragende Bauwerke berücksichtigen konnte, bietet nun der Atlas die bisher umfangreichste Übersicht zum Gesamtbestand an Kirchenburgen in Siebenbürgen. Da mag es sich verschmerzen lassen, daß die dem eigentlichen Atlas vorangestellten einführenden Kapitel zur Typologie der siebenbürgisch-sächsischen Kirchen, zur Orientierung der Kirchen und zur Entwicklung der Kirchenburgen und ihrer Verteidigungsanlagen nicht unbedingt wissenschaftlichen Erfordernissen genügen (und wohl auch nicht genügen wollen), somit nicht in jedem Aspekt den aktuellen Stand der Forschung reflektieren, vor allem aber noch stärker vereinfachend ausfallen als die ältere Überblicksdarstellung. Der Akzent - und damit der Wert - der hier vorgestellten Publikation liegt wie gesagt in einer ersten Präsentation des Gesamtbestands an Kirchenburgen und in der zum Nachschlagen geeigneten Anlage der Einzeleinträge und hat somit vor allem eine quantitativ-praktische Dimension.

Der Atlas gliedert sich in einen Textteil (Bd. 1) und einen Bildteil (Bd. 2). Beide ordnen die Einträge nach dem Alphabet der deutschsprachigen Ortsnamen, die rumänische (gegebenenfalls auch die ungarische) Namensform wird dann beim jeweiligen Eintrag ergänzt; zudem sind alle Namensformen im Register der Ortsnamen in Bd. 2 berücksichtigt. Anders aber als in der übrigens auch im Text durchgängig zweisprachigen Denkmaltopographie Siebenbürgen findet die Zugehörigkeit zu heutigen Verwaltungseinheiten und Gemeinden keinen Ausdruck im Ordnungsprinzip. Im einzelnen bringen die Texteinträge in Bd. 1 Kartenmaterial zur Ortslage und Ortsstruktur, Informationen zur Ortsgeschichte, zur Geschichte der Kirchenburg (ergänzt durch Grundrisse, isometrische Zeichnungen und einzelne Abbildungen), eine Beschreibung von Kirche und Kirchenburg mit Hinweisen auf die Ausstattung, schließlich ausgewählte weiterführende Literatur- und Quellenangaben. Weiteres umfangreiches farbiges, wenn auch meist sehr kleinformatiges Abbildungsmaterial zu den einzelnen Denkmälern wird dann nur noch mit knappster Legende versehen und separat in Bd. 2 präsentiert. Zusätzlich zur parallelen Ordnung auch des Bildmaterials im Ortsalphabet werden Texteintrag und entsprechender Bildteil noch über eine gleichlaufende Numerierung mit einander verknüpft und sind somit schnell und leicht zuzuordnen. Der Bildteil bietet das Abbildungsmaterial zu den Kirchenburgen in der für Inventare üblichen Feinordnung: Gesamtansicht bzw. Lagephoto, verschiedene Außenansichten und Details des Außenbaus, schließlich Innenansichten und Aufnahmen von herausragenden Ausstattungsstücken. Leider fehlt den Ansichten in der Regel eine genaue Datierung. Aus dem Nachwort läßt sich zwar ein terminus post quem für die Mehrheit der Aufnahmen erschließen, ist dort doch nachzulesen, daß erst ab Ende der siebziger Jahre die technischen Voraussetzungen für die photographische Erfassung bestanden, ab 1987 schließlich die systematische Photodokumentation erfolgte. Dennoch wären präzisere Datierungen der Aufnahmen ebenso wie - von Fall zu Fall - die Wahl größerer Abbildungsformate schon deshalb von besonderem Interesse gewesen, weil bereits die Texteinträge bestimmte Informationen zu den einzelnen Denkmälern fast vollständig ausklammern: So gibt es beispielsweise nur selten Hinweise zum baulichen Zustand des Denkmals, kaum zu Restaurierungen und substantiellen Veränderungen der letzten Jahre usw. Bessere Bildinformationen hätten hier zumindest kompensatorisch gelesen werden können. So aber bleibt es bei ersten und hinsichtlich der Bauzustände eher pauschalen Eindrücken. Mit diesen Hinweisen sei zugleich exemplarisch illustriert, wo für manche spezialisiertere Fragestellungen und Informationsbedürfnisse die Grenzen des Atlas erreicht werden.

Dennoch: Dem Atlas wird als Nachschlagewerk zum Gesamtbestand an Kirchenburgen trotz einiger Einschränkungen auch längerfristig besondere Bedeutung zukommen, umso mehr als die Denkmaltopographie Siebenbürgen nur sehr schleppend voranschreitet.[3] Sicher, die Erfassungsgrundsätze der Denkmaltopographie sind nicht nur qualitativ andere, sondern auch denkmaltypologisch, beschränkt sie die Verzeichnung doch nicht allein auf die Kirchenburgen, sondern berücksichtigt vielmehr umfassend ganze Ortsanlagen und Siedlungen mit ihren einzelnen Gehöften und Wohnbauten etc. Aber wie bei vielen exhaustiv angelegten Projekten ist auch hier die Gefahr des Scheiterns besonders nahe. Zum jetzigen Zeitpunkt wird man daher für den Denkmälerbestand Siebenbürgens den einzigen bisher vorliegenden Band der Denkmaltopographie eher als exemplarischen Einblick in Ortsstrukturen und traditionelle Bauformen des Landes sehen denn als Teil eines bald geschlossenen Gesamtinventars. Den Atlas der Kirchenburgen kann man dagegen schon jetzt als umfassendes Nachschlagewerk für diesen wichtigsten Denkmaltyp Siebenbürgens mit Gewinn konsultieren, auch wenn er nicht in jedem Detail die Erwartungen an eine wissenschaftliche Verzeichnung erfüllt. Gerade vor dem Hintergrund einschneidender Veränderungen in den letzten Jahrzehnten in dieser Kulturregion ist die Entscheidung zugunsten einer dokumentarischen Beschränkung auf ihren herausragenden und prägenden Denkmaltyp und zugunsten einer schnellen Publikation des gesamten Materials sinnvoll. Seine Nutzung wird der Atlas denn auch nicht nur in (kunst-)geschichtlich-wissenschaftlich motivierten Kreisen finden, sondern in besonderem Maße sicher auch bei einer der Region und der Kultur Siebenbürgens persönlich verbundenen Leserschaft. So ist der Atlas denn auch mehr als nur ein Kompendium zu einem besonderen Bautyp; er ist exemplarisches Dokument einer endenden Kultur. Und schließlich ist er auch in nicht unerheblichem Maße persönliches Monument, Zeugnis des Lebenswerks des Autors und seiner Familie.

Angela Karasch


[1]
Denkmaltopographie Siebenbürgen. 3. Kreis Kronstadt = Topografia monumentelor di Transilvania. - Thaur bei Innsbruck : Wort-und-Welt-Verlag [u.a.]. - 30 cm. - (Kulturdenkmäler Siebenbürgens ; ...) [3387]. - 3. Großschenk, Tarteln, Stein, Seiburg, Leblang, Bekokten, Felmern, Rohrbach, Seligstadt, Scharosch / bearb. von Gheorghe Andron ... Hrsg. von Christoph Machat. - 1995. - 365 S. : Ill. ; 30 cm. - (... ; 4). - ISBN 3-85373-189-9 : Preis nicht mitgeteilt. - Rez.: IFB 97-3/4-359.
Zum Konzept der Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland vgl. die Ausführungen in IFB 95-3-403. (zurück)
[2]
Kirchenburgen in Siebenbürgen : Abbild und Selbstdarstellung siebenbürgisch-sächsischer Dorfgemeinschaften / Hermann und Alida Fabini. Mit Aufnahmen von Karin Wieckhorst. - 1. Aufl. - Leipzig : Koehler & Amelung, 1985. - 242 S. : Ill., Kt. (zurück)
[3]
Genau genommen schreitet sie bis jetzt noch gar nicht voran; seit dem Band 3.3 zu Denkmälern im Kreis Kronstadt von 1995 ist bis Frühjahr 2000 nichts mehr erschienen. (zurück)

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