Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 8(2000) 1/4
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Weimarer Nietzsche-Bibliographie


00-1/4-128
Weimarer Nietzsche-Bibliographie : (WNB) / Stiftung Weimarer Klassik, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek. Bearb. von Susanne Jung ... - Stuttgart ; Weimar : Metzler. - 24 cm. - (Personalbibliographien zur neueren deutschen Literatur ; 4). - ISBN 3-476-01651-X (Gesamtwerk)
[6141]
Bd. 1. Primärliteratur 1867 - 1998. - 2000. - XVI, 517 S. - ISBN 3-476-01646-3 : DM 268.00

Daß sich Klassikerausgaben mit Hilfe des einleitenden Ortsnamens voneinander unterscheiden, ist praktischer Usus. Bei Bibliographien, wenn sie sowieso keine Konkurrenz haben, wie die vorliegende, ist es eigentlich unnötig, es sei denn, man wolle dadurch einen Hinweis auf die bearbeitende Institution geben. So ist es im vorliegenden Fall, verfügen doch zwei zur Stiftung Weimarer Klassik gehörende Institutionen - das Goethe- und Schiller-Archiv, das "Nietzsches Manuskripte und Briefe sowie die Unterlagen des Nietzsche-Archivs" (S. VI) verwahrt sowie die Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek für die Drucke - über einen einmaligen handschriftlichen Fundus bzw. einen breiten Bestand an gedrucktem Material von und über Nietzsche. Letzteres umfaßt den privaten Büchernachlaß des Philosophen sowie die Bibliothek des ehemaligen Nietzsche-Archivs; dazu kommen die Eigenbestände der Bibliothek, die nach der Wiedervereinigung konsequent ausgebaut werden konnten. Die Drucke sollen in der auf fünf Bände berechneten Weimarer Nietzsche-Bibliographie (WNB) für die Erscheinungsjahre 1867 (in dem die erste Publikation Nietzsches erschien) bis 1998 verzeichnet werden. Die 'krumme' Berichtszeit von 112 Jahren erklärt sich wohl allein daraus, daß man rechtzeitig zum Nietzsche-Jubiläum 2000 wenigstens den ersten Band der WNB vorlegen wollte. Die restlichen Bände sind für 2001 angekündigt, und man kann auch davon ausgehen, daß dieses Versprechen eingelöst wird, zumal die von der DFG geförderte Arbeitsgruppe im Sommer 2001 aufgelöst werden soll. Auch die Tatsache, daß diese Arbeitsgruppe, die nach Vorarbeiten mit Einsetzen der DFG-Förderung ab Herbst 1995 in dieser relativ kurzen Zeit eine kapitale Personalbibliographie vorgelegt hat, läßt den Abschluß im Jahr 2001 erwarten. Das Ergebnis dieser gewaltigen Leistung war nur in Anbetracht der guten Materialbasis, der effizienten Planung und der relativ günstigen Personalausstattung zu erzielen, wäre aber wahrscheinlich trotz dieser guten Voraussetzungen ohne die jahrzehntelange bibliographische Tradition der Weimarer Bibliothek nicht zu so raschem Erfolg gekommen. Insofern ist das den Titel einleitende Weimarer ... nicht bloß berechtigt, sondern zugleich ein Markenzeichen.[1]

Der erste Band der WNB enthält (aus dem Vorwort, S. VIII resümiert) mit dem Streben nach Vollständigkeit 1. alle zu Lebzeiten Nietzsches erschienenen Drucke, die postumen Werke, Drucke seiner musikalischen Werke (Noten), einschließlich Ausgaben in Blindenschrift sowie auf Tonträgern und Datenträgern (letztere fehlen in der genannten Aufführung), dazu (in Annotationen) Fundstellen von Rezensionen der Primärliteratur; 2. Übersetzungen seiner Werke in 42 Sprachen. Die Titelaufnahmen erfolgen nach ISBD "und in Anlehnung an die RAK-WB" (S. IX).

Der Teil für die deutschsprachigen Ausgaben gliedert sich in die Abschnitte 1. Werksammlungen, 2. Einzelschriften, 3. Musikalisches Werk, 4. Briefe, Briefwechsel, 5. Werke auf Datenträgern und Tonträgern, alle jeweils weiter nach Bedarf untergliedert. Abschnitt 1 ist am umfangreichsten, insbesondere wegen des Unterabschnitts Gesamtausgaben und größere Auswahlausgaben, die chronologisch mit dem Bandinhalt (ohne Seitenangaben) aufgeführt sind. Es sind trotz der dafür benötigten rund 50 Seiten nur 18 Nummern, da weitere Ausgaben, Lizenzausgaben etc. unter der "Mutterausgabe" mit Dass. subsumiert sind. Die Numerierung erscheint im Gegensatz zum Erscheinungsjahr, das als Ordnungskriterium am Rand ausgeworfen ist, textbündig auf eigener Zeile und hätte der besseren Übersichtlichkeit halber fett gesetzt werden sollen. Auch hätte man sich gewünscht, wenn die weiteren Ausgaben mit Hilfe von Anhängebuchstaben in die Numerierung einbezogen worden wären, ja selbst der Einschluß der einzelnen Bände von Werkausgaben und von Nachdrucken solcher Bände in eine geeignete Form der Subnumerierung wäre denkbar und nützlich gewesen, nicht zuletzt für Zwecke des Antiquariatshandels, der dann in Anbetracht der Kompliziertheit der Materie in seinen Katalogen zur genauen Identifizierung eines Druckes eine eindeutige "WNB-Nr." zitieren könnte. Auch für den bequemen Nachweis im Register (s.u.) wäre eine feinere Numerierung nützlich. Ansonsten erschließt sich dem genau Lesenden die Kompliziertheit der Publikationsgeschichte von Nietzsches Werken bestens, da nicht nur Querverweisungen innerhalb dieses Abschnittes vorgenommen wurden, sondern solche ggf. auch auf Einzelausgaben im zweiten Abschnitt bzw. auf den Teil mit den Übersetzungen vorhanden sind. Lobenswert ist auch das Bestreben, bei den häufig aufgelegten Werken die Abfolge der unveränderten Auflagen zu registrieren, z.T. mit korrigierenden Anmerkungen zu anderen Bibliographien. Hier finden sich auch immer wieder Bände, die mit einem Asteriskus als nicht nach Autopsie verzeichnet markiert sind: wie gut, daß die Berichtszeit der WNB noch fast zur Gänze in die Zeit fällt, bevor Die Deutsche Bibliothek den unseligen Entschluß faßte, unveränderte Auflagen nicht mehr anzuzeigen. Insgesamt umfaßt der erste Teil mit den deutschsprachigen Ausgaben die S. 3 - 176 und enthält 488 Nummern.

Der Teil für die Übersetzungen (S. 176 - 481) enthält mit 1595 Nummern (489 - 2083) über dreimal so viele Titel. Er ist im Alphabet der 42 Sprachen geordnet und innerhalb in Anlehnung an Teil 1 gegliedert, wobei die Gliederung einschließlich der alphabetisch geordneten Werktitel am Seitenrand ausgeworfen ist. Hier ist die Zahl der mit Asteriskus (als Zeichen fehlender Autopsie) markierten Titel wesentlich größer, wobei die Übersetzungen in einige orientalische Sprachen (insbesondere ins Chinesische, Japanische und Koreanische) nicht einmal entsprechend markiert sind, da sie allesamt von Informanten in diesen Ländern gemeldet wurden. Zur Überprüfung der "Vollständigkeit", die lt. Vorwort (S. VIII) nur "als regulative Idee" besteht (was immer das genau zu bedeuten hat), wurden vom Rez. einige wenige Stichproben vorgenommen, die der WNB ein insgesamt sehr gutes Zeugnis ausstellen. Dabei ergaben sich bei Übersetzungen in weniger gängige Sprachen (Bulgarisch,[2] Kroatisch, Serbisch, Sprachen Indiens, Türkisch[3]) keine Lücken und die WNB war sogar vollständiger als die vom Rez. benutzten Übersetzungsbibliographien, weniger dagegen anscheinend solche in gängige Sprachen, wie Italienisch, obwohl die hier konstatierten Lücken eher marginal sind, da sie sich ganz überwiegend auf weitere (Taschenbuch-)Auflagen beziehen.[4] Da sich die Übersetzungen in ein und dieselbe Sprache über viele Seiten erstrecken, wäre es zur einfachen Orientierung sehr praktisch gewesen, wenn man die Sprache im Kolumnentitel ausgeworfen hätte,[5] was den Umweg über das Inhaltsverzeichnis in vielen Fällen erspart hätte.

Register: 1. aller beteiligten Personen; 2. ein Sachregister von nur zwei Spalten, das Eintragungen unter Formalbegriffen enthält wie etwa Auswahlausgaben, Bibliophile Ausgaben, Blindenhörbücher, eigenartigerweise aber nicht unter CDs oder CD-ROMs; 3. Werkregister mit Eintragungen nur unter den deutschsprachigen Titeln, während die fremdsprachigen nur mit der Sprache als Unterschlagwort angegeben sind. Die Benutzung der Register ist dadurch unnötig erschwert, daß sie nur auf die (nicht, wie oben angeregt, weiter untergliederten) Nummern verweisen und man bei großen Komplexen erst mühsam suchen muß, in welchem Band der gesuchte Titel zu finden ist.[6]

In dem oben zitierten Beitrag äußerte sich der Projektkoordinator Frank Simon-Ritz auch ausführlich zur Nietzsche-Bibliographie als Datenbank. Im Vorwort (S. VIII) heißt es dazu: "Von Anfang an war die Weimarer Nietzsche-Bibliographie so konzipiert, daß sie auch in einer Online-Version verfügbar sein sollte. ... Eine aus den bisherigen Erfahrungen resultierende Weiterentwicklung des Online-Zuganges zur Datenbank wird ins Internet gestellt werden, wobei Zeitpunkt und Konditionen noch offen sind." Von der bei Simon-Ritz als (zusätzliche) Alternative erwähnten CD-ROM-Ausgabe ist dagegen nicht mehr die Rede. Beides wäre auch nur als zusätzliches Angebot zur gedruckten Ausgabe sinnvoll, die weiterhin die adäquate Angebotsform für eine derartige Personalbibliographie ist. Dagegen wäre die angestrebte "Weiterführung der Bibliographie über 1998" hinaus als Internetangebot äußerst erwünscht, zumal sich nach einer gewissen Zeit, sobald genügend Material zusammengekommen ist, wieder eine gedruckte Bibliographie im Anschluß an die Berichtszeit des Grundwerks vorlegen ließe.

Klaus Schreiber


[1]
Über den institutionellen Hintergrund, die Ausgangsbedingungen, die Grundprinzipien der Bearbeitungen und das Datenbankangebot hatte der bis Herbst 1999 tätige Projektkoordinator Frank Simon-Ritz bereits in IFB 97-3/4-419 berichtet: Ein personalbibliographisches Großprojekt: die Weimarer Nietzsche-Bibliographie. (zurück)
[2]
Der Rez. mag nicht entscheiden, ob es sich bei den Nr. 500 und 509 um eine unbeabsichtigte Dublette oder um eine absichtliche aber nicht sonderlich nützliche Doppelung handelt. (zurück)
[3]
Das auf S. 473 mehrfach vorkommende Wort klásiklerî muß richtig heißen: klâsikleri. (zurück)
[4]
Deutschsprachige Literatur in italienischer Übersetzung : eine Bibliographie = Letteratura in lingua tedesca nella traduzione italiana / bearb. von Pia Candinas. - [Tl. 1]. 1945 - 1981. - Bonn - Bad Godesberg : Inter Nationes, 1987, S. 778 - 785 (Nr. 6411 - 6475). - Tl. 2. 1981 - 1990. - Roma : Goethe-Institut, 1992, [n. pag.] (Nr. 2035 - 2054). (zurück)
[5]
Da man bei den heutigen Produktionsverhältnissen nicht mehr genau sagen kann, was aufs Konto der Bearbeiter oder der Verlage geht, die sich daran gewöhnt haben, eine reproduzierbare Vorlage zu bekommen, kann sich einer von beiden diesen geringen Mangel selbst zuschreiben. Aufs Konto des Verlages geht dagegen der zwar schön anzuschauende, mit blauem Papier überzogene Einband, der allerdings bald sehr unansehnlich ausschauen dürfte; hier wäre ein der Langzeitnutzung dieser Bibliographie angemessener Ganzleineneinband die bessere Alternative gewesen. (zurück)
[6]
So wird z.B. für die Dionysos-Dithyramben auf die Nr. 3 - 9 verwiesen, was zum Durchsuchen der S. 6 - 29 zwingt. (zurück)

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