Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 8(2000) 1/4
[ Bestand in K10plus ]

Lexikon der Medienökonomie


00-1/4-088
Lexikon der Medienökonomie : Beschaffung ; Produktion ; Absatz / Jürgen Frühschütz. - Frankfurt am Main : Deutscher Fachverlag, 2000. - 600 S. : Ill. ; 25 cm. - (Edition Medienökonomie). - ISBN 3-87150-597-8 : DM 98.00
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"Das vorliegende Werk soll Diskussionsgrundlage für eine systemisch gefaßte Nomenklatur einer Ökonomie der Medien sein, die inhaltlich das aufkommende Berufsbild des Medienökonomen bestimmt. Es stellt den Versuch dar, alle großen Trägermedien in ein übergreifendes System zu stellen. Dieses System ist allein orientiert am Bedarf des Lesers - oder neu - des Mediennutzers. Der Medienmanager soll damit in die Lage versetzt werden, die Ausformung der Inhalte nutzer- und damit marktgerecht für die jeweils richtigen Trägermedien vorzunehmen." (Vorwort, o.Pag.) Der Anspruch ist nicht gering: Ein noch unfertiger Berufsstand von Medienökonomen soll alle für die Ausübung seines Berufes notwendigen Begriffe in praxisgerechter und praxis-unterstützender Aufbereitung vorfinden. Als Medienökonomen gelten offenbar Fachhochschul-ausgebildete Manager im Medienbereich (Buch, Presse, Film, kommerzieller Rundfunk, Werbung), sie sollen ihren Berufswortschatz - angereichert um praxis-bezogenes EDV-Vokabular - wiederfinden und erklärt erhalten. Zu diesem Zweck hat Jürgen Frühschütz, selbst Verlagsmanager und Lehrbeauftragter für Medienökonomie, insgesamt 54 Mitarbeiter aus anderen Verlagen und Verbänden, Branchenpraktiker, Fachhochschulprofessoren und Studenten gewonnen und hat mit ihrer Hilfe ein umfangreiches Nachschlagewerk konzipiert und verfaßt. Äußerlich ist es ein typographisch und buchbinderisch ungewöhnlich gelungenes Buch geworden, das gut lesbar und einheitlich gestaltet einen hohen Gebrauchswert verspricht. Inhaltlich tritt das Werk weniger geschlossen auf: 385 Seiten umfaßt das Lexikon Medienökonomie, weitere 65 Seiten das Lexikon Medienrecht, 93 Seiten umfaßt ein Materialteil, 30 Seiten ein Adressenteil, 20 Seiten das Literaturverzeichnis und 2 Seiten das im Inhaltsverzeichnis gleichwertig annoncierte Mitarbeiterverzeichnis.

Für das Hauptwerk, das Lexikon Medienökonomie, hat Frühschütz offensichtlich thematische Teilbereiche an seine Mitarbeiter zur autonomen Bearbeitung verteilt, ohne sie auf eine gleichmäßige Bearbeitung zu verpflichten oder auf Vollständigkeit in der thematischen Abdeckung zu achten. So finden sich in Teilbereichen, insbesondere für den Buch- und Pressehandel und für Presseverlage, ausführliche Begriffserklärungen und gleichmäßig strukturierte Firmenporträts, aber auch mehrseitige Artikel mit Literaturangaben und historischen Exkursen.[1] Für andere Bereiche, z.B. Verlagsmanagement und Marktforschung, findet man recht knapp, doch offensichtlich sachlich kompetent formulierte Artikel, gelegentlich auch mit Literaturhinweisen und Beispielen zur Erläuterung. Für noch andere Bereiche, z.B. EDV-Technik, Buchgeschichte oder philosophische, soziologische, sprachwissenschaftliche etc. Grundlagen werden dagegen nur magere bis nichtssagende Wort- und Sacherklärungen geliefert. Bis schließlich für Bereiche wie z.B. Rundfunk und Rundfunkmarketing oder Filmwirtschaft im Vergleich zur Ausgestaltung des Buch- und Pressebereichs nur wenige (zudem oberflächlich ausgeführte) bis gar keine Lemmata und Informationen mehr aufzufinden sind. Offensichtlich wurden die Themenblöcke aber weit differenzierter verteilt, so daß auch im Fall der beispielhaft genannten Themenbereiche keine durchgehend einheitliche und gleichmäßige Begriffsauswahl und -bearbeitung zu erkennen ist. Da die Beiträge nicht namentlich gekennzeichnet und die Verantwortungsbereiche nicht angegeben werden, muß Frühschütz die Verantwortung für die ungleichmäßige Auswahl und Bearbeitung der Lemmata, insgesamt für ein unfertiges Konzept und mangelnde Kontrolle über die Ergebnisse im Namen aller Mitarbeiter übernehmen.

Für das Lexikon Medienrecht, den zweiten Hauptteil des Bandes, liegen die Dinge anders: Hier hat Frühschütz mit Hilfe zweier Fachanwälte alle Beiträge selbst formuliert und hat seine eigene Praxiserfahrung einfließen lassen. Zwar verweist Frühschütz ausdrücklich auf die rechtliche Vorläufigkeit seiner Erläuterungen, doch fallen keine groben Unzulänglichkeiten ins Auge. Allerdings verwundert gelegentlich die Zuordnung von Lemmata in das Rechtslexikon, die eher oder zumindest auch im allgemeinen Lexikon zu erwarten gewesen wären (z.B. Bahnhofsbuchhandel, Mängelexemplar, Streckengeschäft, Verband deutscher Schriftsteller), auffällig ist auch hier die offensichtliche Minderberücksichtigung von Rundfunk und Film.

Im dritten Teil Materialien versammelt Frühschütz 16 Texte, Richtlinien, Merkblätter, Gesetze und Regeln aus dem Bereich Buchhandel, Verlags- und Werberecht, eingeschlossen Pressekodex und Richtlinien für die publizistische Arbeit und dazu einen Kurztext von Erwin Dichtl über die Misere des deutschen wissenschaftlichen Verlagswesens insbesondere in den Wirtschaftswissenschaften Karger Lohn für Lehrbuchautoren. Die Texte haben durchweg hohen Gebrauchswert und wer weiß, daß er sie hier finden kann, wird dafür dankbar sein. Es hätten im repräsentierten Bereich sicher noch mehr sein dürfen (z.B. ISBN-Merkblatt), vor allem aber fehlen wieder jegliche entsprechenden Texte zum Rundfunk und zum Film.

Der vierte Teil Adressen bietet eine thematisch sortierte Liste einschlägiger Institutionen mit ihren sämtlichen Anschriften und thematischer Kurzcharakterisierung im Umfang von ca. 250 Eintragungen. Auch hier findet sich die Bevorzugung von Buch und Presse gegenüber den anderen Medien wieder, - außerdem: Die entsprechenden Listen im Stamm sind ungleich umfangreicher, wenn auch nicht so leicht zu lesen.

Der fünfte Teil Literaturverzeichnis listet in alphabetischer Ordnung etwa 300 Bücher und Aufsätze auf, aus denen man sicherlich passende Titel auswählen und mit Gewinn lesen kann, - um sie als Lese-Angebot in einem Praxisbuch effizient werden zu lassen, hätte Frühschütz sie in thematischer Sortierung oder mit knapper Kommentierung anbieten müssen.

Bleibt als Fazit, daß hier nicht das angekündigte und vielleicht erwartete Praxishandbuch noch gar die Nomenklatur für den generalistischen Medienökonomen vorgelegt worden ist, sondern nur ein Handbuch für den Presseverlagspraktiker und mit Einschränkung vielleicht noch für den Werbepraktiker.[2] Frühschütz wird selbst beurteilen müssen, ob er das angestrebte Handbuch in realistischer Einschätzung der divergierenden Weite des Berufsfeldes und effektiv in Auswahl, Einsatz und Kontrolle der Mitarbeiter tatsächlich hätte erarbeiten können. Er hat es nur in Teilen getan.

Wilbert Ubbens


[1]
Ob die Artikel durchweg einer formalen und inhaltlichen Prüfung standhalten, mag man allerdings bezweifeln, wenn man z.B. im Artikel Bertelsmann die Eintragung liest: "Zeitung: siehe: Gruner und Jahr" (S. 60), dort aber lesen muß: "Zeitung: entfällt" (S. 158). Immerhin ist G+J u.a. mit Berliner Zeitung, Berliner Kurier und Sächsische Zeitung prominent in das Zeitungsgeschäft in den neuen Bundesländern eingestiegen. (zurück)
[2]
Das nun schon ältere Standard-Lexikon für Mediaplanung und Mediaforschung in Deutschland / Wolfgang J. Koschnick. - 2. überarb. und erw. Aufl. - München [u.a.] : Saur, 1995. - Bd. 1 - 2. - V, 1001 S. : Ill., graph. Darst. ; 21 cm. - Nach Übernahme durch den Verlag Schäffer-Pöschel, Stuttgart, vertrieben mit Gesamttitel: Enzyklopädie des Marketing ; Bd. 4,1. - ISBN 3-7910-1179-0 : DM 98.00. - ISBN 3-598-11170-3 (Saur) : DM 396.00 [2818] (Rez.: IFB 95-3-353) wird vom Frühschütz weder übertroffen noch gar ersetzt. (zurück)

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