Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 8(2000) 1/4
[ Bestand in K10plus ]
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Geschichts-Bilder


00-1/4-040
Geschichts-Bilder : historische Jugendbücher aus vier Jahrhunderten ; Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Haus unter den Linden, 15. 6. - 15. 7. 2000 ; Forschungsstelle Kinder- und Jugendliteratur der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg, 5. 11. - 3. 12. 2000 ; [Ausstellung der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz] / [Ausstellung und Katalog: Carola Pohlmann ; Rüdiger Steinlein]. - Berlin : Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, 2000. - 366 S. : Ill. ; 27 cm. - (Ausstellungskataloge / Staatsbibliothek zu Berlin - PK ; N.F., 39). - ISBN 3-89500-182-1 : DM 92.00. - (Reichert-Verlag, Wiesbaden)
[6042]

Eine Ausstellung in der Staatsbibliothek zu Berlin befaßte sich mit historischen Jugendbüchern aus vier Jahrhunderten, einem Genre, dem stets große Aufmerksamkeit zuteil wurde. Die von Carola Pohlmann, Leiterin der Kinder- und Jugendbuchabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin und Professor Rüdiger Steinlein von der Humboldt-Universität Berlin konzipierte Ausstellung "soll eine Vorstellung von der Reichhaltigkeit der Literatur zu historischen Gegenständen vermitteln. Sie lädt dazu ein, die spezifischen Charakteristika einzelner Epochen in der Geschichtserzählung zu analysieren, die Spiegelung historischer Einzelereignisse in unterschiedlichen Zeiten und literarischen Strömungen zu vergleichen und Ähnlichkeiten und Divergenzen in der deutschen, österreichischen und schweizerischen Jugendliteratur festzustellen." So heißt es in der Einleitung, die zugleich die Gliederung der Ausstellung skizziert.

Der Umfangreiche Ausstellungskatalog enthält fünfzehn Beiträge meist ausgewiesener Kinderbuchexperten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie beschäftigten sich mit Geschichtserzählungen für Kinder und Jugendliche einzelner Epochen und Zeitabschnitte und begleiten so die chronologisch gegliederte Ausstellung. Spezialbeiträge ergänzen mit einzelnen Themen wie der biblischen Erzählung, der Darstellung von Krieg und Frieden oder bestimmten Aspekten geschichtserzählender Literatur für Mädchen, in Zeitschriften oder Comic. Da die Ausstellung die deutschsprachige Kinder- und Jugendliteratur umfaßt, sind der österreichischen und schweizerischen Jugendliteratur in der Ausstellung und im Katalog separate Bereiche bzw. Aufsätze gewidmet. So wird die eigenständige Entwicklung in jedem der drei deutschsprachigen Länder berücksichtigt. Drei Aufsätze wenden sich den Illustrationen zu und behandeln die Bild-Text Relation im geschichtlichen Kinder- und Jugendbuch. Die Entwicklung und Problematik der Illustrierung historischer Jugendbücher von den frühen mehr schmückenden Beigaben mit Signalfunktion bis zu "heroisierenden, romantisierenden, phantasierenden und personalisierenden Bildern" im späten 19. Jahrhundert wird dargelegt. Umfassend wird das Genre des geschichtlichen Jugendbuches in allen Bereichen untersucht. Es werden die journalistischen Strategien der Kinder- und Jugendzeitschriften des 19. Jahrhunderts, ihre pädagogisch-journalistischen Methoden analysiert, die besonders in Jugendzeitschriften angewendet wurden, um Widerstände zum Verständnis von Geschichte in Interesse umzuwandeln. Die Darbietungen reichen bis zur Erläuterung geschichtsdidaktischer Kategorien der historischen Jugendliteratur.

Die Beiträge vermitteln insgesamt den hohen Stellenwert, der Geschichte im Erziehungsprozeß zugebilligt wurde und dokumentieren "die zeittypischen Versuche zur Schaffung eines Geschichtsbewußtseins bei den Heranwachsenden". Sie zeigen die Nutzung dieses Genres zur patriotischen und auch nationalistischen Erziehung. Auf aggressiv-nationalistische Tendenzen und auf politische und ideologische Bezüge in den einzelnen Zeitabschnitten, dem jeweils herrschenden System entsprechend, wird hingewiesen. Aber auch die Bemühungen fortschrittlicher Pädagogen und Autoren, gegen reaktionäre Tendenzen anzukämpfen, werden vermittelt. Die Entwicklung dieses Genres über vier Jahrhunderte wurde mit einer Auswahl von über 250 geschichtserzählenden Jugendbüchern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz verdeutlicht. Sie zeigen die Reichhaltigkeit und Vielseitigkeit dieses Genres.

Die Bibliographie am Schluß des Katalogs verzeichnet exakt die ausgestellten Bücher. Allerdings nur in alphabetischer Reihenfolge. Dadurch ist nicht mehr zu erkennen, wo sie ihren Platz im System der Ausstellung haben, in welchen Bereich sie gehören. Es wird auch nicht verwiesen, wo diese Titel in den Beiträgen erwähnt oder analysiert werden. Die fünfzehn Beiträge belegen in jeweils eigenen Literaturverzeichnissen exakt Quellen und Sekundärliteratur. Dabei wird ersichtlich, daß einige Jugendbücher in verschiedenen Beiträgen unter unterschiedlichen Aspekten als Beleg herangezogen wurden. Ein übergreifenden Gesamtregister wäre hier nützlich, um die Erwähnung oder Analyse bestimmter historischer Jugendschriften finden zu können.

Der Katalog belegt mit zahlreichen gut gedruckten ein- und mehrfarbigen Abbildungen, Titelblättern, Illustrationen, Einbänden und Umschlägen die Ausstattung der geschichtlichen Jugendbücher. Die Auswahl ist so gewählt, daß sie oft schon die Tendenz der betreffenden Publikation erkennen lassen. Leider muß man die Bildunterschrift suchen. Sie befindet sich erst am Ende des jeweiligen Beitrages. Dort aber ohne Angabe des Illustrators. Insgesamt ein schöner Katalog, der das Genre das historisches Jugendbuches historisch und in allen Aspekten darstellt.

Heinz Wegehaupt


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