Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 8(2000) 1/4
[ Bestand in K10plus ]

Les livres pour l'enfance et la jeunesse de Gutenberg à


00-1/4-034
Les livres pour l'enfance et la jeunesse de Gutenberg à Guizot : les collections de la Bibliothèque de l'Institut National de Recherche Pédagogique / Françoise Huguet. - Paris : Institut National de Recherche Pédagogique ; Klincksieck, 1997. - 413 S. : Ill. ; 25 cm. - ISBN 2-7342-0579-3 (Institut ...) - ISBN 2-252-03185-9 (Klincksieck) : FF 180.00
[5221]

Erst seit kurzem beginnt man auch in Frankreich mit der Vorstellung alter Kinder- und Jugendbücher in speziellen Verzeichnissen. Über Jahrzehnte halfen sich Interessenten und Sammler mit dem um 1930 in Paris erschienenen Antiquariatskatalog von Gumuchian.[1]. Die beiden vorzüglich ausgestatteten Bände mit exakten Angaben, ausführlichen Beschreibungen und vielen Abbildungen dienten lange als einziges bibliographisches Nachschlagewerk, so daß es noch zweimal (1967 und 1985) nachgedruckt wurde.

Erst 1987 erschien der erste Katalog einer französischen Sammlung. Laura Noesser hatte den Fonds ancien de littérature pour la jeunesse[2] der 1923 gegründeten Pariser Jugendbibliohek L'Heure Joyeuse vorgestellt. Sie führt 1059 Titel von hauptsächlich französischen Kinder- und Jugendbüchern sowie Zeitschriften auf, die bis 1914 erschienen sind. Der überwiegende Teil stammt aus der zweiten Hälfte des 19. bzw. vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Ausstellungskatalog der Pariser Stadtbibliothek von 1991 verzeichnet unter dem Titel Livre, mon ami[3] 3665 Titel.

1997 hat nun Françoise Huguet den Bestand alter Kinderbücher der Bibliothek des 1879 gegründeten Institut National de Recherche Pédagogique in einem vorzüglich erarbeiteten Katalog vorgestellt. Aus einem Fundus von 25.000 Kinder- und Jugendbüchern wird der ältere Teil verzeichnet. Der Titel des Katalogs "Von Gutenberg bis Guizot" soll den Zeitraum der verzeichneten Bücher umreißen. Er ist aber nicht wörtlich zu nehmen, ist doch aus Gutenbergs Jahrhundert kein Titel vertreten und die früheste hier verzeichnete Publikation erschien 1513. Aus dem 16. Jahrhundert sind aber immerhin 32 Titel enthalten. Als Begrenzung des Zeitraumes wird Guizot genannt. Damit ist aber nicht etwa die Kinderbuchautorin Elisabeth Charlotte Pauline Guizot (1773 - 1827) gemeint, sondern ihr Ehemann, der Historiker und Staatsmann François Pierre Guillaume Guizot (1787 - 1874). Er hatte in seinem wechselreichen Leben verschiedene Staatsämter inne. Für die Begrenzung des Zeitraumes dient seine Zeit als Unterrichtsminister (1832 - 1837), in der er sich um den Volksschulunterricht verdient gemacht hatte.

Um allen Definitionsstreitigkeiten aus dem Wege zu gehen, werden die verzeichneten Publikationen als "Bücher für Kinder und Jugendliche" bezeichnet, der Begriff Literatur wird vermieden. Der Bestand bietet einen Querschnitt des angegebenen Zeitraumes ohne besondere Schwerpunkte. Aus dem 16. und 17. Jahrhundert sind über einhundert Bücher verzeichnet; diese religiös- und moralisch-belehrenden Werke waren meist für den Unterricht bestimmt. Aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als nach der Vertreibung der Jesuiten (1760) und dem Erscheinen von Rousseaus Émile (1762) der belehrende Diktus erträglicher wurde, finden sich so erfolgreiche Autoren wie Berquin, Freville, Genlis und Le Prince Beaumont, die auch in Deutschland sowohl in französischer Sprache als auch in deutscher Übersetzung gedruckt wurden. Andererseits sind auch Bücher deutscher Autoren wie Basedow, Bertuch, Campe, Ewald, Glatz und C. v. Schmid verzeichnet, die teils in Deutschland in französischer Sprache erschienen sind, teils in Frankreich übersetzt worden waren.

Zwischen 1810 und 1830 bahnt sich eine Entwicklung an, die Zahl der Autoren nimmt bedeutend zu, die Verlage spezialisieren sich, Reihen für die Jugend entstehen und das Bilderbuch für die Kleinen bildet sich heraus. Diese Entwicklung wird entscheidend gefördert durch ein Gesetz Guizots (1833) zur Vereinheitlichung des Volksschulunterrichts, das auch eine scharfe Trennung zwischen Schulbuch und Buch zur Unterhaltung vorschreibt: Der bessere Schulunterricht bewirkt mehr Leser und höhere Auflagen. So beginnt in Frankreich "l'age d'or" für das Kinderbuch. Doch vor diesem "Goldenen Zeitalter" wird hier die Grenze gezogen. 1834 ist das Erscheinungsjahr der jüngsten Titel.

Die 910 Titel, das sind nach Schätzung der Bearbeiterin etwa 20 % der im behandelten Zeitraum erschienenen Bücher für Kinder und Jugendliche, sind exakt verzeichnet. Die Titel wurden alphabetisch nach Verfassern geordnet, die anonym erschienenen Werke sind getrennt aufgeführt. Das Titelblatt wurde mit allen Einzelheiten einschließlich der Adresse des Verlages wiedergegeben. Nach der Angabe des Formats und der Seitenzahl wird auch der Drucker mit der Adresse genannt. Es folgen Art und Anzahl der Illustrationen mit Angabe der Seitenzahlen und Namen der Illustratoren und Stecher. Widmungen, Vorworte, Einführungen und Exlibris sind vermerkt. Nach einer kurzen Inhaltsbeschreibung erfolgt der bibliographische Nachweis. Die Beschreibung des Einbandes erfolgt sehr ausführlich. Bei diesen, z.T. individuell handgebundenen Büchern spiegelt sich die hohe französische Einbandkunst der Zeit.

Acht Register erschließen den Katalog. Neben den Registern der Titel, Illustratoren und Stecher (mit Lebensdaten, Geburts- und Sterbeort), Verlage und Drucker, der Verlagsorte, gibt es ein Register der in Vorworten, Einführungen, Dedikationen oder an anderer Stelle genannten Namen. Beim nächsten Register, der in Exlibris oder in Prämienzuweisungen genannten Namen, haben sich leider die Titelnummern verschoben. Statt Nr. 285 (Béranger) wird 286 angegeben, bei Nr. 839 (Brunot) hat sich die Differenz vergrößert und im Register wird 849 angegeben. Ein thematischer Index erschließt die Titel nach 37 Themen und Gattungen, die teils weiter untergliedert sind. Es wird auch auf Preisbücher und Übersetzungen verwiesen, letztere leider unvollständig. Bei den Übersetzungen fehlt auch in den Titelaufnahmen generell der Originaltitel. Den Abschluß bildet ein sehr nützlicher biographischer Index der Autoren mit einer Kurzbiographie, die den beruflichen und schriftstellerischen Werdegang schildert und auch weitere Werke des Schriftstellers nennt.

Zu diesem ausgezeichneten Katalog wünschte man sich ein chronologisches Register, das bei den Titeln aus über drei Jahrhunderten, die alphabetisch nach Verfassern geordnet sind, einen bequemeren historischen Einstieg ermöglichte. Diesem mit fast siebzig Abbildungen geschmückte Bestandskatalog kommt bibliographische Funktion für die alte französischer Kinder- und Jugendliteratur zu.

Heinz Wegehaupt


[1]
Les livres de l'enfance du XVe au XIXe siècle / préface de Paul Gavault. - Paris : Gumuchian, 1930. - 1 - 2. - (Catalogue / Gumuchian et Cie. ; 13). - Reprint: London : Holland Press, 1967. - XX, 446, [72] S. : Ill. (zurück)
[2]
Fonds ancien de littérature pour la jeunesse : cataloque des livres imprimés avant 1914 / Ville de Paris, Bibliothéque de l'Heure Joyeuse. Réd. par Laura Noesser. Avec la collaboration de Françoise Lévêque et Sylvie Mayand-Foulon. - Paris : Bibliothèque de lïHeure Joyeuse, 1987. - 216 S. (zurück)
[3]
Livre, mon ami : lectures enfantines 1914 - 1954 / Mairie de Paris, Direction des Affaires Culturelles. Catalogue établi et rédige par Annie Renonciat. Avec la collaboration de Viviane Ezratty et de Françoise Lévèque. - Paris : Agence Culturelle de Paris, 1991. - 128 S. (zurück)

Zurück an den Bildanfang