Das Urbar der Deutschordenskommende Mainau von 1394. Bearb. von Michael Diefenbacher (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe A Quellen Bd. 39). Stuttgart: W. Kohlhammer 1989. 117 S.

Ein Besuch in Altshausen vermag deutlicher als viele Worte die Bedeutung des Deutschen Ordens für das Herrschaftsgefüge Oberschwabens vor Augen zu führen. Will man diesen Stellenwert der Ordensniederlassungen wirtschaftsgeschichtlich nachvollziehen, so ist man für das Spätmittelalter fast ganz auf die Aussagen von Besitzverzeichnissen ("Urbaren") angewiesen. Ausgaben solcher Quellen sind somit überaus wichtig und verdienen den besonderen Dank der landesgeschichtlichen Forschung. Michael Diefenbacher, als Kenner der südwestdeutschen Deutschordensgeschichte bestens ausgewiesen, ediert das unter der Signatur 66/12438 im Generallandesarchiv Karlsruhe als Depositum verwahrte älteste Lagerbuch der Kommende Mainau. Meine kritischen Anmerkungen sollen den Wert der sehr verdienstvollen Ausgabe nicht schmälern, sondern lediglich auf nach wie vor ungelöste Probleme der Urbaredition wieder einmal aufmerksam machen.

Die Einleitung enthält außer einer Geschichte der Mainau auch Abrisse der Geschichte des Deutschordens und der Ballei Elsaß-Burgund, die man in dieser Ausführlichkeit (S. 1-18) hier wohl kaum erwarten wird. Nach einem Blick auf den Besitzstand des Mainauer Hauses um 1400, der die Angaben des Urbars mit einer Istbestandbeschreibung von 1393 konfrontieren kann, folgen "Vorbemerkungen zur Edition". Sinnvoll wären hier auch Angaben zur Geschichte und den Eigentumsverhältnissen des Archivales, zum Auftreten von Reklamanten (z.B. fol. 15v) und zu der fol. 14v1 im fortlaufenden Text genannten Datierung 1394 gewesen. Die Edition selbst nimmt die Seiten 37 bis 94 ein. Getrennte Orts-, Personen- und Sachregister beschließen den Band.

Ausgespart bleibt die Einordnung der Quelle in die Verwaltungsschriftlichkeit des Deutschen Ordens. Eine ganze Reihe von Vergleichsbeispielen nennt die - von Diefenbacher im Literaturverzeichnis leider nicht berücksichtigte - Edition des Urbars der Kommende Oettingen von Josef Hopfenzitz (Studien zur oberdeutschen Agrarstruktur und Grundherrschaft, München 1982). Ebensowenig wird der Historische Südwestdeutsche Sprachatlas von 1979 zitiert, obwohl er das Mainauer Urbar selbst auswertet. Erwähnenswert ist, daß die Mainauer Aufzeichnung alle Anwesen mit ihren einzelnen Bestandteilen genau beschreibt. Angegeben sind in der Regel jeweils der Name des Abgabepflichtigen, die Abgaben und die Lage der zugehörigen Güterstücke (teils durch Flurnamen, teils durch Anstößer, teils durch Grundherren näher bezeichnet).

Die Textwiedergabe ist im großen und ganzen zufriedenstellend. Meine Nachkollation der foll. 1r, 13v, 14r1, 52v, 57r ergab nur wenige Versehen: S. 45 Zeile 29 "Hainni" statt "Hanni", S. 76 Zeile 17 "daz Gerli" statt "den Gerli"; S. 72 Zeile 28 und S. 73 Zeile 4 sind Haarstriche übersehen worden (bei "sun(n)entag", vgl. richtig Zeile 31, bzw. "frowe(n)"); S. 72 Zeile 31 ist "czalt" statt "zalt", S. 73 Zeile 5 "Hage(n)" statt "Hag", zu lesen. In Zeile 29 steht "niuwerung" statt "nu+iwerung", doch leitet dies zu einem eigenen Problemkomplex über. Zahlreiche Stichproben über die genannten Blätter hinaus haben mich zu der Überzeugung geführt, daß auf die Unterscheidung und Setzung der diakritischen Zeichen in der Edition oft kein Verlaß ist. Auch eine ganze Reihe eindeutig erkennbarer übergeschriebener Vokale wurde nicht berücksichtigt, i über u in aller Regel überhaupt nicht. Ich nenne nur einige wenige deutliche Fälle: S. 72 Zeile 33 "Hu+iglin", S. 73 Zeile 25 "Hu+enelers", Zeile "Bu+echlin" (statt "Bu+ochlin"), S. 86 Zeile 16 "gu+etli", "Katzensta+eig" usw. Solche Zeichen können den Editor durchaus zur Verzweiflung bringen, doch kann man bei nochmaliger entsprechend problembewußter Kollation des Textes zu vertretbaren Entscheidungen kommen. Empfehlenswert ist die Beratung durch einen Sprachwissenschaftler, zumal die akribische Wiedergabe der Zeichen in der Regel keinen inhaltlichen Gewinn für den Historiker bringt.

Die Hauptschwierigkeit bei der Edition von Urbaren aus dieser Zeit liegt jedoch, wie Diefenbacher zutreffend bemerkt (S. 35), in der Entscheidung über die Groß- und Kleinschreibung. Bei den Familiennamen hätte ich die Namen des (Konstanzer Chorherrn) Eberhard Insigler (S. 38) und des (Konstanzer Bürgers) Klaus im Stainhaus (S. 40) groß geschrieben. Bei Hans Richental "der alt, statschreiber ze Kostencz" (S. 40) muß das Komma entfallen, da Richental alter Stadtschreiber war.

Das eigentliche Problem bilden jedoch die Flurnamen, die zu uneinheitlich behandelt werden. Die Aufführung von Flurnamen im Ortsregister bei den jeweiligen Orten ist daher lückenhaft. Beispielsweise fehlen die Bezeichnungen von Straßen, was bei den wiederholt auftretenden "Heerstraßen" bedauerlich ist. (Ob ein alphabetisches Register aller Flurnamen für Namenforscher nicht doch günstiger wäre?)

Ein Vergleich mit der Vorlage ergibt, daß die Getrennt- und Zusammenschreibung von dem Editor, nicht ohne Willkür, vorgenommen wurde. So ist "Sifrids aker" (Vorlage) auf S. 58 Zeile 34 ohne Grund zusammengezogen worden, obwohl Diefenbacher solche Bezeichnungen sonst meist, durchaus leserfreundlich, zu trennen pflegt.

Eine detaillierte Erörterung des Problems der Stellenbezeichnungen wäre zwar notwendig, würde jedoch den Rahmen dieser Besprechung sprengen. Ich muß mich auf wenige Belege für die Uneinheitlichkeit beschränken: "des Straussers Berg" (S. 38), "an des Blarers bru+el" (S. 60), "lit vor dem Wiger" (S. 41), "ligend ob dem wiger" (S. 67), "des Gaistes ze Kostencz" (S. 44), "an der augenstiner" (S. 47), "ze dem Hailigen Brunnen" (S. 47), "des hailigen crutz wis" (S. 58), "lit ze mosbierbaum" (S. 48), "ligend ze dem Schruncbierbaum" (S. 49), "lit an der Braittun" (S. 53), "an drin braittun" (S. 59), "ligend in dem Bru+ol" (S. 58), "lit obnan an dem bru+ol" (S. 83), "lit in dem Bol" (S. 83), "in der langun staig" (S. 70), "an dem Hohen Tobel" (S. 71) usw.

Insgesamt möchte ich feststellen, daß dem Text der Edition eine vereinheitlichende nochmalige Durchsicht im Hinblick auf diakritische Zeichen und die Groß- und Kleinschreibung zu wünschen gewesen wäre.

Klaus Graf

Druckfassung erschienen in: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte 27 (1991), S. 134-136

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