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Fotis Jannidis
Germanistische Fachkommunikation im Internet

Das Internet entstand als Kommunikationsmedium für Militär und Wissenschaftler, das fehlende Know-how und die unzureichenden Hardware-Voraussetzungen schlossen den größten Teil der Geisteswissenschaftler zunächst vom Anwenderkreis aus. Diese Situation hat sich inzwischen grundlegend geändert: Die Computerprogramme verbergen die Komplexität der verwendeten Techniken sehr gut vor dem Anwender, und im Zuge der Gesamtvernetzung von Universitäten haben auch viele Geisteswissenschaftler Zugang zum Internet bekommen. Paradoxerweise führte die eben erst erfolgte Kommerzialisierung des Internet, die von vielen Anwendern der ersten Jahre sehr beklagt wird, dazu, daß Geisteswissenschaftler zunehmend mit dem Medium vertraut werden, da sie das Internet über kommerzielle Provider kennengelernt haben, und sich für die Zugriffsmöglichkeiten über das Wissenschaftsnetz interessieren.

Geisteswissenschaftler haben bislang vor allem die Kommunikationsformen, die sie vorgefunden haben, eingeübt und beginnen erst langsam, die technischen Möglichkeiten des Mediums ihren Bedürfnissen anzupassen. Dabei ist der Rahmen, in dem sie sich bewegen können, weit genug.

Kommunikationsformen im Internet haben sich auf der Grundlage von technischen Übertragungsprotokollen etabliert (Bsp. E-Mail, usenet bzw. nntp, http, ftp),1) die lediglich die jeweiligen Grenzen des Machbaren markieren. Die Kommunikation im Internet basiert auf Standards, die die Interaktion von der Hardware, über die hardwarenahen Protokolle bis hin zum Befehlsaustausch für den Abruf einer Website regeln. Keine dieser Schichten bestimmt, wie die Kommunikation auf der darüberliegenden Schicht abläuft, bedingt aber die Grenzen dessen, was auf der übergeordneten Schicht möglich ist. So stellen die Protokolle, mit denen der typische Internet-Anwender konfrontiert wird, lediglich einen Rahmen zur Verfügung, der von den Anwendern dann durch Formen des sozialen Handelns gefüllt wird.

Die Verwendungsweise der Protokolle hat sich anfangs - und tut dies teilweise immer noch - an den Kommunikationsformen der vorelektronischen Zeit orientiert: E-Mails am Brief, Websites an Zeitschriften, Diskussionsgruppen an schwarzen Brettern. Der Umgang mit den Medien führt zu neuen oder anderen Verwendungsweisen. Zwei Beispiele zur Verdeutlichung: Mag eine E-Mail etwa einem Brief sehr ähnlich sein, so haben die unterschiedlichen Bedingungen des Schreibens und Versendens zu einem informelleren Stil geführt, der der gesprochenen Sprache deutlich näher ist als der Briefstil. Gedruckte Zeitschriften müssen stets auf Papier produziert und materiell befördert werden. Dieser kostenintensive Vorgang bedingt, daß Zeitschriften periodisch erscheinen. Elektronische Zeitschriften dagegen müssen nicht aufwendig transportiert werden. Daher ist es sinnlos, mit der Publikation von Artikeln zu warten, bis wieder ein 'Heft' zusammen ist, sondern jeder Artikel kann sofort veröffentlicht werden. Dadurch aber sind Benachrichtigung des Lesers über neue Texte und Vermittlung der Texte entkoppelt: Im Druckmedium fallen Ankunft des neuen Hefts und Benachrichtigung von der Existenz des Hefts in einen Vorgang zusammen (von Werbemaßnahmen einmal abgesehen), im elektronischen Medium sind dies getrennte Vorgänge: Zumeist wird der 'Abonnent' mittels E-Mail von der Existenz eines neuen Beitrags bzw. von der Veränderung der Website informiert.

Die Formen der elektronischen Kommunikation entwickeln sich also noch, und daher stellt das Nachfolgende nur eine Momentaufnahme der im Augenblick typischen Verwendungsweisen dar. Die elektronischen Kommunikationsformen weisen in der Rekombination ihrer Elemente - aufgrund der zugrundeliegenden Technologien - mehr Freiheitsgrade auf als analoge. Die Entdeckung dieser Möglichkeiten, ihre Überprüfung im Kontext sozialer Handlungsfelder hat eben erst begonnen, und für die Zukunft sind neue Formen mit Sicherheit zu erwarten.

Ist also schon der type der Kommunikationsformen nicht sonderlich stabil, sind es die token, also die einzelnen Netzprojekte und elektronischen Zeitschriften, erst recht nicht. Es versteht sich daher von selbst, daß die genannten Adressen ein äußerst flüchtiges Gut darstellen.

Im folgenden soll ein kurzer Überblick über die vielfältigen Formen der Fachkommunikation im Internet gegeben werden, um im Anschluß daran zwei dieser Formen, Diskussionsgruppen und elektronische Zeitschriften, sowie ihre Verwendung in der Literaturwissenschaft genauer zu betrachten. In einem abschließenden Abschnitt werden einige allgemeineren Vorteile und Probleme dieser elektronischen Formen von Kommunikation diskutiert. Ziel ist es, dem prospektiven Anwender neben dem Überblick über die diversen Formen auch einige Hinweise zur Benutzung des neuen Mediums zu geben.

Formen der Fachkommunikation

Es ist nicht ganz einfach zu bestimmen, was unter 'Fachkommunikation' zu verstehen ist. Sicherlich müßten in einer Definition Aspekte wie einheitliches Themenfeld und Methodenensemble sowie die institutionelle Anbindung der Kommunikationsteilnehmer berücksichtigt werden. Für unsere Zwecke reichen diese Aspekte als Abgrenzung von der Unterhaltungs- und der Wirtschaftskommunikation übers Internet, die eigene Formen entwickelt haben, z.B. interaktive Spiele mit mehreren Teilnehmern oder Börsentransaktionen.

Fachkommunikation dient der Informationsbeschaffung und -verbreitung sowie der Selbstdarstellung. Sie muß also, um für Angehörige einer Disziplin interessant zu sein, gewährleisten, daß die Informationen zuverlässig und relevant sind. Im elektronischen Medium werden - bis auf den Bereich der elektronischen Zeitschriften - die meisten Kommunikationsformen nicht institutionell gestützt, z.B. durch namhafte Verlage oder akademische Einrichtungen, sondern werden von Einzelpersonen organisiert, deren Kompetenz durch das sichtbare Produkt, z.B. die website, dokumentiert wird.

Die einfachste Form der elektronischen Fachkommunikation ist die E-Mail von einer Person an eine andere. Es gibt offensichtliche Differenzen zum Briefstil, aber die Nähe in der Verwendungsweise - Gedanken-, Text- und Materialaustausch, Werkzeug der Zusammenarbeit, Kontaktpflege - ist offensichtlich. Allerdings verändert die Möglichkeit, Texte schnell auszutauschen, auch das Verhalten von Wissenschaftlern zu gemeinsamen Projekten, da auf diese Weise ein stetiger und unkomplizierter Informationsfluß möglich ist. Beispielhaft für diese Art der Kooperation ist die Entstehung des Textauszeichungssystems TEI, dessen Arbeitsgruppenmitglieder über mehrere Kontinente verstreut sitzen.2)

Sehr beliebt sind Diskussionsgruppen und elektronische Zeitschriften, auf sie wird weiter unten genauer eingegangen. Auf der üblichen WWW-Technologie basieren, wie viele Zeitschriften auch, Fachinformationen, in der Literaturwissenschaft etwa zu Autoren,3) zu Epochen (Bsp.: Epochenbeschreibungen4) oder zu Teilgebieten des Fachs (Bsp.: Literaturtheorie,5) Computerphilologie,6) Romantische Anthropologie7)). Insbesondere der schnelle und aktuelle Zugang zu bibliographischen Daten hat für Wissenschaftler einen hohen Stellenwert. Neben einzelnen Projekten zu Teilbereichen (Bsp.: Handschriften des Realismus,8) Contemporary Philosophy of the Mind9) bieten einige Campus-Netze auch den Zugriff auf elektronische Bibliographien, z.B. MLA oder Eppelsheimer/Köttelwesch.

Ein übliches Mittel zur Selbstdarstellung sind homepages, die in akademischen Kreisen auch dazu verwendet werden, neben dem Lebenslauf eine Bibliographie der eigenen Schriften und preprints sowie elektronische Versionen gedruckter Texte anzubieten.

In einigen Fächern haben sich preprint-Server etabliert. Einer der ersten und wohl immer noch einer der erfolgreichsten Server dieser Art bedient Physiker und Mathematiker.10) Er verzeichnet inzwischen rund 70.000 Zugriffe an einem Werktag. Das besondere dieses Modells ist das Fehlen fast aller Filter. Der Autor, der einen Text auf den Server lädt, muß lediglich eine institutionelle Anbindung nachweisen, es gibt jedoch keine inhaltliche Selektion. Diese Vorgehensweise garantiert einen sehr schnellen Informationsfluß, verlagert aber die Selektionsleistung komplett auf den Leser.

Inzwischen gibt es in mehreren Ländern die Möglichkeit, Dissertationen auch bzw. nur im Internet zu publizieren. Der Anwender kommt nicht nur schnell an den Text, sondern hat auch die Möglichkeit der Volltextrecherche.11)

Die neueren Kompressionsverfahren ermöglichen einen Transfer von Audio- und Videoinformationen über leidlich schnelle Internetverbindungen (28.8 respektive 64 Kbit). Auf diese Weise werden inzwischen Vorlesungen übers Internet zugänglich gemacht, wie es in Deutschland insbesondere von der Fernuniversität Hagen angeboten wird.12) Die Übergänge zum multimedialen Unterrichtsmaterial, das sich auch zum Selbststudium eignet, beginnen fließend zu werden.

Die Heterogenität der Kommunikationsformen erschwert dem Neueinsteiger das Finden der für ihn relevanten Quellen; ebendies macht die fachspezifischen Linksammlungen zu wertvollen Informationsquellen, da die Suchmaschinen meistens sehr viel weniger anzubieten haben.13)

Diskussionsgruppen

Diskussionsgruppen sind in zwei unterschiedlichen technischen Formen realisiert: Zum einen als Mailing-Liste, zum anderen als Usenet-Gruppe. Mailing-Listen verwenden einfache E-Mails zum Austausch von Informationen, sind also im Prinzip nichts anderes als eine thematisch organisierte Gruppe von Briefpartnern. Damit nicht jedes Mitglied dieser Gruppe eine Liste aller anderen Teilnehmer pflegen muß, hat man eine Verteilerliste, die von einem Computer automatisch verwaltet wird. Wenn jemand Mitglied der Gruppe werden will, muß er nur eine E-Mail an den Rechner schicken, mit der Bitte um Aufnahme. Mitglieder der Gruppe können alle anderen erreichen, indem sie ihre Mail an den Computer schicken, der sie dann an alle eingetragenen Mitglieder weiterleitet.

Die Adresse, an die man sich mit technischen Anliegen wendet, wie dem Anmelden oder Abmelden von einer Gruppe, unterscheidet sich bei Mailing-Listen immer von der E-Mail-Adresse, die man anschreibt, wenn man alle Gruppenmitglieder erreichen möchte. Dieser Umstand macht nicht nur Anfängern immer wieder zu schaffen. Will ich mich in die Gruppe H-NEXA eintragen, die sich mit Berührungspunkten von Natur- und Geisteswissenschaften beschäftigt, so muß ich eine E-Mail an die Adresse LISTSERV@H-NET.MSU.EDU schicken. Diese E-Mail enthält normalerweise als Text nur die Zeile "SUBSCRIBE Listenname Vorname Nachname" (Bsp.: "Subscribe H-Nexa Fotis Jannidis"). Nach einigen Präliminarien, die von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich sind und von einer einfachen Bestätigung des Anmeldewunsches bis zum ausführlichen Selbstporträt reichen, erhält man eine Mitteilung, daß man Mitglied geworden ist. Will man nun eine E-Mail an die Gruppenmitglieder schicken, muß diese an H-NEXA@H-NET.MSU.EDU gesendet werden. Jedes Gruppenmitglied erhält eine Kopie der Texte, die an diese Adresse geschickt wurden - jeweils als eigenen Brief. Man kann sich auch alle E-Mails eines Tages in einer einzigen Post zuschicken lassen oder seine Mitgliedschaft ruhen lassen, weil man ein Überlaufen des elektronischen Briefkastens während einer längeren Abwesenheit verhindern möchte. Solche Befehle schickt man an die 'technische' Adresse, die auch den Einschreibewunsch erhielt, die genaue Form dieser Befehle kann man meistens einer E-Mail entnehmen, die man nach dem Einschreiben in eine Gruppe erhalten hat und aufheben sollte. Will man eine Liste wieder verlassen, schickt man, wiederum an die 'technische' Adresse den Befehl "UNSUBSCRIBE Listenname" (Bsp.: "Unsubscribe H-NEXA").

Mailing-Listen haben den Vorteil, nur den einfachsten Zugang zum Internet, nämlich E-Mail, vorauszusetzen. Sie eignen sich insbesondere für Informationsaustausch mit geringem Aufkommen, also weniger als 5-6 E-Mails pro Tag und sind daher ein beliebtes Instrument, um Menschen mit relativ speziellen Interessen zu verbinden. Einige Mailing-Listen archivieren einige oder alle Texte, die sie verteilen, und diese Archive können insbesondere für Neueinsteiger wichtige Hinweise auf das Niveau und den Ton der Gruppe sein.

Mailing-Listen verfügen manchmal, wie auch die anschließend vorgestellten Usenet-Gruppen, über Moderatoren, die jede E-Mail daraufhin überprüfen, ob sie gewissen Standards genügen, also thematisch relevant sind, keine persönlichen Beleidigungen enthalten usw. Moderierte Diskussionsgruppen zeigen ein höheres Niveau der Beiträge und orientieren sich deutlicher an den Standards gedruckter Fachkommunikation.

Wie im Internet üblich, existiert kein zentrales Verzeichnis aller Mailing-Listen. Es gibt einige recht umfassende Verzeichnisse, die jedoch alle Gruppen und nicht nur die akademisch interessanten aufführen.14) Ein Blick auf das Listen-Verzeichnis von Listserv, eines der beliebtesten Software-Pakete zur Organisation von Mailing-Listen, kann insbesondere bei der Suche nach nicht-angelsächsischen Listen hilfreich sein. Eine Liste der wissenschaftsbezogenen Mailing-Listen, die nach ihren Organisatoren 'Kovacs-Liste' benannt, bietet unter dem Stichpunkt 'Literatur' einen wesentlichen, aber natürlich nicht vollständigen Überblick.15) Jede Gruppe wird kurz beschrieben, und es wird auch erklärt, bei welcher Adresse man sie abonnieren kann.

Da der Umgang mit solchen Medien in der Germanistik noch nicht besonders weit verbreitet ist, gibt es kaum Gruppen, die sich ausschließlich mit deutschsprachigen Autoren beschäftigen oder vor allem einschlägige germanistische Themen behandeln, und in den allgemeineren Gruppen wird vieles diskutiert, das für Germanisten kaum von Interesse ist. Das Medium bringt es aber mit sich, daß man auch für germanistische Fragestellungen Diskussionspartner finden wird. Immerhin existiert eine Gruppe, die sich vor allem auf Belange der deutschen Kultur spezialisiert hat (H-German).16)

Bevor einige Gruppen vorgestellt werden, sei auf eine Initiative verwiesen, akademische Mailing-Listen aus den Bereichen der Geistes- und Sozialwissenschaften in einem Dachverband, dem H-Net, zu organisieren. Da dieser Dachverband sich im WWW präsentiert, existiert eine zentrale Anlaufstelle17) mit Kurzdarstellungen aller Gruppen sowie technischen Hilfestellungen und Zugriff auf das Archiv der Rezensionen. Für Germanisten mit historischem Interesse ist die Gruppe H-Soz-u-Kult, die Teil des H-Net ist, ein beeindruckendes Beispiel, welche Möglichkeiten der wissenschaftlichen Kommunikation das elektronische Medium bietet.18) Die moderierte Liste H-Soz-u-Kult19) versendet neben den üblichen Einzelfragen und Informationen zu Tagungen wie viele Mitglieder von H-Net auch regelmäßig Rezensionen. Zudem suchen die Herausgeber und Moderatoren der Liste nach neuen Verwendungsformen des Mediums; so wurde z.B. ein virtuelles Symposium mit einer Reihe von ausgearbeiten Texten zu aktuellen theoretischen Problemen veranstaltet.

Hier eine kleine Auswahl von Mailing-Listen, die auch für Germanisten interessant sind, aber oft Nachbardisziplinen zum Thema haben. Die Vielfalt von Diskussionslisten, deren sich die angelsächsische Literaturwissenschaft bedient, ist im deutschen Sprach- und Wissenschaftsraum noch lange nicht zu finden.

Name der ListeThema
C18-L20)18. Jahrhundert
Bakhtin-Dialogism21)Bachtin und sein Kreis
Bourdieu22)Werke des frz. Soziologen
DERRIDA23)Texte des frz. Philosophen und Dekonstruktion
e-edition24)Elektronische Editionen
ELIAS-L25)Forschungsansatz des Soziologen Norbert Elias
film-theory26)Theorie des Films
H-BLOOM27)Werke des Literaturwissenschaftlers H.A. Bloom
HESSE-L28)Werke von Hermann Hesse
H-RHETOR29)Rhetorik
Luhmann30)Systemtheorie des Soziologen
MEDIEV-L31)Mittelalter
MEDTEXTL32)Mittelalterliche Texte
PHIL-LIT33)Literatur und Philosophie
Popper34)Werke des Wissenschaftstheoretikers und Philosophen Popper
POSTCOLONIAL35)Postkolonialistische Literaturund Medientheorie

Die Diskussionsgruppen, die über das Usenet distribuiert werden,36) müssen mit einem eigenen Leseprogramm gelesen werden, das aber inzwischen in die populären WWW-Browser integriert ist. Anders als im Falle der Mailing-Listen hat man mit dem Leseprogramm Zugriff auf alle Usenet-Gruppen, die der jeweilige Internet-Provider anbietet.37) Das Usenet hat also den Vorteil einer einheitlichen Oberfläche, hat aber den Nachteil seiner Popularität. Die meisten Newsgroups sind unmoderiert, und der Informationsgehalt der Beiträge ist entsprechend weniger dicht. Dazu kommt das technische Problem, daß sich an Usenet-Gruppen sehr viel leichter Werbung senden läßt, der Leser also öfters mit virtuellen Wurfsendungen konfrontiert wird, die ihm schnellen Reichtum oder digitale sexuelle Erfüllung verheißen.

Die Leseprogramme offerieren auch die Möglichkeit in der Gesamtliste, die über 12.000 Einträge hat, nach Stichworten suchen zu lassen. Eine Zusammenstellung akademisch interessanter Gruppen findet sich ebenfalls in der Kovac-Liste, jeweils nach den Mailing-Listen. Newsgroups, die für deutsche Literaturwissenschaftler interessant sein könnten, sind noch seltener als Mailing-Listen.

Die Namenskonvention von Newsgroups ähnelt der von Unterverzeichnissen: Zuerst kommt der hierarchische Oberbegriff (z.B. 'rec' (recreation), 'comp' (computer), 'sci' (science)), dann folgt die jeweilige Spezifizierung, z.B. 'sci.cognitive' (Kognitionswissenschaften), oder der Stammbaum von 'sci.psychology.*', der z.B. 'sci.psychology.theory' (Theorie der Psychology) umfaßt. Bezeichnenderweise hat die Kategorie 'humanities' lediglich 6 Untereinträge.

Zeitschriften

Zeitschriften sind bislang das wesentliche Medium der Fachkommunikation. Fachzeitschriften sind notorisch teuer, und die Kosten sind in den letzten Jahren in einigen Fachgebieten so stark angestiegen, daß Bibliotheken nicht nur wegen ihrer Etatkürzungen zum Abbestellen gezwungen sind. Da renommierte Fachzeitschriften für Verlage ein interessantes Geschäft darstellen, verwundert es nicht, daß die Wissenschaftsverlage an der Digitalisierung von Zeitschriften großes Interesse haben, da sie auf diese Weise ihre Rechte gleich mehrfach verwerten können. Es hat sich eine ganze Palette von Geschäftsmodellen etabliert: Die Website als bloßer Werbeträger für das Druckprodukt; eine Aufwertung der Website durch Inhaltsverzeichnisse, Abstracts, Textproben;38) die digitale Parallelversion, die Volltextrecherche möglich macht.

Für den Wissenschaftler haben die letzten beiden Formen der Digitalisierung, die manchmal mit einer Retrodigitalisierung verbunden ist, also der Konvertierung der alten Jahrgänge in elektronischen Text, einige Vorteile: Er kann sich schnell über neue Literatur informieren und evtl. sogar relevante Aufsätze komplett auf den eigenen Arbeitsplatzrechner kopieren. Die Nachteile bleiben anfangs verborgen, da in erster Linie die Bibliotheken davon betroffen sind: Eine weitere, deutliche Erhöhung der Preise und eine oft nicht billige Infrastruktur, da die Arbeitsplätze mit Rechner und Internetzugang ausgestattet sein müssen.

Elektronische Zeitschriften sind nicht einfach zu finden, da sie als WWW-Seiten, ftp-Server oder als E-Mail realisiert sein können. Es gibt einige Versuche, wissenschaftliche E-Journale zu verzeichnen: Die Liste von "e.journal" enthält vor allem englischsprachige Zeitschriften. Ein Projekt an der Universität Regensburg hat einen Katalog wissenschaftlicher Zeitschriften mit Volltexten zusammengestellt,39) das m.E. den besten Zugriff auf E-Journale ermöglicht. Hingewiesen sei noch auf ein umfangreiches Verzeichnis von Fachzeitschriften unter der Rubrik "Professional Kiosk" von Euroweb, das allerdings nur Postanschriften der Verlage enthält.

Ein sehr renommiertes Unternehmen, in dem zahlreiche Zeitschriften geisteswissenschaftlichen Inhalts digitalisiert worden sind und werden, ist das Projekt Muse. Zu den Zeitschriften zählen u.a. "Journal of the History of Ideas", "Eighteenth Century Studies", "Modern Fiction Studies". Man kann mittels einer Suchmaschine in den Zeitschriften suchen.40) Textzugriff haben jedoch nur zahlende Kunden. Archiviert wird im Project Muse auch eine der renommiertesten kulturwissenschaftlichen Zeitschriften, die nur elektronisch publiziert wird: "Postmodern Culture". Bereits seit 1990 erscheinen dort Aufsätze zu Fragen, die postmoderne Theoretiker bewegen.

Bezeichnenderweise erscheinen einige der deutschsprachigen elektronischen Zeitschriften im angelsächsischen Sprachraum, z.B. die "Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht : Didaktik und Methodik im Bereich Deutsch als Fremdsprache"41) an der Universität Alberta in Kanada und die Zeitschrift "glossen. eine internationale zeitschrift zu literatur, film und kunst nach 1945"42) in den USA

Ebenfalls zum Typus reiner elektronischer Zeitschriften zählen "Philologie im Netz" und die "Computerphilologie". Beide Projekte erscheinen erst seit 1997. "Philologie im Netz"43) ist m.W. der erste Versuch, in Deutschland eine literaturwissenschaftliche Zeitschrift nur in digitaler Form zu veröffentlichen. Die Erscheinungsweise ist, wie bei einer Druckzeitschrift, vierteljährlich. Die "Computerphilologie"44) publiziert Artikel, sobald sie von der Redaktion akzeptiert worden sind. Sie enthält Aufsätze zur Anwendung des Computers in der Literaturwissenschaft, Rezensionen von Büchern und elektronischen Texten und Praxisberichte.

Vorteile und Probleme elektronischer Fachkommunikation in der Germanistik

Die Vorteile elektronischer Zeitschriften, die hier stellvertretend für elektronische Fachkommunikation stehen sollen, liegen auf der Hand, seien aber hier noch einmal genannt: Digitale Zeitschriften sind schneller als gedruckte. Schneller heißt: Sie sind schneller produziert und verkürzen damit die Zeit zwischen Abgabe eines Artikels und Veröffentlichung erheblich, insbesondere wenn sie von einer periodischen Publikation abgehen. E-Journale sind einfacher zugänglich. Durch die zunehmende Vernetzung auch der Geisteswissenschaften können viele Wissenschaftler inzwischen von ihrem Arbeitsplatz aus direkt auf die Zeitschriften zugreifen. Die Distribution von E-Journalen ist radikal vereinfacht gegenüber den Druckmedien, da das Internet von Wissenschaftlern meist kostenlos genutzt werden kann. Texte in elektronischen Zeitschriften sind sehr viel einfacher mit thematisch verwandten Beiträgen zu verbinden (Vernetzung mit Links), und in der großen Menge von Forschungsliteratur kann man in E-Journalen mittels elektronischem Information Retrieval sehr viel schneller und effektiver eine Vorauswahl treffen. Auch die Integration von Nichttext-Informationen, also Grafiken, Bildern, Filmen, Audiosequenzen, die im Druckmedium an technischen oder finanziellen Hürden scheiterte, läßt sich im elektronischen Medium relativ einfach realisieren.

Diesen Vorteilen stehen die Nachteile gegenüber: Es gibt zur Zeit technische, organisatorische und Mentalitätsprobleme, wenn man auf elektronische Fachkommunikation umstellen will. Zu den technischen Problemen gehört gehört die Entwicklung eines komplexeren Textauszeichnungsstandards für das Netz als HTML ihn bietet; eine Lösung zeichnet sich inzwischen durch die Empfehlung des XML Standards durch das WWW-Consortium ab. Digital Object Identifier ermöglichen als weiteren Schritt die Trennung der Bezeichnung (jedes digitale Objekt, Text, Film usw. hat nach diesem Vorschlag eine eindeutige Identifikationsnummer) einer Quelle von ihrer physischen Aufbewahrung.

Zu den organisatorischen Problemen gehört die Neuverteilung der Aufgaben bei der Produktion und Distribution innerhalb der Fachkommunkation. Normalerweise wird heute zwischen den Rollen Produktion, Distribution und Archivierung unterschieden. Die Produktion ist inzwischen fast komplett in die Hände der Wissenschaftler selbst gelangt - lediglich der Druck wird zumeist noch von den Verlagen überwacht. Die Distribution ist durchs Internet erheblich vereinfacht. Aber das große Problem ist die Archivierung der Daten. Die Frage ist im Augenblick, wer die Archivierung und Pflege elektronischer Daten übernehmen soll. Diese Auseinandersetzung findet zwischen Verlagen und Bibliotheken statt. Die amerikanische Entwicklung zeigt, daß proprietäre Index- und Verweissysteme und im Vergleich zum Erwerb von Druckpublikationen gestiegene Kosten den Bibliotheken und bald dann auch deren Benutzern das Leben schwer machen. Die Bibliotheken haben als schwerfälligere Verwaltungsgebilde bislang nicht immer die notwendige Flexibilität und Anpassungbereitschaft an diese neuen Entwicklungen gezeigt, neuere Projekte an den großen Archiv- und Forschungsbibliotheken sprechen aber für eine gewandelte Stimmung.

Zu diesen technischen und organisatorischen Problemen kommt die Einstellung der Geisteswissenschaftler. Sie erwarten von ihrem Publikationsmedium eine Durabilität, die mit der ihres Forschungsgegenstandes vergleichbar ist. Ebendiese langfristige Garantie der Verfügbarkeit und Integrität der Texte stellt aber, wie gesagt, noch ein Problem dar, zu dessen Lösung zwar einige Ansätze bestehen, die aber noch nicht zu einem gängigen Standard vereinheitlicht sind. Wissenschaftler publizieren, um mit ihren Kollegen zu kommunizieren und um dabei auch ihr Ansehen im Fach zu steigern. Der Inhalt eines Texts trägt zum symbolischen Kapital des Renommees stets nur einen Teil bei. Der Kontext, also das Renommee des Verlags, der Herausgeber, des Mediums, trägt weiteres dazu bei. Geisteswissenschaftler haben zudem oft Vorbehalte gegenüber technischen Innovationen, auch wenn sich die handfesten Vorteile auf Dauer durchsetzen, wie man an der Diskussion um die elektronische Textverarbeitung vor rund 10-15 Jahren ablesen kann. Hier haben elektronische Publikationen einen schweren Stand, der sich m.E. erst durch ein Doppeltes leichter gestalten wird. Zum einen müssen die sachlichen Probleme gelöst werden, die zu den Vorbehalten gegenüber dem Medium beitragen. Zum anderen wird man vielleicht auch auf eine Generation warten müssen, die mit E-Journalen aufgewachsen ist.

Es gehört zum Mythos elektronischer Kommunikation, demokratischer zu sein. Wahrscheinlich ist diesmal sogar ein wenig Wahrheit in diesem Klischee enthalten, doch diese größere Gleichberechtigung der Kommunikationsteilnehmer hat auch eine Schattenseite. Positiv gewendet, könnte man sagen, jeder darf, die negative Seite lautet: jeder kann. Soll elektronische Fachkommunikation tatsächlich eine erfreuliche Zukunft haben, dann muß sie auch die Funktion eines Filters übernehmen, ohne ihre Vorzüge - Schnelligkeit des Zugriffs - dafür aufzugeben. Das wird die Aufgabe der Wissenschaftler sein, die die neuen Formen der Fachkommunikation erfinden und verwenden.

1) "Protokoll" bezeichnet eine vorgeschriebene Folge von Informationen, die Maschinen austauschen müssen, um eine Transaktion zu vollziehen. Klickt ein Anwender im WWW auf einen Link (z.B. "http://www.uni.de/index.txt"), dann wird das http-Protokoll (=hypertext transfer protocol) verwendet. Der Rechner, an dem der Anwender sitzt, schickt an den im Link bezeichneten Rechner ("www.uni.de") eine Reihe von Textzeilen. Die erste lautet im Beispielsfall: "GET index.txt HTTP/1.0". Der Zielrechner antwortet, wenn alles gut geht, mit dem angeforderten Dokument, dem eine Reihe von Informationszeilen vorangestellt sind. Die erste davon enthält die Angabe, daß die Transaktion erfolgreich war: "HTTP/1.0 200 OK". War die Transaktion nicht erfolgreich, z.B. weil das Dokument nicht mehr existiert, dann kommt eine Fehlermeldung, in der die bekannte Zahl 403 bzw. 404 auftaucht. - Internet-Protokolle werden in sogenannten RFC (request for comments) festgelegt. Eine Liste aller RFCs findet man auf der RFC Editor Homepage. 25.8.1998 http://www.rfc-editor.org/

2) Vgl. Text Encoding Initiative. 25.8.1998 http://www.uic.edu:80/orgs/tei/

3) Vgl. dazu den Beitrag von Ulrike Steierwald in diesem Band.

4) Vgl. Epochenbeschreibungen. Xlibris. 25.8.1998 http://www.xlibris.de/Autoren/Frames/EFrame.htm

5) Vgl. Voice of the Shuttle. Literary Theory Page. Alan Liu. 25.8.1998 http://humanitas.ucsb.edu/shuttle/theory.html

6) Vgl. Computerphilologie. Karl Eibl, Volker Deubel, Fotis Jannidis. 25.8.1998 http://computerphilologie.uni-muenchen.de/

7) Vgl. DFG-Projekt Romantische Anthropologie. Ulrike Wunderlich. 25.8.1998 http://www.fernuni-hagen.de/EUROL/Projekt/RomAnthr.htm

8) Vgl. Deutsche Dichterhandschriften des Poetischen Realismus. Richard Hacken, Marianne Siegmund. 25.8.1998 http://library.byu.edu/~rdh/prmss/index.html

9) Contemporary Philosophy of Mind: An Annotated Bibliography. David Chalmers. 25.8.1998 http://ling.ucsc.edu/~chalmers/biblio.html

10) Gemeint ist das xxx.lanl.gov e-Print archive. Los Alamos National Laboratory. 25.8.1998 http://xxx.lanl.gov/

11) In Deutschland beginnt nun die Deutsche Bibliothek auch elektronische Dissertationen und Habilitationen zu archivieren; ein entsprechender Server namens DEPOSIT.DDB.DE ist im Aufbau, vgl. Die Deutsche Bibliothek. 25.8.1998. http://www.ddb.de/ SW "Sammlung von Netzpublikationen".

12) Vgl. Fernuniversität Hagen. 25.8.1998 http://www.fernuni-hagen.de/. Ein weiteres Beispiel findet sich beim Department of Molecular, Cellular and Developmental Biology der University of California, Santa Barbara. 25.5.1998 http://lifesci.ucsb.edu/MCDB/video/

13) Vgl. den Beitrag von Alan Ng in diesem Band, der selbst eine Linksammlung zur Germanistik pflegt.

14) Vgl. Liszt. 25.8.1998 http://www.liszt.com/ und Publicly available mailing list. 25.8.1998 http://www.neosoft.com/internet/paml/

15) Vgl. Directory of Scholarly and Professional E-Conferences. Diane F. Kovacs. 25.8.1998 http://www.n2h2.com/KOVACS/

16) Subskriptionsadresse: listserv@h-net.msu.edu. Vgl. jetzt auch die Diskussionsform in IASL online. 17.12.98 http://iasl.uni-muenchen.de

17) H-Net. Humanities and Social Sciences Online. 25.8.1998 http://www.h-net.msu.edu/

18) H-Soz-u-Kult. Homepage. 25.8.1998. http://www.h-net.msu.edu/~sozkult/. Dort findet sich auch eine Online-Seite, um die Liste zu abonnieren.

19) Die Herausgeber und Redakteure der Liste sind Karsten Borgmann, Peter Helmberg, Rüdiger Hohls, Konrad Jarausch und Ralf Woltz.

20) Subskriptionsadresse: listserv@psuvm.psu.edu.

21) Subskriptionsadresse: majordomo@lists.village.virginia.edu. Das Archiv ist zugänglich über die Homepage des 'Spoon-Kollektivs', das eine Reihe von Theorie-Listen beherbergt: http://jefferson.village.virginia.edu/~spoons. Vgl. die Homepage des 'Spoon-Kollektivs', das eine Reihe von Theorie-Listen managt: http://lists.village.virginia.edu/~spoons/

22) Subskriptionsadresse: majordomo@lists.village.virginia.edu.

23) Subskriptionsadresse: listserv@cfrvm.cfr.usf.edu. Archiv: http://www.cas.usf.edu/journal/index.html

24) Subskriptionsadresse: e-edition-request@dla-marbach.de.

25) Subskriptionsadresse: listserv@nic.surfnet.nl.

26) Subskriptionsadresse: majordomo@lists.village.virginia.edu.

27) Subskriptionsadresse: LISTSERV@LISTSERV.aol.com.

28) Subskriptionsadresse: listserv@cmsa.berkeley.edu.

29) Subskriptionsadresse: listserv@msu.edu.

30) Subskriptionsadresse: listserv@vm.gmd.de.

31) Subskriptionsadresse: listserv@ukanvm.cc.ukans.edu.

32) Subskriptionsadresse: listserv@postoffice.cso.uiuc.edu.

33) Subskriptionsadresse: listserv@tamvm1.tamu.edu.

34) Subskriptionsadresse: listserv@sjuvm.stjohns.edu.

35) Subskriptionsadresse: majordomo@lists.village.virginia.edu.

36) Das Usenet basiert, wie schon erwähnt, auf einem eigenen Protokoll, dem nntp.

37) Im Fall von Universitätsnetzen sind dies zumeist sehr viele, ausgeschlossen sind oft die Gruppen, deren Namen auf pornographischen Inhalt schließen lassen.

38) Z.B. Sprache im technischen Zeitalter. Walter Höllerer, Norbert Miller, Joachim Sartorius. 25.8.1998 http://www.shnet.de/spritz/ oder IASL online. 16.12.98 http://iasl.uni-muenchen.de

39) Elektronische Zeitschriftenbibliothek. Universitätsbiliothek Regensburg. 25.8.1998 http://www.bibliothek.uni-regensburg.de/ezeit/

40) Suchmaschine zum Project Muse : http://calliope.jhu.edu/plweb-cgi/smart.cgi.

41) Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht. Britta Hufeisen, Manfred Prokop. 25.8.1998 http://www.ualberta.ca/~german/ejournal/ejournal.html

42) glossen. Gerrit-Jan Berendse u.a. 25.8.1998 http://www.dickinson.edu/departments/germn/glossen/heft1/supertitel2.html

43) Philologie im Netz. Paul Gévaudan, Peter Schneck, Dietrich Scholler, Hiltrud Schweitzer. 25.8.1998 http://www.fu-berlin.de/phin/

44) Computerphilologie. Karl Eibl, Volker Deubel, Fotis Jannidis. 25.8.1998 http://computerphilologie.uni-muenchen.de/ejournal.html


Stand: 25.1.99
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