Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
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Wörterbuch der deutschen Sprache


99-1/4-493
Wörterbuch der deutschen Sprache / hrsg. von Gerhard Wahrig. Neu hrsg. von Renate Wahrig-Burfeind. - Orig.-Ausg., Neuausg. Juli 1997. - München : Deutscher Taschenbuch-Verlag, 1997. - 1152 S. ; 19 cm. - (dtv ; 3366). - ISBN 3-423-03366-5 : DM 29.90
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99-1/4-494
Wörterbuch der deutschen Sprache [Computerdatei] / hrsg. von Gerhard Wahrig. Neu hrsg. von Renate Wahrig-Burfeind. - München : Deutscher Taschenbuch-Verlag, 1997. - 1 CD-ROM in Behältnis. - ISBN 3-423-52102-3 : DM 49.00
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Am entschiedensten auf die Bedeutungserklärung bezogen ist unter den bisher besprochenen Werken das Deutsche Wörterbuch von Bünting. Noch stärker konzentriert sich die Neubearbeitung des Wahrigschen dtv-Wörterbuchs auf die Bedeutung und vor allem auf die Kollokationen; es ist also zugleich ein Stilwörterbuch. Die neue Rechtschreibung ist berücksichtigt, und nur diesem Aspekt gilt die folgende Besprechung.

Einleitend wird behauptet, es seien "die im neuen amtlichen Regelwerk zur Rechtschreibung verzeichneten Stichwörter eingearbeitet". Davon kann keine Rede sein. Weder sind die Stichwörter aus dem Teil A der Neuregelung aufgenommen noch die Wörter des amtlichen Wörterverzeichnisses, das integraler Bestandteil der Neuregelung ist. Das wäre auch beim sehr begrenzten Gesamtbestand von 20.000 Stichwörtern nicht möglich gewesen. Die Stichwortauswahl reicht gerade aus, um den Bestand dieses Wörterbuchs sehr heterogen zu machen, brauchbarer wird es dadurch aber nicht. Manche an sich seltenen Wörter sind anscheinend wegen des amtlichen Wörterverzeichnisses aufgenommen, z.B. schnuddelig/schnuddlig oder der obsolete Frigidär. Ebenso wie im amtlichen Wörterverzeichnis fehlt aber der etwas vulgärere Wortschatz, der immerhin zum Umgangston breiter Bevölkerungsschichten gehört.

Auch das dtv-Wörterbuch gibt längst nicht alle Trennmöglichkeiten an. Es fehlen Einzelfälle wie vol-lenden, obwohl gerade dies ausdrücklich im amtlichen Regelwerk steht, sowie ganze Gruppen wie Konf-likt, Kont-rast, Kont-rolle, Prog-ramm usw., wogegen sehr wohl verzeichnet sind: komp-lett, Komp-lizin, Kont-rakt, Prog-nose, Reg-ress usw. - Daß die wohletablierten Präfixe kon/kom, pro und re eine solche Trennweise überflüssig machen, wird nicht erwogen. Wiederum muß auch nach der Eigenständigkeit und dem lexikographischen Verantwortungsbewußtsein gefragt werden. Der Eifer, möglichst alle theoretischen Trennstellen anzugeben, führt zu Buche-cker usw. Warum stehen solche ungewollten Nebenfolgen einer "Regelvereinfachung" im Wörterbuch, wo doch in der gesamten Begleitliteratur davor gewarnt wird, sie anzuwenden? Geht es um eine Dokumentation des lexikographischen Kadavergehorsams gegenüber den Kultusministern? Immerhin ist hauptsächlich der Trenneifer dafür verantwortlich, daß zu den 20.000 Einträgen mehr als 3.000 unterstrichene Neuschreibungen kommen. Diese Proportion stimmt bemerkenswert überein mit Auszählungen am neuen Duden: 115.000 Einträge, über 18.000 Neuerungen, vor allem aufgrund der Trennungen.

Den Wörterbuchzynismus, den wir im DUW zu erkennen meinten, finden wir auch hier. Hinter dem neuerdings groß zu schreibenden Abend steht "<Adv.>". Gedacht ist an Verbindungen wie heute Abend, wo freilich ein Substantiv nicht hinpaßt. Aber seit wann werden Adverbien groß geschrieben?

Die Informationen zur neuen deutschen Rechtschreibung im Anhang sind sehr fehlerhaft.

Die Tugenden des dtv-Wörterbuchs liegen in der genauen und vollständigen Erfassung der Kollokationen, doch ist das nicht Gegenstand unserer Betrachtung. Die Rechtschreibreform jedenfalls hat auch dieses schöne Buch verdorben. Im Vorwort gibt die Bearbeiterin zu erkennen, daß sie sich dessen sehr wohl bewußt ist. Einige Worte verdienen zitiert zu werden: "Vor diesem turbulenten orthographischen Hintergrund ein Wörterbuch der deutschen Sprache zu bearbeiten, kehrt die lexikographische Tätigkeit, die sich üblicherweise mit der Vergangenheit und der Gegenwart des Sprachgebrauchs befasst, in ihr Gegenteil. Die heute alles beherrschende Frage lautet: Wie schreibt man in Zukunft?" Die Antwort liegt auf der Hand: So ganz bestimmt nicht!

Duden, Praxiswörterbuch zur neuen Rechtschreibung


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