Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
[ Bestand in K10plus ]
[ Bestand in K10plus ]
[ Bestand in K10plus ]

Biographisches Lexikon des russischen Heidelberg


99-1/4-466
Biographisches Lexikon des russischen Heidelberg / Willy Birkenmaier. - 2. Aufl. - Heidelberg : Institut für Übersetzen und Dolmetschen der Universität Heidelberg, Russische Abteilung, 1998. - 171 S. ; 21 cm. - (Russica palatina ; 27). - DM 5.00 zzgl. Porto. - (Institut ..., Plöck 57a, 69117 Heidelberg)
[5566]

Willy Birkenmaier, der Leiter der Russischen Abteilung des Instituts für Übersetzen und Dolmetschen der Universität Heidelberg hat seinen historischen Überblick über Das russische Heidelberg von 1995[1] um ein biographisches Lexikon ergänzt, das 1998 in wesentlich erweiterter Auflage erschienen ist. Er behandelt den Zeitraum von 1815 bis 1914, der für Heidelberg von besonderer Bedeutung ist, nicht aber die Phase nach 1917, die zu drei großen Emigrationswellen führte. Für den Zeitraum 1803 bis 1815 verweist Birkenmaier auf eine ebenfalls in seiner Reihe erschienene Ausarbeitung des Historikers Sergej Svatikov.[2] Die von ihm als eine Quelle genannte Diplomarbeit von Gesa Bock ist nicht in der Reihe erschienen, also praktisch unerreichbar.[3]

Russische Staatsangehörige, die in diesem Zeitraum an der Universität Heidelberg studiert haben, wurden möglichst vollständig einbezogen, ferner solche, "die im weitesten Sinne eine gewisse Rolle in den Bereichen Kunst, Literatur und Politik gespielt haben" (S. 1), also z.B. Nikolaj Pirogov, nach dem die 1862 gegründete "Lesehalle" benannt ist, die 1931 den Grundstock der Bibliothek des Slavischen Instituts bildete,[4] Ivan Turgenev, der in den 60er Jahren mehrfach Heidelberg besuchte oder Osip Mandel'stam, der im Wintersemester 1909/10 Student der Philosophischen Fakultät gewesen ist. Die Vielzahl der Nationalitäten im Russischen Imperium bedingt, daß viele Nichtrussen die russische Staatsangehörigkeit besaßen und dementsprechend ist auch der spätere CSU-Bundestagsabgeordnete Baron Georg von Manteuffel-Szoege als Student von 1909 - 1911 verzeichnet, da er als Deutscher aus dem Baltikum (Kurland) kam. Die Angaben im Einzelfall sind knapp gehalten. Soweit ermittelt, werden Geburts- und Todesjahr sowie -ort genannt, ferner Beruf, Religionszugehörigkeit, Zeitpunkt des Aufenthalts in Heidelberg und Quelle(n). Vergleicht man die Angaben über Siegfried Vegesack mit Kröners Lexikon der Weltliteratur, bedauert man, daß bei dem Geburtsort auf die nähere Angabe "bei Womar/Livland" verzichtet wurde. Die Angabe des Ortes oder Gouvernements in Rußland, von wo die in das Lexikon Aufgenommenen kamen, wäre von Interesse gewesen. Birkenmaier geht aber davon aus, daß sich über fast alle 2500 Genannten nähere Angaben in anderen Lexika finden, die er unter den Quellen anführt. Er will lediglich auf ihre Aufenthalte in Heidelberg verweisen.

Erweitert ist das Lexikon um ein Verzeichnis der etwa 170 Heidelberger Dissertationen russischer Staatsangehöriger, und man nimmt verwundert zur Kenntnis, daß Professor Nicolai von Bubnoff, einer der Vorgänger Birkenmaiers am Dolmetscherinstitut, 1908 mit einer philosophischen Dissertation von nur 52 Seiten promoviert wurde.

Die Universität Heidelberg wurde von Russen geschätzt. Ende des vorigen Jahrhunderts entstand dort ein Zentrum sozialdemokratisch-antizaristisch eingestellter russischer Studenten. Im Rahmen der Emigrationswelle infolge des bolschewistischen Umsturzes 1917 gelangten erneut Russen nach Heidelberg, und Emigranten wie Dmitrij Tschizewski bildeten als Hochschullehrer und Rufina Sukoffski als Lektorin an der Universität (Philosophische Fakultät und Dolmetscherinstitut) zahlreiche Studentengenerationen aus. Eine Erforschung dieses Zeitraums würde Willy Birkenmaiers wertvolle Veröffentlichungen gut ergänzen.

Wolfgang Kasack


[1]
Das russische Heidelberg : zur Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen im 19. Jahrhundert / Willy Birkenmaier. - Heidelberg : Verlag Das Wunderhorn, 1995. - 205 S. - Dem Band fehlt leider ein Register. - Rez.: Osteuropa. - 46 (1996),3, S. 301 - 302. (zurück)
[2]
Russische Studenten in Heidelberg : unveröffentlichte Texte / von S. G. Svatikov. Hrsg. von Elfriede Wischhöfer. - Heidelberg : Institut für Übersetzen und Dolmetschen der Universität Heidelberg, Russische Abteilung, 1997. - 109 S. ; 21 cm. - (Russica Palatina ; 28). (zurück)
[3]
Studenten des Russischen Reiches an der Universität Heidelberg : (1862/63 - 1914) / Gesa Bock. (zurück)
[4]
Vgl. Heidelberger russische Periodika : alphabetisches Verzeichnis der 154 russischen Periodika des Slavischen Instituts und der Universitätsbibliothek Heidelberg / Hrsg.: Wolfgang Kasack. Mit einem Nachwort von Nicolai von Bubnoff: Die Bibliothek des Slavischen Instituts der Universität Heidelberg. - Heidelberg : Lambert Schneider in Komm., 1952. - 16 S. (zurück)

Zurück an den Bildanfang