Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
[ Bestand in K10plus ]

Antike Stätten am Mittelmeer


99-1/4-414
Antike Stätten am Mittelmeer : Metzler-Lexikon / in Verb. mit Stefanie Eichler ... hrsg. von Kai Brodersen. - Stuttgart ; Weimar : Metzler, 1999. - VII, 876 S. : Ill., Kt. ; 24 cm. - ISBN 3-476-01608-0 : DM 78.00
[5692]

Das vorliegende Nachschlagewerk will Reiseführer und archäologisches Lexikon zugleich sein. Zielgruppe sind Bildungs-Touristen und "alle, die sich für die antike Kultur und Geschichte der ganzen Mittelmeerwelt interessieren" Hier soll der Leser in einen "kompakten und lesbaren" Überblick erfahren "welche wichtigen antike Orte und Stätten gibt es in der Mittelmeerwelt? Worauf gründet sich ihre Bedeutung? Was kann man dort heute noch sehen? Wer hat die Stätte erforscht? Welche Museen bewahren die Schätze und Fundstücke von dort? Welche antiken Autoren haben sich über den Ort geäußert? Wo kann man weitere Informationen finden?" (Vorwort, S. V). Der zeitliche Rahmen reicht von den ersten nachweisbaren Spuren menschlicher Besiedlung bis in die Spätantike (6. Jh.).

Die Artikel sind kapitelweise nach Ländern bzw. Regionen geordnet (Iberische Halbinsel, Südfrankreich, Italien, Inseln im westlichen Mittelmeer, Balkan/Griechenland, Inseln im östlichen Mittelmeer, Türkei, Levante, Ägypten, Libyen, Maghreb) und innerhalb alphabetisch. Am Beginn jedes Kapitels befindet sich eine Kartenskizze, auf der die behandelten Örtlichkeiten verzeichnet sind. Es folgt ein mehrseitiger Überblick mit geographischen Gegebenheiten und einem (kultur)geschichtlichen Abriss der Region. Insgesamt werden 322 Orte und Stätte beschrieben. Der Schwerpunkt liegt bei der Türkei (207 Seiten, mit 52 Artikeln).

Fast jeder Beschreibung sind Schwarzweiß-Photos, Lagepläne oder Grundrißzeichnungen beigefügt. Am Ende der Artikel werden in Auswahl Quellen und Literatur verzeichnet, wobei man um Aktualität bemüht war. Antike Quellen werden teilweise mit deutschen Titeln zitiert (z.B. Diodor, Weltgeschichte ...;[1] Thukydides, Peloponnesischer Krieg ...; Strabon, Erdbeschreibung ...; etc.), bei der vor allem deutschsprachigen Fachliteratur finden sich selbständig und unselbständig erschienene Titel. Die Zitierweise der antiken Literatur dürfte Laien vor einige Probleme stellen, wenn sie die angegebenen Stellen nachlesen möchten, da es keine eigene Literaturliste mit allen angeführten antiken Quellen in deutscher Übersetzung und den wichtigsten bibliographischen Angaben gibt, an der sich ein Leser hätte orientieren können. Mit den angegebenen deutschen Titeln eine adäquate Ausgabe zu finden, dürfte schwierig sein.

Am Ende des Lexikons findet man ein Glossar der Fachbegriffe[2] (S. 865 - 870), Bibliographische Abkürzungen[3] und eine Liste der Mitarbeiter. Ein Register der Ortsnamen erschließt den Hauptteil.

Die Autoren sind redlich bemüht, den im Vorwort gemachten Vorgaben gerecht zu werden. In den Artikeln wird in der Regel auf die Bedeutung des jeweiligen Ortes hingewiesen, die die Aufnahme in das Lexikon rechtfertigt. "Gerasa ... ist ein wunderbares und eindrucksvolles Beispiel für eine gut erhaltene römisch-byzantinische Stadtanlage und zählt mit Baalbek, Palmyra und Petra zu den sehenswertesten Stätten der Levante" (S. 692). Ebenso versucht man sich explizit auf das Wesentliche zu beschränken, z.B. bei Ain Dara: "Im folgenden soll die Bebauung der Akropolis im Zentrum des Interesses stehen ..." (S. 650), oder bei Aurausio: "Besucht wird die Stadt aber ausschließlich wegen ihres berühmten Theaters und eines Stadtgründungsbogens aus der Römerzeit" (S. 30 - 31). Die stichprobenartig gelesenen Artikel enthielten stets Hinweise zur Erforschung.

Ein Vergleich mit dem bereits besprochenen Griechenland-Führer aus dem Reclam-Verlag[4] bietet sich an. Beide wenden sich an Bildungsreisende. Der Reclam-Führer ist eher für den Gebrauch vor Ort gedacht (kleines Format, geringes Gewicht), während das Metzler-Lexikon der Vor- und Nachbereitung der Reise dienen will. Bis auf Olynth und Thermos werden alle griechischen Örtlichkeiten des Metzler-Lexikons auch im Reclam-Führer beschrieben, wobei letzterer nicht immer ausführlicher ist (vgl. z.B. die Artikel Amphipolis, Brauron, Dion, Ephyra, Philippi). Die größere Ausführlichkeit des Reclam-Führers tritt selbstverständlich bei den berühmten Orten hervor (Athen, Delphi, Olympia etc.). Hier ist er dem Metzler-Lexikon eindeutig überlegen.

Aufs Ganze gesehen erfüllt das Lexikon seinen Anspruch, für interessierte Laien einen gut lesbaren und kompakten Überblick zu bieten, um Reisen in die Mittelmeer-Region vor- oder nachzubereiten. Die zitierte Literatur hilft bei der Vertiefung des Themas. Bei der Zitation antiker Literatur hätte man mehr auf die Bedürfnisse der anvisierten Leserschaft Rücksicht nehmen sollen. Auch die Aufnahme der in den Artikeln erwähnten Personen, wäre interessant gewesen. Ein gelungenes Nachschlagewerk, das zum Lesen einlädt.

Kai Heßling


[1]
Auf S. 701 jedoch ohne Titel. (zurück)
[2]
Auf S. 698 wird der Begriff Hexastylos erwähnt, jedoch nicht im Glossar erklärt. (zurück)
[3]
Hier wurde vergessen, den Neuen Pauly mit der Abkürzung DNP aufzunehmen, obwohl auf ihn verwiesen wird (S. 688, Quellen und Literatur). Die Verweisungen von einem Lexikon-Artikel auf einen anderen Lexikon-Artikeln fallen ohnehin recht bescheiden aus. (zurück)
[4]
Griechenland : ein Führer zu den antiken Stätten / von Peter C. Bol, Wolf-Dietrich Niemeier und Robert Strasser. - Stuttgart : Reclam, 1998. - 564 S. : Ill., Kt. ; 15 cm. - (Universal-Bibliothek ; 9627). - ISBN 3-15-009627-8 : DM 24.00 [4821]. - Rez.: IFB 98-3/4-305. (zurück)

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