Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
[ Bestand in K10plus ]

Lexikon Theater international


99-1/4-267
Lexikon Theater international / [Autoren: Jochanan Ch. Trilse-Finkelstein ; Klaus Hammer]. - 1. Aufl. - Berlin : Henschel, 1995. - 1024 S. ; 25 cm. - ISBN 3-89487-180-6 : DM 98.00[1]
[2745]

Das Lexikon Theater international stellt eine Neubearbeitung des im Jahre 1977 im selben Verlag erschienenen Theater-Lexikons
[2] dar. Theater als totales Theater, als Netzwerk verschiedener Künste und Tätigkeitsfelder und seine Berührungspunkte zu angrenzenden Gattungen sollen, nach dem Willen der Autoren, im Zentrum des Lexikons stehen. Zeitlich setzt es seinen Schwerpunkt auf das 20. Jahrhundert und die unmittelbare Gegenwart, inhaltlich konzentriert es sich auf das "Schauspieltheater", d.h. in diesem Falle auf Schauspieler, Regisseure, Szenographen, Dramatiker, Pantomimen, Tänzer, Puppenspieler, Choreographen, Dichter, Ästhetiker, Bühnen, Ensembles, Sachbegriffe und Überblicksdarstellungen zu einzelnen Ländern. Musiktheater und Film wurden ausgeklammert. Auf bibliographische Hinweise innerhalb der einzelnen Artikel wurde aus Platzgründen leider verzichtet.

Auch wenn sich Trilse-Finkelstein im Vorwort von der frühen, an literaturwissenschaftlichen Kategorien orientierten Theaterwissenschaft distanziert, so muß er doch eine Betonung dramaturgischer Aspekte innerhalb des Lexikons zugeben, deren Grund er in der Elaboriertheit dramaturgischer Methodologie zu sehen glaubt. Warum ist es überhaupt nötig, den Kanon bekannter Dramenautoren in das Theaterlexikon aufzunehmen, anstatt auf Schauspielführer oder Autorenlexika zu verweisen und auf die Wirksamkeit bestimmter Stücke im Rahmen von Epochen- oder Genre-Artikeln aufmerksam zu machen? Allenfalls interessant sind hier Hinweise auf Dramenautoren, die den Spielplan ihrer Zeit bestimmten, aber heute in Vergessenheit geraten sind, oder auf solche Autoren, deren theatertheoretische Arbeiten auch eine praktische Umsetzung erfuhren. Positiv ist die internationale Ausrichtung anzumerken, die sich nicht auf die Berücksichtigung (Mittel-) europäischer Zustände unter Beigabe einiger Artikel zum US-amerikanischen sowie japanischen bzw. chinesischen Theater beschränkt. Neben einer großen Zahl von Artikeln zum osteuropäischen Theater finden sich auch solche zum afrikanischen, lateinamerikanischen und asiatischen Theater, sowie zum Theater kultureller Minderheiten, z.B. zum grönländischen und tibetanischen Theater, zum arabisch-palästinensischen ebenso wie zum jüdisch-israelischen Theater. Hierin unterscheidet sich das Lexikon wohltuend von älteren einbändigen Theaterlexika. Auf das Fehlen einiger Artikel zu europäischen Ländern wird im Vorwort hingewiesen und Abhilfe versprochen. Bei der Auswahl der Personen wurden die Kriterien 1. nationale Repräsentanz, 2. internationale Relevanz, 3. Avantgardismus zugrunde gelegt, wobei die Kategorien durchaus dehnbar sind, so daß sich auch Schauspieler, die eher dem weniger innovativen Unterhaltungsgenre zuzurechnen sind, repräsentiert finden (z.B. Gustl Bayrhammer u.a.).[3]

ter Die Sachartikel befinden sich in der Regel auf dem neuesten Stand der Forschung und sind gut gegliedert, der Bedeutungsvielfalt und dem Bedeutungswandel von Begriffen wird Rechnung getragen. Die Personalartikel referieren über Name, Lebensdaten, wichtige Werke und werten die Arbeit, zum Teil durch ausgewählte Zitate. Aus der Gruppe der Tänzer / Choreographen sind leider wichtige Persönlichkeiten nicht vertreten (z.B. Maurice Béjart u.a.); es ist zu hoffen, daß diese Lücken bei einer Überarbeitung geschlossen werden.

Insgesamt bietet das Lexikon Theater international in einem Band mit ca. 3800 Artikeln eine gut strukturierte - wenn auch zum Teil noch ergänzungsbedürftige - Informationsübersicht für Laien und Fachleute, die sich jedoch, ebenso wie das Lexikon von Sucher (s.u. IFB99-1/4-268) auf die sog. Hochkultur beschränkt und populäre Formen der Unterhaltung weitestgehend ignoriert.[4]

Peter Schmitt


[1]
Im Oktober 1999 im modernen Antiquariat für DM 39.65 angeboten (Franz A. Taubert, Postfach 1557, 38657 Bad Harzburg, FAX 05322/53278). (zurück)
[2]
Theater-Lexikon / Christoph Trilse ; Klaus Hammer ; Rolf Kabel. - Berlin : Henschel, 1977. - 624 S. (zurück)
[3]
Für den deutschsprachigen Raum wurden bewußt auch weniger berühmte oder innovative Schauspieler berücksichtigt, um den Leserinteressen entgegenzukommen. (zurück)
[4]
Da in diesem zahlreiche Bände aus der Reihe der Auszüge aus der Encyclop‘dia universalis besprochen worden sind, soll es bei einem reinen Titelnachweis für den Band aus derselben Reihe über das Theater sein Bewenden haben:
Dictionnaire du théâtre. - Paris : Encyclop‘dia Universalis ; Albin Michel, 1998. - 923 S. ; 21 cm. - ([Les dictionnaires] Encyclop‘dia universalis). - ISBN 2-226-10539-5 : FF 170.00 [5355]. (zurück)

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