Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
[ Bestand in K10plus ]

Albrecht Dürer: Die Gemälde der Alten Pinakothek


99-1/4-243
Albrecht Dürer: Die Gemälde der Alten Pinakothek / Hrsg.: Bayerische Staatsgemäldesammlungen München. Gisela Goldberg ; Bruno Heimberg ; Martin Schawe. - Heidelberg : Braus, 1998. - 600 S. : zahlr. Ill. ; 31 cm. - ISBN 3-89466-216-6 : DM 148.00
[5269]

Für einen Sonderbestand der Alten Pinakothek allerdings gilt es, die bisherigen Ausführungen zu modifizieren. Gemeint ist der Bestand an Bildern Albrecht Dürers. Nachdem etliche der Dürer-Bilder der Alten-Pinakothek nach einem Säureattentat 1988 schwer beschädigt wurden, so die Bilder Maria als Schmerzenmutter, drei Tafeln des Paumgartner-Altars und die Glimsche Beweinung, konnten die meisten von ihnen nun restauriert und soweit wie möglich wiederhergestellt zur Wiedereröffnung des Gebäudes den Museumsbesuchern erneut gezeigt werden. Die Restaurierung der Dürer-Bilder wurde begleitet von eingehenden gemäldetechnologischen Untersuchungen, deren Ergebnisse nun zusammen mit den neuesten Erkenntnissen der Dürer-Forschung in einem separaten Bestandsverzeichnis publiziert wurden. Dieser Dürer-Katalog läßt wissenschaftlich und dokumentarisch kaum Wünsche offen. Nach Ausführungen zur Geschichte der Münchner Dürer-Sammlung, zur Maltechnik Dürers und seinen Malmaterialien, werden die Ergebnisse der röntgenologischen Analyse und die Verfahrensweisen zur Retuschierung der Verluste durch das Säureattentat im Überblick vorgestellt. All diese Beiträge münden in den eigentlichen Katalogteil. Hier wird jedes Bild umfassend wissenschaftlich dokumentiert: der Gesamtansicht des Bildes folgen die Daten: Titel, Datierung, Inventarnummer, Angaben zum Bildträger (Material, Maße, Konstruktion, heutiger Zustand), zur Grundierung (Farbe; Füllstoff; Bindemittel, Grundiergrat, Oberflächenstruktur, Imprimitur), zur Malschicht (Maße der bemalten Fläche, Pigmentanalyse, Bindemittel, Unterzeichnung, Vergoldung, heutiger Zustand), zu Firnis, Signatur und Rückseitenbeschriftungen und zum Rahmen. Detailansichten, Röntgen- und Infrarotaufnahmen schließen an. Den Eintrag zu jedem Bild beschließt ein umfangreicher Textteil mit Bildbeschreibung, Entstehungsgeschichte, Forschungsstand, Ausführungen zu Einzelaspekten wie die Rekonstruktion früherer Bildzusammenhänge, Bildikonographie, Bestimmungsort, Rezeption, Provenienzen usw., Nachweise der Bildstandorte seit der Erwerbung in München sowie Literaturangaben. Gelegentlich werden Dokumente als Anhang ergänzt. Der Gesamtkatalog der Dürer-Bilder der Alten Pinakothek wird noch erweitert um ein Verzeichnis von Kopien nach Dürer-Werken, um eine Konkordanz der Inventare und Kataloge und um ein umfangreiches Literatur- und Abbildungsverzeichnis. Beurteilt man die aktuelle Katalogsituation für die Alte Pinakothek in München so ist dieser Dürer-Katalog zum neuen Verzeichnis inhaltlich wie gestalterisch ein unabdingbares Seitenstück. Für diesen zentralen Sonderbestand der Sammlung präsentiert die Alte Pinakothek zu ihrer Wiedereröffnung somit auch einen wissenschaftlichen Anforderungen genügenden aktuellen Katalog.

Gemäldegalerie <Berlin>

Die wechselvolle Geschichte einer Sammlung und ihrer Unterbringungen ist vor allem aber ein Berliner Thema. Mit München vergleichbare Kontinuitäten in Aufbau und Präsentation der Sammlung waren jedenfalls hier nicht möglich. Die Bedeutung der Berliner Sammlung begann im wesentlichen erst nach 1797 mit ihrem systematischen Aufbau nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten unter Alois Hirt; als königliche Sammlung sollte sie exemplarisch und hochkarätig die Geschichte der Malerei nach Schulen und Epochen geordnet präsentieren. Ihre Unterbringung mündete nach Planung der Museumsinsel durch Schinkel in den schließlich 1904 unter Wilhelm von Bode bezogenen Neubau, den sog. Kaiser-Friedrich-Museum. Hier verblieb die Sammlung bis 1939. Die kriegsbedingten Auslagerungen großer Teile des Bestands in verschiedenen Berliner Stadtteilen und nach Thüringen waren Ausgangspunkt für die nach 1945 erfolgte Teilung der Sammlung entsprechend den politischen Gegebenheiten der Auslagerungsorte. Die in den Westberliner Stadtteilen ausgelagerten Bilder und die von den Amerikanern aus Thüringen nach Westdeutschland verbrachten Bestände bildeten den "West-Bestand", organisatorisch und rechtlich schließlich als Teil der 1957 geschaffenen Stiftung Preußischer Kulturbesitz ausgewiesen; von der Sowjetarmee wurden die überwiegend in Ostberlin (auf der Museumsinsel) verbliebenen Sammlungsteile übernommen und schließlich wieder im seit 1956 sogenannten Bode-Museum (dem alten Kaiser-Friedrich-Museum) präsentiert. Seitdem entwickelten sich die beiden Teile der Gemäldegalerie als eigenständige Sammlungen; entsprechend erfolgte auch eine separate Katalogisierung und wissenschaftliche (Teil-)Erschließung nach 1960. Erst die Wiedervereinigung erforderte und ermöglichte Überlegungen zu einer Zusammenführung und Neuordnung der beiden Sammlungen, ein Prozeß, der - zumindest teilweise - auch jetzt noch nicht abgeschlossen ist, verfolgt man nur die Diskussion um die weitere Funktion und Konzeption der Museumsinsel.

Die Brüche in der Sammlungsgeschichte vor allem dieser letzten 50 Jahre spiegelt sich nicht zuletzt in der wechselnden und nicht einfach zu durchschauenden Benennung der Sammlung in einzelnen Zeitabschnitten und Unterbringungsphasen. Als Teil der Königlichen, nach 1918 Staatlichen Museen war die Gemäldesammlung bis 1945 Nationalgalerie. Von 1945 bis 1989 (bzw. rechtlich bis 1991) waren ihre Bestände geteilt; die Schlagwortnormdatei behilft sich für diesen Zeitraum mit der Unterscheidung der Berliner Sammlung in Nationalgalerie <Ost> und Nationalgalerie <West>. Die im Westen erhaltenen Bestände waren dabei seit 1957 organisatorisch wie rechtlich ausgewiesen als Teil der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, somit als Gemäldegalerie Teil der Staatlichen Museen Berlin <West>. Die in Ostberlin verbliebenen Bestände bildeten die Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin (Ost). Zur einfacheren Unterscheidung von Teilbeständen wird - verstärkt nach 1989 - im Sprachgebrauch auch eine Verknüpfung mit ihren jeweiligen Unterbringungen herangezogen: Museum (Gemäldegalerie) Dahlem, Bode-Museum (für die im alten Kaiser-Friedrich-Museum auf der Museumsinsel verbliebenen Bestände) usw. Mit 1998 nun und mit der Zusammenführung eines großen Teils der Malereibestände an einem Ort stellt sich die Begrifflichkeit für die einzelnen Sammlungsteile und für ihre Unterbringung für uns folgendermaßen dar: Als Gemäldegalerie Berlin wird die zusammengeführte Sammlung an europäischer Malerei des 13. - 18. Jahrhunderts bezeichnet; sie ist jetzt (überwiegend) untergebracht im nach 1989 von Hilmer und Sattler errichteten Museum am Kulturforum und damit zugleich in enger Nachbarschaft zu Kupferstichkabinett und Kunstbibliothek, die als (Teil-)Realisierungen vorangegangener Westberliner Museumsplanungen noch in den 80er Jahren fertiggestellt wurden. Die Bezeichnung Alte Nationalgalerie ist jetzt dem (z.Zt. wegen Sanierung und Neuplanung für die gesamte Museumsinsel geschlossenen) Bode-Museum vorbehalten und somit den dort noch verbliebenen (Rest-) Beständen an großformatiger Malerei vor 1800 und an Malerei und Skulptur des 19. Jahrhunderts aus dem Ostberliner Sammlungsteil. Als Galerie der Romantik wird der Westberliner Teil der Sammlung an Malerei des 19. Jahrhundert bezeichnet, der weiterhin in Schloß Charlottenburg untergebracht und zugänglich ist. Wie für die Bestände an Malerei des 19. Jahrhunderts insgesamt nach Abschluß der Sanierungsarbeiten auf der Museumsinsel die Sammlungsanordnung und -benennung aussehen wird, muß hier offen bleiben. Als Neue Nationalgalerie fungiert jetzt die im Mies-van-der-Rohe-Bau am Kulturforum untergebrachte Sammlung an Malerei des 20. Jahrhunderts. Seine Fortsetzung findet dieser Sammlungsteil im Museum für Gegenwartskunst, das 1996 im alten Hamburger Bahnhof neu eröffnet wurde. Schließlich findet man die einfache Benennung Nationalgalerie auch weiterhin, und zwar jetzt als nicht spezifizierende bzw. zusammenfassende Bezeichnung aller Bestände oder mehrerer Teilbestände.


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