Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
[ Bestand in K10plus ]

A dictionary of architecture


99-1/4-233
A dictionary of architecture / James Stevens Curl. - Oxford : Oxford University Press, 1999. - XI, 833 S. : Ill. ; 24 cm. - ISBN 0-19-210006-8 : œ 25.00
[5733]

Bereits als Student begann J. S. Curl, jetzt em. Professor der De Montfort University Leicester, Architektur-Wörterbücher zu sammeln und sich mit Begriffsbestimmungen zu beschäftigen. Diese Vorliebe und Fachkenntnisse aus über 40 Jahren Architektur-Studien führten ihn dazu, selbst ein Lexikon zu verfassen, das vor allem der allgemeinen Öffentlichkeit die Architektur näher bringen, aber auch Studenten und Fachleuten als Nachschlagewerk dienen soll. Er verzeichnet architektonische Fachbegriffe, Baustile, Bauarten und -details, nationale und regionale Architekturbewegungen, und Architektenbiographien, aber keine architekturgeschichtlichen Darstellungen einzelner Länder.[1] Der geographische Rahmen umfaßt vor allem Großbritannien, Europa, die USA und Kanada. Nicht behandelt wurden China und Japan, deren Architekturgeschichte und -terminologie zu umfangreich ist, um sie hier mit einzuschließen, lediglich ihre Einflüsse auf westliche Architektur sowie einige japanische Architekten internationaler Bedeutung wurden aufgenommen. Vollständigkeit wurde nicht angestrebt, ist auch bei einem so weiten Gebiet nicht zu erreichen. Die Auswahl der Sachbegriffe und vor allem der Architekten beruht auf der Einschätzung des Verfassers.

Das Vorwort, in dem u.a. die Entstehungsgeschichte des Lexikons skizziert wird, ist mit 1993-8 datiert, doch da sich Curl darin mehrfach auf Werke bezieht, die nach 1993 erschienen sind, ist damit wohl der Bearbeitungszeitraum 1993-98 gemeint und nicht - wie zuerst vermutet - August 1993.

Der Lexikonteil umfaßt in 2spaltiger Anordnung ca. 5000 Eintragungen (lt. Klappentext). Verweisungen im Text auf Begriffe oder Personen, die einen eigenen Artikel haben, sind mit einem Asteriskus markiert. Die Erläuterungen der Sachbegriffe erstrecken sich i.d.R. über wenige Zeilen, nur einige Begriffe haben zusammenfassende, längere Artikel wie z.B. brick, door, roof oder window. Dem besseren Verständnis dienen ca. 250 Schwarzweiß-Illustrationen. Die biographischen Artikel führen zunächst den vollständigen Namen mit allen Vornamen auf, gefolgt vom Geburts- und Todesdatum. Der Geburtsort wird selten genannt, meistens ist nur die Nationalität angegeben. Das berufliche Werk wird skizziert, wichtige Bauwerke aufgeführt und die Bedeutung für die Architektur gewürdigt. Daten oder Ereignisse aus dem privaten Leben sind nicht erwähnt. Nach jedem biographischen Beitrag und auch nach einigen Sachbegriffen sind jeweils die Quellen bzw. Hinweise auf weiterführende monographische Literatur in Form von Kurztiteln (Autorenname und Erscheinungsjahr) angeführt, vereinzelt auch Zeitschriftenaufsätze, diese aber mit den vollen bibliographischen Angaben. Die biographischen Artikel sind bis zu drei Seiten lang, und ihr Anteil ist beträchtlich (geschätzt mehr als die Hälfte), sowohl nach Anzahl als auch auf den Textumfang bezogen. Bei der für die Ordnung maßgebenden Namensansetzung von Personen und Körperschaften wurden Artikel grundsätzlich ignoriert (Hinweis im Vorwort), was vor allem bei französischen Namen zu ungewohnten Einordnungen führt (z.B. Le Nôtre unter Nôtre), Personen des Mittelalters und frühere stehen teils unter dem Beinamen, teils unter dem Personennamen (z.B. Apollodorus of Damascus unter Apollodorus, Odo of Metz unter Metz), von den nicht benutzten Namensformen wurde nicht immer verwiesen. Auch bei den Architektengruppen oder Architekturströmungen fehlen manchmal die Verweisungen von Abkürzungs- oder Langformen. Inkonsequent ist die Ansetzung und damit die Ordnung bei den nach Personen benannten Kunststilen: Henri II und Henri IV, aber Louis Quatorze, Louis Quinze, Louis Seize, Louis Treize.

Die Bibliographie führt (überschlägig ermittelt) rd. 3200 Titel auf, bis auf ganz wenige Zeitschriftenaufsätze nur Monographien mit Erscheinungsjahr von 1550 bis 1998. Die Reihenfolge der Titel in der Bibliographie ist alphabetisch nach Autoren, innerhalb eines Autors nach Erscheinungsjahr, so daß die zuvor zitierte Literatur in den meisten Fällen problemlos gefunden werden kann. Stark abgekürzte Titel sollten jedoch in der Bibliographie auch unter der Abkürzung aufgeführt werden oder es sollte von dort eine Verweisung an die Einordnungsstelle führen: DAB und DNB sucht man vergebens, gemeint sind Dictionary of American biography und Dictionary of national biography. Auch "Saur (1994)" wird ein Leser nicht finden, es gibt "Saur, K. G. (1991 - ) Allgemeines Künstlerlexikon", gemeint ist mit 1994 das Erscheinungsjahr des betreffenden Bandes; so wurde bei allen mehrbändigen Werken zitiert. Benutzerunfreundlich ist auch die Praxis, bei den Zitiertiteln im Lexikonteil das Erscheinungsjahr des Reprints zu nennen, da es dem fachlich weniger versierten Benutzer eine neuere Quelle suggeriert und dieser erst in der Bibliographie den wahren Sachverhalt bemerkt.[2] Der Nutzen der Bibliographie zum Zweck der Verifikation ist eingeschränkt, da von zweiten und weiteren Verfassern nicht verwiesen wird, ebenso nicht von Doppelnamen.

Die Anzahl orthographischer Fehler bei fremdsprachigen Wörtern in englischsprachigen Publikationen ist im allgemeinen hoch, in der vorliegenden Ausgabe jedoch erfreulich niedrig. Schwierigste Titel werden mit Umlauten fehlerfrei geschrieben, bei einfachen Wörtern wird dann z.B. aus Entfaltung schon mal eine Einfaltung, oder - etwas schwerwiegender - aus dem Autor Hoeltje ein Hoeljte, und Eugène Freysinnet heißt richtig Freyssinet. In den biographischen Artikeln, in denen auch viele Städte genannt werden, ist offenbar beliebig zwischen englischsprachiger Benennung und deutschem Namen gewechselt.[3] Bei Bezeichnungen von Gebäuden wurden teils die landessprachlichen (Eigen-) Namen beibehalten und eine Übersetzung in Klammern angefügt (Bergkirche - hill chapel), teils nur die englische Übersetzung, teils nur Namen in der Landessprache ohne Übersetzung genannt. Einige deutsche Begriffe haben offenbar Eingang in die englische Fachsprache gefunden, denn es gibt als eigene Artikel: Backsteingotik, Biedermeier, Bürolandschaft, Ersatz Architecture,[4] Kitsch, Rundbogenstil, Sondergotik und Wandpfeiler.

Die beiden nicht aufeinander Bezug nehmenden Einträge von Eginhart und Einhart ließen aufmerken, denn es handelt sich hierbei um verschiedene Namen für ein und dieselbe Person.[5] Als Quelle wird für beide das Lexikon von Sturgis[6] angegeben, und eine Überprüfung ergab, daß es auch dort zwei Einträge für zwei Personen gibt. Die Warnung des Autors (im Vorwort) vor den veralteten und mittlerweile überholten Angaben von Sturgis und Papworth[7] war also angebracht. Daraufhin wurden beispielhaft die Buchstabengruppen A - G hinsichtlich ihrer Quellenangaben durchgesehen: es fanden sich noch elf Personen mit Sturgis oder Papworth als alleiniger Quelle. Eine Suche (in elektronischen Katalogen) nach neuerer Sekundärliteratur erbrachte jedoch nur zu zwei Architekten (Karl Bötticher und August Ottmar v. Essenwein) weitere Titel, bei den anderen Architekten und Künstlern[8] wird wohl nur eine intensive Beschäftigung mit Spezialschrifttum weitere Hinweise zu Tage fördern.

Der Leser findet hier ein Lexikon, das sowohl Fachbegriffe erläutert als auch in erheblichem Umfang biographische Informationen liefert. Die Definitionen der Fachbegriffe waren für die Rezensentin mit durchschnittlichen Englischkenntnissen nicht immer zu verstehen, die biographischen Artikel und Beschreibungen der Architekturstile bereiteten dagegen keine Mühe. Für den deutschsprachigen Benutzer wird der größere Wert in den Biographien liegen, zumal auch deutsche Architekten unerwartet zahlreich vertreten sind. Nützlich sind die jeweils direkt zugeordneten Literaturhinweise. In Einzelfällen hätte der Forschungsstand noch überprüft und durch eine einfache Recherche aktualisiert oder durch neuere Literaturhinweise ergänzt werden können, insgesamt ist es aber ein Werk von guter Qualität. Der Verlagspreis von œ 25.00 ist beim Internet-Buchhändler Amazon bereits auf œ 20.00 reduziert.[9]

Angelika Weber


[1]
Diese finden sich für die moderne Architektur in ausgezeichneter Weise im nachfolgend besprochenen Hatje-Lexikon der Architektur des 20. Jahrhunderts. (zurück)
[2]
So jedenfalls bei verschiedenen Werken von Sturgis und beim Dictionary of national biography. (zurück)
[3]
Z.B. Munich oder München, aber immer Nuremberg, nie Nürnberg. (zurück)
[4]
Der Begriff Ersatz Architecture bzw. Ersatzarchitektur hat sich in der deutschsprachigen Fachliteratur nicht durchgesetzt. Eine Recherche in der Datenbank RSWK ergab keinen Treffer. (zurück)
[5]
Für Einhard/Einhardus führt die PND 18 synonyme Namen auf. Einhard, Geschichtsschreiber und Biograph Karls des Großen, war wegen seiner bautechnischen Kenntnisse mit der Leitung der Pfalzbauten beauftragt. (zurück)
[6]
A Dictionary of architecture and building / Russell Sturgis ... - New York ; London : Macmillan. - Vol. 1 (1901) - 3 (1902). (zurück)
[7]
The dictionary of architecture / ed. Wyatt Angelicus Van Sandau Papworth. - London : Architectural Publication Society. - Vol. 1 (1852) - 11 (1892). (zurück)
[8]
Matthias of Arras, Eloy de Barre, Pierre de Corbie, Isaac Damon, Charles David, Diotisalvi, Gabriel Le Duc, Burkhard Engelberger und Taddeo Gaddi. (zurück)
[9]
Als sinnvolle Ergänzung zum Curl oder auch für den privaten Bücherschrank, sei hier noch ein Hinweis auf folgendes, noch preiswertere Lexikon gegeben:
The Penguin dictionary of architecture and landscape architecture / John Fleming ; Hugh Honour ; Nikolaus Pevsner. - 5. ed. - London : Penguin, 1999. - VII, 643 S. ; 20 cm. - ISBN 0-14-051323-X : œ 8.99.
Es ist ähnlich aufgebaut, verzeichnet augenscheinlich weniger Sachbegriffe, sehr viele Architekten - auch andere als Curl - sowie Landschaftsarchitekten und Architekturgeschichten einzelner Länder.
Das Werk liegt auch in einer deutschen Übersetzung vor:
Lexikon der Weltarchitektur / Nikolaus Pevsner ; Hugh Honour ; John Fleming. - 3., aktualisierte und erw. Aufl., mit einer umfassenden Bibliographie und einem Ortsreg. der Abb. - München : Prestel, 1992. - 876 S. ; 28 cm. - ISBN 3-7913-1238-3 : DM 178.00 [1483]. - Rez.: IFB 93-3/4-192. (zurück)

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