Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
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The Oxford companion to Irish literature


99-1/4-209
The Oxford companion to Irish literature / ed. by Robert Welch. - Repr. with corr. - Oxford : Clarendon Press, 1996. - XXV, 614 S. : Kt. ; 24 cm. - ISBN 0-19-866158-4 : œ 25.00
[4795]

Der Oxford companion to Irish literature,[1] der von Robert Welch, University of Ulster in Coleraine, herausgegeben wird, enthält in mehr als 2000 nicht gezeichneten Autoren-, Personen-, Sach- und Werkartikeln, die von über 150 Mitarbeitern stammen, einen Überblick über die gälisch-irische und anglo-irische Literatur und greift, was im Falle Irlands unabdingbar ist, auch weit in die Kirchen-, Kultur- und Landesgeschichte[2] aus. Dabei erschließt er knapp 1600 Jahre irischer Literatur mitsamt ihren politischen, religiösen und sozialen Bezügen. Das Werk geht davon aus, daß spätestens seit 1700 das Englische immer mehr zum vorherrschenden Träger irischer Literatur geworden ist, führt aber die gälischen und englischen Traditionsstränge zusammen und behandelt sie gleichgewichtig.

Von den Beigaben sind erwähnenswert: eine kurze Chronology of historical events (S. XVIII - XXI), eine nicht annotierte und nicht untergliederte Auswahlbibliographie (S. XXII - XXV) sowie, am Schluß des Bandes, zwei leider nicht sehr aussagekräftige Karten (Places of literary interest) für Irland und Dublin. Das sehr dichte, freilich nicht immer stimmige Netz der Verweisungen, die in der Regel zu sehr interessanten Verknüpfungen und Einblicken führen, kann das Fehlen eines Registers nicht ganz wettmachen.[3]

Das Lexikon, dem die schwierige Balance zwischen der Moderne und dem geschichtlichen Ablauf gut gelingt, zieht im Gegensatz zu anderen Companions aus demselben Verlag keine feste Zeitgrenze bei Gegenwartsautoren.[4] Es bezieht, soweit es der Raum erlaubt, auch in der Moderne "writers of literary merit and achievement" ein und berücksichtigt die Gegenwartsliteratur angemessen. Es behandelt die moderne gälisch-irische Literatur und ihre "variety and excellence" (S. XIV) gleichgewichtig. Die Autoren- bzw. Personenartikel berücksichtigen auch Forscher, Historiker, Kritiker, Philosophen und Politiker und reichen vom Abt Adamnán (627? - 704) bis zu Joseph Tomelty, der 1995 verstarb. Die Schauspielerin Molly Allgood (1887 - 1952), die die Pegeen Mike in Synges Playboy of the Western world spielte, ist ebenso verzeichnet wie der Historiker John Lynch (1599? - 1673?) und der deutsche Keltologe Heinrich Zimmer (1851 - 1910). Das Lexikon ist dabei in jeder Hinsicht auf aktuellem Stand: So werden etwa im Bereich der modernen Lyrikerinnen Leland Bardwell (1928 - ), Sarah Berkeley (1967 - ), Juanita Casey (1925 - ), Rita A. Higgins (1955 - ) und Paula Meehan (1955 - ) bereits berücksichtigt. Die modernen Dramatiker sind mit Sebastian Barry (1955 - ), Dermot Bolger (1955 - ), Martin Lynch (1950 - ), Stewart Parker (1941 - 1988), Graham Reid (1945 - ) und Billy Roche (1949 - ) vertreten. Die jüngste Lyrikergeneration ist beispielsweise durch Sean Dunne (1956 - 1995), Thomas MacCarthy (1954 - ) und Dennis O'Driscoll (1954 - ) repräsentiert. Gravierende Lücken in den Autorenartikeln finden sich selten. Es sollte aber bei Neuauflagen überlegt werden, ob nicht Marinna Carr (1964 - ), Anne Devlin (1951 - ), Anne Enright (1962 - ), Marie Jones (1951 - ), Christina Reid (1942 - ) und Richard Ryan (1946 - ) berücksichtigt werden könnten.

Die Autoren- bzw. Personenartikel, die in der Qualität leider sehr schwanken, bestehen zum Teil nur aus biographischen Angaben und einer Reihung von Primärtiteln. In der Mehrzahl der Fälle aber gelingt den Verfassern auf knappem Raum eine gute, abgerundete Darstellung und verläßliche Bewertung des Autors. Im Fall der Klassiker, wie beispielsweise bei William B. Yeats oder John M. Synge, sind auch wesentliche Editionen der Primärliteratur und die Standardausgaben aufgeführt. Die meisten Artikel schließen mit vorzüglich ausgewählten, aber leider sehr knappen Sekundärliteratur-Angaben. Dankenswerterweise sind bei den Autoren, was gerade bei der modernen irischen Literatur unverzichtbar ist, auch die Themenhefte der Zeitschriften berücksichtigt.[5]

Die Gattungs- und Sachartikel reichen von aisling bis zum Ulster cycle und zu Young Ireland. Sie bieten einen verläßlichen, sehr informativen Einstieg und sind in der Vielzahl der Fälle ebenfalls mit Literaturangaben versehen, so daß für das Verständnis der irischen Literatur und Geschichte unabdingbare Begriffe wie Ascendancy, Easter Rising, Famine und Gaelic League ebenso wie eher literarische Begriffe, bis hin zu Literaturzeitschriften oder Theatergruppen, rasch und präzis erschlossen werden. So vorzüglich diese Artikel auch gearbeitet sind, wären sie bei einer Neuauflage doch zu überdenken: Während im gälisch-irischen Bereich alle wesentlichen Gattungen und Sucheinstiege, wie etwa Barántas, Caoineadh, C£irt éigse, Dánta grádha, bis hin zu den Tale-types vertreten sind, bestehen im anglo-irischen Bereich, abgesehen von eher historisch ausgerichteten Artikeln, wie etwa broadsheets oder Anglo-Irish chronicles und wenigen anderen, deutliche Lücken. So hätte man auf Grund der herausragenden Rolle der Kurzgeschichte in der irischen Gegenwartsliteratur einen Sammeleintrag zur Short story erwartet. Bedauerlich ist auch, daß bei dem insgesamt sehr ausgewogenen Werk etwa im Fall der Theatergruppen zwar das Belfaster Charabanc, nicht aber die für Dublin wichtigen Gruppen wie Passion machine, Rough magic oder Wet paint enthalten sind. Defizite bei wichtigen Feldern gibt es ansonsten kaum, obwohl man sich mitunter auch eigenständige Einträge zu einigen, für die moderne Literatur wichtigen Verlagen gewünscht hätte, wie zum Beispiel zu Dedalus Press, New Writers' Press oder Salmon Publishing, die zum Teil im Artikel Publishing in English auftauchen, aber dort keine Literaturangaben haben und nicht direkt aufgefunden werden können. Anderes mag aus Raumgründen oder subjektiver Einschätzung weggelassen sein: So sind bei der Textüberlieferung alle erstrangigen Handschriften vom Book of Armagh bis zum Book of Uí Mhaine mit eigenen Einträgen aufgeführt, während das Book of Dimma oder der Cathach Psalter[6] nur über ein Register auffindbar wären.

Die Werkartikel schließlich, zu praktisch allen wesentlichen Werken der beiden Literaturen, enthalten in der Regel eine kurze Inhaltsangabe, knappe Wertungen und abschließende Literaturangaben. Leider besteht aber eine beträchtliche Anzahl an Einträgen nur aus reinen Inhaltsangaben und praktisch ohne Hinweis auf die künstlerische und literaturgeschichtliche Bedeutung des jeweiligen Werks. Auch Angaben zur Rezeption oder Bearbeitung eines Werkes, etwa zur Dramatisierung oder Verfilmung, sind nicht konsequent durchgeführt. Es wäre zu überlegen, ob die Mehrzahl dieser Werkeinträge nicht mittels einer Verweisung in die Autoreneinträge aufgenommen werden könnte.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten: alle drei Lexika sind jeweils für sich allein als Leitfaden zur Bestandskontrolle, für die Titelauswahl und zur Weiterbildung des Fachreferenten nur bedingt geeignet. Sie ergänzen sich in diesen Funktionen allerdings weitestgehend und sollten deshalb alle in den Fachlesesälen bereitstehen, vorrangig der Oxford companion und Hogan.

Sebastian Köppl


[1]
Neben zahlreichen positiven Rezensionen gibt es eine, die einem Verriß nahekommt: so weist Cólilín Owens im Irish literary supplement. - 15 (1996),fall, S. 24 - 25 nicht nur auf Desiderata, Mängel und sachliche Fehler hin, sondern kritisiert insbesondere, daß bei der Select bibliography wesentliche Titel fehlen und daß andererseits überholte und unzuverlässige Titel aufgenommen sind. (zurück)
[2]
In diesem Kontext bleibt für wissenschaftliche Bibliotheken bis auf weiteres unverzichtbar: Ireland : a cultural encyclopaedia / general ed.: Brian de Breffny. - London : Thames & Hudson, 1983. Das Werk enthält im Unterschied zum Companion auch Einträge zur Architektur, Bildenden Kunst und Malerei. (zurück)
[3]
Sie können nicht das leisten, was ein gut gearbeitetes Register an Umweg erspart und an Sucheinstiegen vermehrt. Da, um nur ein Beispiel zu bringen, leider weder Ulster Scots noch Northern Irish English oder Scotch-Irish eigene Artikel haben, kann man diese Varianten des Englischen in Irland nur auf Umwegen im Eintrag Hiberno-English finden. An diesem Eintrag läßt sich auch die terminologische Schwäche mancher Sachschlagwörter belegen: Hiberno-English meint nicht, wie der Companion formuliert, "those varieties of English which were and are spoken, and sometimes written in Ireland" (S. 244), sondern genauer gefaßt, jene Varietät "used mainly by less educated speakers whose ancestral tongue was Irish Gaelic" (zitiert nach: The Oxford companion to the English language / ed. Tom McArthur. - Oxford [u.a.] : Oxford University Press, 1992, S. 469). (zurück)
[4]
So etwa beim Oxford companion to English literature / ed. by Margaret Drabble. - 5. ed., rev. - Oxford [u.a.] : Oxford University Press, 1995, der die Grenze bei den "modern authors born in or before 1939" (S. V) zieht. Er bezieht natürlich auch anglo-irische Autoren ein, weist aber gerade in der Moderne erhebliche Defizite bei irischen Autoren auf. Vgl. die Rez. in IFB 95-4-582. (zurück)
[5]
So sind, etwa bei der Dramatikerin Theresa Deevy, das Maiheft des Journal of Irish literature von 1985 oder das Frühjahr- und Sommerheft der Irish university review von 1995 zitiert, deren Beiträge zugleich einen Blick auf das irische Frauendrama erlauben. Ergänzungen erscheinen nur gelegentlich geboten: So wäre etwa beim Artikel Anglo-Irish literature das trotz massiver Kritik in einigen Punkten immer noch herausragende Standardwerk des modernen anglo-irischen Dramas, After the Irish renaissance : a critical history of the Irish drama since "The plough and the stars" / Robert Hogan. - London : Macmillan, 1968 zu erwähnen gewesen. - Beim Artikel Samuel Beckett blieben neben der älteren Biographie von Deidre Bair die beiden vorzüglichen neuen Biographien nachzutragen, obwohl sie möglicherweise für die Aufnahme zu spät kamen: Damned to fame : the life of Samuel Beckett / James Knowlson. - London : Bloomsbury, 1996 und Samuel Beckett : the last modernist / Anthony Cronin. - London : Harper Collins, 1996. (zurück)
[6]
Kurzinformationen dazu liefert beispielsweise das in Fußnote 2 erwähnte Handbuch von de Breffny, S. 75 bzw. S. 57f. Beide Einträge sind allerdings ohne weiterführende Literaturangaben. (zurück)

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