Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
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Medien in Deutschland


99-1/4-127
Medien in Deutschland . - Konstanz : UVK Medien. - 19 cm. - Bd. 1 mit Verlagsangabe München: Ölschläger
[2670]
Bd. 2. Rundfunk / Heinz-Werner Stuiber. - 1998. - Teil 1 - 2. - 1169 S. : graph. Darst. - ISBN 3-89669-032-9 : DM 98.00

Der erste Band dieser drei Bände umfassenden Darstellung der Medien in Deutschland ist bereits 1994 erschienen und liegt schon seit mehreren Jahren in einer zweiten Auflage vor. Der vorliegende zweite Band zum Rundfunk hat lange auf sich warten lassen, nicht nur, weil der Autor wechselte und der ursprüngliche Verlag fusionierte, sondern wohl auch, weil es in den letzten Jahren schwer fallen mußte, eine Zäsur in der immer schneller sich fortentwickelnden Rundfunklandschaft zu finden, an der eine große Gesamtdarstellung von Entwicklung und Stand der Organisation des Rundfunks in Deutschland einen - vorläufigen - Abschluß für sich hätte finden können. In ähnlichen Schwierigkeiten scheint sich auch der dritte Band zu befinden, der dem Medienbereich Film gewidmet ist und dessen Veröffentlichung vom Verlag nach langen Ankündigungen inzwischen für Frühjahr 2000 versprochen worden ist. Doch wird der Hauptgrund für die langen Verzögerungen in dem ungewöhnlichen Anspruch liegen, eine umfassende, vergleichbar gegliederte Gesamtdarstellung der Medien in Deutschland mit jeweils einer Darstellung eines ganzen Medienbereichs aus einer Hand vorlegen zu wollen, ein Unterfangen, dem sich weder Verleger noch Autoren in unserer Zeit der schnellebigen Produktion wissenschaftlicher Literatur meinen aussetzen zu können. Der Münchner Medienwissenschaftler Heinz-Werner Stuiber hat dies gewagt, und es ist ihm gelungen, dem "Presse"- Band einen in Anspruch und Inhalt kongenialen Band über den Rundfunk, Hörfunk und Fernsehen, hinzuzufügen.

Stuiber unterteilt die große Stoffmenge in zwei Teilbände und beginnt mit einer Diskussion des Rundfunkbegriffs in seiner historischen Entwicklung und in seiner juristischen Fixierung im Grundgesetz und in den Rundfunkstaatsverträgen. Dem juristischen Auftakt folgt ein Kapitel zur Entwicklung der Rundfunktechnik und eine ausführliche Institutionengeschichte des Rundfunks in Deutschland, gegliedert in Vorgeschichte, Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Westdeutschland, Ostdeutschland und in eine Darstellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach der Wiedervereinigung. Hier wird man eine Darstellung des privaten Rundfunks seit seiner Einführung im Jahre 1984 in der Bundesrepublik vermissen, doch bevor diese von Stuiber ausgebreitet wird, schaltet er ein Kapitel ein, das ausführlich auf die grundlegenden Rechtsbestimmungen auf allen Ebenen der Rechtsorganisation und der Rechtsprechung über öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk vor dem Hintergrund von Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung in Deutschland eingeht. Es zeigt, wie facettenreich und zunehmend unübersichtlich der Regelungsbedarf und die Regelungsfülle geworden ist, da der Rundfunk in Deutschland traditionell Objekt hoheitlicher Regelungen ist, es zeigt aber auch, wie die zentrale Norm des Rundfunkrechts (Art. 5 GG) durch das Bundesverfassungsgericht strukturiert und fortentwickelt worden ist. Zwar erwähnt Stuiber einleitend kurz die wachsende Bedeutung des EU-Rechts für den Rundfunk in Deutschland, doch wäre angesichts der zunehmenden Internationalisierung des Rundfunkangebots und der Europäisierung der Rundfunkorganisation eine ausführlichere Darstellung nützlich und wünschenswert.

Der zweite Teilband wird mit einem Kapitel zum privaten Rundfunk eröffnet, das sich erkennbaren Entwicklungsphasen (Anlaufphase, Etablierung, Digitalisierung/Multimedia) im privaten Hörfunk und Fernsehen in unterschiedlichen Organisationsformen widmet und das ausführlich auf Fragen von Konzentration, Wettbewerb und Kontrolle eingeht. In einem weiteren Kapitel werden intensiv die organisationsrechtlichen Strukturen des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks vorgestellt, Aufsicht und Kontrolle durch Gremien - nicht deren freiwillige Selbstkontrolle - behandelt und werden die Unterschiede zwischen den Organisationsformen "Anstalt" und "Unternehmen" ausgeführt und verglichen. Es folgt ein Kapitel zur Finanzierung des Rundfunks, wieder getrennt für beide Organisationsformen und ergänzt durch Darstellungen verschiedener Formen der Rundfunkwerbung und weiterer Formen der Finanzierung einschließlich einer summarischen Anmerkung zur Stellung des Rundfunks auf dem Markt der Werbeträger. Das vorletzte Kapitel ist den Strukturen und der Nutzung von jeweils Hörfunk- und Fernsehprogrammen in den Veränderungen von 1985 bis 1995 gewidmet, bevor das Handbuch mit einigen Anmerkungen zur Rundfunkpolitik schließt. In knapper und kondensierter Form wird in diesen Anmerkungen die Grundstruktur des Rundfunks in Deutschland essentiell in Frage gestellt. Stuiber bezweifelt die Notwendigkeit der vorhandenen Regelungsfülle angesichts der technischen Weiterentwicklung des Medienmarktes und da Fernsehen ganz offensichtlich nicht mehr das Leitmedium der Entwicklung ist, auch vom Grundsatz her. Seine skeptische Haltung zu den juristischen Versuchen, technische Entwicklungen in rechtliche Rahmen zu zwängen, wird abschließend deutlich: "Und so fragt es sich, ob es im Blick auf die weitere Entwicklung der elektronischen Medien Sinn macht, weiterhin große Hoffnungen in die Fortschreibung der Gesetze und Gesetzesauslegungen der Juristen zu setzen, die bislang schon den tatsächlichen Entwicklungen nicht beigekommen sind, auch deshalb nicht, weil sie von Erwartungen ausgehen, die, wie sich jetzt (da sich die Regelungen lockern) herausstellt, den Rundfunk deutlich überfordern. Weil aber ihre Perspektive, auch wenn sie neues Recht schaffen, immer rückwärtsgewandt bleibt, besteht wenig Hoffnung, daß der Entwicklung digitaler Medienangebote und dem sich verändernden Umgang der Menschen mit diesen Medien erst einmal Raum gegeben wird, ehe wiederum Regelungssysteme entworfen werden, die der sozialen Realität und den Kommunikationsprozessen im Alltag der Menschen nicht gerecht werden" (S. 1144).

Alle Kapitel des Handbuchs sind in sich abgeschlossen und können als eigene Darstellungen für sich stehen. Sie werden jeweils mit umfänglichen Literaturhinweisen abgeschlossen - unvermeidbar werden dadurch einige Titel mehrfach aufgeführt -, die knappen Anmerkungen sind den jeweiligen Seiten als Fußnoten zugeordnet. Ein übergreifendes Personenregister und ein zweistufiges Sachregister erschließen neben einem knappen und einem zweiten, ausführlichen Inhaltsverzeichnis beide Bände und lassen auch unter anderen Aspekten wiederholte Aufnahmen eines Themas erkennen. Die Texte sind übersichtlich gegliedert und mit zahlreichen Tabellen und Schaubildern angereichert, die Sprache ist klar, gelegentlich etwas umständlich, aber immer faktenorientiert und nie weitschweifig. Für den Inhalt typisch ist ganz ohne Zweifel die starke Betonung der juristischen Festlegungen und Regelungen, sie folgt und entspricht dadurch ganz der Organisationsform des Rundfunks in Deutschland und charakterisiert die deutsche Art, Probleme - nicht nur die der Rundfunkorganisation - zu lösen. Durch die Ausbreitung rechtlicher Regelungen erweckt das Handbuch über große Teile hinweg den Eindruck einer juristischen Darstellung und Dogmatik. Deutlich wird dadurch, an wen sich das Buch richtet, an Studenten und Medienpraktiker, die die organisatorischen Grundlagen und Fakten des Rundfunks in Deutschland im Überblick und im Detail kennen und erlernen wollen. Kein Buch zur schnellen und bequemen Information, sondern eine detaillierte und äußerst durchorganisierte Darstellung vielfältiger Regelungen und Fakten. Daß diese Regelungen und Fakten noch ausführlicher hätten dargestellt werden können und mit weiteren Details hätten angereichert werden können, vor allem auch, daß die Europäisierung des Rundfunkrechts eine stärkere Betonung verdient hätte, sind Randbemerkungen, die den unstrittigen Rang des Buches als einer gelungenen Gesamtdarstellung des Rundfunks in Deutschland nicht schmälern sollen.

Wilbert Ubbens

- 569 S. - ISBN 3-88295-202-4 : DM 48.00. - Rez.: IFB 95-2-211. - 2., korrigierte Aufl. - Konstanz : UVK Medien, 1996. - 569 S. - ISBN 3-89669-000-0 : DM 48.00.
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