Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 7(1999) 1/4
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Die Buchhändler-Familie Meiner


99-1/4-116
Die Buchhändler-Familie Meiner : ein Beitrag zur Buchhandelsgeschichte des 20. Jahrhunderts / Rainer A. Bast. - Köln : Dinter, 1997. - 211 S. : Ill. ; 22 cm. - ISBN 3-924794-32-4 : DM 48.00
[5098]
99-1/4-117
Der Titel "Philosophische Bibliothek" : ein Beitrag zur materialen Philosophie- und Bildungsgeschichte vor allem des 18. Jahrhunderts / Rainer A. Bast. - Köln : Dinter, 1997. - 115 S. : Ill. ; 22 cm. - ISBN 3-924794-34-0 : DM 42.00
[5099]

Was dem Gymnasiasten die (einst) chamoisfarbenen Reclam-Heftchen, das waren dem Studenten der Geisteswissenschaften die (immer noch) grünen Bände der Philosophischen Bibliothek. Eine einfache Nummer der Universal-Bibliothek kostete in den sechziger Jahren 90 Pfennige. Die grünen Leinenbände und auch die kartonierten Ausgaben waren ungleich teurer. Gleichermaßen unentbehrlich waren beide Reihen damals wie auch schon viel früher, und sie bleiben es bis heute.

Rainer A. Bast hat 1991 eine umfangreiche Bibliographie der Philosophischen Bibliothek mit ausführlicher Würdigung ihrer Verleger vorgelegt. Mit großer, gelegentlich auf die Spitze getriebener Akribie hat er die verschiedenen Ausgaben dieser erfolgreichen Reihe bis Mitte 1985 dokumentiert.[1] Inzwischen ist er selber darin als Herausgeber dreier Bände mit Texten von Ernst Cassirer hervorgetreten. Im Verlag Dinter in Köln hat er zudem 1995 ein Personen-Register zu den Werken Ernst Cassirers[2] sowie 1998 einen weiteren Text des bedeutenden Philosophen herausgebracht.[3] Dem Hamburger Verlag Felix Meiner, den man immer in erster Linie mit der Philosophischen Bibliothek in Verbindung bringt, ist er offensichtlich ebenso verbunden wie dem viel jüngeren Kölner Verlag für Philosophie Jürgen Dinter. Nun gibt es Fortsetzungen in Buchform sowohl seiner jahrelangen Bemühungen um die Buchhändler- und Verlegerfamilie Meiner[4] als auch um die Philosophische Bibliothek als Ergebnisse ungewöhnlich gründlicher Recherchen, verlegt bei Dinter.

Schon in seinen Beiträgen zur NDB Bd. 16 (1990) über Arthur und Felix Meiner hat Bast seine fast tausend Seiten umfassende Publikation über die Philosophische Bibliothek als 1989 bereits erschienen angeführt. Ähnlich ist es ihm mit seinen Artikeln über die beiden Verleger in der Neubearbeitung des LGB2 (Lfg. 34. 1996) ergangen; dort wird als Quelle der Titel Die Buchhändler-Familie Meiner mit Erscheinungsjahr 1996 angegeben. Tatsächlich ist seine letztere Arbeit 1997 erschienen. Es handelt sich um einen der nicht wenigen Versuche, eine Biographie eines Verlegers (und hier mehrerer Verleger) als "Beitrag zur Buchhandelsgeschichte" einer interessierten Öffentlichkeit nahezubringen.

Die Verdienste Arthur Meiners (1865 - 1952) um den Verlag J. A. Barth in Leipzig, den er zu einem der führenden wissenschaftlichen Verlage der Welt ausbauen konnte, sind nicht unbekannt gewesen. In der vorliegenden Darstellung werden sie mit einem umfangreichen Anmerkungsapparat noch einmal aufs Genaueste vorgeführt. Auch die Biographie seines Halbbruders Felix Meiner (1883 - 1965) überrascht nicht durch eine neue Sicht auf den Verlag F. Meiner, sondern sie besticht durch Auswertung entlegener, auch ungedruckter Quellen. Ein wenig anders verhält es sich mit dem Beitrag über Annemarie Meiner (1895 - 1985), die zwar auch als Verlegerin, jedoch hauptsächlich als Historikerin auf dem Gebiet des gesamten Buchwesens bekannt ist. Hier hätte man sich eine etwas kritischere Auseinandersetzung mit ihren Schriften gewünscht. In dem Sammelband 100 Jahre Reclams Universal-Bibliothek 1867 - 1967 (Leipzig 1967) wird sie immerhin - wenn auch aus durchsichtigen Gründen - der "Geschichtsklitterung" bezichtigt (S. 84). Ihre Schrift Reclam : eine Geschichte der Universal-Bibliothek zu ihrem 75jährigen Bestehen (Leipzig 1942) enthielte "Konzessionen an die faschistische Ideologie" (S. 514) und hebe die "Teilnahme des Verlages an der ideologischen Vorbereitung des Faschismus" hervor (S. 495). Von der Neubearbeitung der Verlagsgeschichte (Stuttgart 1958) heißt es, sie "leugnet das Engagement des Reclam-Verlages für den Faschismus und spricht nur von 'gewissen Konzessionen' an das NS-Regime" (S. 491). Man mag heute manches anders beurteilen als zu Zeiten des Kalten Krieges, aber eine Auseinandersetzung wäre es schon wert gewesen. Rainer A. Bast macht es sich allzu leicht, wenn er in einer Veröffentlichung von A. Meiner aus dem Jahr 1936 lediglich "in ihrer Doppeldeutigkeit ja eindeutigen Worte" finden will. Das von ihm leichtfertig kommentierte Zitat A. Meiners endet mit der aus dem Vokabular der damaligen Machthaber gedrechselten Phrase, "... daß wir mitten in einer Umwandlung unseres Landes und Volkes stehen, wie sie in diesem Ausmaße noch vor kurzem von den meisten für unmöglich gehalten wurde."

Es ist unumgänglich, auf die den einzelnen biographischen Artikeln angehängten subjektiven und objektiven Bibliographien hinzuweisen. Auf diesem Gebiet ist man in der Vergangenheit mit wenig Sorgfalt vorgegangen. Dennoch muß auch der Verfasser der vorliegenden Familien- und Buchhandelsgeschichte einräumen: "Auch damit ist die Bibliographie Annemarie Meiners wohl nicht vollständig ...". Ob die im Anschluß an die bisher erwähnten Biographien mitgeteilten Lebensläufe von acht weiteren Mitgliedern der Familie Meiner, die im Buchhandel tätig sind oder waren, von allgemeinem Interesse sind, kann hier nicht diskutiert werden.

Ein anderes, weniger umfangreiches, aber als Informationsmittel für Bibliotheken interessanteres Nebenprodukt der Recherchen Rainer A. Basts in derselben Sache ist seine Veröffentlichung unter dem nur auf den ersten Blick befremdlichen Hauptsachtitel Der Titel "Philosophische Bibliothek". Der Zusatz zum Sachtitel verrät etwas näher, worum es geht, nämlich um einen "Beitrag zur materialen Philosophie- und Bildungsgeschichte vor allem des 18. Jahrhunderts." In der Tat handelt es sich zum größten Teil um eine kritische Bestandsaufnahme von Rezensionsorganen, die mehr oder weniger zufällig die Worte "philosophisch" und "Bibliothek" im Titel führen. Natürlich hat es auch andere zeitgenössische Rezensions- und Anzeigeblätter mit ähnlicher Zielsetzung gegeben. Dennoch rechtfertigt sich diese Auswahl schon allein dadurch, daß es bisher überhaupt keine gründliche Auswertung dieser frühen, für die Verbreitung aufklärerischer Philosophie so wichtigen Periodika gibt. Nicht einmal den Weg in die maßgeblichen Personalbibliographien haben einige der hier erstmals wieder erwähnten Rezensionen gefunden. Die in den Fußnoten dieser verdienstvollen Bestandsaufnahme wiederholt zu findende Formulierung: "fehlt in ..." - in Verbindung mit dem Titel eines Standardwerkes - gibt darüber beredtes Zeugnis. Leider ist auch das ständig wiederholte "enthält u.a. ..." Bestandteil dieser knappen Darstellung. Die Kriterien der Auswahl sind nicht beschrieben, scheinen aber nach dem heutigen Bekanntheitsgrad der rezensierten Philosophen angelegt worden zu sein. Die bibliographische Exaktheit der Angaben zu den Periodika wie zu den - wie auch immer - ausgewählten Beiträgen ist von durchaus wünschenswerter Pingelichkeit. Und welcher Bibliothekar wäre nicht sofort in Habachtstellung, wenn es heißt, die (Göttingische) Philosophische Bibliothek gebe "einige Kurz-Biobibliographien von Gelehrten, die in der ADB in der Mehrzahl nicht aufgeführt sind!" (S. 26).

Rainer Fürst


[1]
Die Philosophische Bibliothek : Geschichte und Bibliographie einer philosophischen Textreihe seit 1868 / Rainer A. Bast. - Hamburg : Meiner, 1991. - XVI, 977 S. ; 25 cm. - ISBN 3-7873-0933-0 : DM 320.00 [1204]. - Rez.: ABUN in ZfBB 38 (1991),4, S. 407 - 409. (zurück)
[2]
Personen-Register zu den Werken Ernst Cassirers / Rainer A. Bast. - Köln : Dinter, 1995. - 121 S. - ISBN 3-924794-29-4 : DM 49.00. (zurück)
[3]
Die Einheit des Werkes von Jean-Jacques Rousseau / Ernst Cassirer. Hrsg. sowie mit Einl. und Anm. versehen von Rainer A. Bast. - Köln : Dinter, 1998. - 82 S. - ISBN 3-924794-39-1 : DM 29.80. (zurück)
[4]
Vgl. auch: Die Genealogien der Leipziger Buchhändlerfamilien Meiner und Merseburger / Rainer A. Bast. // In: Genealogie. 42 (1993), S. 581 - 584. (zurück)

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