Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 6(1998) 3/4
[ Bestand in K10plus ]

A dictionary of human rights


98-3/4-295
A dictionary of human rights / David Robertson. - 1. publ. - London : Europa Publications, 1997. - VI, 301 S. ; 24 cm. - ISBN 1-85743-023-9 : œ 55.00
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Der Autor ist britischer Politologe und hat bisher in den Gebieten Politologie und Sicherheitspolitik veröffentlicht. Das Lexikon umfaßt ca. 200 Artikel von je etwa einer Seite Umfang, so daß mehr als die Worterklärungen geboten werden können, weshalb der Autor das Buch im Vorwort als "annotated dictionary" bezeichnet. Zielgruppe sind nicht Experten, sondern alle, die einen schnellen Zugang zu Basisinformationen auf dem Gebiet von Menschen- und Grundrechten haben möchten.

Der Inhalt umfaßt einzelne Menschen- und Grundrechte, exemplarische Länderverfassungen, Verträge bzw. Konventionen, Gerichtshöfe, einige internationale Organisationen sowie Theoretiker. An Ländern und Regionen werden exemplarisch die USA, GB, die BRD und Europa behandelt, andere sind dagegen kaum berücksichtigt. Im Anhang (S. 219 - 301) sind Texte von Menschenrechtskonventionen und Verfassungen abgedruckt. Literaturangaben fehlen leider.

Anlaß zu kritischen Bemerkungen bieten die inhaltliche Ausrichtung, die Erschließung sowie die Zielgruppe: Da der Autor Politologe ist, hätte man neben der rechtlichen eben auch die politologische Perspektive erwartet, also Diskussion der Menschenrechtspolitik wie z.B. Situation der Grund- und Menschenrechte in verschiedenen Ländern und Regionen, Versuche der Implementierung und Umsetzung von menschenrechtlichen Normen etc. Diese Aspekte werden nur selten und rudimentär im Text behandelt, Schwerpunkt sind die rechtlichen Möglichkeiten, diese Verfassungs- oder Vertrags-Normen bei Gerichtshöfen einklagen zu können. Dieses Lexikon hat damit einen klaren völkerrechtlichen Schwerpunkt, politologisch ist es auf die normative Perspektive beschränkt. Anhand der Auswahl der Stichwörter lassen sich weitere Schwerpunkte bzw. Defizite feststellen: 1. Stichwörter, die sozusagen einen Bezugsrahmen für das Thema darstellen, fehlen, wie z.B. International law, Constitution oder Convention. 2. Zwar werden Theoretiker vorgestellt, doch gehören bis auf Hugo Grotius alle zum angloamerikanischen Raum. Dies stellt eine grobe Verzerrung dar. Wenn man schon wichtige Theoretiker vorstellt, dann wäre eine Nennung z.B. von französischen Namen unabdingbar gewesen. 3. Internationale Organisationen sind zwar aufgenommen worden (United Nations, International Labour Organisation), werden aber wieder nur hinsichtlich ihrer rechtlichen Normierungen geschildert, während ihre Menschenrechtspolitik nicht behandelt wird. 4. Nur sehr wenige sog. Non-governmental organizations (NGOs), die einen wichtigen Faktor in der Menschenrechtspolitik darstellen, sind dargestellt, wie z.B. Amnesty International. Die meisten anderen fehlen, wie z.B. Human Rights Watch. Von den Bürgerrechtsbewegungen wird lediglich die amerikanische NAACP behandelt.

Das Lexikon ist mangelhaft erschlossen: Es gibt keinen Überblick über die Artikel, anhand dessen man sich zunächst über die Ausrichtung des Buches und seine Nomenklatur orientieren könnte. Verweisungen sind selten, was angesichts von Synonymen und Akronymen wünschenswert wäre, dagegen finden sich im Text extensiv Querverweisungen.

Wird der oben zitierte Anspruch, Basisinformationen für jedermann zu bieten, eingelöst? Kaum, da Übersichtsartikel fehlen und die Zersplitterung in Einzelartikel einen systematischen Zugriff auf Grund- und Menschenrechte erschwert. Man wird also zuerst andere völkerrechtliche oder politologische Nachschlagewerke konsultieren,[1] bevor man auf dieses Lexikon zurückgreifen wird. Interesse an diesem Buch werden somit überwiegend die an Einzelaspekten interessierten Rechtswissenschaftler und Politologen haben. Bereits letzteren wird die Lektüre nicht genügen, da schwerpunktmäßig die normativen Grundlagen der Grund- und Menschenrechte behandelt werden und der Text sich hinsichtlich der Umsetzung der rechtlichen Normen nur auf die Schilderung der Judikative beschränkt, nicht aber die Grund- und Menschenrechtspolitik beinhaltet. - Damit ist die Zielgruppe ziemlich eng auf Fachwissenschaftler eingeschränkt. Andere Zielgruppen werden mehr auf Übersichtsartikel oder monographische Bearbeitungen des Themas zurückgreifen, um ihre Interessen zu befriedigen.

Einer breiteren Anschaffung dieses Buches durch Bibliotheken steht etliches entgegen: Obwohl es auf dem Markt nichts Vergleichbares gibt, lassen die spezielle inhaltliche Ausrichtung und die Einschränkung bezüglich der Zielgruppe nur die Empfehlung zu, daß dieses Buch lediglich für den Lesesaalbestand von Universitäts- und Landesbibliotheken und daneben nur noch für Spezialbibliotheken in Frage kommt. Schon Institutsbibliotheken dürften zum größten Teil abwinken und öffentliche Bibliotheken gar nicht interessiert sein, zudem der hohe Preis zusätzlich für eine Abkühlung des Interesses sorgt.

Jürgen Plieninger


[1]
Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland / hrsg. von Josef Isensee und Paul Kirchhof. - Heidelberg : Müller, Juristischer Verlag. - Bd. 5. Allgemeine Grundrechtslehren. - 1992. - XXXIV, 1315 S. - ISBN 3-8114-2890-X.
Lexikon der Politik / hrsg. von Dieter Nohlen. - München : Beck. - Bd. 1. Politische Theorien / hrsg. von Dieter Nohlen ... - 1995. - 746 S. - 3-406-36905-7. (zurück)

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