Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 6(1998) 3/4
[ Bestand in K10plus ]
[ Bestand in K10plus ]

Reclams Konzertführer


98-3/4-277
Reclams Konzertführer : Orchestermusik / von Klaus Schweizer und Arnold Werner-Jensen. - 16., völlig neu bearb. Aufl. - Stuttgart : Reclam, 1998. - 1140 S. : Notenbeisp. ; 16 cm. - ISBN 3-15-010434-3 : DM 39.80
[4658]
98-3/4-278
Konzertführer Klassik : Orchestermusik von A - Z / Wulf Konold (Hrsg.). Mit Beitr. von Barbara Delcker ... - 3. Aufl. - Mainz : Atlantis-Musikbuch-Verlag, 1997. - XIV, 477 S. : Notenbeisp. ; 19 cm. - (Serie Musik Atlantis, Schott ; 8224). - ISBN 3-254-08224-9 : DM 29.90
[4734]

Wie viele der Führer aus dem Reclam-Verlag, so kann auch Reclams Konzertführer, der reine Orchesterwerke, Konzerte für Soloinstrumente und Orchester und auch vokalsymphonische Werke vorstellt, auf zahlreiche Auflagen zurückblicken. Die 1. erschien 1952, bis zur 8. Auflage 1967 zeichnete Hans Renner[1] verantwortlich. Der 9., 1972, nach dem Tod Renners erschienenen Auflage, fügte Klaus Schweizer einen "Anhang über jüngere Werke der Neuen Musik" bei, beginnend mit neueren Werken des 1907 geborenen Wolfgang Fortner, die in dessen Artikel früherer Auflagen noch fehlten. Aus der gleichen Feder erhielt die 10. Auflage 1976 einen "neu verfaßten Abschnitt über die nach 1873 geborenen Komponisten"[2]. Mit der 16. Aufl. 1998 wird nun laut Vorwort des Verlages "ein völlig neues Buch vorgelegt", "erweitert um die Artikel über die Komponisten der Generation seit 1860, beginnend bei Hugo Wolf" (S. 7).

Tatsächlich informiert bereits die 1. Aufl. 1952 in ihren Lebensbildern und Werkbeschreibungen über Werke von Johann Sebastian Bach (1685 - 1750) bis Wolfgang Fortner (1907 - ) - also über 1860 hinausgehend -, weitere Komponisten fanden im Musikgeschichtlichen Überblick (S. 793 - 846 = 54 S.), der an die Komponisten-Chronologie anschloß, Erwähnung.

Die 9. Aufl. 1972 enthielt Komponisten von Johann Sebastian Bach bis Krzysztof Penderecki (1933 - ), der jetzt von Klaus Schweizer neu verfaßte Musikgeschichtliche Überblick 148 S. (S. 843 - 990).

Die 10. Aufl. umfaßt die Zeit von Georg Friedrich Händel (1685 - 1759) bis Robert Wittinger (1945 - ), wobei "43 der insgesamt 82 Komponisten seit Schönberg ... mit informativen Kurzartikeln vertreten" (S. 7) sind ohne die Vorstellung von Einzelwerken; der Musikgeschichtliche Überblick 26 S. (S. 887 - 1012).

Die 15. Aufl. 1996 beginnt wiederum mit Georg Friedrich Händel und endet mit Wolfgang Rihm (1952 - ), der Musikgeschichtliche Überblick umfaßt 25 Seiten (S. 889 - 1014).

Allen Auflagen gemeinsam war der Anhang: 1. Das Orchester (Orchesterbesetzungen), 2. Stichwortverzeichnis, 3. Verzeichnis der Komponisten und der besprochenen Werke.

Neu strukturiert präsentiert sich nun die 16. Aufl. 1998, die mit einer Einführung zu Orchester und Orchestermusik beginnt (S. 11 - 14). Beibehalten wurde die Chronologie des Hauptteils, doch gehen die Artikel zu Komponisten (der erste Artikel widmet sich Antonio Vivaldi) und die zusammenfassenden Texte zu einzelnen Epochen unter Erwähnung von Komponisten ohne eigene Artikel jetzt jeweils fließend ineinander über; dafür entfällt der bisherige Musikgeschichtliche Überblick. Breiten Raum nehmen dabei die Kapitel Das 19. Jahrhundert (S. 291 - 532) und Das späte 19. und das 20. Jahrhundert (S. 532 - 1104) ein. Im Vergleich dazu umfassen die Kapitel Konzertformen der Barockepoche bis Die Wiener Klassik nur 517 Seiten (S. 15 - 532). Die Texte wurden weitgehend neu verfaßt[3]. Die Komponistenartikel gliedern sich nach dem Namen mit Geburts- und Sterbedaten und -orten in kurze biographische Angaben, meist eine Übersicht über die Orchesterwerke sowie allgemeine Bemerkungen zum Werk. Die Werkbeschreibungen - oft mit Notenbeispielen - beginnen in der Regel nach dem Titel mit Opuszahl mit der Angabe der Besetzung; der Entstehungszeit; dem Jahr und Ort der Uraufführung und ggf. der deutschen Erstaufführung, beides häufig mit Angabe der Interpreten (meist nur Solisten und Dirigent); im letzten Kapitel Das späte 19. und 20. Jahrhundert überwiegend mit Aufführungsdauer; schließlich der Satzbezeichnungen; doch finden sich auch Gegenbeispiele, die sich ohne diese Informationen ausschließlich mit einer knappen Werkbeschreibung begnügen (z.B. Rimskij-Korsakow: 1. - 3. Sinfonie, S. 527 - 528).

Es folgt das Verzeichnis der Abkürzungen und das Namenregister mit Verzeichnis der besprochenen Werke, dessen Gestaltung von den früheren Auflagen übernommen wurde, obwohl die Aufspaltung in zwei getrennte Register (Namenregister und Übersicht über die besprochenen Werke) sinnvoller und benutzerfreundlicher gewesen wäre.

Insgesamt ist die Qualität von Reclams Konzertführer gegenüber der früherer Auflagen gestiegen.

Der Konzertführer Klassik stellt den ärgerlichen Versuch einer Neuvermarktung unter anderem Titel dar, handelt es sich doch um einen unveränderten Nachdruck von Lexikon Orchestermusik Klassik.[4] Ob mit dem Lexikon Orchestermusik Barock und dem Lexikon Orchestermusik Romantik, die beide noch unter diesen Titeln als Taschenbuch lieferbar sind, entsprechend verfahren wird, bleibt abzuwarten.

Alphabetisch nach Komponisten geordnet, gliedern sich die Artikel in die biographischen Angaben zum Komponisten und die Werkbeschreibungen (Jahr und Ort der Entstehung und der Uraufführung, Originalverlag, Fassungen und Bearbeitungen, Orchesterbesetzung, Spieldauer, Incipits der einzelnen Sätze, Analyse). Trotz der Anlage im Komponistenalphabet handelt es sich dem Inhalt nach um einen Führer und nicht um ein Lexikon, so daß der neue Titel Konzertführer Klassik zutreffender ist als der frühere Lexikon Orchestermusik Klassik.[5] Von den 9 Autoren der Beiträge, die am Ende des Bandes mit Kurzbiographien vorgestellt werden und "deren Fach- und Detailkenntnis es erlaubt, die oft schmerzlich große Lücke zwischen den neuesten wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und deren Anwendung auf die Musikpraxis und die Musikpublizistik schneller zu schließen" (S. VI), ist keiner im Autoren-Handbuch Musik 1997/98 genannt.

In Anbetracht der kurzen Berichtszeit und des relativ hohen Preises im Vergleich zu dem von Reclams Konzertführer, der Informationen zu wesentlich mehr Komponisten und Werken enthält, ist der Konzertführer Klassik weniger empfehlenswert.

Martina Rommel


[1]
Er ist u.a. bekannt durch: Renners Führer durch Oper, Operette, Musical. - Vgl. IFB 98-1/2-128, Anm. 1 und IFB 95-2-235. (zurück)
[2]
Auch als: Orchestermusik des 20. Jahrhunderts seit Schönberg / Klaus Schweizer. - Stuttgart : Reclam, 1976. - 368 S. : Notenbeisp. - (Universal-Bibliothek ; 9839). - ISBN 3-15-009839-4. (zurück)
[3]
Der Wortlaut des Artikels John Cage entspricht jedoch dem früherer Auflagen, was zufällig beim Vergleich mit der 10. Auflage 1976 festgestellt wurde. (zurück)
[4]
Lexikon Orchestermusik Klassik / Wulf Konold. Mit Beitr. von Barbara Delcker ... - 2. Aufl. - Mainz : Schott ; München : Piper. - (Serie Piper ; ... : Serie Musik Piper, Schott). - Orig.-Ausg. April 1987. - ISBN 3-7957-8224-4 (Schott) - ISBN 3-492-18224-0 (Piper). - A - K. - 1992. - 254 S. : Notenbeisp. - (... ; 8224). - L - Z. - 1992. - S. 256 - 477 : Notenbeisp. - (... ; 8225.) - Außerdem 1987 als Goldmann-Taschenbuch 33605 und 33606 erschienen. (zurück)
[5]
Im Vorwort ist der Begriff Lexikon allerdings stehengeblieben: "... Anlage als Lexikon, in dem Sachinformation und einführende Werkanalyse einander ergänzen" (S. VI). (zurück)

Zurück an den Bildanfang