Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 6(1998) 3/4
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Verzeichnis der Kartensammlungen in Deutschland


98-3/4-204
Verzeichnis der Kartensammlungen in Deutschland / im Auftr. der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz hrsg. von Lothar Zögner und Egon Klemp. Bearb. von Gudrun Maurer. - 2., überarb. und erw. Aufl. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1998. - XVII, 585 S. : Kt. ; 24 cm. - ISBN 3-447-03966-3 : DM 198.00
[4917]

15 Jahre nach Erscheinen des vorbildlichen Nachschlagewerks Verzeichnis der Kartensammlungen in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West)[1] und 11 Jahre nach dem Pendant Verzeichnis der Kartensammlungen der Deutschen Demokratischen Republik[2] liegt nun erneut ein gemeinsames Verzeichnis der Kartensammlungen in Deutschland vor, denn bereits 1959 hatte Heinrich Kramm mit dem Verzeichnis deutscher Kartensammlungen[3] eine Zusammenstellung vorgelegt, die sowohl Sammlungen der Bundesrepublik Deutschland als auch der Deutschen Demokratischen Republik enthielt. Eine Neuauflage war deshalb schon lange ein Wunsch der Kartenbibliothekare und -sammler. Sie werden auch diesmal nicht enttäuscht, denn es ist wieder ein vorbildliches Nachschlagewerk erarbeitet worden, das vielseitige Ansprüche erfüllt. Denn nach wie vor sind nicht nur die Bestände von Bibliotheken aufgenommen worden, sondern ebenso die von Archiven, Museen, Sammlungen von Universitätsinstituten (auch hier eine interessante Vielfalt) und weiteren besonderen Sammlungen öffentlicher Träger wie z.B. der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung Bonn oder des Instituts für Länderkunde Leipzig und sogar namhafter kartographischer Verlage wie dem Justus-Perthes-Verlag Gotha oder dem Georg-Westermann-Verlag Braunschweig. Die Heterogenität der Sammlungen führt auch dazu, daß nicht nur reine Kartenbestände aufgeführt werden, sondern Wandkarten, Atlanten, Graphiken, Veduten, Globen, Reliefs, Ansichtskarten und Luftbilder berücksichtigt werden.

Ein direkter Vergleich der Ausgaben von 1983 bzw. 1987 mit dem vorliegenden Verzeichnis läßt neben stilistischen Varianten als bedeutendste Änderungen die Verschiebung der zeitlichen Grenze für alte Karten von 1800 auf 1850 erkennen, bedingt durch das DFG-Projekt zur Altkartenkatalogisierung.[4]

Addiert man die Zahl der Sammlungen von 1983 (= 471) und 1987 (= 298) und vergleicht die Summe von 769 mit der jetzt erreichten Zahl von 612 Sammlungen, fällt die doch große Differenz auf. Sie läßt sich wohl in erster Linie durch die Umstrukturierung der öffentlichen Verwaltung in den neuen Bundesländern erklären. Auch vermißt man einige Sammlungen im vorliegenden Verzeichnis, was aber vermutlich darauf zurückzuführen ist, daß der Fragebogen nicht rechtzeitig beantwortet wurde.[5] Entfallen sind außerdem Angaben zum Personal, zur Methode der Aufbewahrung und zur Anzahl der Arbeitsplätze. Da Karten normalerweise von der Ausleihe ausgeschlossen sind, muß davon ausgegangen werden, daß geeignete Arbeitsplätze mit einer adäquaten Ausstattung (Karten- bzw. Leuchttisch, Reproduktionsmöglichkeit) zur Verfügung stehen. Das Verzeichnis informiert dafür sowohl über thematische und regionale Schwerpunkte der Bestände als auch über besonders wertvolle oder seltene Stücke, die durch ein Register erschlossen sind. Der Benutzer des Verzeichnisses wird dabei auch zu Sammlungen geführt, deren Existenz er wohl nicht vermutet hat, wie z.B. die Commerzbibliothek der Handelskammer Hamburg. Der Wert einer Sammlung ergibt sich für den Benutzer schließlich aus der Erreichbarkeit, wozu die Angaben zur formalen und sachlichen Erschließung sowie die Öffnungszeiten dienen. Literaturangaben am Schluß der Eintragungen nennen Veröffentlichungen über die Sammlung bzw. über einzelne Stücke. Der herausklappbare Schlüssel des Gliederungsschemas erleichtert die Handhabung.

Der Umschlag des Bandes schlägt nun sichtbar den Bogen zwischen den bisherigen Aufgaben der Sammlungen und den neu zu beschreitenden Wegen. Germania Magna aus Claudius Ptolemaeus' Geographia (Ulm, 1482) steht für die Archivierung wertvoller Altbestände, während das Satellitenbild Deutschlands auf zukünftige Erweiterungen in Richtung digitaler Anwendungen[6] (Karten-CD-ROMs bis hin zu Geographischen Informationssystemen) hinweist, denen sich die Sammlungen zu stellen haben. Die nächste Ausgabe des Verzeichnisses wird diesem Aspekt mehr Aufmerksamkeit widmen müssen.

Ein Wermutstropfen bleibt freilich: das Verzeichnis der Kartensammlungen in Deutschland suggeriert einen recht hohen Stellenwert der Sammlungen innerhalb der jeweiligen Institution. Leider ist die Realität oftmals anders und die Kartensammlungen führen ein eher bescheidenes Dasein am Rande. Dies wird z.B. deutlich, wenn man auf den Internetseiten der Bibliotheken und Archive nach Hinweisen auf eine Kartensammlung sucht: leider meist vergeblich. So wäre zu wünschen, daß das Verzeichnis auch dazu beitragen möge, die Kartensammlungen aus ihrem Schattendasein heranzuführen.

Wolfgang Crom


[1]
Vgl. ABUN in ZfBB 30 (1983),6, S. 531 - 532. (zurück)
[2]
Verzeichnis der Kartensammlungen der Deutschen Demokratischen Republik / im Auftrag der Deutschen Staatsbibliothek mit Unterstützung des Bibliotheksverbandes der DDR, der Staatlichen Archivverwaltung sowie der Arbeitsgemeinschaft Geschichte der Kartographie der Geographischen Gesellschaft der DDR. Ausgewählt und bearb. von Egon Klemp und Sabine Schilfert. - Berlin, 1987. (zurück)
[3]
Verzeichnis deutscher Kartensammlungen / im Auftrage der Westdeutschen Bibliothek <ehem. Preuß. Staatsbibliothek> bearb. von Heinrich Kramm. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1959. - 84 S. (zurück)
[4]
Vgl. IFB 95-4-635 zur Landkarten-Datenbank. (zurück)
[5]
Darunter befindet sich mit der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn auch eine Pflichtexemplarbibliothek, die lt. Deutscher Bibliotheksstatistik einen durchaus beträchtlichen jährlichen Zuwachs verzeichnet. (zurück)
[6]
Digitale Karten in der Schweiz : Produkte, Datensätze und Anwendersysteme / zsgest. von Jürg Bühler und Thomas Klöti. Hrsg. von der Arbeitsgruppe Kartenbibliothekarinnen/Kartenbibliothekare (BBS). - Zürich ; Bern, 1994. - 19 S. ; 30 cm. - (ETH-Bibliothek, Kartensammlung, Rämistr. 101, CH-8092 Zürich) [5019]
Die rege Arbeitsgruppe Kartenbibliothekarinnen/Kartenbibliothekare des Verbandes der Bibliotheken und der Bibliothekarinnen/Bibliothekare der Schweiz hat aus Anlaß der 9. Konferenz der Groupe des cartothécaires de LIBER, die 1994 an der ETH Zürich stattfand, vorstehende Liste herausgegeben. Die Bearbeiter versuchen damit erstmals, einen Überblick über das schnell zunehmende Angebot digitaler Karten zu bieten, deren Vermittlung und Bereitstellung sie als künftige zusätzliche Aufgabe von Kartensammlungen sehen. Die Liste schlägt dabei den Bogen von Wegweiser- und Informationssystemen privater Anbieter über die Angebote amtlicher und wissenschaftlicher Stellen bis zu Anwendersystemen und beinhaltet detaillierte Angaben zu Inhalten bzw. Anwendungen, Systemvoraussetzungen und Adressen. Im Vorwort wird vom "digitalen Wiegenzeitalter" gesprochen, was wohl auch darauf hinweisen soll, daß für die Kartenbibliothekare die Lauflernphase ebenfalls noch bevorsteht. Dem zusätzlich im Internet unter http://www.stub.unibe.ch/bbs/maps/digkar.html aufzurufenden Verzeichnis ist zu entnehmen, daß keine Neuauflage bzw. Aktualisierung vorgesehen ist, eine Entscheidung, die man wegen dieses schnell wachsenden Marktes bedauern muß. (zurück)

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