Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 6(1998) 1/2

Denkmale jüdischer Kultur in Thüringen


98-1/2-106
Denkmale jüdischer Kultur in Thüringen / Monika Kahl. - 1. Aufl. - Bad Homburg ; Leipzig : Verlag Ausbildung + Wissen, 1997. - 163 S. : Ill., Kt. ; 24 cm. - (Kulturgeschichtliche Reihe / Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege ; 2). - ISBN 3-927879-90-8 : DM 38.00
[4310]

Daß jüdische Denkmäler in den neuen Bundesländern in dem in IFB 95-3-377 besprochenen Reiseführer durch das jüdische Deutschland[1] gänzlich unterrepräsentiert waren, hatte seinen Grund in den beschränkten Explorationsmöglichkeiten des Verfassers zu Zeiten der DDR und nicht etwa im Fehlen solcher Denkmäler. Nach der deutschen Vereinigung bekam die Beschäftigung mit der Geschichte der Juden vor 1933 auch in den östlichen Bundesländern neue Impulse, was sich u.a. in Publikationen zum Denkmälerbestand manifestiert.[2] Daß das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege nunmehr in seinem "Hausverlag"[3] ein inventarartiges Verzeichnis der Denkmale jüdischer Kultur in Thüringen vorlegen kann, ist einerseits eine Folge des neuen Denkmalschutzgesetzes für Thüringen vom 07.01.1992 und der dadurch ausgelösten verstärkten Bemühungen um die systematische Erfassung des Denkmälerbestandes insgesamt und andererseits eine Umsetzung des im Staatsvertrag zwischen der Landesregierung und der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen vom 07.12.1993 (der im vorliegenden Band auf S. 160 abgedruckt ist) enthaltenen Vereinbarung über den Schutz und die Erhaltung des jüdischen Kulturerbes.

Auf die sehr knappen allgemeinen Einleitungen folgt ein Beitrag über Jüdische Kulteinrichtungen und ihre Gestaltungsmerkmale, nämlich die von Friedhöfen, Synagogen, Mikwen und Schulen. Diese und dazu Gedenkstätten, -steine und -tafeln sind auch die Objekte, die im Hauptteil (dem eine Übersichtskarte vorausgeht) im Ortsalphabet (jeweils mit einer knappen Einleitung über die Geschichte der jüdischen Gemeinde) beschrieben werden. Sämtliche seit dem Ende des 19. Jahrhunderts erbauten Synagogen wurden zerstört (die einzige, die das Dritte Reich überstanden hatte, wurde erst 1977 abgerissen); von den älteren haben einige in Umbauten zu Wohnhäusern überlebt, und die wenigen noch als Synagogen erhaltenen sind inzwischen restauriert (Aschenhausen, Berkach, Mühlhausen), desgleichen der einzige Neubau einer Synagoge in der DDR, der 1952 in Erfurt errichtet wurde. Um so mehr fallen - auch durch die hohe Zahl der farbigen Abbildungen - die 34 erhaltenen, hauptsächlich seit dem 17. Jahrhundert angelegten jüdischen Friedhöfe ins Auge, deren wieder aufgerichtete Steine durch zumeist neue Zäune eingefriedet sind. Die Sicherung der vom Steinzerfall bedrohten Inschriften und Reliefs und deren Dokumentation bleibt dagegen ein Desiderat.[4] Den Band beschließt eine statistische Übersicht über den Bestand. - Vergleichbare Bände wünschte man sich auch für die Denkmäler jüdischer Kultur in den anderen neuen Bundesländern.

Klaus Schreiber


[1]
Reiseführer durch das jüdische Deutschland / Peter Hirsch ; Billie Lopez. Aus dem Amerikanischen von Leopoldine Schnabl. - 1. Aufl. - München : Kovar, 1993. - 271 S. : Ill. ; 21 cm. - Einheitssacht.: A traveller's guide to Jewish Germany. - ISBN 3-925845-35-6 : DM 38.00 [2973]. (zurück)
[2]
Zeugnisse jüdischer Kultur : Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen / [Autoren: Klaus Arlt ...]. - Berlin : Tourist-Verlag, 1992. - 315 S. : zahlr. Ill., Kt. - ISBN 3-350-00780-5.
Stein und Name : die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (neue Bundesländer/DDR und Berlin) / Michael Brocke ; Eckehart Ruthenberg ; Kai Uwe Schulenburg. [Institut Kirche und Judentum Berlin]. - Berlin : Institut Kirche und Judentum, 1994. - 720 S. : Ill., Kt. - (Veröffentlichungen aus dem Institut Kirche und Judentum ; 22). - ISBN 3-923095-19-8 : DM 39.80. (zurück)
[3]
Es handelt sich um folgende Schriftenreihen: Arbeitshefte des Thüringer Landesamtes für Denkmalpflege. - 1992,1 - . - Sicherungsprojekte. - 1 (1996) - . - Kulturgeschichtliche Reihe. - 1 (1996) - .
Die im selben Verlag 1997 erschienene Bibliographie zur thüringischen Kunstgeschichte ... 1973 - 1993 von Rosemarie Teschner wurde in IFB 97-3/4-347 besprochen.
In der Reihe der Arbeitshefte erschien im März 1998 ein stattlicher Band, der gerade noch rechtzeitig einlangte, um hier wenigstens angezeigt zu werden:
Militärbauten in Thüringen : Studien zu Kasernenanlagen in Mitteldeutschland seit der Verabschiedung der Wehrverfassung des Deutschen Bundes 1821 / Dieter Zeigert. - 1. Aufl. - Bad Homburg ; Leipzig : Verlag Ausbildung + Wissen, 1998. - 336 S. : zahlr. Ill. ; 30 cm. - (Arbeitshefte des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege ; 1998,1). - ISBN 3-927879-94-0 : DM 42.00 [4739].
Militärbauten (i.d.R. Kasernen) sind in noch stärkerem Maße als Bauten der Industrie und Technik Problemkinder der Denkmalpflege, die bei der Prüfung auf Denkmalwürdigkeit häufig genug erst einmal mit der Registrierung beginnen muß, da diese reinen Funktionsbauten im Gegensatz zu Kirchen, Schlössern u.ä. Bauten in den älteren Denkmälerinventaren kaum berücksichtigt wurden. Das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege konnte bei dieser speziellen Aufgabe glücklicherweise auf einen als Kenner der Materie ausgewiesenen Oberst a.D. rekurrieren, der im vorliegenden Band die noch existierenden Militärbauten des 19. und 20. Jahrhunderts in Thüringen im Ortsalphabet beschreibt und abbildet (alle Photos sind mit Monat und Jahr datiert). Der Kopf der Beschreibung enthält: Namen (auch frühere Namen), Lage, Bauzeit, Bauherr, Nutzer (in chronologischer Folge). Die z.T. ausführliche Beschreibung gliedert sich in die Abschnitte Bau- und Nutzungsgeschichte und Baubeschreibung; die abschließenden Anmerkungen nennen u.a. archivalische Quellen (die nur z.T. den zweiten Weltkrieg überlebt haben). Die lange Einleitung behandelt u.a. Die Entwicklung des Militärbauwesens in Thüringen in Abschnitten für die einzelnen Herzog- und Fürstentümer vor 1918 und für den Gesamtstaat nach 1918. Der mehrteilige Anhang (die Seitenangaben im Inhaltsverzeichnis stimmen nicht) gibt in tabellarischer Form Auskunft u.a. über erhaltene und nicht mehr erhaltene Militärbauten und die militärischen Standorte.
Daß sich nicht nur die Denkmalämter, sondern auch Einzelpersonen ohne amtliche Unterstützung die Dokumentation von Militär- bzw. Zivilschutzbauten angelegen sein lassen, zeigt die folgende, für März 1998 angekündigte Publikation:
Bunkerwelten : Luftschutzanlagen in Norddeutschland / Michael Foedrowitz. - Berlin : Links, 1998 (März). - Ca. 300 S. : Ill. ; 25 cm. - ISBN 3-86153-155-0 : DM 68.00. (zurück)
[4]
Das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg hat gerade ein "bundesweit einzigartiges Projekt" angekündigt: "Alle 144 jüdischen Friedhöfe im Land ... sollen vollständig erforscht werden, ... die rund 55.000 erhaltenen Grabsteine werden ausgewertet, die Daten der Verstorbenen gesammelt und die Ruhestätten restauriert. ... Mehr als drei Millionen Mark habe der Landtag für das Projekt bewilligt." (Stuttgarter Nachrichten. - 1998-04-07, S. 7). (zurück)

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