Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 6(1998) 1/2
[ Bestand in K10plus ]

Max und Moritz in aller Munde


98-1/2-031
Max und Moritz in aller Munde : Wandlungen eines Kinderbuches ; eine Ausstellung in der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, 27. Juni - 30. September 1997 / von Manfred Görlach. - Köln : Universitäts- und Stadtbibliothek, 1997. - 112 S. : Ill. ; 21 cm. - (Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln ; 3). - S. 84 - 108: Bibliographie der "Max-und-Moritz"-Übersetzungen. - ISBN 3-931596-10-9 : DM 20.00. - (Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, Universitätsstr. 33, 50931 Köln, FAX 0221/470-5166)
[4289]

Die Bildgeschichte von Max und Moritz ist wohl neben dem Struwwelpeter das bekannteste Werk der deutschen Kinderliteratur. In der Ausstellung Max und Moritz in aller Munde wurde die Verbreitung dieser beliebten "Bubengeschichte" in alle Welt gezeigt. Ausgestellt waren neben den zahlreichen Übersetzungen auch Parodien und Nachahmungen, Schallplatten, Vertonungen, Dramatisierungen, künstlerische Paraphrasen und Cartoons sowie Max und Moritz in der Werbung, auf Notgeld, Briefmarken und Artikel des täglichen Bedarfs u.a. Der Katalog führt die Exponate entsprechend der Ausstellung in vierundzwanzig Gruppen auf. Der Verfasser des Kataloges, aus dessen Sammlung die meisten Exponate stammen und der selbst mehrere Max-und-Moritz-Übersetzungen in englische Dialekte angefertigt, sowie Sammelbände mit Übersetzungen herausgegeben hat, geht anfangs auf die Rezeption des Werkes im Ausland ein und befaßt sich ausführlich mit Problemen der Übersetzung.

Den wichtigsten Teil des Katalogs bildet die Bibliographie der Max-und-Moritz-Übersetzungen. Es ist erstaunlich, wie viele Titel auch aus entlegenen Bereichen zusammengetragen wurden. Es werden 281 Titel, nach Sprachen geordnet, aufgeführt. Darunter sind viele Auszüge und auch ungedruckte und noch in Arbeit befindliche Versionen. Die insgesamt hohe Zahl belegt aber nicht die Beliebtheit des Buches im Ausland. Zwar sind Übersetzungen in fast 150 Sprachen und Dialekten nachgewiesen, davon entfallen aber über ein Drittel allein auf deutschsprachige Dialekte. Diese 102 Übersetzungen liegen in über 60 deutschsprachigen Dialekten vor. Die erste Übersetzung im Ausland erschien 1866 in Dänemark, eine englische folgte 1871, sowie eine japanische schon 1887. Zu Lebzeiten Wilhelm Buschs erschien Max und Moritz bereits in zehn Sprachen.

Von den insgesamt 179 fremdsprachigen Übersetzungen sind jedoch rund die Hälfte erst in den letzten fünfzehn Jahren entstanden, viele durch Anregung des Herausgebers. Durch seine Bemühungen "ist die Lücke für die romanischen Hauptsprachen weitgehend geschlossen worden." Damit hat der Herausgeber wesentlich zur Verbreitung der Geschichte von Max und Moritz beigetragen .

Bei den deutschen Dialekten sind sogar fast 90 % erst in den achtziger und neunziger Jahren unseres Jahrhunderts erschienen. Auch das ist zum großen Teil das Verdienst des Herausgebers. "Erst meine Anregungen seit 1980 haben zu einer Fülle neuer Fassungen geführt, von denen mehr als 60 auf meinen Wunsch hin übersetzt wurden und werden." Er fragt auch nach der Funktion der Übersetzung eines Kinderbuches wie Max und Moritz, wenn viele Mundarten vom Hochdeutschen verdrängt werden und nur noch "die Über-Fünfzig-Jährigen den Dialekt beherrschen," ohne allerdings eine Antwort zu geben. "Übersetzungen in tote Sprachen" sieht er als "philologische Lockerungsübungen für Autoren und Leser." Sind die Übersetzungen in die verschiedenen Dialekte nun Philologenspäße? Für die ursprüngliche Zielgruppe des Buches, die Kinder, sind sie wohl nicht gedacht. Das zeigen die vielen Privatdrucke und Veröffentlichungen in Sammelbänden mit mehreren Dialekten. Die Übersetzung eines Kunstwerkes kann nie das Original ersetzen, darum ist sie nur eine Notlösung, um das Kunstwerk auch Sprachunkundigen zugänglich zu machen. Angesichts der vielen Dialektausgaben gewinnt man den Eindruck, daß Max und Moritz zum Übungsmaterial für Philologen geworden ist.

Der Katalog spiegelt die Verbreitung im Ausland und die Wiedergabe der Bubengeschichte in verschiedenen deutschen Dialekten. Die Rezeption der Originalausgabe zu zeigen, war nicht sein Ziel. Dennoch hätte man hier gern einiges erfahren. Es wird lediglich erwähnt, daß "die Geschichte des Textes der Ausgaben von Max und Moritz von 1865 bis in die Gegenwart wohl dokumentiert ist (Liebert in Kat. 21-30, 4O- )." Den Titel von Liebert findet man aber in der Publikation nirgends, selbst bei der "sehr kleinen Auswahl" von neun Literaturangaben zu Max und Moritz nicht. Die Auflösung der Abkürzung "(Kat.)" muß man lange suchen. Ein Abkürzungsverzeichnis gibt es nur für den Standortnachweis der 72 Titel von Max-und-Moritz-Bearbeitungen, Parodien, Theaterstücke usw. Doch hinter einem Titel in dem "Kat." in keiner Form vorkommt, nämlich "125 Jahre Max und Moritz. Entstehung und Wirkung des berühmten Buches. Stuttgart: Hatje, 1980." findet man den Hinweis "(=Kat)". Diese Publikation erschien jedoch nicht 1980, wie angegeben, sondern 1990 anläßlich einer Ausstellung im Wilhelm-Busch-Museum Hannover.[1] Darin befindet sich die Bibliographie der Originalauflagen von 1865 - 1958 von Ute Liebert sowie ein längerer Beitrag von ihr zur Auflagengeschichte des Max und Moritz bis zur Gegenwart.

Der Katalog mit seiner exakt erarbeiteten Bibliographie zeigt, wie lebendig Wilhelm Buschs Bildgeschichte von Max und Moritz noch immer ist und daß sie nicht nur Jahr für Jahr neue Leser findet, sondern daß auch längst dem Kinderbuchalter Entwachsene ihren Spaß an ihr finden.

Heinz Wegehaupt


[1]
125 Jahre Max und Moritz : Entstehung und Wirkung des berühmten Buches / [Hrsg.: Wilhelm-Busch-Gesellschaft e.V. Verantwortlich für Ausstellung und Katalog: Herwig Guratzsch]. - Stuttgart : Hatje, 1990. - 167 S. : Ill. - S. 140 - 148: Bibliographie der Originalauflagen von 1865 - 1958 / Ute Liebert. - S. 149 - 168: Bibliographie der Übersetzungen. - Stand: Januar 1990 / Manfred Görlach. (zurück)

Zurück an den Bildanfang