Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 6(1998) 1/2
[ Bestand in K10plus ]

Internet-Lexikon


98-1/2-006
Internet-Lexikon / von Detlef Jürgen Brauner ; Robert Raible-Besten ; Martin M. Weigert. - München [u.a.] : Oldenbourg, 1997. - XVII, 244 S. ; 22 cm. - ISBN 3-486-24170-2 : DM 49.80
[4351]

Gleich drei Autoren machten sich ans Werk, um ein 244 Seiten umfassendes Lexikon auf den Markt zu bringen, das sowohl dem Anfänger als auch dem Internet-Methusalem die Übersetzung und Erklärung der wichtigsten Begriffe aus dem Internet und aus den damit in Verbindung stehenden Bereichen liefert. Für dieses größere Unterfangen wurden laut Vorwort ca. 4400 Stichwörter übersetzt, expandiert und erklärt.

Die Veröffentlichung macht auf den ersten Blick einen sehr nüchternen, streng wissenschaftlichen Eindruck. Auf jeder Seite des Lexikons befinden sich jeweils zwei Spalten mit Lemmata und zugehörigen Erklärungen. Die Lemmata sind fett gedruckt, alle englischen Begriffe stehen in kursiver Schrift und Verweisungen werden durch Verweisungspfeile kenntlich gemacht. Mehrere Bedeutungen eines Begriffs sind durch Rauten voneinander getrennt. Graphische Darstellungen, Bilder oder Tabellen fehlen.

4400 Begriffe zum Thema Internet mag selbst dem Fachmann etwas viel erscheinen. Allerdings wird relativ schnell klar wie diese Fülle von Begriffen zustandekommt, wenn man sich das Buch genauer betrachtet. Die Autoren haben neben den ganz spezifischen Internetbegriffen zusätzlich eine ganze Anzahl von Fachausdrücken aus dem Onlinebereich und der allgemeinen Informationstechnik einbezogen.[1] Dies könnte natürlich eine Bereicherung sein, ist tatsächlich aber unbefriedigend, da die Auswahl der Lemmata eher zufällig zustande kommt und eine Vollständigkeit aus allen Bereichen im Rahmen solch einer Publikation auch nicht erreicht werden kann. Wenn bei den 4400 Begriffen sämtliche Verweisungen (und das sind nicht wenige) auf deutsche Übersetzungen, aufgelöste Wortformen und Akronyme mitgerechnet werden, muß es zwangsläufig zu einer so hohen Anzahl kommen. Quantität statt Qualität scheint im übrigen die heimliche Philosophie dieser Veröffentlichung zu sein. So wird das Buch dem Anspruch, den man an ein Lexikon stellt, in keinster Weise gerecht. Die Artikel sind in Länge und Ausführlichkeit absolut unausgewogen. Der Großteil der Einträge wird mit ein bis zwei kurzen Sätzen abgehandelt und nur wenige Begriffe wie z.B. E-Mail-Adressierungs-Formate, Interpreter-Sprache, IP address, relevance ranking, Suchdienst, Web-Browser oder data-packet erhalten einen ausführlicheren Erläuterungstext. Angaben zu Sekundärliteratur gibt es praktisch überhaupt keine und die Anzahl der angegebenen WWW-Adressen ist stark begrenzt bzw. konzentriert sich vorwiegend auf Firmen, Institutionen und Online-Dienste. Das Verständnis einzelner Sachverhalte wird zudem durch die übertrieben häufigen Verweisungen innerhalb der Lexikonartikel stark beeinträchtigt. Die Erklärungen der einzelnen Begriffe sind weniger allgemeinverständlich und richten sich vorwiegend an ein Fachpublikum. Internet-Neulinge dürften schon bei Erläuterungstexten zu relativ alltäglichem Vokabular wie z.B. Hyperlink, Web-Site oder CGI-Script[2] das Buch verwirrt zur Seite legen. Trotz des sehr dynamischen Fachgebiets Internet überrascht es, daß Begriffe wie hosting, Extranet, Ad-Click, Relaunch, Real-Audio, Push-Channel oder Apache fehlen. Zudem verwundern kleinere inhaltliche Uneinheitlichkeiten. So befindet sich z.B. unter dem Eintrag wired zwar eine Wortübersetzung, jedoch keinerlei Hinweis auf die wohl bekannteste amerikanische Internetzeitschrift. Die Erklärung "Punk im Internet" zum Begriff cyberpunk ist indiskutabel.

Ein großer Schwachpunkt des Lexikons sind die Verweisungen, deren Zahl ungewöhnlich hoch ist. Hierdurch wird der Nutzer unnötig verwirrt, verliert den inhaltlichen Zusammenhang und benötigt viel zu viel Zeit, um zu einer Beantwortung seiner Anfrage zu gelangen. Offenbar waren auch die Autoren mit dem inhaltlichen Konzept ihrer eigenen Verweisungen etwas überfordert, was am Beispiel des Begriffs Access Provider[3] demonstriert werden kann. Durch die fehlende Verweisung von IAP auf provider und die dadurch entstandene unterschiedliche Erläuterung erhält der Nutzer eine Fehlinformation.

Insgesamt gesehen wird das Internet-Lexikon von Oldenbourg seinen Ansprüchen nicht gerecht. Die Zielgruppe der Internet-Neulinge wird durch zuviel "Fachchinesisch" nicht erreicht und die Internet-Profis werden mit dem Inhalt nur sehr unzureichend befriedigt. Formalen und inhaltlichen Mängeln, sowie großen Defiziten in der Benutzerführung steht ein zu hoher Preis entgegen.

Roland Herrmann


[1]
Z.B. BelWü, LPT, Benutzer, kompatibel, AT-Kommandos, Handy, Handscanner, DOS, Hauptspeicher, Steckkarte, Strg, Textverarbeitungsprogramm etc. (zurück)
[2]
"ein in einer >Script Sprache (häufig >PERL) verfaßtes >CGI-Programm" (S. 40). Das Lemma CGI-Programm fehlt und unter CGI werden die beiden folgenden Erklärungen angeboten:
"Common Gateway Interface, [1] Standard für die Kopplung von Server-Programmen und sonstigen Programmen vgl. auch >ISAPI und >NSAPI;
[2] ein nach dem CGI-Standard auf einem Host ablaufendes Programm das zur Steuerung von Aktivitäten des Hosts (bzw. zur Steuerung von Server-Programmen) eingesetzt wird. Am weitesten verbreitet sind CGIs, die zwischen einem HTTP-Client (einem >WWW-Browser) und einem >Server vermitteln. Der Start eines CGIs wird hierbei per >hyperlink aus einem >HTML-Dokument heraus veranlaßt, wobei meist Parameter (Formularinhalte etc.) übergeben werden. Solche Client-Anfragen werden vom CGI interpretiert und zur dynamischen Generierung von Server-Ausgaben verwendet. Über CGIs werden beispielsweise Datenbank-Abfragen realisiert, bei >Suchdiensten Anfragen gestartet (und die Suchergebnisse als dynamisch erzeugte WebPages zurückgesandt), oder Zugriffszähler aktiviert ("Oh - Sie sind der 13. Besucher seit 95-01-01"!)" (S. 39 - 40). (zurück)
[3]
"Internet access provider, >IAP" S. 3 unter der Eintragung IAP steht: "Internet access provider, kommerzieller oder als Verein organisierter Dienstleister, der Internet-Zugang ermöglicht und gegebenenfalls damit verbundene Service-Leistungen erbringt (jedoch nicht oder nur in geringem Umfang die Leistungen eines >Online-Dienstes anbietet)" (S. 105). - Unter der Eintragung provider steht: "Dienstleistungsunternehmen, das Netzdienste offeriert, wobei bisweilen (nicht immer exakt) unterschieden wird nach: Internet access provider (IAP) oder Internet gateway provider (IGP), Internet-Zugangs-Anbieter, ein Unternehmen, das den reinen, passiven Zugang zum Internet anbietet (so ist beispielsweise bloßer E-Mail-Empfang möglich, nicht aber das Senden)". (zurück)

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