Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 3/4
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Gnomon bibliographische Datenbank


97-3/4-401
Gnomon bibliographische Datenbank : internationales Informationssystem für die Klassische Altertumswissenschaft [Computerdatei] / Jürgen Malitz. - München : Beck. - ISSN 0340-3718
[4569]
3 (1996),April. - 1 CD-ROM + Handbuch. - ISBN 3-406-41085-5 : DM 598.00 (Grundwerk), DM 498.00 (für Abonnenten von Gnomon), DM 298.00 (update p.a.)

3. Gnomon Bibliographische Datenbank (GBD)

3.1 Allgemeines

Informationen über GBD erhält man von den Bearbeitern[1] und im Internet gibt es die Möglichkeit, GBD zu testen. Dort ist auch der Thesaurus und die Liste der ausgewerteten Zeitschriften einsehbar.[2]

GBD[3] erschien erstmals im Frühjahr 1994. Seitdem ist die Datenbank weiterentwickelt und verbessert worden. Die getestete Version 3. (1996),April war bereits mit einer Windows-Oberfläche ausgestattet und wirkte dadurch schon wesentlich ansprechender als die vorherige DOS-Version.

3.2 Systemvoraussetzung

Voraussetzung für die Nutzung von GBD ist lediglich die korrekte Installation von Windows 3.1 oder höher. Wer noch kein CD-ROM-Laufwerk besitzt, kann inhaltsgleiche Disketten beziehen. Das von GBD verwendete Retrieval-System ist Lidos 3.3. für Windows.

3.3 Inhalt

Grundbestand der Datenbank ist die Zeitschrift Gnomon : kritische Zeitschrift für die gesamte Klassische Altertumswissenschaft von 1 (1925) - 65 (1995). Berücksichtigt sind nicht nur die Rezensionen, sondern auch die Personalnachrichten und Nachrufe. Seit 1990 wird die vierteljährlich erscheinende bibliographische Beilage miterfaßt, wodurch zahlreiche Neuerscheinungen auf dem Gebiet der Altertumswissenschaft erschlossen werden. Des weiteren wird eine umfangreiche Liste von altertumswissenschaftlich relevanten Zeitschriften ausgewertet, die die bibliographische Beilage von Gnomon nicht berücksichtigt. Zu den Zeitschriften, die bereits retrospektiv vollständig erfaßt sind und auch weiterhin ausgewertet werden, gehören z.B. Der altsprachliche Unterricht, Antike & Abendland, Chiron, The classical quarterly, The Journal of Hellenic studies, Greece & Rome, Gymnasium, Hermes, Historia und die Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik. Es ist nicht ganz klar, ob die Zeitschriften Cover-to-Cover ausgewertet werden oder nur in Auswahl. Aus zwei älteren Zeitschriften, die ihr Erscheinen bereits eingestellt haben, sind alle altertumswissenschaftlichen Artikel ausgewertet worden (Neue Jahrbücher, 1898 - 1924 und Antike 1925 - 1944). Das Handbuch weist ca. 200 Zeitschriften auf, die von GBD ausgewertet werden. Schließlich wurden noch 8000 deutsche altertumswissenschaftliche Dissertationen aus dem Zeitraum von 1902 bis 1995 mit aufgenommen. Nach Angabe des Systems enthält die Datenbank zur Zeit 180.340 Dokumente. GBD wird jährlich aktualisiert. In der Zeit zwischen den Updates können Nachträge im Internet abgerufen werden.[4] Bei den Titelaufnahmen werden die RAK weitgehend berücksichtigt. Die griechischen Buchstaben werden transliteriert.

3.4 Recherchemöglichkeiten

Der Datenbestand von GBD ist über drei Recherche-Ebenen zugänglich: 1. Recherche in indizierten Feldern; 2. Deskriptoren-Recherche; 3. Volltext-Recherche.

Ein Browsen in Indizes wie bei Dyabola oder DCB ist nicht möglich. Bei der Recherche können jedoch Links- und Rechtstrunkierung verwendet werden, um verschiedene Schreibweisen zu berücksichtigen.

3.4.1 Recherche in indizierten Feldern

1. Autoren-Recherche: Hier werden nicht nur Verfasser und Herausgeber berücksichtigt, sondern auch die über die gesuchte Person veröffentlichten Personalnachrichten und Nachrufe aus Gnomon. Einen Filter für diese Nachrichten gibt es nicht. Normierung der Namen (z.B. Vervollständigung der Vornamen) fand nicht statt - Grundlage ist die Druck-Vorlage. Berücksichtigt werden sowohl die Rezensionen des Verfassers als auch die über seine Werke geschriebenen Rezensionen. Bei der Autoren-Recherche kann zeitlich eingegrenzt werden.

2. Textfeld-Suche: Bei der Erschließung der Dokumente können in die Kategorie Textfeld Stichwörter normiert eingetragen werden, wenn der entsprechende Titel in der Systematik nur unzureichend untergebracht werden kann. Fremdsprachige Stichwörter werden - wenn es sinnvoll erscheint - übersetzt. Stichwörter von erfaßten Lexikon-Artikeln werden in diesem Feld wiederholt und gegebenenfalls erweitert.

3. Zeitschriften-Recherche: Es ist möglich, sich alle Artikel einer Zeitschrift anzeigen zu lassen. Die meisten Zeitschriften haben einen Eintrag im Thesaurus (s.u.), der direkt für die Recherche übernommen werden kann. Zwar ist es ein erklärtes Ziel von GBD, die Durchsicht neuer Zeitschriftenbände an den Schreibtisch zu verlegen, doch müßte dazu ein häufigeres Update erfolgen. Interessant ist dieses Angebot, wenn eine bestimmte Zeitschrift nicht vor Ort verfügbar ist.

4. Recherche über den Serientitel: Wie bei der Zeitschriften-Recherche ist es möglich, sich alle Aufsätze aus einem Sammelband anzeigen zu lassen. Welche Sammelwerke aufgenommen wurden, läßt sich über eine Deskriptor-Recherche feststellen. Die sehr umfangreichen Sammelwerke wie Cambridge ancient history und Aufstieg und Niedergang der römischen Welt sind mit ihren Titeln sogar im Thesaurus aufgenommen worden.

3.4.2 Deskriptor-Recherche

GBD bietet als einzige der besprochenen Datenbanken einen Thesaurus mit über 4000 Deskriptoren an, wobei auch Formaldeskriptoren vergeben wurden (z.B. Dissertation, Rezension, Zeitschriften, Erscheinungsjahr).[5] Der Schwerpunkt liegt im Bereich der Alten Geschichte und Klassischen Philologie. Grundlagen für die Gestaltung des Thesaurus waren die Regensburger Systematik, das Lexikon der alten Welt und Der kleine Pauly. Alle antiken Autorennamen sind latinisiert. Im entsprechenden Suchfenster können die Deskriptoren direkt bei der Recherche mit Booleschen Operatoren verknüpft werden. Die Systematik ist nicht sehr tief, bietet aber dennoch interessante Sucheinstiege. Es ist möglich, sich den Thesaurus alphabetisch oder hierarchisch anzeigen zu lassen, in ihm nach Begriffen zu suchen, die direkt für die Recherche übernommen werden können und sich in der Hierarchie auf und ab zu bewegen. Der von Schmitzer (s.o.) vorgenommene Retrievaltest hat jedoch ergeben, das nicht alle einschlägigen Dokumente indiziert wurden.

Für die Benutzung in der Bibliothek ist es sicher praktisch, einen Ausdruck des Thesaurus (der hierarchisch geordnete Thesaurus umfaßt ca. 85 Seiten, alphabetisch geordnet ca. 165 Seiten) an den Rechercheplätzen anzubieten, damit sich die Benutzer schneller orientieren können.

3.4.3 Volltext-Recherche

Im Gegensatz zur Deskriptor-Recherche dauert die Volltext-Recherche sehr lang - teilweise Minuten. Für jedes Suchwort muß festgelegt werden, in welchem Feld es gesucht werden muß - in der Regel handelt es sich um das Titelfeld.

Alle gewonnenen Ergebnismengen (maximal drei) können mittels Boolescher Operatoren eingeschränkt oder erweitert werden.

3.5 Präsentation der Ergebnisse

Die Ergebnisse können in verschiedenen Formaten (Autoren-, Titel- und Dokumentliste) betrachtet werden. Der Benutzer kann sich die Ergebnis-Liste auch nach verschiedenen Kriterien sortieren lassen (Autor, Jahr, Titel, etc.). Ausdruck und Kopie auf Diskette ist selbstverständlich möglich.

3.6 Bewertung

GBD und DCB haben ungefähr die gleiche Anzahl von Titeln. GBD biete jedoch einen größeren Berichtszeitraum (Mitte des 19. Jh. bis 1995), so daß durch eine Recherche ein sehr viel breiteres Spektrum abgedeckt werden kann. Ein weiterer Vorteil gegenüber DCB ist der Thesaurus. Zwar wurde von anderen Rezensenten die mangelhafte Indexierungstiefe beklagt (vgl. Anm. 28), doch erfolgte die Indexierung der meisten Dokumente wahrscheinlich retrospektiv und ohne Autopsie. Für die nächsten Updates ist es sicherlich wünschenswert, die Indexierungstiefe pro dokumentarischer Bezugseinheit zu steigern. Wenn der Thesaurus sorgfältig gepflegt wird, bietet er ein wertvolles Recherche-Instrument. Je nach Suchanfrage in den hier besprochenen Datenbanken werden bei den Ergebnissen mehr oder weniger zahlreiche Überschneidungen auftreten, so daß schließlich der Anwender in mühevoller Handarbeit diese Dubletten herausfiltern muß. Vor diesem Hintergrund ist die von GBD angebotene Ergebnis-Präsentation mit Sortier- und Selektionsmöglichkeiten sehr praktisch. Die Treffermenge kann vor dem Export mit Recherche-Ergebnissen aus anderen Datenbanken abgeglichen und bereinigt werden.

Da GBD jährlich aktualisiert wird, und die Zeit zwischen den Updates durch die Internet-Version überbrückt werden kann, könnten Bibliotheken überlegen, den Kauf der Druckausgabe einzustellen.

Kai Heßling

4. Zusammenfassung

Keine der hier vorgestellten Datenbanken kann als absoluter Favorit hervorgehoben werden. Die Vor- und Nachteile der einzelnen Produkte wurden genannt. Archäologen werden Dyabola nicht ignorieren können, und die Systematik und die normierten Stichwörter bieten einen brauchbaren Sucheinstieg. Die Produzenten sind jedoch dringend aufgefordert, ein komfortableres Retrieval-System zu entwickeln. Wenn in der DCB irgendwann einmal alle Bände von L'année philologique erfaßt sind, wird sie zweifellos die Datenbank im Bereich der Altertumswissenschaft. Es bleibt zu wünschen, daß die Inkonsistenzen, die bei der Digitalisierung der Druckausgabe entstanden sind, behoben werden. Da es sicherlich nicht möglich ist, nachträglich alle Dokumente mit Deskriptoren zu versehen, könnte eventuell eine feinere Systematik oder eine Stichwortnormierung bei der Recherche hilfreich sein. Bei kontinuierlicher Verbesserung werden sich sicherlich alle drei Datenbanken auf dem Markt behaupten können.

Kai Heßling


[1]
Katholische Universität Eichstätt, Lehrstuhl für Alte Geschichte, Ostenstr. 26 - 28, 85071 Eichstätt. - Tel.: 08421/931-50 oder 931-507 oder 931-465. - Fax: 08421/89966. - Internet: 100270.3107@compuserve. (zurück)
[2]
http://www.gnomon.ku-eichstaett.de/Gnomon/Gnomon.html (zurück)
[3]
Vgl. Gnomon bibliographische Datenbank / Ulrich Schmitzer. - http://adyton.phil.uni-erlangen.de/~p2latein/personal/gnomoncd.html
Gnomon bibliographische Datenbank / John Tamm. - gopher://gopher.lib.virginia.edu:70/0R0-17802-/alpha/bmcr/v97/97-4-9
Markus Sehlmeyer in: Historische Zeitschrift. - 261 (1995) S. 486 - 488.
Peter Scholz in: Klio. - 78 (1996), S. 561 - 562.
G. H. Whitaker in: Journal of Hellenic studies. - 116 (1996) S. 181 - 186, bes. S. 182 - 184. (zurück)
[4]
Gnomon online: http://www.gnomon.ku-eichstaett.de/Gnomon/Gnomon.html (zurück)
[5]
http://www.gnomon.ku-eichstaett.de/Gnomon/Thesaurusanzeige.html
(zurück)

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