1.1 Allgemeines
Dyabola[2] wird im Verlag Biering & Brinkmann angeboten, der im WWW
ausführlich für sein Produkt wirbt.[3] Beim Handbuch zur Datenbank fällt
positiv auf, daß für alle Suchoptionen nachvollziehbare Beispiele
herangezogen werden, die die Einarbeitung wesentlich erleichterten.
Hingegen fehlen auch wichtige Hinweise, z.B. daß bei einer Suche mit
Booleschen Operatoren, die keine Treffer ergibt, dem Benutzer keine
Informationen gegeben werden.[4]
1.2 Systemvoraussetzungen
MS-DOS-kompatibler Rechner; MS-DOS ab Version 4.0; 80386 Prozessor
oder höher; 640 KB Arbeitsspeicher, davon müssen mindestens 540 KB für
Dyabola verfügbar sein; 300 MB Speicherkapazität auf Festplatte für
alle Datenbanken; Grafikstandard EGA, VGA oder Super-VGA; für die
volle Unterstützung des Dyabola-Zeichensatzes benötigt man einen
Drucker, der den Epson LQ-Modus unterstützt; Dyabola läuft auf allen
Novell NetWare Netzen.
Leider läuft das System nur unter DOS und bietet somit nur eine
langweilige Oberfläche.
1.3 Inhalt
Dyabola bietet zur Zeit fünf Datenbanken an, die auch einzeln
abonniert werden können. Zu unterscheiden sind drei Literatur- und
zwei Objektdatenbanken.[5]
Voraussetzung für den Zugriff auf alle Datenbanken ist das
Abfrageprogramm, für das einmalig DM 300.00 zu zahlen sind.[6] In der
Verlagswerbung heißt es dazu: "Die Benutzung ist menügesteuert, d.h.
der Anwender findet sich ohne jede Vorkenntnis in elektronischer
Datenverarbeitung zurecht. Jede denkbare Art und Kombination der
Abfrage ist ermöglicht (nach Schlagwort, Stichwort, Autor,
Titelanfang, Titelausschnitt, Jahrgang etc.). Die Antwort erscheint in
Sekundenbruchteilen auf dem Bildschirm und kann auf dem Drucker
ausgegeben werden. Alle europäischen Sonderzeichen einschließlich des
griechischen Alphabets sind berücksichtigt und werden korrekt
dargestellt." Leider ist die Benutzung nicht so einfach wie es der
Verlag suggerieren möchte. Es ist sehr schwierig, sich ohne Anleitung
zurechtzufinden und brauchbare Recherche-Ergebnisse zu bekommen. Zudem
bietet das System keine kontextsensitiven Hilfefunktionen. Für die
Bibliotheken bedeutet dies, ihre Benutzer intensiv zu schulen und das
Handbuch zugänglich zu machen. Auch die Zugriffszeit ist im Vergleich
zu anderen bibliographischen Datenbanken sehr hoch - teilweise im
Minuten-Bereich. Beim letzten Update ist dieses Problem noch
gravierender.
1.3.1 Die Literaturdatenbanken
1.3.1.1 Der Realkatalog des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI)
in Rom[7]
Enthalten sind 389.118 Einträge und 1.559.506 Bestimmungen (hierunter
verstehen die Anbieter die jedem Titel zugeteilten Notationen). Erfaßt
sind die Erwerbungen des DAI Rom für den Zeitraum von 1956 bis 1997.
Preis: DM 3.780.00, das jährliche Supplement kostet DM 160.00.
Der digitalisierte Katalog des DAI Rom stellt von den unter Dyabola
laufenden Datenbanken die umfangreichste dar. Hier sind die Titel
enthalten, die von 1958 bis 1993 in der Archäologischen Bibliographie
verzeichnet sind inklusive der nach 1993 katalogisierten Titel, so daß
die Berichtszeit bis 1997 reicht. Schwerpunkt ist das Gebiet der
Klassischen Archäologie, jedoch werden auch die ägyptische und
vorderasiatische Archäologie sowie byzantinische Kunstgeschichte,
Epigraphik, Numismatik, Alte Geschichte und antike Sozial- und
Rechtsgeschichte berücksichtigt.
1.3.1.2 Der Sachkatalog der Römisch-Germanischen Kommission (RGK)
Frankfurt
Enthalten sind ca. 14.000 Stichwörter und ca. 100.000 Bestimmungen.
Erfaßt sind die Erwerbungen der RGK seit März 1992 bis 1996
(selbständige und unselbständige Literatur). Der Schwerpunkt liegt im
Bereich der europäischen Vor- und Frühgeschichte, der Archäologie der
römischen Provinzen sowie des europäischen Mittelalters.[8]
1.3.1.3 Das Zugangsverzeichnis des Deutschen Archäologischen Instituts
(DAI) in Madrid
Enthalten sind ca. 4.000 Stichwörter und ca. 30.000 Bestimmungen.
Erfaßt sind die Erwerbungen des DAI Madrid von 1991 bis 1996. Preis DM
440.00, das jährliche Supplement kostet DM 80.00. Der Schwerpunkt
liegt im Bereich der antiken iberischen Halbinsel, es werden jedoch
auch jüdische und islamische Geschichte berücksichtigt.
1.3.2 Die Objektdatenbanken
Hinsichtlich der beiden Objektdatenbanken (Census of antique art and
architecture known to the Renaissance und die Datenbank der attischen
Grabreliefs des späten 5. und des 4. Jhs. v. Chr.) möchte ich nur auf
die Informationen im WWW verweisen, da ich noch nicht mit diesen
Datenbanken gearbeitet habe.[9]
1.4 Recherche-Möglichkeiten
Dyabola bietet für die Literaturdatenbanken folgende Suchoptionen an:
1. Systematik: Die Systematik des Realkatalogs des DAI Rom entspricht
derjenigen der Archäologischen Bibliographie. Es ist möglich, sich in
der Hierarchie auf und ab zu bewegen. Bei einigen Klassenbenennungen
finden sich noch kurze Erläuterungen, die aufgerufen werden können.
Die polyhierarchische Struktur der Systematik kann bei der Recherche
vom System berücksichtigt werden.[10]
2. Stichwort: Bei der Recherche in den Stichwort-, Autoren-, Titel-,
Zeitschriften- und Reihenindizes wird der Anwender aufgefordert, die
ersten Buchstaben des Suchwortes einzugeben, wobei unbedingt auf
Groß- und
Kleinschreibung zu achten ist. Über die Stichwortsuche werden
"alle antiken Eigennamen, also Namen von Orten, mythologischen oder
historischen Persönlichkeiten sowie antike Bezeichnungen für
Gegenstände der Kunst und des alltäglichen Lebens ... sowie alle
Orts- und
Personennamen der neuzeitlichen Forschung, so z.B. Tagungsorte,
Institutionen oder Forscherpersönlichkeiten, denen eine Festschrift,
Biographie oder ähnliches gewidmet wurde"[11] recherchierbar gemacht. Man
sieht schon an dieser Formulierung aus dem Handbuch, daß es sich um
genormte Stichwörter handelt. Allerdings ist die Normierung nicht
konsequent für alle Titel vollzogen worden.
3. Autor: Über die Autorensuche werden alle erschlossenen
Publikationen des Verfassers angezeigt, auch die von ihm verfaßten
Rezensionen.
4. Titel: Hier ist die Möglichkeit gegeben, in einem Titelindex zu
blättern, der aber nur die Titelanfänge bietet. Bedauerlicherweise
ordnen die einleitenden Artikel bei der Sortierung mit.
5. Reihen: Im Reihen-Index sind alle erschlossenen Stücktitel einer
Reihe recherchierbar.
6. Zeitschriften: Über diese Option können alle Artikel einer
bestimmten Zeitschrift aufgelistet werden.
7. Freie Suche im Titeltext: Während man sich bei den besprochenen
Suchoptionen in der Systematik oder in alphabetisch angelegten Indizes
bewegt, aus denen Einträge für die Recherche übernommen werden können,
muß der Anwender bei dieser Recherche selbst ein Suchwort formulieren.
Das System fragt dann, ob Akzente, Groß- und Kleinschreibung
berücksichtigt werden sollen. Nach der Bestätigung, beginnt Dyabola
mit der Suche. Wenn ein Treffer gefunden wurde, wird er angezeigt. Der
Benutzer muß dann entscheiden, ob er den gefundenen Titel speichern
oder überspringen möchte. Nach dieser Entscheidung setzt das System
die Suche fort, und es dauert wieder Sekunden bis der nächste Treffer
angezeigt wird. Die Prozedur wird solange fortgeführt, bis keine Titel
mehr gefunden werden. Der Anwender erhält jedoch keine Information
darüber, wie viele Titel es zu seiner Anfrage überhaupt gibt, um eine
Vorstellung vom Umfang seiner Treffermenge zu bekommen. Bei den
Möglichkeiten, die moderne Retrieval-Systeme bieten, ist eine
derartige Daten-Präsentation eine Zumutung.
8. Ergebnis bearbeiten: Über diese Option hat der Benutzer die
Möglichkeit, bereits vorhandene Ergebnismengen mittels Boolescher
Operatoren zu verknüpfen, um ein Ergebnis einzuschränken oder zu
erweitern. Eine direkte Recherche mit Booleschen Operatoren ist
dagegen nicht möglich.
1.5 Präsentation der Ergebnisse
Bei der Version 1996 wurde der Benutzer noch bei jeder Recherche
aufgefordert, einen Dateinamen für die zu erwartende Ergebnismenge
anzugeben. Beim Update 1997 bildet das System in den meisten Fällen
selbst Dateinamen. Da die vom System gebildeten Dateinamen wenig
aussagekräftig sind (Autor, Autor--A, Titel, Titel--B, etc.), ist es
ratsam, die Dateinamen sofort umzubenennen, um später noch zu wissen,
was man überhaupt gesucht hat. Abgesehen von der Freitext-Suche, wird
nach jeder Recherche der Umfang der Treffermenge angezeigt. Möchte man
sich die Treffer ansehen, so erfolgt die Titelanzeige für jeden
einzelnen Titel auf sogenannten Titelkarten, wobei der älteste Titel
zuerst erscheint. Die Anzeige einer Kurztitelliste ist nicht
vorgesehen. Die Ergebnisse können gespeichert und exportiert werden.
1.6 Bewertung
Dyabola bietet zweifellos interessante und für Studium und Forschung
wichtige Literatur, doch wurde das Titelmaterial leider mittels eines
langsamen und antiquierten Retrievalsystems aufbereitet. Unter
software-ergonomischen Gesichtspunkten ist Dyabola kaum zu empfehlen.[12]
Das System bietet keine kontextsensitiven Hilfefunktionen. Die neueste
Version arbeitet extrem langsam, und da vom System kaum
Vollzugsmeldungen kommen, weiß man manchmal nicht, ob eine Recherche
durchgeführt wird, ob man einen Fehler gemacht hat, oder ob das System
jetzt abgestürzt ist. Eine Suche mit Booleschen Operatoren ist nur
möglich, wenn mindestens zwei Ergebnismengen bereits vorliegen. Man
kann also nur ein bereits vorliegendes Ergebnis einschränken bzw.
erweitern. Bei der Suche mit Booleschen Operatoren wird der Anwender
nicht informiert, wenn es keine Treffer gibt. Bei der Freitext-Suche
wird nichts über die Größe der erzielten Treffer-Menge ausgesagt, man
ist zudem genötigt, sich jeden Titel einzeln anzusehen, weil es keine
Kurztitelliste gibt. Die Anzeige der Titel auf den Titelkarten erfolgt
chronologisch, wobei die ältesten Publikationen zuerst angezeigt
werden. Notwendigerweise müssen alle weiteren durchgeblättert werden.
Eine Suchunterbrechung ist gleichfalls nicht möglich. Hier hilft nur
ein Reset. Man hüte sich also vor Anfragen, die eine zu große
Treffermenge erwarten lassen, da das System dafür sehr viel Zeit
benötigt. Gemessen am Standard, den die einschlägigen
Retrieval-Systeme bieten, hinkt Dyabola weit hinterher.
Da die Archäologische Bibliographie ihr Erscheinen eingestellt hat,
bleibt den Bibliotheken fast nichts anderes übrig, als Dyabola zu
erwerben. Aufgrund der software-ergonomischen Defizite erhöht sich der
Schulungsbedarf in der Bibliothek. Man kann nur an die Hersteller
appellieren, doch in naher Zukunft ein zeitgemäßes Produkt auf den
Markt zu bringen.[13]
Kai Heßling
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