Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 3/4
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Molière auf Deutsch


97-3/4-335
Molière auf Deutsch : eine Bibliographie deutscher Übersetzungen und Bearbeitungen der Komödien Molières ; mit Kurzbeschreibungen / Thomas A. Keck. [... im Sonderforschungsbereich 309 "Die Literarische Übersetzung" der Universität Göttingen entstanden]. - 1. Aufl. - Hannover : Revonnah-Verlag, 1996. - 188 S. ; 21 cm. - (Bibliographische Bibliothek ; 3). - ISBN 3-927715-63-8 : DM 78.00
[4133]

Molière - von den drei großen Dramatikern des französischen 17. Jahrhunderts der auf deutschen Bühnen heute immer noch am meisten gespielte - wird in der vorliegenden, nach Vollständigkeit[1] strebenden Bibliographie mit seinen Übersetzungen ins Deutsche vorgestellt, die inhaltlich analysiert werden; auf diese Analysen bezieht sich die Wendung "mit Kurzbeschreibungen" im Zusatz zum Sachtitel und nicht etwa auf die Verzeichnung der Titel selbst, die leider in ihrer Kürze bibliographische Mindestansprüche unterschreiten. Überhaupt ist der Verfasser mit den Elementaria des bibliographischen Geschäftes entweder nicht vertraut oder er mißt ihm so geringe Bedeutung bei, daß er meint, sich darüber erheben zu können. Falls es eines schlagenden Beweises bedürfte, mit welcher Unprofessionalität er die bibliographische Beschreibung handhabt, sehe man sich die als Anhang abgedruckte Liste der Spezialliteratur (S. 183 - 188) an; beim ersten Titel fehlt gleich das Erscheinungsjahr, bei anderen die Umfangsangabe, Aufsätze werden mal mit mal ohne Heft, mal mit römischer, mal mit arabischer Bandangabe zitiert, mal wird der Vorname aufgelöst, mal abgekürzt: comme il plaît à Monsieur le bibliographe.

Auch die Anlage der Bibliographie ist alles andere als überzeugend. Der erste Teil, Texte überschrieben, enthält (S. 15 - 34) im Alphabet der französischen Originaltitel für jedes Stück eine tabellenartige, chronologisch geordnete Übersicht mit dem Nachnamen des Übersetzers bzw. Bearbeiters und dem Titel der deutschen Übersetzung, an dieser Tabelle läßt sich ablesen (was auch in der Einleitung thematisiert wird, daß der L'avare mit 58, Le Tartuffe mit 51 und Le malade imaginaire mit 50 Fassungen an der Spitze der deutschsprachigen Rezeption der Werke Molières stehen. Der Hauptteil, Übersetzer betitelt (S. 35 - 169), aber daneben auch die Bearbeiter einschließend, verzeichnet im Namenalphabet unter Einschluß des Herrn Anonym und unter Mitteilung biographischer Grundinformationen[2] die einem Übersetzer/Bearbeiter zuzurechnenden Werke. Hier werden aber nicht nur Einzelwerke verzeichnet, sondern auch Sammelausgaben, die dann unter dem erstgenannten von mehreren Übersetzern (Arthur Luther, S. 116 - 117 für die Insel-Ausgabe) oder einem zugleich als Herausgeber tätigen Übersetzer (Louis Lax, S. 112 - 113) verzeichnet sind. Der Inhalt der Sammelausgaben wird dann (ohne exakte Fundstellen) aufgeführt und von den anderen Übersetzern wird auf diese Stelle verwiesen. Auf die Sammelausgaben folgen die Einzelausgaben eines Übersetzers (ggf. als Verweisung auf eine Sammelausgabe); bei den zahlreichen im Reclam-Verlag erschienenen Übersetzungen ergeben sich so viele Unterschiede zur einschlägigen Verlagsbibliographie,[3] der der Rezensent mehr zu trauen geneigt ist, als den zumindest hier offensichtlich weitgehend aus sekundären Quellen geschöpften Angaben des Bibliographen. Allein aus Verweisungen besteht auch der dritte Teil, das Register der Verlage, von dem auf den Namen des Übersetzers mit in Klammern ergänztem deutschen Titel des Stückes Bezug genommen wird.

Zusätzlich zu der an sich ebenso selbstverständlichen wie unerläßlichen exakten bibliographischen Beschreibung, der auch die auf den Inhalt und den Bearbeitungs-Zustand bezogenen Annotationen, denen offensichtlich das besondere Interesse des Verfassers gilt und mit denen er sich erfreulich viel Mühe gemacht hat, zuzuordnen wären, könnte eine sinnvolle und praktikable Anlage dieser Bibliographie wie folgt aussehen: Hauptteil in zwei Abschnitten 1. für die Sammelausgaben unter denen die einzelnen enthaltenen Stücke mit ihren Übersetzern/Bearbeitern und der genauen Fundstelle aufgeführt sein müßten und 2. alle Einzelübersetzungen geordnet im Alphabet des Originaltitels und weiter chronologisch unter Einbeziehung von Verweisungen auf den ersten Abschnitt. Die einzelnen Übersetzungen in den beiden Abschnitten wären durchzunumerieren, um eine eindeutige Koordinierung mit dem Register der Übersetzer/Bearbeiter und dem Verlagsregister zu ermöglichen.

Der Verlag, der in seiner Bibliographischen Bibliothek eine bunte Mischung aus Bibliographien ganz unterschiedlichen Inhalts und Gewicht publiziert bzw. überwiegend noch zu publizieren gedenkt, sollte möglichst rasch seine Autoren auf die Befolgung elementarer bibliographischer Standards verpflichten.

Klaus Schreiber


[1]
Diese scheint nicht ganz erreicht worden zu sein, wie ein Stichprobenvergleich mit der folgenden allgemeinen Übersetzungsbibliographie zeigt, die zusätzlich drei Ausgaben älterer anonymer Übersetzungen verzeichnet; da die Bibliographie von Rössig weitgehend aus sekundären Quellen schöpft, möchte der Rezensent für diese Angaben freilich die Hand nicht ins Feuer legen: Nr. 456 (Nürnberg, 1696, Les amants magnifiques), Nr. 596 (Frankfurt und Leipzig, 1743, Le Tartuffe) und Nr. 886 (Wien, 1768, George Dandin).
Literaturen der Welt in deutscher Übersetzung : eine chronologische Bibliographie / Wolfgang Rössig. - Stuttgart ; Weimar : Metzler, 1997. - 672 S. ; 30 cm. - (Repertorien zur deutschen Literaturgeschichte ; 19). - ISBN 3-476-00961-0 : DM 298.00 [4560]. - Eine Rezension in IFB ist vorgesehen. (zurück)
[2]
Kleist, Heinrich von, 1777 - 1811, Preußischer Schriftsteller und Zeitschriften-Herausgeber (S. 103). - Solche wären nur bei den Personen der zweiten und dritten Garde sinnvoll. Bei diesen hat sich der Bearbeiter aber leider (lt. Vorwort) auf die Biographischen Archive aus dem Saur-Verlag verlassen, statt sich z.B. die Mühe zu machen, das dort sehr häufig fehlende Todesjahr zu ermitteln. Gelegentlich wird nicht einmal die Herkunft ermittelt, so z.B. bei Louis Lax, S. 112). (zurück)
[3]
Reclams Universal-Bibliothek, Stuttgart : eine Bibliographie. - Stuttgart : Reclam. - 16 cm [1462]. - 1947/92. Bearb. von Dieter Meier. - 1992. - 661 S. - ISBN 3-15-010379-7 : DM 48.00. - Vgl. IFB 93-1/2-047. (zurück)

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