Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 3/4
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Romanische Prosa aus den Jahren 1989 bis 1995


97-3/4-331
Romanische Prosa aus den Jahren 1989 bis 1995 / hrsg. von Bernd und Jutta Gräf. - Stuttgart : Hiersemann. - 23 cm. - (Der Romanführer ; ...)
[3923]
Teil 1. Frankophone, italienische und rumänische Erzählprosa. - 1996. - 303 S. - (... ; 32). - ISBN 3-7772-9632-5 : DM 238.00

Mit dem ersten Teil des Romanführers Romanische Prosa aus den Jahren 1989 bis 1995, der frankophone, italienische und rumänische Erzähltexte berücksichtigt - ein zweiter Teil soll spanische, lateinamerikanische, portugiesische, brasilianische und andere portugiesischsprachige Literatur umfassen -, liegt bereits der 32. Band aus der seit 1950 erscheinenden Reihe Der Romanführer vor. Innerhalb der drei völlig ungleichgewichtig berücksichtigten Sprachen - mehr als 220 Seiten über französische, 60 Seiten über italienische und ganze fünfeinhalb Seiten über rumänische Literatur - sind die besprochenen Texte jeweils alphabetisch nach den Verfassernamen geordnet. Wie immer und wie auch von den Herausgebern intendiert, beschränken sich die laut Vorwort "250 Buchreferate" auf knappe und angeblich wertfreie Nacherzählungen der aufgenommenen Werke: "Die Inhaltsbeschreibung legt den Hauptwert auf die Wiedergabe der reinen Handlung, sucht jedoch, durch Aufnahme von Zitaten oder eines erläuternden Satzes, Stil und Sprache zu kennzeichnen" (S. 300). Nicht überall wird dieses "Gesuchte" tatsächlich verwirklicht: Meist finden sich ausschließlich Angaben zur Handlung, und wo versucht wird, allgemeinere Aussagen etwa zu einem Autor zu machen, wirken sie oft so unvermittelt und damit unbegründet wie etwa bei Limit von François Bon: "... Als Lebensinhalt zählt für ihn nur seine Musik. Damit endet der Roman. Francois [sic] Bon lebt in der Vendée und in Paris. Zunächst arbeitete er als Techniker in der Metallindustrie. ...".

Als Berichtszeitraum gibt der Bandtitel die Jahre 1989 bis 1995 an, wobei, wiederum laut Vorwort, "in Einzelfällen, namentlich bei erstmals in den Romanführer aufgenommenen Autoren (Nachträge!), auch auf Werke zurückgegriffen wird, die vor dem Berichtszeitraum erschienen sind". Dazu muß der Benutzer freilich wissen, was im Vorwort nicht - oder allenfalls implizit mit der "Erreichbarkeit der Titel in Bibliotheken und im Buchhandel" - gesagt wird: daß nämlich dieser Berichtszeitraum sich auf das Erscheinungsjahr der Übersetzungen, nicht der Originaltitel bezieht. Leider nicht überall - vgl. Der Narr von G. Alioth oder Napoleone von J. Benzoni -, aber immerhin in den allermeisten Fällen wird wenigstens im Anschluß an den deutschen Titel der Originaltitel samt Erscheinungsjahr aufgeführt, doch bleiben Verlag und Ort ebenso ungenannt wie sämtliche Übersetzer.

Durch diese Definition des Berichtszeitraums und zudem durch die Tatsache, daß auch "einige bedeutende ältere Erzählwerke" (Vorwort), etwa Der emporgekommene Bauer von Marivaux (Leipzig : v. Geismar Verlag, 1867) (S. 137 - 138), Aufnahme in diesen Band finden, stimmt die Romanische Prosa aus den Jahren 1989 bis 1995 keineswegs auch nur annähernd mit dem überein, was in den betreffenden Ländern in diesen Jahren tatsächlich geschrieben wurde oder erschienen ist. Die besprochenen Werke etwa von Julien Green stammen von 1934 und 1950, und von Robbe-Grillet wird der bereits 1953 in Frankreich erschienene Roman Les gommes kurz analysiert, während der gleichfalls 1989 übersetzte Text Angélique ou l'enchantement (1988) nur angezeigt wird, obwohl er weit eher denn Les gommes als Beispiel für Robbe-Grillets Schreibweise im angegebenen Berichtszeitraum stehen könnte. Der einzige hier besprochene Text von Italo Calvino ist die 1992 bei Hanser neu erschienene Übersetzung von Il sentiero dei nidi di ragno (1947); zusätzlich wird auf die Bände 14 und 21 verwiesen, die bereits Inhaltsangaben von weiteren Texte desselben Autors enthalten. Was wiederum verschwiegen wird, ist, daß in Band 14 schon einmal Wo Spinnen ihre Nester bauen Gegenstand des Romanführers war,[1] nur seinerzeit in der 1965 bei Fischer erschienenen Übersetzung und in wesentlich knapperer Form als heute, wo Calvino tot und seine Bedeutung unumstritten ist.

Zusätzlich zu den Buchreferaten finden sich in diesem Romanführer je ein Verfasser- und ein Titelregister, die ebenso wie der Band selbst nach den drei Sprachen untergliedert sind. Leider führt das Titelregister nur die Titel der Übersetzungen auf, die sich doch manchmal erheblich vom Originaltitel unterscheiden, so daß ein Leser, der den Namen des Autors von Le Méridien de Greenwich vergessen hat, nur durch Zufall über Das Puzzle des Byron Caine auf Jean Echenoz und damit auf den gesuchten Roman stoßen wird. Falls ihm nicht vorher durch einen glücklicheren Zufall einfällt, daß Echenoz auch Cherokee geschrieben hat, dessen Titel auch in der übersetzten Version noch kenntlich bleibt, denn auf deutsch heißt der Roman: Cherokee.

Barbara Kuhn


[1]
Eigentlich sollten im "Kopftitel ... das Jahr der ersten und späteren Auflagen nebst Ort und Verlag, ferner Ort und Zeit der Handlung sowie ein die Art des Werkes kennzeichnendes Stichwort angegeben" (S. 300) sein, und in anderen Fällen, z.B. bei der Besprechung des Geteilten Visconte in Bd. 21, wird dies auch gemacht: Neben der Fischer-Ausgabe von 1957, die ebenfalls in Bd. 14 besprochen worden war, werden die 1985 bei Hanser und 1986 bei dtv erschienenen Ausgaben genannt. (zurück)

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