Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 3/4
[ Bestand in K10plus ]
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Bayerische Staatsbibliothek


97-3/4-296
Bayerische Staatsbibliothek : ein Selbstporträt / hrsg. von Cornelia Jahn ; Hermann Leskien ; Ulrich Montag. - München : Bayerische Staatsbibliothek, 1997. - 95 S. : Ill. ; 24 cm. - ISBN 3-9802700-2-5 : DM 19.80. - (Bayerische Staatsbibliothek, 80328 München, FAX 089/28638-293)
[4247]

Nach einer Einführung in die Aufgaben, die bauliche Entwicklung, die Bestandsgeschichte und die Organisation der BSB werden die folgenden elf Abteilungen vorgestellt: Verwaltung und Zentrale Dienste, Erwerbung, Katalogisierung, Benützung, Bestandserhaltung, Handschriften und Seltene Drucke, Musik, Karten, Osteuropa, Orient, Ostasien. Die traditionsreiche Bibliothek (sie wurde 1558 gegründet) hat im Laufe ihrer Entwicklung mehrfach Gelegenheit gehabt, umfangreiche und kostbare Sammlungen zu erwerben, so die Bibliothek von Johann Jakob Fugger oder die Mannheimer Hofbibliothek. Im Gefolge der Säkularisation gelangten bedeutende Bestände aus ehemaligen Klöstern in die BSB[1] und begründeten ihren bis heute gültigen Rang. In der wechselvollen Geschichte gab es weitere Phasen gesteigerter Erwerbungstätigkeit, aber auch - wie in der NS-Zeit - Phasen der Stagnation. Durch Bombenangriffe gingen nahezu 500.000 Bände (= 1/4 des Bestandes) verloren, wovon bis heute nur 1/3 wieder beschafft werden konnte.

Die BSB verfügt gegenwärtig über einen Etat von ca. 19 Mio DM und steht damit an der Spitze aller deutschen Bibliotheken. 1/3 des Zugangs erfolgt unberechnet (über Pflichtablieferung, Tausch und Geschenk). Dank der hohen Zahl an Verlagen in München profitiert die BSB wie keine zweite Landesbibliothek in Deutschland von diesem Zugangsweg.

Durch die Lektüre erfährt man, daß die BSB mit mehreren Superlativen aufwarten kann: Sie hält 40.000 laufende Zeitschriften bereit (und wird darin in Europa nur noch von der British Library übertroffen); im Zeitschriftenlesesaal werden die neuesten Hefte von 19.000 Periodika ausgelegt (europaweit einmalig). Sie besitzt die größte Handschriftensammlung im deutschen Sprachraum, verfügt über die größte Einbandsammlung in einer deutschen Biblio-thek und weist (nach der Zahl der Exemplare) den größten Inkunabelbestand der Welt auf. Diese Schätze zu bewahren und zu vermehren, zu erschließen und zu vermitteln, ist die Hauptaufgabe der BSB. Daß das Bewahren angesichts der bedrohten physischen Substanz vieler Bestände keine leichte Aufgabe ist, wird im Kapitel ,Bestandserhaltung" eindrucksvoll geschildert, wobei die verschiedenen Maßnahmen wie Prävention, Konservierung, Informationssicherung durch Erstellen von Sekundärformen vorgestellt werden.

Daß eine so bedeutende Bibliothek an mehreren wichtigen Gemeinschaftsaufgaben im nationalen und internationalen Rahmen teilnimmt, wird an folgenden Beispielen deutlich: Sondersammelgebiete und Zentrum für Handschriftenkatalogisierung der DFG; Sammlung Deutscher Drucke; VD 16; VD 17; Normdateien; Répertoire international des sources musicales; Répertoire international d'iconographie musicale; Incunable short title catalogue. Die maschinelle Erfassung aller konventionellen Katalogdaten der eigenen Bestände ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Seit fünf Jahren bietet die BSB einen OPAC an, in dem alle Musikdrucke, ferner Monographien und Karten aus dem Erscheinungszeitraum 1501 - 1840 sowie alle Neuzugänge seit 1982 nachgewiesen sind. Für die Erfassung der riesigen Titelmengen aus den 140 Jahren zwischen 1841 und 1981 wird derzeit nach einem geeigneten Verfahren gesucht.[2] (Die Staatsbibliothek zu Berlin ist mit ihrem Konversionsprojekt schon einen Schritt weiter: sie hofft, demnächst den gesamten Altdatenbestand in Form einer CD-ROM vorlegen zu können.)

Der Bibliotheksführer enthält eine große Zahl von Schwarzweiß-Abbildungen im Text. Herausragende Beispiele aus den Zimelien der BSB sind in einem Frontispiz und auf 16 Farbtafeln (S. 41 - 56) mit jeweils einer kurzen Beschreibung wiedergegeben. Lagepläne zur Orientierung sind auf den Innenseiten des Buchumschlags zu finden. Ein Anhang mit Zahlen zur BSB, einer Chronologie und einer Auswahlbibliographie rundet die Publikation ab. Der Text ist gut verständlich formuliert, das Druckbild lesefreundlich gestaltet. Bei der buchbinderischen Verarbeitung der Broschüre fällt die solide Fadenheftung auf (die vergleichbaren, allerdings weniger umfangreichen Publikationen der beiden anderen Bibliotheken sind geklammert). Insgesamt betrachtet kann man diesem Bibliotheksführer Qualitäten zuerkennen, die ihm die Anwartschaft auf einen Platz unter den "Schönsten deutschen Büchern" der Stiftung Buchkunst geben können.

Gunter Maier


[1]
Die Kataloge übernommener Bibliotheken sind jetzt in folgendem Verzeichnis erschlossen: Historische Kataloge der Bayerischen Staatsbibliothek München : Münchner Hofbibliothek und andere Provenienzen / verz. von Stephan Kellner und Annemarie Spethmann. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1996. - XXXI, 609 S. ; 26 cm. - (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis ; 11). - ISBN 3-447-03444-0 : DM 134.00 [4167]. - Vgl. oben IFB 97-3/4-254. (zurück)
[2]
Die Titelkarten aus dem Katalog 1953 - 1981 (IFK) wurden inzwischen gescannt; vgl. Bibliotheksdienst. - 31 (1997),8, S. 1578 - 1579. (zurück)

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