Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus: Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 1/2
[ Bestand in K10plus ]
Bamberg-Lexikon
- 97-1/2-218
-
Bamberg-Lexikon : von ... Apfelweib bis ... Zwiebeltreter
; ein Nachschlagewerk mit weit über 1000 Begriffen und
Namen, die für Bamberg von Bedeutung sind / von Wolfgang
Wußmann. - Bamberg : Weiß, 1996. - 144 S. : Ill. ; 22 cm.
- ISBN 3-928591-38-X : DM 24.80
- [3385]
Der Rezensent befindet sich bei dem vorliegenden Lexikon in einem
Dilemma: einerseits kann er keine wissenschaftlichen Maßstäbe
einfordern, da dies nicht in der Intention des Autors lag;
andererseits verlangt ein Nachschlagewerk gleich welchen Charakters,
daß die wichtigsten Sachverhalte vollständig und ausgewogen
dargestellt werden. Das ist hier nur zum Teil realisiert. Da ist
einmal der Umfang von 143 Seiten, der einer Stadt wie Bamberg kaum
angemessen sein kann, auch wenn über 1000 Sach- und Personenartikel
geboten werden. Der Sport beschränkt sich z.B. ausschließlich auf
Basketball (die "Schachhochburg" Bamberg mit Pfleger und dem
Karl-May-Verleger Lothar Schmid fehlt vollständig), ebenso wie Bamberg
als Literaturmotiv (Goethe Götz von Berlichingen, Tieck Eine
Sommerreise, E.T.A. Hoffmann Die Elixiere des Teufels u.a.) zu kurz
kommt. Beim Theater sucht man den Hinweis vergebens, daß in Bamberg
Calderón und Kleist uraufgeführt wurden (darauf sind auch die heutigen
Calderón-Festspiele zurückzuführen). Bei Willy Messerschmitt hätte man
durchaus die Me 109 und die Messerschmitt-Stiftung nennen können, die
seinen Namen tragen, ferner bei Anselm von Feuerbach das berühmte
"Memoire", das sich so verhängnisvoll für Kaspar Hauser auswirkte
(inzwischen steht durch DNA-Untersuchungen fest, daß der Findling kein
badischer Prinz gewesen sein kann). Stil- und Literaturepochen
(Romanik, Gotik) werden mit ihren wichtigsten Vertretern genannt. Auch
wenn man darüber streiten kann, wo und wann die "Geburtsstunde" der
deutschen Romantik zu suchen ist - (vielleicht mit Wackenroder als
"Geburtshelfer" 1793 im Bamberger Dom) -, ein kurzer Hinweis auf
dieses Faktum hätte nicht geschadet. Hegel kommt verschiedentlich zu
Wort, seine Phänomenologie des Geistes (präziser System der
Wissenschaft, erster Teil) ist aber nicht, wie behauptet wird, in
Bamberg "vollendet" worden, sie wurde lediglich hier (und in Würzburg)
gedruckt. Da ist es dann schon eine läßliche Sünde, wenn das
Immermann-Zitat auf dem Titelblatt falsch wiedergegeben ist.
Gewöhnungsbedürftig ist die Einordnung mancher Personennamen (Veit
Stoß; E. T. A. Hoffmann unter ihren Vornamen), die damit allen
lexikalischen Usancen zuwiderläuft. Vermißt werden zusammenfassende
Artikel (z.B. Wissenschaft, Wirtschaft), die die Einzelstichwörter in
eine systematische Ordnung bringen, ferner eine Zeittafel mit den
wichtigsten Ereignissen. Hier hätte man in knapper Darstellung manches
unterbringen können, was sonst nicht enthalten ist. Das
Literaturverzeichnis mit 36 Titeln (darunter 8 Führer) bietet eine
subjektive Auswahl; die fehlenden weiterführenden Literaturangaben zu
wichtigen Artikeln ersetzt es keinesfalls. Dennoch soll ein positives
Fazit gezogen werden: Für den Bambergliebhaber, der schnelle
Informationen sucht und sich mit kurzen Einträgen zufrieden gibt, der
auch an weniger wichtigen Details (z.B. Straßen- und Flurnamen,
Ehrenbürger) Interesse findet, bietet das vorliegende Lexikon einen
guten, ansprechend illustrierten Einstieg, d.h. die o.a. kritischen
Bemerkungen richten sich nicht an den "Heimatfreund" und Touristen,
sondern an einen Personenkreis, der umfassendere Informationen sucht.
Als Christian Morgenstern monierte, daß sein von ihm erfundenes
Fabelwesen, das "Nasobem", noch in keinem bedeutenden Nachschlagewerk
gewürdigt worden sei: "Es steht noch nicht im Meyer. Und auch im
Brockhaus nicht ...", reagierten die Angesprochenen prompt. Mögen
Verlag und Autor bei einer eventuellen Neuauflage des Bamberg-Lexikons
ähnlich verfahren.
Hans Baier
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