Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 1/2
[ Bestand in K10plus ]

Mechanische Musik


97-1/2-204
Mechanische Musik : eine Bibliographie und eine Einführung in systematische und kulturhistorische Aspekte mechanischer Musikinstrumente / von Helmut Kowar. - Wien : Vom Pasqualatihaus, 1996. - 254 S. : Ill. ; 24 cm. - ISBN 3-9012-5414-5 : öS 735.00, DM 105.00. - (Verlag Vom Pasqualatihaus, Postfach 329, A-1010 Wien, FAX ++43 1 714 1710)
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Vielleicht wird sie im Lauf der Zeit abgelöst werden durch alle Arten von Tonkonserven wie Schallplatte, Tonkassette, Compact Disc, doch noch kann man ihr täglich auf Schritt und Tritt begegnen - der mechanischen Musik. Nach wie vor stehen Drehorgelspieler in Fußgängerzonen und auf Jahrmärkten. Wie eh und je lassen wir uns von Spieldosen faszinieren. Vor Kirchturm- und Rathausuhren warten vielleicht nicht immer nur Kinder und Touristen auf die volle Stunde. Skeptiker sind wohl unter den ausübenden Musikern zu suchen, mag doch für sie jede nicht durch Einsatz des ganzen Menschen ausgeführte Musik befremdend und starr erscheinen. Dennoch bieten mechanische Musikinstrumente Komponisten die Chance, die ihrer Meinung nach gültige Interpretation ihrer Werke festzuhalten, sei es durch Kompositionen für derartige Instrumente[1], sei es durch Einspielungen der eigenen Werke auf Reproduktionsklaviere und -flügel.[2] Hindemith drückt dies (1927) folgendermaßen aus: "... wenn es der mechanischen Musik gelänge, mittels ihrer durch ihren geringeren Abstand vom Hirn des Komponisten verursachte größere Reinheit und Unmittelbarkeit eine gewisse Reinigung von allerlei Wucherungen in der heute üblichen Darstellungsmanier der 'gefühlsmäßigen' Musik zu veranlassen, wäre ihre baldige allgemeine künstlerische Anerkennung ungemein zu begrüßen."[3]

Zwar liegen einige Nachschlagewerke über mechanische Musikinstrumente vor wie z.B. die Encyclopedia of automatic musical instruments[4] oder Von der Äolsharfe zum Digitalspieler[5], doch auf eine selbständige Bibliographie der Literatur über die mechanische Musik mußte man bis jetzt warten. Wegen der nicht eindeutigen Zuordnung des mechanischen Instrumentariums zu den Musikinstrumenten - z.B. Kuckucksruf der Uhr, Musikautomaten - stellt Helmut Kowar, Mitarbeiter am Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, seiner Bibliographie eine ausführliche, mit 18 Abbildungen und 16 Tafeln illustrierte Einführung in drei Teilen voran, die sich weniger mit technischen als vielmehr mit kulturellen und musikwissenschaftlichen Aspekten befaßt: 1. Zum Wesen und zur Definition der mechanischen Musikinstrumente, 2. Versuch einer systematischen Betrachtung, 3. Kulturhistorische Aspekte der mechanischen Musikinstrumente. Sie kann Laien durchaus einen ersten Eindruck vom Wesen mechanischer Musikinstrumente vermitteln. Eine englische Zusammenfassung findet sich am Schluß des Bandes.

Auch die Bibliographie selbst mit ihren 1819 alphabetisch geordneten Titeln ist dreigeteilt. Um des Nachweises willen wurden auch sehr dürftige Literaturhinweise, die nicht weiter ermittelt werden konnten, verzeichnet.[6] Dies und die häufig uneinheitliche Zitierweise der Einträge[7] ebenso wie die nicht immer korrekten Angaben (so z.B. bei den Zeitschriftenhinweisen) sind auch angesichts der Tatsache, daß es sich um das Werk eines Liebhabers handelt, unverzeihlich, da man von jemandem, der eine so umfangreiche Bibliographie zusammenstellt, erwarten kann, daß er sich das elementare bibliographische Grundwissen aneignet. Artikel in "ausgesprochenen Fachzeitschriften" - dazu zählt der Autor jedoch neben speziellen Zeitschriften wie Das mechanische Musikinstrument,[8] The music box[9] oder Music & automata[10] Zeitschrift für Instrumentenbau u.a. -, fanden nur dann Berücksichtigung, wenn "ein Verweis auf wichtige Themen angeführt" werden sollte (S. 63), weshalb die Titel der Zeitschriften dann wenigstens im dritten Teil der Bibliographie zusammengefaßt sind. Artikel aus - überwiegend älteren - allgemeinen und Musik-Lexika und aus Standardwerken zu Musik und Musikinstrumentenkunde sind nach Gutdünken berücksichtigt (z.B. Nr. 735). Unbefriedigend ist auch der Verzicht auf die Verzeichnung von einschlägiger Literatur über solche Komponisten, die sich auf dem Gebiet der mechanischen Musik betätigt haben. Nicht aufgenommen ist ferner der Großteil der als graue Literatur erschienenen Patent- und Firmenschriften. Enthalten sind zahlreiche Aufsätze in Uhrmacher- und regionalen allgemeinen Zeitschriften und dgl. sowie Monographien (ohne Umfangsangabe), darunter zahlreiche Schriften, die wahrscheinlich der grauen Literatur zuzurechnen sind und die häufig keine Orts- und Jahresangabe haben.

Der 1. Teil für die "allgemeine Literatur", ist mit Nummer 1 - 1644 am umfassendsten. Der 2. Teil verzeichnet unter Nummer 1645 - 1733 89 Firmen-, Ausstellungs- und Verkaufskataloge, die der besseren Auffindbarkeit wegen nicht in Teil 1 eingeordnet wurden. Der 3. Teil schließlich, Nummer 1734 - 1819, verzeichnet die bereits erwähnten 86 Zeitschriften zur mechanischen Musik bzw. solche, die sich in größerem Rahmen mit ihr befassen. Leider wird nur der 1. Teil der Bibliographie durch ein Register der Sachbegriffe, Personen-, Firmen- bzw. Marken- und Ortsnamen erschlossen, in das auch einige Verfasser - nach welchen Auswahlkriterien bleibt ungewiß - aufgenommen sind.

Der ursprüngliche Plan, einen weiteren Teil mit einer Diskographie von Aufnahmen mechanischer Musik anzuschließen, wurde vom Verfasser aus verschiedenen Gründen "vorderhand" aufgegeben (S. 10), vor allem aber deswegen, weil die große Zahl der zumeist außerhalb des kommerziellen Marktes produzierten und vertriebenen Tonaufnahmen "eine fundierte und umfassende Diskographie" in absehbarer Zeit nicht realisierbar erscheinen lassen (zu Recht, kann man nur sagen).

Selbst wenn Autor und Verlag die vorliegende Bibliographie zutreffend als "vorläufigen Arbeitsbehelf für Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der mechanischen Musikinstrumente" (S. 245) bezeichnen und im Hinblick auf eine zweite Auflage zur Mithilfe in Form von Korrekturen und Ergänzungen aufrufen, hätte die Bibliographie in der vorliegenden Form nicht erscheinen dürfen. Von den eklatanten Mängeln bei der Beachtung bibliographischer Grundregeln - zu denen auch gehört, daß man gefälligst angibt, welche Titel nach Autopsie verzeichnet sind und welche (hier vermutlich sehr viele) nicht - abgesehen, wären folgende Vebesserungsvorschläge zu beachten: 1. sachliche Anlage des Hauptteils, in den sich dann auch der jetzige zweite Teil eingliedern ließe; 2. Annotierung der Titel: es würde dann sofort ins Auge fallen, daß viele jetzt aufgeführte Titel gar keinen oder allenfalls einen marginalen Bezug zum Thema haben; sie sollten in einer künftigen Auflage wegbleiben und dafür sollte sich der Verfasser um die Ermittlung der wirklich wichtigen Titel bemühen, z.B. durch eine systematische Auswertung der einschlägigen Zeitschriften.

Martina Rommel / sh


[1]
Z.B. 18 Stücke für eine Spieluhr, HWV 587 - 604 / G. F. Händel; Stücke für ein Laufwerk (Flötenuhr), Hob. XIX / J. Haydn; Adagio und Allegro für ein Orgelwerk in einer Uhr, KV 594 / W. A. Mozart; Orgelstück für eine Uhr KV 608 / W. A. Mozart; Andante für eine Walze in einer kleinen Orgel, KV 616 / W. A. Mozart; Fünf Stücke für die Flötenuhr, WoO 33 / L. v. Beethoven, Das Triadische Ballett (mechanische Orgel), Toccata für mechanisches Klavier / P. Hindemith. (zurück)
[2]
So sind Werke von C. Debussy, E. Grieg, G. Mahler, M. Ravel, C. Saint-Sa‰ns, R. Strauss u.a. auf Rollen für Welte-Mignon-Reproduktionsflügel und Welte-Philharmonie-Orgel erhalten. (zurück)
[3]
Zur mechanischen Musik / Paul Hindemith. // In: Aufsätze, Vorträge, Reden / Paul Hindemith. Hrsg. von Giselher Schubert. - Zürich [u.a.] : Atlantis-Musikbuch-Verlag, 1994. - ISBN 3-254-00190-7 : DM 42.00. - S. 19 - 24. (zurück)
[4]
Encyclopedia of automatic musical instruments : cylinder music boxes, disc music boxes, piano players and player pianos ... / by Q. David Bowers. - Vestal, N.Y. : The Vestal Press, 1972. - 1008 S. : zahlr. Ill. - ISBN 0-911572-08-2 : $ 74.95. (zurück)
[5]
Von der Äolsharfe zum Digitalspieler : 2000 Jahre mechanische Musik, 100 Jahre Schallplatte / Jan Brauers. - München : Klinkhardt & Biermann, 1984. - 279 S. : überwiegend Ill. - ISBN 3-7814-0239-8. (zurück)
[6]
Z.B. Nr. 1282: Rubin, K. und F.: Drop coin here, [o.O. o.J.]. - Nr. 1751: Deutsche Uhrmacherzeitung. - Nr. 1768: Der Komet. (zurück)
[7]
Z.B. die unterschiedliche Angabe von Zeitschriften wie in Nr. 1052 Music & Automata, Vol. 31, March 1988, S. 138f und in Nr. 1409 Music & Automata 3 (1989), Heft 12, S. 182-197. (zurück)
[8]
Das mechanische Musikinstrument : Journal der Gesellschaft für Selbstspielende Musikinstrumente e.V. - Stuttgart. - [1.] (1975) - [3.] (1978) = Nr. 1 - 12; 4 (1979) = Nr. 13 - . - ISSN 0721-6092. - Urh. bis 8 (1983), Nr. 27: Gesellschaft der Freunde Mechanischer Musikinstrumente e.V. - Erschien früher in Baden-Baden. - 1985 darin aufgeg.: Die Drehorgel. - Bei Kowar heißt es nur: Das mechanische Musikinstrument, Baden-Baden 1975 - . (zurück)
[9]
The music box : an international magazine of mechanical music ; the journal of the Musical Box Society of Great Britain. - Edenbridge, Kent. - ISSN 0027-4275. - Nachgewiesen 4 (1969/70) - . - Bei Kowar: The Music Box, Journal of the Musical Box Society of Great Britain, London 1962-1980. (zurück)
[10]
Music & automata : from horology to mechanical musical instruments. - London : Ord-Hume. - ISSN 0262-8260. - 1 (1983) - . - Bei Kowar: Music & Automata, London-Guildford 1982-1992. (zurück)

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