Bibliotheksservice-Zentrum (BSZ) Baden-Württemberg // Südwestdeutscher Bibliotheksverbund
Rezension aus:
Informationsmittel für Bibliotheken (IFB) 5(1997) 1/2

Hit-Bilanz [Computerdatei]


97-1/2-202
Hit-Bilanz [Computerdatei] : deutsche Chart-Singles. - Hamburg : Taurus-Press. - (Taurus-Press, Duvenstedter Triftweg 70, 22397 Hamburg, FAX 040/607 2950)
[3973]
1956/95 (1996). - 1 CD-ROM. - ISBN 3-922542-60-3 : DM 149.00

Ebenso wie Bestsellerlisten stellen Charts ("Hitparaden"), die auf den Umfragen von Einzelhändlern und Auswertungen durch Media Control beruhen, fragwürdige Erscheinungen der Marktwirtschaft dar. Vor kurzem berichtete Der Spiegel[1] über die jetzt vorgesehene Umstellung des Verfahrens: nicht mehr die Wunschvorstellungen der Schallplattenhändler sollen Grundlage der Erhebungen sein, sondern die wirklichen Verkaufszahlen. Ein neues Kassensystem mit Direktanschluß an Media Control soll die Daten direkt per PhonoNet übermitteln. Die hohen Investitionskosten jedoch lassen Ketten wie WOM sogar mit dem Kalkül spielen, aus Media Control auszusteigen und eigene Verkaufslisten einzuführen. Da fällt viel Schatten auf eine Branche, die jährlich 5,8 Milliarden DM Umsatz macht und offensichtlich ohne Manipulation auf allen Ebenen nicht existieren kann oder will. Die Hitlisten sind immerhin Entscheidungsgrundlage für Rundfunk- und Fernsehsender und stellen wichtige Marketingfaktoren der Plattenindustrie dar. Es bleibt abzuwarten, ob das neue Verfahren auch eine neue Transparenz bewirkt; eine Qualitätsverbesserung der Charts dürfte dadurch jedoch nicht erreicht werden, wie der "Volksmusik"-Boom der letzten Jahre ahnen läßt.

Nicht verdrießen lassen sollte sich dadurch der Benutzer der Hit-Bilanz-CD-ROM, die eine Kumulation von Günter Ehnerts bei Taurus Press erschienenen Buchausgaben darstellt, die auf Erhebungen der Zeitschrift Musikmarkt und - eben - Media Control basieren. Zusätzlich wurde die Airplay-Hitparade der Firma Media Control, die auf Rundfunksendungen basiert, hinzugenommen. Die Liste der Buchausgaben (Wer war wann in den Charts?) umfaßt für deutsche Charts ca. 9, für englische Charts 10 und für amerikanische Charts 12 Monographien. Die CD-ROM-Ausgabe umfaßt 13.954 Singles von 3670 Interpreten, die sich im Zeitraum vom 1.1.1956 bis 31.12.1995 in den Charts plazieren konnten. Die Software wurde von Detlev Balzer entwickelt.

Die Installation der CD-ROM wurde auf einem Windows 95-Rechner vorgenommen und verläuft einfach und schnell. So wie es sich eigentlich gehört, fragt das Installationsprogramm zunächst an, ob Daten auf die Festplatte gespielt werden sollen oder nicht. Bei einer Bejahung wird die komplette CD-ROM auf Platte kopiert und belegt dort 11,5 MB an Speicherplatz. Bei Verneinung werden nur wenige Systemdateien auf die Platte kopiert, die ca. 80 KB belegen. Zur Benutzung muß dann aber die CD im Laufwerk verbleiben. Ein Deinstallationsprogramm ist nicht vorhanden.

Dem Benutzer zeigt sich eine schnell verständliche Suchmaske. Über Index kann in sortierten Listen jeweils nach Namen, Titel oder Label gesucht werden. Bei der Freitext-Suche können beliebige Wörter oder Wortkombinationen eingegeben werden. Die Trefferliste zeigt z.B. bei einer Interpretensuche nach der durch einen Verkehrsunfall verstorbenen Sängerin Alexandra vier Titel auf - von Zigeunerjunge bis Erstes Morgenrot, die von 1968 bis 1969 in den Charts waren. Eine Tabelle zeigt neben dem Titel das Label sowie das Datum des erstmaligen Erscheinens in einer Hitliste sowie der Position innerhalb der Hitliste und der Dauer der Präsenz in Wochen sowie die Top 10. Ausgehend vom Datum, das angeklickt werden kann (für WWW-Nutzer verwirrend, da nicht unterlegt), werden weitere Hits angezeigt, die zu diesem Datum in die Charts kamen.

Aus der Trefferliste können Titel in eine Notizdatei kopiert, dort mit Anmerkungen versehen und als Textdatei gespeichert bzw. ausgedruckt werden. Generell können alle Bildschirmseiten ausgedruckt, Schrift- und Fenstergröße verändert werden.

Die Interpretenliste enthält alle persönlichen Namen von Interpreten oder Bandnamen. Sie reicht - unabhängig vom Genre - von Louis Armstrong (Mack The Knife 1956 und What A Wonderful World 1989) bis Frank Zappa (Bobby Brown 1980), von den Beatles mit über 50 Titeln über Heintje mit 13 Titeln zu den Who mit über 20 Einträgen. Wen es also wirklich interessieren sollte, wie lange Mama von Heintje in den Hitparaden war, oder welche Titel der Wildecker Herzbuben wann in den Charts waren, der kann es hier schnell finden.

Die Index-Recherche für Interpreten (mit 3500 Einträgen), Titel (mit 13.500 Einträgen), Label und Datum ist prinzipiell ausreichend für das Auffinden der gesuchten Informationen. Beim Label-Index führt Polydor mit 413 Einträgen, es folgen Ariola mit 259, CBS mit 223 und EMI mit 209. Von jeder Trefferliste aus kann geblättert werden, was das Browsen der Datenbank ermöglicht und sehr hilfreich für ein einfaches "Durchschauen" der Datenbank ist. Die Hilfetexte sind knapp aber ausreichend. Man wünschte sich ein solches Instrument auch für CDs und LPs. Verbesserungen der CD-ROM wären nur möglich durch multimediale Ergänzungen wie Plattencover oder Abbildung der Singles selbst, durch Videoeinspielungen (nur für neuere Titel) oder das Anspielen der Titel selbst.

Bernhard Hefele


[1]
Schlimme Gattung : bisher entschied der Geschmack der Plattenhändler, wer die Charts anführt ; ein modernes Zählsystem sorgt für Überraschung - und neuen Ärger. // In: Der Spiegel. - 1996-11-25 = Nr. 48, S. 149. (zurück)

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