Angela Karasch
Der neunte Band der systematischen Kataloge der NGA ist der erste, der
in dieser Reihe der italienischen Kunst gewidmet ist. Der Bestand an
italienischen Gemälden ist - insbesondere dank der Samuel H. Kress
Collection - der bedeutendste in amerikanischen Museen, und selbst
wenn auch im Falle der Kress Collection der Schwerpunkt auf der
italienischen Malerei vor dem 17. Jahrhundert liegt - eine
geschmacksgeschichtlich bedingte Besonderheit der meisten bedeutenden
amerikanischen Sammlungen - so ist die Malerei des 17. und 18.
Jahrhunderts in der NGA im Verhältnis zu anderen amerikanischen Museen
sowohl quantitativ als auch qualitativ besonders reich vertreten. Daß
gerade diese Epoche als erste im neuen Katalog bearbeitet wird, hängt
damit zusammen, daß die Forschung des letzten Vierteljahrhunderts so
viele neue Erkenntnisse erbracht hat, daß eine Erneuerung des 3.,
bereits 1973 erschienenen Bandes des Katalogs der italienischen
Gemälde der Kress Collection[1] besonders dringlich war. Im Gegensatz zu
diesem alten Katalog, der einen beträchtlichen Teil von Bd. 3 noch der
Malerei des 16. Jahrhunderts reserviert und der nach regionalen
Malschulen geordnet ist, folgt der neue Katalog dem Alphabet der
Künstlernamen. Der Fortschritt gegenüber dem Katalog von 1973 und dem
von 1979[2] ist gewaltig, wie an einem einzigen Beispiel demonstriert
werden kann, Giovanni Battista Paninis Gemälde vom Inneren des
Pantheons: während der alte Katalog dem Maler selbst eine viertel und
dem Bild etwas über eine Spalte widmet, sind es im neuen eineinhalb
bzw. sieben Spalten mit folgenden Rubriken: Inventarnummer(n), Titel,
Datierung, Ausführung und Bildträger, Format, Sammlung; Technische
Beschreibung (allein knapp 1 Sp.); Provenienz; Ausstellungen;
Beschreibung und Würdigung (3 Sp.); knapp 2 Sp. mit Fußnoten zu den
vorstehenden Rubriken; Fundstellen in früheren Katalogen der NGA und
in weiteren Nachschlagewerken (chronologisch mit Abkürzungen zitiert,
die im langen Abkürzungsverzeichnis S. 341 - 367 aufgelöst sind). Das
Bild ist zudem in einer ganzseitigen Farbtafel reproduziert (im alten
Katalog mit einer halbseitigen schlechten Schwarzweiß-Abbildung), zu
der noch eine kleinformatige Vergleichsabbildung einer anderen Version
tritt. Der Fortschritt gegenüber den vorhergehenden Katalogen ermißt
sich allerdings nicht allein am Umfang der Einzelbeschreibung, sondern
am Mehr an Information, die nicht zuletzt auf Grund der seit damals
erfolgten Restaurierung vieler Gemälde[3] und deren Untersuchung mit
naturwissenschaftlich-technischen Verfahren[4] möglich ist. Das bedeutet
freilich nicht, daß die alten Kataloge deswegen obsolet wären (was sie
als Dokument für die Sammlungsgeschichte und deren Erforschung sowieso
nie sein können): vielmehr sind dort viele Gemälde beschrieben, die im
neuen Katalog völlig fehlen; daß es sich dabei um solche handelt, die
im Katalog von 1973 fälschlich als italienische Gemälde eingestuft
wurden, weshalb ihre Beschreibung nunmehr in anderen Bänden des neuen
Katalogs erfolgen müsse (S. XV), kann kaum auf die Gesamtheit der
Lücken zutreffen. Hier könnte eine komplette Konkordanz der
Inventarnummern weiterhelfen. Gerade in diesem Bereich möchte der
Benutzer mehr erfahren, enthält der neue Band doch zwar (S. 391 - 392)
eine Konkordanz von neuen und alten Inventar-(Akzessions-) Nummern,
die im alten Katalog von 1973 verwendeten Inventarnummern der Kress
Collection (bestehend aus einem K und einer Nummer) finden sich jedoch
weder bei der Beschreibung der Gemälde selbst wieder, noch handelt es
sich um die dort und in der erwähnten Konkordanz angegebene "alte"
Inventarnummer. Des weiteren vermißt man die Spezialregister der
ikonographischen Themen und der Vorbesitzer, die den alten Katalog von
1973 auszeichneten.
sh
Der erste Teilband zur amerikanischen Malerei des 19. Jahrhunderts
behandelt einen besonderen Sammlungsschwerpunkt der NGA und
präsentiert bereits umfangreich die Anfänge der Hudson River School,
aber auch das Werk einzelner Künstler wie Winslow Homer, Thomas
Eakins, Thomas Cole usw. Mehr noch als die Sparte der gut vertretenen
Bildnismalerei dürften die Landschaften in qualitätsvollen Abbildungen
für Liebhaber der romantischen Landschaftsmalerei ein besonderer
Anreiz sein, den eurozentrischen Kunstblick zu weiten. Alles in allem
finden die Kataloge der NGA zu einer sehr guten Verbindung von
großzügiger Gestaltung und umfassender wissenschaftlicher Information,
somit zu einer Form, an deren Realisierung sicher nicht mehr viele
Institutionen - zumindest nicht durchgängig für alle Sammlungsbestände
- denken können.
Angela Karasch
Zurück an den Bildanfang