Das neue Werk löst das Versprechen von Untertitel und Vorwort, sich
auf Grundbegriffe zu beschränken, in Umfang und Anlage ein. Etwa 150
Stichwörter informieren auf aktuellem Stand über Epochen, Gattungen
und Theorien - und zwar gleichermaßen zur älteren und neueren
Germanistik - in Artikeln, deren Sprache sich allermeist als wohltuend
klar von disziplinärem Jargon abhebt - auch dort, wo von solchem
gehandelt wird, z.B. unter dem Stichwort Dekonstruktion. Nicht kleine
Stichwörter, sondern eher enzyklopädisch weite Artikel (z.B. ein
Eintrag zu literarischen Kleinformen statt einzelner Artikel zu
Anekdote, Rätsel, Witz usw.) kennzeichnen die Anlage. (Darin
unterscheidet sich dies Werk etwa vom Metzler-Literaturlexikon.[1]) Ein
Register erschließt Begriffe, denen kein eigener Eintrag gewidmet
ist.
Das neue Lexikon referiert auch nicht lediglich standpunktlos, sondern
zieht den Leser - bei Wahrung inhaltlicher und sprachlicher Klarheit
- durchaus in die Diskussion der Forschung hinein - man lese als Beleg
etwa die furiose Abfuhr nach, die der Konstanzer Schule im Artikel
Rezeption zuteil wird.
Die bibliographischen Hinweise beschränken sich auf wenige Titel aus
der neueren monographischen Literatur. Die Titelaufnahmen sind
konsequent, aber auf das absolute Minimum an Daten verkürzt. Vornamen
erscheinen nur als Initialen, Erscheinungsorte sind nicht angeführt.
Angesichts der Zahl einschlägiger Unternehmungen gewinnt man den
Eindruck, daß der Bedarf nach lexikalisch-alphabetischer Aufbereitung
einzelner Disziplinen zu den Signaturen unserer Tage gehört. Da macht
das neue Werk alles in allem eine vorzügliche Figur. Der niedrige
Preis empfiehlt es auch den Studenten zur Anschaffung. Sie sollten
freilich von ihren akademischen Lehrern oder von wohlmeinenden
Bibliothekaren erfahren, daß auch für ihre Arbeit mit Lexika das
Thomas von Aquin zugeschriebene Wort gilt: "Timeo hominem unius
libri." Dies Lexikon endet wie das Fischer-Lexikon Literatur mit dem
Eintrag Zensur, welch Unterschied aber schon beim vorletzten
Stichwort: bei Fischer Interessantes und Wichtiges zu Zeitschriften,
im neuen Literaturwissenschaftlichen Lexikon dazu nichts, dafür aber
ein in bei aller Kürze vorzüglicher Artikel Zeitung.
Hans-Albrecht Koch
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